Suche löschen...
Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 02.11.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-11-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189011029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18901102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18901102
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Bemerkung
- Fehlende Seiten in der Vorlage.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1890
- Monat1890-11
- Tag1890-11-02
- Monat1890-11
- Jahr1890
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 02.11.1890
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
H, Vki5 Kreiverger ««zeige» und Laaevlatt. Sette S. I«VO. Im dänischen Folkething erwiderte auf die Anfrage eines Abgeordneten über die Errichtung internationaler Schiedsge richte der Minister des Aeußeren Baron v. Rosenörn-Lehn, die dänische Regierung sei zwar bereit, bezügliche Vorschläge entgegenzunehmen, die Angelegenheit würde jedoch bei den Groß mächten sicherlich auf Widerspruch stoßen. Dänemark sei ein zu kleines Land, als daß es in einer solchen Angelegenheit die Initiative ergreifen könne. Die große Unbeholfenheit der bäuerlichen Bevölkerung Ruhlands in allen Rechtssachen hat die leitenden Regierungs kreise veranlaßt, dem Gedanken näher zu treten, eine Insti tution juristischer Beiräthe für Bäuerischen ins Leben zu rufen. Die Regierung beabsichtigt, vertrauenswürdige Per sonen mit akademischer Vorbildung als Staatsbeamte mit der Aufgabe zu beirauen, der bäuerlichen Bevölkerung in allen für letztere wichtigen Rechts- und Prozeßangelegenheiten mit Rath und That zur Hand zu gehen. Bis zum Betrage von 500 Rubeln werden diese Staatsanwälte für Bauersachen die bezüglichen Geschäfte bei den zuständigen Gerichtsbehörden unentgeltlich zu führen haben; bei höheren Werthen soll den selben ein Anspruch auf Vergütung zustehen. Vor Allem hofft man auf diesem Wege dem schmählichen Aussaugesystem der unwissenden Bauern Seitens irgendwelcher gewissenloser Schreiber und Winkeladvokaten Abbruch thun zu können. Die Verwirklichung des Projekts dürfte jedoch ernsten Schwierig keiten schon allein aus finanziellen Erwägungen begegnen. — Wenige Tage sind vergangen, seit berichtet wurde, daß russische Bauern, welche sich den ihnen unerträglich gewordenen heimi schen Zuständen durch die Auswanderung nach Brasilien ent ziehen wollten, durch die russischen Behörden zurückgehalten wurden und an der westpreußischen Grenze im Kreise Nicszawa einen Zusammenstoß mit der Grenzwache hatten, bei welchem meh rere Personen getödtet oder verwundet wurden, und nunmehr kommt schon wieder folgende Mittheilung: „Bei dem Versuch einer größeren Zahl von Personen, welche nach Brasilien aus wandern wollen, unter dem Schutze der Nacht auf preußisches Gebiet überzutreten, wurden bei Slupce an der posenschen Grenze vier Personen von der russischen Grenzwache niedergeschossen." Ob man die Bauern, welche sich durch Heimathsliebe aus zeichnen und die Scholle, auf der sie geboren sind, schwerlich ohne dringende Noth verlassen, durch Pulver und Blei zur Zufriedenheit zurückführen wird, ist mindestens zweifelhaft. Bei der Zähigkeit der russischen Landleute ist aber noch weniger anzunehmen, daß der einmal lebendig gewordene Wandertrieb sich durch die Gewaltthätigkeit der Behörden alsbald werde ausrotten lassen. Die griechische Deputirtenkammer ist auf den 10. Novbr. einberusen worden. Wie verlauter beabsichtigen die Anhänger Delyannis vorzuschlagen, die Wahlen in Athen und Aegina wegen dabei vorgekommener Unregelmäßigkeiten und Bestech ungen für ungiltig zu erklären. — Neber die Zusammensetzung des neuen Ministeriums ist noch nichts sestgestcllt, wie nach einem Athener Drahibericht verlautet, würde Delyannis das