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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 13.04.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-04-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191004136
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19100413
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19100413
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungHohenstein-Ernstthaler Anzeiger
- Jahr1910
- Monat1910-04
- Tag1910-04-13
- Monat1910-04
- Jahr1910
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 13.04.1910
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Tageblatt für Kohenstein-Ernsttha1, Oberlungwitz, Gersdorf, Hermsdorf, Bernsdorf, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Kirchberg, Erlbach, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Hüttengrund re. '^^Enstein-Emstthaler' Anzeiger erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich abends mit dem Datum des folgenden Tages. Vierteljährlicher Bezugspreis bei sreier Lieserung ins Kaus Mk. 1 so, bei Abholung in der Geschäftsstelle A n. .25, durch die Post bezogen (außer Bestellgeld) Mk. 1.50. Einzelne Nummern 10 Psg. Bestellungen nehmen die Geschäfts- und Ausgabestellen, die Austräger, sowie sämtliche Kaiser!. Postanftallen und die Landbrieslräger entgegen. Als Eftra- bei age erhalten die Abonnenten jeden Sonntag das .Illustrierte Sonntogsblaft'. — Anzeigengebühr für die «gespaltene Korpuszeile oder deren Raum 12 Psg., für auswärts 15 Psg.; im Reklameteil die Zeile 30 Psg. Sämtliche Anzeigen finden gleichzeitig im .Oberlungwitzer Tageblatt' Ausnahme. Anzeigen-Annahme für die am Abend erscheinende Nummer bis vormittags 11 Uhr, grbtzere Anzeigen werden am Abend vorher erbeten. Bei Wiederholungen wird entsprechender Rabatt gewährt, jedoch nur bei alsbaldiger Zahlung. Die Aufnahme von Anzeigen an vorgeschriebenen Tagen und Plätzen wird mäglichst berücksichtig!, eine Garantie jedoch nicht übernommen. — Für Rückgabe eingesandter Manuskripte macht sich die Redaktion srLLrLkrerLesLererLrLererlLiLlLLlLlLiLlLerlLLrlLlLlLlLiLlLerLrirerLrLkr nicht verbindlich. >LlLiLlLiLlLiLlLlLlLLLLrkLLLiLeLLLk2lLLS!2kLL:lLlLliLL;LLiLiLlLlL^l-r<2erlLi-Lls Nr. 83. Fernsprecher Nr. 151. Mittwoch, den 13. April 1910. B-w-st-ft--. B°h°ftr. s. 37. Jahrgang. TageSgeschichte. Li« Lag«»g -er sächsisch«« Ref»r»er i« M«tß«n. Unter sehr starker Beteiligung der Reform»«» eine Dachsen- tagte am Sonntage im „Lannen, saale" -u Meißen eine VertrauenSmännerversamm- lang der deutschen Resormpartei Sachsens. In Vertretung deS durch Krankheit verhinderten Reichs- tagSabgeordneten Zimmermann übernahm Kauf mann Schubert-Chemnitz den Vorsitz. Er gab in seiner Begrüßungsansprache seiner Freude darüber Ausdruck, daß sich allenthalben im Lande ein rege- Jntenfse für die Bestrebungen der Resormpartei äußere, was ja auch heute bet der starken Teil- nähme an den Beratungen zum Ausdruck komme. Den Beratungen ging ein Vortrag deS Land- wirtschaft-lehrerS Feller-Meißen voraus, in dem fich dieser über di« historischen Grundlagen der politischen Parteien verbreitete. Gehr auSführ- lich behandelte der Redner den Einfluß der Geld- wtrtschaft auf da» Volk. In der sich anschließen den Aussprache wurde behauptet, daß andere Parteien sich wesentliche Programmsorderungen der Reformpartei zu eigen gemacht und in ihre Parteiprogramme ausgenommen haben. Ferner wurde über Mittel und Wege zur Schaffung «im- KriegSschatzeS für die nächsten Wahlen beraten und dahingehende Beschlüsse gefaßt. ES soll u- a. die Gründung einer mittelständischen GsnoffenschastS- bank ins Auge gefaßt werden, um breite Schichten de» Mittelstandes kreditfähiger zu machen und dem Einfluß de» Großkapitals einigermaßen zu be gegnen. Bei Besprechung der nächsten ReichS- tagSwahlen wurde die Situation in den 