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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 12.05.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-05-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191005125
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19100512
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19100512
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungHohenstein-Ernstthaler Anzeiger
- Jahr1910
- Monat1910-05
- Tag1910-05-12
- Monat1910-05
- Jahr1910
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 12.05.1910
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Tageblatt für Kohensteln-Emstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Kermsdors, Bernsdorf, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Kirchberg, Erlbach, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Küttengrund re. Der .Sohenstein-Srnstthaler- Anzeiger erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich abends mit dem Datum des solgenden Tages. Vierteljährlicher Bezugspreis bei freier Lieferung ins Laus Mk.1.50, bei Abholung in der Geschäftsstelle Mk.l.28, durch die Poft bezogen (außer Bestellgeld) Mk.1.50. Einzelne Nummern lO Psg. Bestellungen nehmen die Geschäfts, und Ausgabestellen, die Ausiräger, sowie sämtliche Kaiser!. Postanslalicn und die Landbriestrüger entgegen. Als Extra- beilage erhallen die Abonnenten jeden Sonntag das .Illustriert« Sonntagsblatt". — Anzetgengebühr für die «gespaltene Korpuszeile oder deren Raum 12 Psg., für auswärts 15 Psg. , im Reklameteil die Zeile 30 Psg. Sämtliche Anzeigen sinken gleichzeitig im »Oberlungwitzer Tageblatt' Aufnahme. Anzeigen-Annahme für die am Abend erscheinende Nummer bis vormittags 11 Uhr, größere Anzeigen werden am Abend vorher erbeten. Bei Wiederholungen wird entsprechender Rabatt gewährt, jedoch nur bei alsbaldiger Zahlung. Die Aufnahme von Anzeigen an vorgeschriedenen Tagen und Plätzen wird möglichst berücksichtigt, eine Garantie jedoch nicht übernommen. — Für Rückgabe eingcsandter Manuskripte macht sich die Redaktion ««LvLlLerersrertsererisiLtLtLLriLtLsrLLLrlLersrLrlLeriLlSLLtLiLererLis nicht verbindlich. LerLLLerLrlLkrerL-lLSLrscLeLereriLg-csgLLrLrisL-L-tLc-eLLrL-LgLkrLrlLe; Nr. 107. s«.,pr-ch« M. isr. Donnerstag, den 12. Mai 1910. B°hnftr. z. 37. Jahrgang. Theodor Roosevelt i« Berlin. Am gestrigen Dienstag ist, wie schon telegraphisch gemeldet, Theodor Roosevelt in B-rlin eingetroffen und vom Staatssekretär Freiherrn v. Schoen emp fangen worden. Mittags war der Expräfidrnt mit seiner Familie beim Kaiser im Neuen PalaiS zu Potsdam geladen, hier hatten sich auch die kaiserlichen Prinzen zur Begrüßung eingesunden. An die Tafel schloß fich eine Besichtigung deS Kaiserlichen MarstallS, der Schlösser und Sans souci. Abends fand ein Diner im Hause deS amerikanischen Botschafters Dr. Hill statt. Roose velt hat auch in der amerikanischen Botschaft Woh nung genommen; r» sind ihm nicht, wie e« an- fang» hieß, Zimmer im Kaiserlichen Schloß zur Verfügung gestellt worden. Au, heutigen Mittwoch wohnt der Exprästdent einer Gefechtsübung in Döberitz bei; abends findet ein Diner im Hause d«S Botschafters statt, bei welchem auch der Staats sekretär deS Aeußeren, Freiherr v. Schoen, zugegen ist. Roosevelt» Ankunft in Berlin war gewisser maßen eine kleine Urberraschung, sein Zug sollte infolge de» stürmischen Wetters bei der Uebersahrt Lrelleborg—Saßnitz eine halbe Stunde spät-r als vorgesehen einttrsfen, und die Herren, die sich zum Empfang eingefunden hatten, zogen fich zum Plau derstündchen zurück. Da plötzlich aber lief der Zug doch fahrplanmäßig ein, sodaß man in aller Eile Aufstellung »ahm. Mit fröhlichem Lachen auf den Zügen entstieg Roosevelt seinem Salonwagen, die offiziellen Persönlichkeit n, die ihm meist alle bekannt