14 Matthias Griebel Die Landschaft zieht die Menschen an Eine der ältesten Ansichten vom Dorfplatz Loschwitz, dem heutigen Körnerplatz, überlie fert uns Guido Hammer in einer farbigen Zeichnung von 1806. Die Landschaft, wenn auch teilweise frei empfunden, ist urig und trägt dennoch Spuren menschlichen 1 uns: Weinterrassen, Häuser, eine Brücke über die Trille. Die Beschaulichkeit des Blattes verrät kaum, daß das territorial größte Elbdorf damals bereits an 120 Häuser und etwa 600 Ein wohner zählt. Eines jedoch setzt der Maler ins Bild, das sich bei den ungezählten späteren Darstellungen, gleich ob malerischer oder fotografischer Art und von welcher Hand auch immer, fortsetzen und steigern wird: vor den dörflichen Anwesen, hier hübsch in die Mitte des Bildes gesetzt, der Spaziergänger aus der nahen Residenz, der Sommergast, der Fremde. Später werden es mehr und mehr sein, welche die Elbdörfer bis Pillnitz aufsuchen, kürzer oder länger hier verweilen, oft wiederkehren, sich auch für ständig niederlassen, andere herbeiziehen. Die Maler kommen zuhauf, fast zwei Jahrhunderte lang. 1803 ist es Caspar David Friedrich, der den Reigen der Berühmtheiten anführt. Vielen von ihnen setzt spä ter der Lokalhistoriker Theodor Leuschner mit seiner Arbeit »Urkunden der Freude derer, die das alte Loschwitz gesehen haben« ein bleibendes Denkmal. Ein Hohelied auf diese Landschaft gibt 1829 der Architekt Karl Friedrich Schinkel in einem Brief an einen gelehrten Freund wieder: »Mit wahrem Genuß und unter den wohltätigsten Einwirkungen lebe ich hier in Ihren herrlichen Gegenden, was einem armen Berliner wohl einmal zu gönnen ist; sehnsüchtig sehe ich jeden kleinen Weinberg von Loschwitz an, ob er sich nicht eigne, daß man sich darauf einmal aus dem gehetzten Leben zurückziehen kön ne; und auch Hoffnung und Bilder dieser Art haben schon eine heilende Kraft bei sich, ich erhalte mich möglichst offen dafür, um mit einer rechten Menge davon nach Berlin zurück zukehren, damit ich etwas zu zehren habe in unsern Wüsten.« Maler und Architekten, Musiker und Philosophen, Schriftsteller und Gelehrte, Ärzte und fürstliche Größen kamen hierher. Anderenorts kündete stolz ein Schild am Gasthof oder einem Haus, hatte darin eine Berühmtheit geweilt. Die Elbdörfer zwischen Loschwitz und Pillnitz hätten Hunderte solcher Erinnerungsinschriften aufzuweisen, wäre man ebenso ver fahren. Doch war es nur die Landschaft, die Idylle, die sie alle anzog während zweimal hundert Jahren? Ludwig Richter, der volkstümliche Maler der Romantik, fast dreißig Jahre ständiger