Suche löschen...
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 01.01.1911
- Erscheinungsdatum
- 1911-01-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-191101014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19110101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19110101
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungHohenstein-Ernstthaler Tageblatt
- Jahr1911
- Monat1911-01
- Tag1911-01-01
- Monat1911-01
- Jahr1911
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 01.01.1911
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
diesem Herr« und Heiland zu erhalten, hat die Kirche lange Zeit zunächst nichts getan; im vorigen Jahrhundert aber führte die innere Mission die Sonntagsschule ein, die seit etwa zwei Jahrzehnten unter dem Namen „Rinder gottesdienst" zu einer stehenden Einrichtung der Kirche gemacht worden ist. Bis dahin verließ sich die Kirche in diesem Stück auf die Eltern und auf die christliche Schule und hatte lediglich dafür zu sorgen, daß die Eltern in einer all jährlich zu haltenden „Schulpredigt" oder auch sonst in der Wortverkündigung ihre Eltern- pflichten nahegelegt bekamen und daß der Re ligionsunterricht der Schule ab und zu gehört und begutachtet wurde. Die Kirche hatte aber auch, schon frühe, ein Rmt eingerichtet, das Gevatternamt, durch dessen Wirksamkeit die Erhaltung des Kindes beim Herrn gewährleistet werden sollte. Die Gevattern oder Paten sind in Sachen der Er- , ziehung als Mandatare der Kirche gedacht, sie sollen die der Herde des Seelenhirtcn zugesproche nen Lämmchen ihm nun auch zuführen. Hat man im Bereich des Weltlichen über so manchen Vormund zu klagen, so auf kirch lichem Gebiet von jeher über so manchen Ge vatter. Za, bei letzterem Rmt scheint es schlimmer zu stehn als bei der Vormundschaft. Denn der Vormund wird kontrolliert, muß zum mindesten Bericht erstatten; der Pate nicht! Die Kirche hat nie und nirgends den versuch gemacht, sich von der Tätigkeit der Paten zu überzeugen, einen Lässigen zur Verantwortung zu ziehen und etwa unwürdige Paten abzusetzen. Wer sind überhaupt die Paten? Wonach bestimmt sich ihre Wahl? Bekanntlich zieht man in erster Linie die Familien-Verwandten dazu heran; das ist ja das Zunächstliegende. Aber nicht die Lrziehereigenschaft, nicht die religiöse Stellung, nicht die Treue ist maßgebend, sondern man muß eine gewisse Reihenfolge de» ver- wandtfchaftsranges und des Alter« innehalten die Wahl erfolgt sonderbarerweise nicht nach dem Gesichtspunkt des Wohles des Täuflings, son dern nach dem Gesichtspunkt der Ehre, also nach Rücksichten, die man auf den Paten zu nehmen hat. Danach kommen die Freunde des Hauses „dran". Das ist ohne Zweifel recht schön, der Brauch bindet die Glieder der Verwandtschaft und Freundschaft fester aneinander, es entstehen neue Verhältnisse innerhalb des häuslichen ver- kehrrkreises. Aber andrerseits werden dadurch den weniger christlichen Familien die für das Patenamt so wichtigen und nötigen Persönlich keiten von ausgesprochen christlicher Stellung ferngehalten. Was bei der Wahl herauskommt, ist doch im großen und ganzen eine Patenschaft, die der sittlichen Dualität und dem religiösen Glaubensstand der Eltern entspricht. In christ lichen Familien trifft man demgemäß in der Regel christliche Paten. Aber in den der Kirche fernstehenden Kreisen, in sittlich tiesstehenden Familien sinds zumeist kirchenfremde Leute, viel leicht sittlich Anrüchige, vielleicht Atheisten, also Menschen, die nichts weniger sind als Führer zum Heiland hin. So kann es kommen, daß ein in solchen Kreisen aufwachsendes Kind nicht einmal einen einzigen brauchbaren, treugesinnten, christusgläubigen Paten hat, also doppelt schlim mer dran ist, als ein Kind ernster Christen. Zeder Pastor weiß es ja und singt ein