waren, mit herzlichem Händedruck begrüßend. Seine Heiserkeit hat sich noch nicht gelegt, er muß — zu seinem Leidwesen — so sparsam wie mög lich mit seiner Rede umgehen. Das Berliner Pu- blikum bereitete dem Exp Lfidenten einen herzlichen Empfang; anfangs konnte sich daS Auto kaum einen Weg durch die Menge, die fich trotz deS ab scheulich kalten Wetters eingefunden hatte, bahnen Vor der amerikanischen Botschaft, wo er abstieg, zeigte sich Roosevelt der Menge. Auf die Begrüßungsworte der Freiherr« v. Schoen antwortete Roosevelt, cS tue ihm außerordentlich leid, daß au» so trauriger Veranlassung das Pro- gramm, das der Kaiser in überraschend liebens- würdiger Weise befohlen habe, eine Aenderung habe erfahren müssen. Trotzdem freue er fich, daß sein langgehegter Wunsch in Erfüllung gehe und er Gelegenheit habe, Deutschlands ritterlichen Herr scher persönlich kennen zu lernen. „Ich bedauere nur", schloß Roosevelt, „daß ich so heiser bin und kaum ein Wort reden kann." Dem Publikum winkte Roosevelt immer und immer wieder grüßend zu, manchmal wies er in komischer Verzweiflung pantomimisch auf seine Heiserkeit hin, weil man offenbar erwartet hatte, er werde einige Worte sprechen. Bei der Frühstückstafel im Neuen Palais saß der Kaiser zwischen Mrs. Roosevelt und dlr Kron- Prinzessin, die Kaiserin saß zwischen Roosevelt und dem Kronprinzen. An der Tafel nahmen u. a. der Reichskanzler, Staatssekretär v. Schoen und der amerikanische Botschafter teil. Auch die „Nordd. Allg. Ztg." widmet Roose velt einen herzlich gehaltrnea Begrüßungsartikel, in dem es heißt: „Da der Reise Herrn RooseveliS daS politische Gepräge durchaus fehlt, und somit politische Absichten auf feiten des Gastes wie der Gastgeber vollkommen ausgeschlossen sind, so darf mit umso größerer Unbefangenheit ausgcspiochen werden, worin daS Geheimnis seiner Volkstümlich keit auch in Europa zu suchen ist: in nichts anderem als in dtM allgemein verbreiteten Bewußtsein, in Theodore Roosevelt eine bedeutende, klar durchge- bildete, namhafte Persönlichkeit begrüßen zu können, die sich mit starkem Willen für ihre hochgestickten Ziele etnsetzt. Amerikaner in jeder Faser, alleze t bereit, Leib und Leben dem Vaterland zu weihen, hat Theodore Roosevelt sich immer gleich frei ge halten von Ueberhebung wie von chauvinistischen Regungen gegenüber anderen Nationen. Seiner Denkungsart in dieser Beziehung verlieh er in der Rede bei Enthüllung des Washingtoner Standbilder Friedrichs des Großen mit den Worten Ausdruck: „Das Gedeihen eines Volkes hat normalerweise nicht die Bedeutung einer Drohung, sondern einer Hoffnung für die übrigen." TageSgeschichte Neber die Vertret««- de» sächsischen Hofe» bei der Beisetzung de» König» Eduard ist zurzeit eine bestimmte Verfügung noch nicht ge troffen worden. Da der König erst am 12 Mai aus Tarvis zurückkehrt, dürfte die Entscheidung erst dann hierüber gefaßt werden. Voraussichtlich wird sich aber Geins Königliche Hoheit der Prinz Johann Georg nach London begeben, um daS sächsische Königshaus bei der Beisetzung zu vertreten. Au» dem sächsischen Laudtage Beide Kammern arbeiteten gestern noch eine große Anzahl von Gegenständen auf. In der Eisten Kammer gab der Antrag Brodaus auf Ver- kürzung der geschloffenen Zeiten Anlaß zu langen Debatten. Von selten der geistlichen Mitglieder der Kammer wurde besonders gegen dis Verkürzung der geschloffenen Zeiten vor Ostern opponiert, und im Bunde mit der Regierung traten sie für den Eintritt der stillen Zeit erst vom Sonntag Judica ein. Dagegen wandten sich besonders Geheimrat Prof. Dr. Wach und Oberbürgermeister Keil, die sich von einer stillen Zeit unter Polizeikontrolle keine Vertiefung des kirchlichen Lebens versprechen. Schließlich wurde im Gegensatz zur Zweiten Kammer der Beginn der Sonntagsruhe auf 2 Uhr früh