23 säch sischen Wahlkreisen von den «inzelnen Obmännern klargelegt und nach lebhafter Aussprache folgende Resolution gefaßt: „Die Vertrauensmänner»«» sammlung der Deutschen Resormpartei am 10. April in Meißen beschließt einstimmig, im 2. (Lö bauer), 3. (Bautzener), 4. (Dre-den-Neustädter), 7. (Meißener), 8. (Pirnaer), 14. und 20. (Marien berger) ReichStagSwahlkretsr bei der nächsten ReichS- tagSwahl reformerische Kandidaten aufzustellen und bezüglich der Besetzung der übrigen Wahlkreise sich eine endgültige Entschließung vorzubehalten. Die Versammlung beschließt ferner, bet den kommenden Wahlen ohne Ausnahme selbständig vorzugehsn." Mit der Nominierung der Kandidaten wird sich demnächst der Gesamtvorstand in Verbindung mit den Vertrauensmännern deS Landes schlüssig machen. Diese schilderten in froher Kampfes- stimmunz die Lage in den meisten Kreisen als sür die Partei günstig, da die unerquicklichen Partei- Verhältnisse im Landtage die Wählerschaft umge- stimmt haben. Mit der Organisationsarbeit soll sofort begonnen^werden. Li« Pension-Versicherung der Prtvalauge- stellte«. DaS RetchSamt deS Innern hatte für Sonn abend nach dem ReichStagSgebäude die angekündigte Konferenz über die PenfionSoerstcherung der Privat- angestellten einberufen, zu,> der die Vertreter der Freien Vereinigung für dir Privatbeamten-Ve» sicherung, de» HauptauSschuffeS und de» Verbände- Hirsch-Dunckerscher Gewerkvereine Einladungen er halten hatten :,Vom ReichSamt deS Innern wohn- len der Konferenz die Geheimen Oderregterungs- räte Beckmann und Koch kni, die gleich zu Beginn erklärten, daß die verbündeten Regierungen den Gesetzentwurf über die Pcivatbeamtenverficherung auf der Grundlage der zweiten Denkschrift aus arbeiteten. ES könne dabei nicht über den Aus- bau der Jnvaltden-Verficherung- innerhalb der ReichSverficherungSordnung, sondern nur über die PensionSverstcherung in Gestalt einer Donder-Ve» sicherung beraten werden Unter diesen Umständen war eS den Anhängern de- , AusbaugedankenS nicht möglich, ihren Standpunkt ausführlich darzulegen. Die Debatte drehte fich zum überwiegenden Teile um verschiedene Elnzejheiten^der Gonderverficherung. Einen breiten Raum nahm dabei die Erörterung der Frage ein, ob Ersatztnstitute für die staatlichen Versicherungen zugelafsen werden sollten. Die Vertreter der Regierung erklärten, daß.fie fich dar über. selbst noch nicht klar geworden seien. Auch bezüglich der Selbstverwaltung vermochten die Re- gierungSvrrtreter noch kein« näheren Angaben zu machen. Die Vertreter d«r Hirsch-Dunckerschen Gewerkschaften wiesen u. a.!, daraus hin, daß die Schaffung einer Gonderverficherung unter der Arbeiterschaft Entrüstung Hervorrufen werd« und daß fir die Gelegenheit der Beratung der Reichs. verficherungSordnung benutzen würden, für den Ausbau der Invalidenversicherung sür die Privat- angestellten eine energische Propaganda zu machen. Der Vorsitzende der Siebener-Kommission des Haupt- auSschuffes glaubte, sür diesen Fall die Heraus- nähme aller Privatangestellten aus der Invaliden versicherung in Aussicht stellen zu müssen. Die Vertreter der Freien Bereinigung, die Anhänger des Ausbaues der Invalidenversicherung sind, faßten am Schluffe der Verhandlungen deren Ergebnis dahin zusammen, daß sie durch den Verlauf der Debatte in ihren Gcundanschauungen nicht er schüttert worden seien. Sobald der Gesetzentwurf vorlisgen werde, würden sie positive VerbefferungS- Vorschläge machen, vorläufig aber hätten st« keine Veranlassung, den Gedanken deS Ausbaues der Invaliden-Versicherung fallen zu lassen. Di« Reich-w«rtz«w»ch-ß«»er. Der dem Reichstage zugegangene Gesetzentwurf über die R-tchswertzuwachssteuer, über die man fich in der vorjährigen Finanzreformdebatte nicht hatte einigen können, steht nur eine Besteuerung des Wertzuwachses von Immobilien vor, nicht auch