Klage- Lled darüber, was sür Leute zuweilen an den Taufst-in treten: von allüberallher zusammen gesuchte Männlein und Weiblein, die oft von der Sache, um die es sich handelt, keine rechte Vorstellung haben, die von der Tausrede wenig verstehn, das Taufsymbol weder auswendig kön nen, noch inwendig wissen. Sie legen ein Ge löbnis ab, über dessen Tragweite sie sich, wie tausend andre Taufpaten vor ihnen, gar keine Gedanken machen. Sie haben vielleicht gar nicht den Willen, irgend etwas für die kleine Seele, die da in Lhristi Lod getauft wird, zu tun. Db sie je, auch nur ein einziges Mal, für ihr Patchen Fürbitte tun werden? So muß sich hier die Kirche von jedem Bürschchen ein R für rin U vormachen lassen; sie schreibt die Namen der Paten, was völlig wertlos ist, ins Tauf register, wo sie für alle Zeiten stehn bleiben. „And sie brachten Kindlein zu Zesu!" — In dieser offenbaren Not der Kirche, um ihr und zugleich den kleinen Lhristenkindern zu Helsen, hat der Stadtverein für Innere Mission in Lhemnitz im Zahre (908 in ganz kleinem Maße angefangen, besonders den armen Leuten, die beim 6. oder (0. oder 15. Kinde mit der Wahl der Paten in höchste Verlegenheit kommen, Gevattern zu vermitteln. Ein Kreis von Damen, zurzeit 20 an der Zahl, beteiligen sich an der Sache. Sie bekennen sich am Taufstein zum Glauben, geben das Gelöbnis und stehen nun nicht bloß treu zum kleinen Patchen, sondern zu der ganzen Familie, in die dieses kleine Werk der innern Mission sie hineingeführt hat. Es ist Vorsorge getroffen, daß die Einrichtung der „PatenMission" nicht etwa zu einer bloßen „Anterstützungssache" herabsinkt, denn es han delt sich nur um eine mit Ernst zu treibende kirchliche Arbeit. Dazu werden die Patinnen alle Vierteljahre zu einer Konferenz zusammen gerufen, in der Bericht erstattet und über mög lichste Ausgestaltung des Werkes beraten wird. Was sonst die lieben Patinnen al» gute Geister des Hauses an Alt und Zung tun, dar über ließen sich allerliebste Berichte mitteilen. (Der nächste Zahresbericht mag in einige Stüb chen unsrer durch das Sakrament erworbenen Freunde Einblick tun lassen, wo die gute Tante, von einer Kinderschar umringt, mit den Kleinen spielt, ihnen Bilder zeigt und sie belehrt und wo gleichzeitig die arme vielgeplagte Kinder mutter ihr Teilchen Trost und Sonnenschein ein- heimsen darf.) Die Erfahrungen, die man in Lhemnitz bei dieser Art Hausmisston machen darf, machen es uns immer klarer, daß hier eine reiche Hilfs arbeit geleistet werden kann. Vielleicht kommt die Kirche noch einmal dazu, Berusspaten anzu- stelleu. Denn in einer Zeit, in der so viele Ge walten die Menschen von Zefus abziehn, brauchen wir Kräfte, von denen wir sagen können: sie bringen Kindlein zu Ihm! (Aus Pastor Peißels, Lhemnitz, Vierteljahr»blatt.) Aleme Mitteilungen. Pflegt dt» Ha»»«»d«chß! Das Schwin den der häuslichen Andacht ist eine betrübende Erscheinung der Gegenwart, der alle Freunde unseres Volkes nachdrücklich entgegenarbeiten sollten. Denn in der Hausandacht liegt eine Duelle starker Kraft und stiller Weihe unseres Lebens. Das wußten unsere vorfahren recht wohl ; darum pflegten sie treulich den häuslichen Gottesdienst. So erzählt der hervorragende Schriftsteller und Kenner unsere» Volkslebens M. Riehl: „Wenn man nicht in die Kirche gehen konnte, dann las nach alter Litte der Hau»vater am Sonntag Morgen dem ganzen Hause aus der Postille (Auslegung der kirchlichen Evangelien und Episteln) vor. Am Weihnachts- und Neu- jahrsabend versammelte er das Haus um sich und las ein Kapitel aus der Bibel. Dasselbe geschah wohl auch an jedem Sonntag Abend. Ging die Familie zum Abendmahl, dann sprach der Hausvater als Eröffnung des Ganges zur Kirche ein Gebet in der Familienhalle. Bei vereinzelten Bauernschaften geschieht das alles