festgesetzt; Tanzvergnügen in der Kar woche dagegen lehnte man auch für Familienfest lichkeiten ab. — Die Zweite Kammer behandelle stundenlang den Elsenvahnetat und den Antrag Dr. Niethammer auf Reorganisation dieser Ver waltung. Neue Momente wurden aber von keinem Redner zutage gefördert, Schließlich übergab man die ganzen Vorschläge einer Kommission, die bS zum nächsten Landtage die Frage Ser Verwaltungs vereinfachung klären soll. Der weitere B»rsta«d de» Kvuservative« LandeSveret«» im Königreich Sachse« hielt am Dienstag eine Sitzung auf dem König lichen B-locder? zu Dresden ab. In der Sitzung nahmen die Vorstandsmitglieder, sowie eine größere Anzahl konftrvatwer Mitglieder der Ersten und Zweiten Kammir teil. Es fand nach Erledigung interner geschäftlicher Angelegenheiten eine lebdast« Aussprache über di« gegenwärtige politische Lage und über die bevorstehende ReichStagSwahl statt Es wurde wiederum auS sämtlichen Teilen des Landes ein starkes Anwachsen und Fortschreiten der konservativen Bewegung gemeldet. Der Vorstand de» Lande»verei«S der Fort schrittliche« Volk-Partei für Sachse« hat sich in seiner ersten Sitzung wie folgt konfli- tuiert: 1. Vorsitzender Herr Reichstags- und Land- tagsabgeordneter Kaufmann Günther (Plauen), 2 Vorsitzender Herr Fabrikbesitzer Graf (Leipzig), 3. Vorsitzender Herr Landtagsabgsordneter Schwager (Zittau), 1. Schriftführer Herr Stadtverordneter Lehrer Bcck (DreSven), 2. Schriftführer Herr Kauf- mann Pudor (Klein-Storkwitz bei Leipzig), Kassierer Herr Landtagsabqeordneter Professor Koch (Dresden) In längerer Aussprache wurde dann noch di« Stellungnahme zu den Nationalliberalen bei den künftigen ReichStagSwahlen erörtert. Au» dem 44 ILudliche« Wahlkreise Plaue« — Auerbach wird mitgeteilt, daß sich um daS durch den Tod des LandtagSabgeordneten Sieber auf Liebau frei- gewordene Landtagsmandat diesmal auch rin frei sinniger (vierter) Kandidat bewerben wird. Bisher standen sich ein Konservativer, ein Nationalliberalrr und ein Sozialdemokrat gegenüber. Der deutsche Reichstag hat für die Sommermonate Ruhe; am 8. No vember nimmt er seine Beratungen erst wieder auf. Das ist ein verhältnismäßig früher Termin; er wurde aber gewählt, weil vor der Etatsberatung noch der Gesetzentwurf über die RrichSwertzuwachS- steuer, die R-lchSoerstcherungsordnung, die Straf- Prozeßordnung, die Gtiasprozeßnovelle und die Novelle zur Gewerbeordnung erledigt werden sollen. Der verflossene Tesstonsabschnitt mit seinen 88 Sitzungen hat besonder» starke Spuren nicht hinter- lassen. Der neue Reichskanzler trat nur wenig hervor; um so gründlicher war die Auseinander setzung, die der Kolontal-SlaatSsekretär mit polt- tisch?» Gegnern im Parlament halte. Herr Dern burg ging als Gieger auS dem Streit hervor. Außer dem Etat find eigentlich nur kleinere Se- setzcntwürse erledigt worden; darunter zwar al» letzter, aber als wichtigster, der Entwurf eine» KaligesetzcS. Amerika protestiert -e-e« da» deutsche ttaltgesetz. Dec Botschafter Hill tu Berlin erhielt von dem Staatsdepartement in Washington die An weisung, bet der deutschen Regierung dahin vor stellig zu werden, daß die vom Reichstage geplante Monopolisierung der Kaliindustrie gegen die deutsch- amerikanischen Handelsbeziehungen gerichtet sei. In den Kreisen der amerikanischen Abnehmer und Kalihändler, besonders aber in denen der zahlreichen Käufer künstlichen Düngers, herrscht große Erregung. Der Vertrag zwischen de« Staa1»sekretär Dernburg u«d der deutschen Kolouialgesell» schäft i« Güdwestafrika wurde jetzt unterzeichnet. Der FiSkuS erhält da nach 31'/,°/a Beteiligung an den von der Dia- mantengesellschast erzielten Gewinnen und, zwar nach einer VorzuqSdioidende von 6"/,, für di« An- Kri Sonnenuntergang. Litlanischer Roman von M. von Wehren. 