derjenigen deS Wertzuwachse- bei Wert- papieren. Der Entwurf, der den im Sommer vorigen JahreS vom Reichstage geäußerten Wün schen Rechnung trägt, veranschlagt den jährlichen Reinertrag der Steuer für da- Reich auf 30 Millionen Mark. Die Steuer soll von den Kom munen beim Verkauf der Grundstücke erhoben werden, die 6*/, der Steuer an daS Reich ab- führen. ^Steuerfreiheit tritt ein beim Uebergang von Grundbesitz an di« Kinder zur Fortführung eine» Gewerbe» Die Steuersätze stusen fich nach der Befitzzeit ab. Besteuert soll der unverdiente Gewinn werden, der nicht aus eigner Arbeit, sondern durch Einrichtungen der Kommunen und deS Staates erzielt worden ist. Die Interessen der Gemeinden werden in dem Entwurf, dessen Annahme ziemlich glatt erfolgen dürfte, voll ge wahrt. Während im allgemeinen^daSßRechtZ der Steuererhebung den Kommunen vorbrhalten bleibt, find sür das platte)-Land Tonderbestimmungen vorgesehen. Die beschleunigte Vorlegung deS Ent- wursS^hat ihren Grund in dem Umstande, daß immer^mehr Kommunen die WerlzuwachSsteuer einführen, ohne daß da» Reich daraus Vorteil zieht. Di« WahlrechtSdebatt« im preußischen AbS««r-»itk»hau- wird fich heute nach einem bereits vorher sestgc- legten bestimmten Programm vollziehen. ES findet eine General- wie^eine Spezialdedatte statt. In der ersteren nimmt.von jeder Fraktion ein Redner das Wort, um den Standpunkt seiner Partei noch einmal kurz darzulegen. In der Spezialdedatte werden Anträge nicht mehr gestellt werden. Die Abänderungen zur Gewinnung der Nationallibe ralen und Freikonservativen wird da» Herrenhau» vorschlagen. Ob jetzt im Abgeordnetenhaus« «in« Erklärung d«r Regtrrung zu d«m Gesetzentwurf abgegeben wrrden wird, ist mehr al» fraglich, da die Situation fich seit der jüngsten Regierungser klärung zur zweiten Lesung nicht geändert hat. Li« Wahlrecht-Versammlungen am vergangenen Sonntag stellten der sszialdemo- kratischen Parteileitung daS Zeugnit au-, daß fir ihre Leute in vorzüglicher Di-ziplin hat. Wo die Versammlungen unter freiem Himmel erlaubt waren, die Polizei also nicht einschritt, und da war in der großen Mehrzahl der in Frage kom menden preußischen Städte der Fall, war die Ordnung überall rin« musterhafte. Da- beweist nach der andern Seite aber auch, daß die Partei leitung den entgeg«ng«setzten Erfolg erreichen kann, wenn sie einmal anders will. Und daß eS nicht da- Endziel der sozialdemokratischen Agitation ist, die .Genossen" an sonntägliche Dauerspaziergänge bei gutem und bei schlechtem Witter zu gewöhnen, daS liegt doch aus der Hand. Ganz ungeheuer übertrieben find die von sozialdemokratischer Seite verbreiteten Angaben über di« Zahl drr Berliner Versammlung-desucher. Wenn da von «ehr al- einer viertel Million gesprochen wird, so kann man mit 2, wenn nicht gar mit 3 dividieren, um die richtige Zahl zu erhalten. Auf de« Versamm- lungSplätzen war von den Reden fast gar nicht zu hören. Da- lag einmal an den große» räum- Uchen Dimensionen, sodann daran, daß die Redner wohl gegen die Regierung, nicht aber gegen den Wind reden können. Als Extrabrispiel der außer ordentlichen Disziplin heben wir noch hervor, daß daS unvermutete Ei scheinen de- Polizeipräsidenten v. Jagow im Friedrichshain die Ruhe der dvrtige» Versammlung nicht einen Augenblick störte. Ei» Wink der Ordner und die Lausende »erharrte» stumm und unbeweglich auf ihrem Standort. Li« RUch-tag-ßichwahl tu Pos«« zwischen dem konservativen deutschen Kandidaten Wilm» und dem demokratischen Polen Nowicki findet am 21. d. M. statt. — Am Donnerstag dieser Woche wird die Ersatzwahl sür den ver storbenen ReickStagSprästdenten Grafen Stolberg in Oletzko-Lyck Johannitburg vorgenommen. Al- Kandidaten stehen sich ein Nationr-lltberaler und rin vom Bunde der Landwirte unterstützter Kon servativer gegenüber. Kei Sonnenuntergang. Littauischer