26 Heidrun Laudel Dresdner Villenbau und die „Neue Bewegung” um 1900 0 Das Dresden des beginnenden 20. Jahrhunderts ist in die allgmeine Architekturge schichte vor allem durch die Reformbewegung in Handwerk und Industrie eingegangen. Die nachfolgende Zeit hat die Frage nach dem Bleibenden in besonders zugespitzter Form gestellt. Für sie reduzierte sich das Geschehen weitgehend auf Ereignisse, in denen ihr eigenes Streben Bestätigung fand. Was blieb, waren jene Initiativen, die sich mit der Person des Möbelfabrikanten Karl Schmidt-Hellerau verbinden: die Präsentation seiner Maschinenmöbel auf der III. Deutschen Kunstgewerbeausstellung, die Gründung des Werkbundes und die Anlage der ersten Gartenstadt Deutschlands. Die Bemühungen Schmidts und der mit ihm verbundenen Künstler und Architekten um die Industrieform verdienen ungeteilte Anerkennung. Dennoch ist mit ihnen weder die gesamte Breite der Bewegung, die sich um 1900 in Dresden vollzieht, noch ihr eigentli cher Schwerpunkt reflektiert. Unter den verschiedenen, teils gegensätzlichen Strömungen dominiert weniger die schlich te Sachlichkeit, denn der ausgesprochene Wille des Künstlers zur individuellen Form. Selbst bei Karl Schmidt nahm die Produktion für den Massenbedarf nur einen bestimm ten Anteil ein. Wichtige Erwerbsquelle blieb die Einzelfertigung für öffentliche und priva te Bauten. Dabei ist es der bürgerliche Villenbau, der besonderes Interesse erfährt. Das trifft nicht nur für Dresden, sondern auch für andere Zentren der Bewegung zu. Die Künstlerkolo nie, die auf Initiative des Großherzoges von Hessen-Darmstadt 1899-1901 auf der Mat hildenhöhe errichtet wurde, erhob den Anspruch, „Dokument deutscher Kunst” zu sein. In Dresden wurde 1906 das von Wilhelm Kreis errichtete „Sächsische Haus” mit einem umfangreichen Repertoire bürgerlicher Wohn- und Repräsentationsräume zu einem detail liert publizierten Höhepunkt der III. Deutschen Kunstgewerbeausstellung. Nun hatte gerade in Dresden der Villenbau schon die gesamte zweite Hälfte des 19. Jahr hunderts hindurch eine bedeutende Rolle gespielt. Die Vorstadtvilla in den Formen der Neorenaissance war hier zum Inbegriff der „Dresdner Schule” geworden. Mit der „Neuen Bewegung” um 1900 verschoben sich lediglich die Akzente. Prononcierter als vorher wurde die Forderung gestellt, die Reform im Reich der Familie zu suchen. Was im kleinen Rahmen in Ordnung gebracht war, sollte befruchtend auf das