271 (Nachdruck verboten.) „Den Anführer der Bande möchte ich nämlich fassen und darum jedes Aufsehen vermeiden: ist der glücklich beseitigt, löst sich die ganze Geschichte wohl auf." „Glauben Sie das nicht, Herr — vielleicht für eine kurze Zeit, aber es findet sich doch wieder einer, der sich an die Spitze stellt. Es ist ja auch zu schlimm für uns arme Leute - der Zoll ist so hoch, garuicht zu er schwingen. Arbeiten will auch keiner mehr und sich rechtschaffen ernähren; das ist so von der Kricgszeit her verloddcrt. Die Waghalsigen haben etwas in petto und feuern die anderen an. Ja, es ist eine verteufelt schlaue Gesellschaft, die läßt sich so leicht nicht fangen." „Meinst Du, Friede? Einer von Deinen Lands leuten, vielleicht ein Littaner, müßte in Erfahrung bringen, wenn ein Transport über die Grenze ans preußisches Gebiet geplant ist; dann hoben wir es in Händen, sie dingfest zu machen." „Nun, das könnte ich doch nur sein, Herr!" Der alte Mann seufzte und starrte gedankenvoll vor fick bin. „Mir vertrauen meine Landslente, ich höre wohl dann und wann ein Wort, das Ihnen nutzen könnte, Herr Romberg", fuhr er zögernd fort. „Nun, dann helfen Sie, Friede, ich bitte Sie darum, es gilt ja in erster Linie die Rettung des un- alücllichen Kindes, da ist es unsere Michl, vorzngchen." „Ja, das scheint mir denn auch so und ich werde wohl nicht davonkommen, so schwer es mir auch wird, Sen Verräter zu spielen. Versprechen müßten Sie mir aber, Herr, meinen Landsleuten nichts zu thnn, ihnen wenigstens Gelegenheit zu lassen, zu entwischen; sonst kann ich mich nicht dabei beteiligen — ich will das nicht aufs Gewisse» nehmen. Was fangen die Weiber und Kinder an, wenn der Mann auf Jahre ins Gefängnis gesteckt wird!" .So arg wird «» nicht, Friede - ober «cb gebe Dir mein Wort, die Lütauer so viel wie möglich un beachtet zu lassen, damit sie Zeit haben, sich in Sicherheit zu bringen, wenn cs wirklich znm Zusammenstoß kommt. Vielleicht läuft die Sache ganz friedlich ab, ich wenigstens glaube au reine ernste Attacke." „O Herr, das können Sie nicht wissen. Es siebt manchmal rabiate Kerle darunter, denen es ans einen Zoll Eisen mehr oder weniger nicht ankommt, und schießen können sic beinahe alle. Es ist böse —" „Ach was, Friede, mir machst Du nicht bange! Meinet wegen sei nicht betrübt; glaube mir, wenn wir den Augiasstall gesäubert haben, wird es noch einmal so gut." „Das verstehe ich nicht recht, Herr; doch will ich thnn, was in meinen Kräften steht und recht inbrünstig beten, daß die Geschichte gut ablänft. Ich bin ein alter Knorren, für den die Zeit da ist znm Anbauen und ver brennen; aber Sie, Herr, und Ihr Freund, schlang wie die Tannen — es wäre ewig schade!" „Müßte auch ertragen werden, Alter!" — die Stimme des jnugen Mannes klang merkwürdig gepreßt. „Ich habe keinen, der um mich eine Thräne weint." „Und doch — — vielleicht? — — Bester Herr, sprechen Sie nicht so etwas. Unsere Kleine? Haben Sie die Anstalten vergessen, die das Kind schon jetzt vollführtc, als Sie nicht heimkamen? Man muß nicht das Schicksal hcraussordcrn, das rhut nicht gut. Sie haben gewiß noch einen großen vornehmen Platz aus zufüllen, werde» eine hübsche Dirne oder gnädige Dame heimführen, Kinderchen haben. Sie wollen sich doch nicht von solch elenden Menschen abthun lassen, die sich außer mit Schmuggelei noch mit Mord befassen. Das wäre kein schöner Schluß Ihres Lebens!" „Sehr wahr, Friede! — Ich will auch noch leben, träumen, täglich von einem namenlosen Glück, das mir Gott schenken soll. — Hat der Herr dort oben" — er zeigte auf den blauen Herbslhimmel, der feine Sonuen- strahlen leuchtend durch die kleinen Fenster auf das Bett des Greises warf — „es anders beschlossen, werde sch auf meinem Posten sein." „Ja, das müssen wir alle, alt und jung", antwortete Friede, die Hände faltend. „Für heute, mein