Roman von M. von Wehren. I) (Nachdruck verboten.) Der kräftige Mann mit dem dunklen Vollbort stürzte ins Hans, in bebender Angst um sein lieles Weib. Die Kunde über sein Töchterchen machte il,m weniger Sorge; die war irgendwo am Grabeurand, wo sie Blumen »stückte, eingeschlafen; für sic war ibm nicht bange. Umsomehr beunruhigte ihn der Znstand seiner Frau. Es war aber scheinbar nicht so schlimm, als seine erregte Phantasie es sich ansgemalt. Durch das Vorhcr- gegangene vollständig erschöpft, lag die Kranke matt nnd teilnahmslos in den Kissen, eine freundliche Nachbarin, neben ihrem Bett. Die kleinen Mädchen waren nach langem Weinen um die Schwester endlich zur Ruhe gebracht, auch der Neugeborene schlief mit verschranticn Händchen tief nnd fest. Herr von Kaltenborn stammte ans einer allen preußischen Familie. Alle Glieder derselben waren, den Traditionen ihres Hauses getreu, in ihrer Jugend Soldaten gewesen. In Friedenszeiten bewirtschafteten sie ihre ziemlich bedeutenden Güter. Dem Zollinirekkor war eS nicht so gut ergangen. Kaum dein Kmwenolwr «ntwachsen, stand er in de» Reiben der Krieger, die mit Gott für König nnd Vaterland und mit dem Mm der Verzweiflung das Joch abznschütteln verim! :en iu welches der korsische Eroberer sie gespannt. - Das Glück, nicht verwundet ,u werden, verlieh ihn auch während der letzten schweren Schlachten nicht, so das, er beschlob, als Offizier weiter zn dienen. Leider aber brach nach Schluß des Krieges kein neues Morgenrot für dir Armee an, wie man berechtigt war zu hoffen Dir Beförderungen blieben ans nnd die tiefverschuldeicn Besitzungen der meisten gelangten für ein Spottgcld unter den Hammer. Da griff jeder nach einer Sm al s stifte., so klein und unzureichend sie anch sein mochte, sm aletckrr Lage befand sich Herr von Kaltenborn, so daß er kurz entschlossen eine Zollinsvektorstelle in Littanen aunahm und seine achtzehnjährige junge Fran in sein einjachcs Heim zn Nogawcn führte. Hier in diesem bescheidenen Wirkungskreis ging dem jungen Paar die Sonne des Glücks auf. Damals ver langte man nicht, wie heute, etwas Besonderes von Dame Fortuna. Der langjährige Krieg hatte viele Sorgen, unbeschreibliche Not gebracht, und nicht jeder vermochte sofort zu vergessen, wie er früher, vor dem Kriege, in der Lage gewesen, sich das Leben angenehm zn gestalten. Nun zog sich durch alle Schichten der Bevölkerung, bis znr Herrscherfamilie, wie ein leuchtender Faden die grobe Einfachheit in der Lebensführung. Ganz unbekannt war unseren Eltern das Hcrum- jagcn der Jetztzeit nach Genuß, das wahnsinnige Ver langen nach Reichtum; nichts Apartes vom Schicksal beanspruchend, waren sie rührend bescheiden in ihrer Einfachheit und nnbeschräukleu Gastfreundschaft. Der Zollinspektor hatte in seiner jungen Gattin eine, vortreffliche Wahl getroffen, die ihn vollständig be friedigte. Ans seiner Beamtenfamilie stammend, war sie hervorragend gebilvet nnd trotz der anscheinenden Weichheit, der Sanftmut ihres Wesens, der Halt ihres bedemend älteren Mannes. Sie liebten sich innig. Das zarte junge Weib mit dem blonden Hanrgelock war sein Stolz, seine Freude. Sein heftiger Charakter, seine fast an Schwäche grenzende Gulmüiiakeit führten durch ihren Einfluß niemals zu Ausschreitungen, die ihm vielleicht in seiner nicht sehr angenehmen Stellung nachteilig gewesen wären. Drei kleine Töchter waren schnell nacheinander ins Hans gekommen. Im Wiegcnbettchen lag jetzt wieder ein neues Gottesgeschenk, der langersehnte Stammhalter. Das Glück, der Jubel des Vaters war grob. Und nun sollte rin Blitzschlag an seinem heiteren Lebenshimmel dieses Glück in tiefstes Weh verwandeln? Mit mancherlei guten Sachen für die Seinigen be laden, kam der Zollinspektor von einer Dienstreise zurück und freut« sich riesig auf seine Kleinen nnd da« Plauderstündchen mit seiner Fran. Statt