noch. Merken die städtischen Väter denn nicht, daß sie mit dem Ausgeben dieser Sitten frei willig eines der stolzesten Attribute ihrer Stellung im Hause aus der Hand gegeben haben? Wahr lich, der Hausvater sollte den letzten Rest, der ihm von der hauspriesterlichen Würde seiner Ur ahnen noch geblieben ist, nämlich das Amt, dem „ganzen Hause" vorzubeten, nicht so leichtsinnig wegwerfen. Es steckt mehr Ehre, Rang und Herrscherrecht darin sür einen stolzen Seist, als in einer ganzen Kollektion (Sammlung) von Titeln und Drden." — Das sollten sich alle ge sagt sein lassen, denen ihres Hauses Frieden und ihres Lebens Glück am Herzen liegt. 5 K L. 5. R. K. Die Selbstmorde haben (908 in Deutschland wieder zugenommen. Sie betrug 2(,9 auf 100000 Einwohner. Das ist die höchste Zahl seit (893. Eigentümlich ist die Verteilung aus die einzelnen Städte, Provinzen und Bundes staaten. Wenn man hört, daß Berlin mit 3-1,5 auf (00000 die höchste Selbstmordziffer in Preußen hat, könnte man annehmen, das Zu sammenwohnen vieler Menschen, die dichte Be völkerung, begünstige den Selbstmord, da z. B. die Provinz Posen nur (0,2 auf (00000 hat. Dem widerspricht aber, daß das dichtbevölkerte Rheinland nur (4,4 und Westfalen nur (3 als Verhältniszahl hat. Sicher fcheint, daß die Volksbildung nicht vorm Selbstmord bewahrt. Bremen mit seinem fortgeschrittenen Schulwesen hat die höchste Lelbstmordzahl -((,9 auf (00000. Dann folgen die sächsischen Herzogtümer mit 10,6 (Gotha) bis 29,i (Meinigen). Am ge ringsten scheint die Selbstmordziffer in rein länd lichen und konfessionell gemischten Landesteilen zu sein. Mecklenburg-Ltrelitz (8,3 ; Würtemberg (7,9; Bayern (5,1. Das Königreich Sachsen steht mit 3(,3 leider weit über dem Durchschnitt. Gl« sozialistische» Urteil «der get- devmissto«. Die Allgemeine Missionszeitschrift von Warneck bringt in Heft 2, Iahrg. (9(0 den wörtlichen Abdruck eines Aussatzes über die Missionsarbeit aus dem Sozialistischen Monats hefte (909 Nr. 2( von Gerhardt Hildebrands. Aus dieser, im allgemeinen objektiven und ge rechten Würdigung der Missionstätigkeit aus einer Feder, die wohl zu den Gegnern der christlichen Weltanschauung zu zählen ist, sei nur Folgendes hervorgehoben: „Die Mission bedeutet demzu folge einen Beweis sür die außerordentliche Lebensfähigkeit des Lhristentums und ihre Ge schichte im (9. Iahrhundert wohl die größte Massenleistung von Selbstverleugnung und Welt entsagung. die die Menschheit kennt'' Ferner am Schluffe des Artikels: „Wenn auch der ziffernmäßige Erfolg an Bekehrten im Verhält nis zu allen Aufwendungen und Mühen klein er scheinen mag, so stehen doch diejenigen, die Mission betreiben, viel zu sehr unter dem Gebot einer für sie zwingenden Pflicht, als daß sie sich dadurch entmutigen ließen. Und auch wer per sönlich das Lhristentum von sich abgestreift hat, muß der Aufopferungsfähigkeit der Mtfsions- arbeiter Anerkennung zollen und darüber hinaus zugeben, daß die Missionstätigkeit, in Bausch und Bogen genommen, zum mindesten ein nütz liches geistiges Gärungsmittel m weite Gebiete kultureller Abgeschlossenheit und Stagnation hineinträgt." 8 L. K I«r Prügelstrafe Aus Paris kommt eine unerwartete Nachricht vom Sieg des gesun den Menschenverstandes über die unsinnige Ueber- treibung an und für sich ganz guter Gedanken. Die Abschaffung der Prügelstrafe war für manche vergehen entschieden notwendig, lleberspannt aber ist der gänzliche Verzicht der Rechtspflege auf dieses Straf- und Zuchtmittel. Pariser Ge schworene haben das jetzt eingesehen, sodaß 29 von 32 die Einführung der Prügelstrafe sür Roh- heit»verbrecher beantragt haben. 3. K. K. Druck von Z. Ruhr Aachfolgrr, Dr. Alban Krisch, Hohenftem-rrnstthal
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Nächste Seite
10 Seiten weiter
Letzte Seite