Alter, ist es nun genug des Plauderns. Pflege Dich nur tüchtig, damit Du bald aufstehst, davon hängt die ganze Expedition ab." „O, mir geht es schon ganz gut, dafür sorgt Mamsellchen. Danke auch für den schönen Besuch!" „Hot mir Freude gemacht, mit Dir plaudern zn können; aber nun auch nichts verraten, sonst ist alles umsonst." „Wo denken Sie hin, Herr! Der alte Friedel ist ja keine Kaffcebase — verschwiegen wie das Grab!" Die letzten Worte hörte Romberg nicht mehr. Er schloß die Thür und erreichte im Sturmschritt sein Zimmer, um sich abgespannt aus sein Lum zu weAcn. Ein wenig Ruhe verlangte sein stürmisch klonendes Herz. Später kam die Lehrstunde — wie würde ste ibn empfangen? Er wollte, er mußte sich zns.uumen- uehmen, nm ihr ui^t wieder den baltlmen Mann zu zeigen, wie des Morgens. Wohin konnte ein solches Gebühren führen? Er durfte sich ihr jetzt nicht erklären, durch eine solche llebcr- stürzuug konnte er alles verderben. Es mußte eine Möglichkeit geben, sich ans den Fessel» dieser trostlosen Ehe zn lösen! Am Abend wollte er eni ernstes Wort mit Wöge sprechen; zuerst die verlorenen Tcrrain- zeichnnugeu erwähnen, dann seine Meinung einholen über einen Plan, seine Entscheidung anznbahncn. Wie fern lag doch Berlin für ihn, so schwer zn erreichen! Es kam ihm vor, wie in einer anderen Welt. Sollte er dies als Vorgefühl einer schnellen und glücklichen Aus einandersetzung betrachten? Würde er die Residenz nicht wieder betreten? Doch wie ging das? Majestäi verlangten persönlichen Ravvort! „Die Scheiduugsgeschichte wird viel Staub anf- wirbeln" — so bekannte er sich selbst — „der hohe Herr liebt dergleichen nicht, — denn die Vermischung des Adels mit dem Bürgertum ist ihm nicht sympathisch, Kirr —" er versank wieder m ti«f« Gedanken, und schwere Seufzer entrangen sich seiner gepressten Brust ehe er fortfnhr: „Und doch! ich kann nicht ohne sie sein! — Es ist eine trostlose Maire! Georg, Georg, Deine vielgepriesene Diplomatie scheint mir hier in die Brüche zu gehen. — Nun, kommt Zeit, kommt Rat! Wozu sich den Kops unnütz wüst machen, nun er für andere Dinge klar bleiben muß. Es ist doch wohl die ver gangene Nacht, die mir wie Blei in den Adern liegt." Am Abend haben sich die Hausgenossen um de» runden Speisetisch zum Thee versammelt. In seiner Sofaecke saß der alte Herr Wilmsen, neben ihni, mit dem unvermeidlichen Strickstrnmpf, seine Schwester. Rose hantierte an einem Sciientisch, bereitete im Samowar den Thee und versorgte wie immer die Gäste damit, welche sich nach Laune und Geschmack ihre Plätze gewählt halten. Außerdem stand eine ganze Batterie dickbäuchiger Flaschen Meth und allen Ungarweins ausgesahrcu und schienen schon verschiedene Gläser ans die Heimkehr des Lohnes und die glückliche Wiederkunft Rombergs geleert warveu zu sein. Dieser aber, still, in sich gekehrt, zeigte nicht einmal den Schatten eines Lächelns bei den unzähligen Geschichten und Witzen, welche, von Wöge znm besten gegeben, die übrige Ge sellschaft zu stürmischer Heiterkeit hinriß. Rose war Henle ganz in alter Weise: übermütig, von sprudelnder Laune, neckte sie sich mit ihrem Vetter. Onkel und Romberg, selbst Tante, blieben nicht verschont; sie lachte ost hell auf wie ein Kind, dem mau rin schönes Spielzeug gebracht hat. Ter alte Herr Halle längst die ungewöhnliche Mißstimmung an Romberg beobachtet und brach nun los: „Was ist mit Ihnen, Herzensfreund? Immer in Gedanken, der Wein uubcnlhrt! Schmeckt Ihnen mein alter Tvkaher nicht? Sie kommen mir ganz verändert vor. Wer weiß, Kinder, was der die vergangene Nacht ungerichtet hat und was ihm passiert ist! DaS sind Abenteuer, die er uns nicht erzählen wird, und nun sitzt der Heuchler ganz unschuldig m d schneidet Gesichter." (Fortsetzung folgt.) i
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