dessen diese schwere Heimsuchung. Sogleich wurden olle Dörfler aufgcboten und an ihrer Spitze zog der unglückliche Vater aus, sein Töchterchen zn suchen. Ein farbiges Zopfband, die verlorenen Blumen zeigten deutlich den Weg, den sie genommen; aber es gewährte kein: Be- rnhigung, daß sie dem großen Grcnzwalde zugewandcri war. In diesem selbst war für henke jede Spnr ver loren, — soweit die Suchenden anch vordrangen, riefen, jeden Bnjch durchsuchten, nicht die gcrmgstc Spur wurde gefunden. Die Nacht war da und der trostlose Vater kehrte heim ohne fein ältestes Kind, gebrochen an Leib nnd Seele. Alle Versuche seiner Freunde, ihn mit der festen Hoffnung, er würde gewiß am nächsten Tage sein Lenchen wiederfinden, dem trüben Banne zu ent ziehen, waren vergeblich. Der Mann war fast sinnlos vor Augst, sein Lieb ling köunie entweder im Moor erirnukeu oder eine Beute der Wölfe geworden sein, welche sich damals — obgleich gewöhnlich nnr im Herbst und Winter — in Nndeln in den Grcnzwäldern nmhertrieben. Förm lich verzweifelt nahm er sein Wäcblcramt bei seiner kranken Frau ein, welche stumm vor sich hiustarrte. Tas Fieber schüttelte sie furchtbar, die flehenden Augen sahen unirdisch glänzend nach oben oder nach ihrem Gallen, der durch Liebkosungen oder erfundene Ge schichten beruhigend auf sie eiusprach. Laucham schlichen die Minuten nnd wurden zu Stunden. Nnn brach die Sonne goldig hinter einer Nebelwand hervor. Wie würde es fein bei ihrem Niedergang? Ob daS alte Behage», der Frohsinn, wieder im trauten Familien- hanje nisten würde? Oder das Unglück seine schwarzen Schatten noch tiefer über die armen Eltern breiten? — Hell beleuchtet der Moud einen schmalen Fußsteg im Walde, wie vergraben im Gestrüpp nnd Dorncu- gewirr. Zu beiden Seiten stehen dunkle Laub- und Kiefernbäume, würzigen Harzgeruch auSstromend Leicht bewegt sich das Unterholz, von einen, Windstoß erfaßt, während die alten Baumriesen bedäcklio Kem Wilvern in der Tiefe lauschen. Sonst alles rntng. Nur ab und zu ein Huschen in den Büschen, ein leises Flattern, verursacht von einem gefiederten Sänger, der, anf- gcschcucht von irgend etwas, sich eine andere Ruhestätte anfsucht. Nicht weit von der Eck«, wo der Weg. sich noch mehr verengend, links abbicgt, liegt ans dem Grabenrain etwas, im ersten Augenblick wie ein Stück Zeng an- znschanen. Dafür hielten cs anch die beiden Schmuggler, welche, mit schweren Päcken beladen, rechts ans dem Dickicht traten und mit scheuem Blick die Umgebung musterten. „Gotts Wunder. Schmul. hast Dn gesehen, was dort liegt? Schau nur, - ist wie ein Bündel Kleider!" „Als Dn nicht gescheit bist, Herr Moses, deshalb solch Geschmause zu machen!" flüsterte Schmnl. „Wer weiß, ob die Grenzjäger nicht in der Nähe find und es Dir hingelcgt haben, damit Du in de Fall' hinein» gehst." „Ach was, sei nicht meschugge, wo werd' ich denn! Kenn ich doch den Weg wie meine Hand nnd will mich schon in acht nehmen. Scheu aber will ich. was es ist; cs schimmert so sclnam im Mondschein. Die Grenz jäger können mir hier niscbt tbun, ich ferchte sic nicht. Den 'Weg kcnncu wir allein, hören wir Schritte, springen wir ins Dickicht, da sollen sie uns wohl nicht derwischcn. Warm» auch Angst haben? Sie haben hente ans der anderen Seite Arbeit. Meyer Levy hat ihnen durch die Geschichte mit dem Pferdcrtansvort Hitz gemacht." „Kaun man doch nicht wissen, ob sie nicht der Tenfel hergcführt. Laß es liegen, Herrchen; was wird« sein, ein alter Nock, den ein Holzlcserweib hat liegen lassen." „Nu. und wenns ist, was schadet« Dir, Schmnl?" Behutsam schritt Moses durch den Graben nnd näherte sich dem vermeintlichen Bündel, während der andere einige Schritte ins Dickicht trat nnd ängstlich auf jedr» Geräusch hörte — aber lautlos schlief der Wald. <Fortsekuna folgte
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