Finanzministerium und das Kriegsministerium übernehmen. Entgegengesetzt dem Pariser „Siecle" urtheilen die Londoner Blätter über den Ministerwechsel in Athen. Während jener, wie berichtet, Herrn Delyannis freudig begrüßt, nennt die „Times" diesen Wechsel ein Ereignis;, zu dem Griechenland und Europa nicht zu beglückwünschen seien. Es wäre Trikupis gelungen, die von seinen Gegnern so rücksichtslos angefachten kriegerischen Neigungen seiner Landsleute zu zügeln und die griechischen Finanzen aus dem verzweifelten Zustande zu retten, in welchem die verderblichen Ausgaben seines Vorgängers für Mobilisation dieselben zurückgelassen. Das Beste, was man jetzt hoffen könne, sei, daß die Verantwortlichkeit im Amte bei der jetzigen Opposition mehr Gelassenheit und gesunde Vernunft erzeugen wird. Die meisten übrigen Londoner Blätter drücken sich in einem ähnlichen Sinne aus. Kolonialpolitisches. Der Verwaltungsrath der deutsch-ostasrikanischen Gesell schaft hat seine Berathungen über die Aufnahme einer Anleihe begonnen, die aber wesentlich höher sein dürfte als 4 Millionen Mark, da eine größere Inanspruchnahme des Kapitals noth wendig ist, wenn die Gesellschaft weiter ausgreifen soll. Denn bei der Schnelligkeit, wit welcher die Entwickelung Ostasrikas sich vollzieht, treten mannichfache Anforderungen an die Gesell schaft heran, denen nicht Folge zu leisten, sich bald rächen würde. — vr. Karl Peters erklärt es für unrichtig, daß er seine afrikanischen Erfahrungen, Erlebnisse und Forschungen in Amerika zu Gelde machen wolle. Allerdings machten ame rikanische Redaktionen ihm hohe Angebote und andererseits wurden ihm 8000 Mark proj Abend für einen Vortrags zyklus geboten, Peters lehnte jedoch Beides ab und arbeitet zu nächst das große Reisewerk fertig. Nur zwei Aufsätze er scheinen demnächst, nämlich über das Verhältniß Stanley's zu Emin nach der Darstellung Emin's und ein kurzer Forschungs bericht. — Der Oberhäuptling des Damaralandes Kama- Herero, ist gestorben. Oertliches und Sächsisches. Freiberg, den 1. November. — Das Avancement d^ Schwiegersohnes Sr. Kgl. Hoheit des Prinzen Georg, des Erzherzogs Otto wird dessen Uebersiedelung aus seinem bisherigen Aufenthaltsorte zur Folge haben. Sowohl die Garnison, vor Allem die Offiziere des 6. Dragonerregiments, als auch die Bevölkerung fehen das Scheiden des erzherzoglichen Paares von Brünn nur ungern. Erzherzog Otto und seine Gemahlin Erzherzogin Maria Josepha haben während ihres beiläufig dreijährigen Aufent haltes in Brünn vielfache Beweise ihres Interesses bei allen Gelegenheiten, wo es sich um gesellschaftliche oder wohlthätige Unternehmungen handelte, bethätigt. Besonders war die Erz herzogin Maria Josepha in Folge ihres liebenswürdigen Wesens Gegenstand ungetheilter Verehrung. — Bor zwanzig Jahren. Versailles, 2. November 1870. General von Werder meldet, daß General von Beyer am 30. Oktober vor Dijon hartnäckigen Widerstand fand, Prinz Wilhelm von Baden nahm die Höhen von St. Appollinaire und die Vorstädte, worauf der Feind abzog; am 31. Oktober früh wurde die Stadt von der Mairie übergeben; diesseits fünf Offiziere verwundet. Der feindliche Verlust ist sehr bedeutend. Vor Paris nichts Besonderes gemeldet, von Podbielski. Künheim, 2. November. Seit heute früh Feuer auf Neubreisach aus drei Batterien bei Biesheim resp. Wolf gantzen, auf Fort Mortier aus drei Batterien bei Altbreisach eröffnet. — Die Musikaufführung, welche der Männergesang verein „Lieverkranz" vorgestern Abend im Saale zum Bairischen Garten veranstaltete, war nicht so zahlreich besucht, wie es die schönen Darbietungen verdienten. Es erklärt sich dies nur durch die vielen anderen zu Gunsten der durch Wasser Be schädigten getroffenen Veranstaltungen. DaS Konzert, welches unter Mitwirkung des Herrn