19 LÖFFLER: Ja. Und daß das Kulturhaus eine Etage weniger hat, ist für das Stadtbild nur gut, aber gescheitert ist das am Mangel von 10 Millionen. Nicht wahr. Wir wollten ja den Maßstab erhalten. Ich habe es neulich gesagt: Wir haben doch Platz - und so etwas gibt es doch gar nicht, daß man auf die Höhen solche Riesenbuden stellt. Da hat man mir gesagt: Ja, früher hat man Burgen auf die Gipfel gebaut. Das hat ja nun bei Gott nichts miteinander zu tun. CZECHOWSKI: Das ist ahistorisch. LÖFFLER: Völlig ahistorisch! Sie brauchen sich ja nur bei Caspar David Friedrich die Blicke in den Elbkessel anzusehen - städtebaulich ist Dresden völlig verkorkst! Ich habe neulich dem Oberbürgermeister gesagt: Sie werden, wenn Sie mit Ihren Leuten hier rum kommen, immer gelobt. Sie machen für den Zwinger ununterbrochen Reklame - aber bitte, sehen Sie sich an, wie alles in diesem Zwinger verdreckt, die Brunnen funktionieren nicht ... So geht das doch nicht! Wenn Sie wüßten, was uns die Kollegen vom Fach er zählen, wenn die hier nach Dresden kommen! CZECHOWSKI: Unser ganzer Kulturbegriff gerät ins Fragwürdige dadurch, daß er an Zahlen, an Planziffern gemessen wird. Unser wirkliches Bekenntnis zur Kultur wäre doch unser Bekenntnis zur Innenstadt, nehmen wir einmal das Stück zwischen Brühlscher Ter rasse und Prager Straße, diese wenigen Quadratkilometer, die die eigentliche Bausubstanz ausmachten zwischen dem Schloßkomplex und der Oper, dem Zwinger, der Wilsdruffer Straße, bis zum Altmarkt. Wäre da nicht eine Konzeption beizeiten zu finden gewesen, unabhängig von der Politik von Staat und Partei, dieses Stück europäischer oder Welt- Kulisse wieder aufzubauen? LÖFFLER: Darf ich Ihnen ein Beispiel geben? Also das ist das Neustädter Rathaus. Das Neustädter Rathaus eines der wunderbarsten Beispiele, mit sieben verschiedenen Straßen, in jeder Art originell, war nur ausgebrannt, aber es gab nach Meinung der Stadtväter keine Möglichkeit, eine Sicherungsarbeit vorzunehmen. Hätte man die Sicherungsarbeiten vorgenommen, hätte man die Ruine zwanzig Jahre stehen lassen können. Das wäre gar kein Problem gewesen. Es war ebenso mit der Sempergalerie, wo es uns gelungen ist, Grotewohl nach Dresden zu bringen. Sie wollten ja auch die Sempergalerie nicht haben. Merkwürdigerweise sind sie ja überhaupt gegen Semper gewesen, weshalb die Villa Rosa, die völlig abseits stand, abgebrochen werden mußte. Die hat niemanden gestört, die hätte stehen können noch und noch. Jetzt haben sie auf das Gelände eine Schule gebaut. CZECHOWSKI: Die Dresdner Altstadt ist in der Verfassung, in der wir sie heute sehen. Ob jemals ein Geschlecht, das nach uns kommt, die Kraft haben wird, die Neubauten wieder abzureißen und das alte Dresden wieder aufzubauen? LÖFFLER: Ich will Ihnen zwei Dinge sagen. Augenblicklich ist das Problem die Wieder errichtung der Frauenkirche, die Wiedereingliederung in eine ähnliche Umgebung. Es hat voriges Jahr ein internationales Kolloqium mit Plänen stattgefunden, wo Leute da waren mit zwölf Entwürfen, acht oder neun davon waren für den Wiederaufbau der Frauen kirche. Ich meine, eine ganz große Sünde, völlig unverzeihlich, ist die Zerstörung des Alt markts in seiner Größe. Ein Markt ist eine Halle ohne Dach. Warum dieser Altmarkt,