Organisten Stein und des Staot- musikchors staltsand, bot mannichfache Abwechselung. Unter Leitung des Herrn Lehrer Schubert brachte der „Liederkranz" „Die Studenten" von N. W. Gade, „Hoho, du stolzes Mädel" v. A. Dregert und ein Altniederländisches Lied v. E. Kremser, den Waldchor aus „Der Rose Pilgerfahrt" von R. Schumann und den überaus wirksamen Männerchor „Der Gondelfahrer" von Fr. Schubert in schwungvoller Weise zum Vortrag und sang ferner die von Speidel bez. von Kunz eingerichteten herzigen Volkslieder „Was hab' ich denn meinem Feinsliebchen gelhan" und „Elslein". Reichen Beifall erntete Herr Stein mit der schon früher von ihm im hiesigen Musikverein erfolg reich vorgetragenen ungemein dramatisch wirkenden „Douglas- Ballade" von Löwe. Nach dieser saft- und kraftvollen Gabe erschienen die sich mehr für einen ausgeprägten lyrischen Tenor eignenden sanften und schmachtenden Lieder „Mit Myrthen und Rosen" von R. Schumann, „Wir standen am Wasser zu sammen" von P. Umlauft etwas süßlich. Die Klavierbe gleitung führte Herr Schubert auf einem von Herrn Tanne berger in uneigennützigster Weise geliehenen vorzüglichen neuen Rönisch'jchen Konzertflügel aus. Die Hauptnummer des Programms bildete „Haralds Brautfahrt", Gedicht von Maerker; für Bariton-Solo, Männerchor und Orchester, in Musik gesetzt von H. Hofmann. Diese Komposition Hofmanns, welche recht deutliche Spuren der Wagner'schen Richtung trägt, ohne die Gestaltungskraft des Meisters aufzuwcisen, ist im Ganzen recht dankbar, steht aber doch nicht aus der Höhe, welche Hof mann mit seiner „Melusine" erreichte, in welcher sich das Epigonenthum fast gar nicht bemerkbar macht. Die Aus führung durch den „Liederkranz" war eine sehr erfreuliche und macht sowohl diesem Gesangverein sowohl wie seinem fleißigen Dirigenten alle Ehre. Die Soloparthie brachte Herr Stein mit bekannter Virtuosität zur Geltung; den orchestralen Theil bewältigte das Stadtmusikchor in anerkennenswerther Weise. Unter de» übrigen Leistungen der Sladlkapelle gefiel besonders das unter Leitung des Herrn Schubert geschmackvoll vorge- Irageue, reizende Vallante esntabils von Mozart. Der Bezirk Freiberg ver Allgemeinen Rad fahrer-Union veranstaltete gestern sein diesjähriges Jahren über die lange Strecke von 50 Kilometer, und war hierzu die Straße: Naundorf, Grillenburg, Klingenberg, Pretzschendorf, Frauenstein, Freiberg gewählt worden; der Start befand sich bei der Ziegelei Halsbach, das Ziel beim Gasthaus Stadt Chem nitz, Freiberg. Tas Fahren selbst, zu welchem sieben Meldungen eingegangen und sechs Fahrer, die Herren Börner, Grünewald, Ihle, Penndorf Philipp und Zinke am Start erschienen waren, verlies trotz Sturm und Regen, ohne jeden Unfall und in ächt radsportlicher Weise. Nach einem gut erfolgten Start wurde sofort ein flottes Tourentempo ausgenommen und, ausgenommen des äußerst schwierig fahrbaren Frauensteiner Berges, wurden alle auf genannter Strecke befindlichen Berge gefahren. Die Führung wechselte zwischen den Fahrern Penndorf, Philipp und Zinke. Unter Preisbewerbung erreichte das Ziel als Erster Herr Penndorf, A. R.-U., Freiberg, in 3 Stunden 37 Min. 44-/^ Sek., als Zweiter Herr Börner, A. R.-U., Freiberg, in 3 Stunden 40 Min. 47"/^ Sek., und als Dritter Herr Zinke, R.-V- „Wanderer", Freiberg, in 3 Stunden 45 Min. 44'/z Sek. Herr Philipp, R.-V. „Wanderer' und A. R.-U. Freiberg, welcher auf jede Preiszutheilung verzichtet hatte, durchfuhr die Strecke in 3 Stunden 37 Minuten. Wenngleich das Fahren an die Theilnehmenden in Bezug auf Kraftentwicklung nicht geringe Anforderungen stellte, so erwiesen sich die das Ziel erreichenden Fahrer weder allzusehr angestrengt, noch erschöpft. — Im Gewerbeverein, der Dienstag den 4. November eine Hauptversammlung anberaumt hat, bei der außer ver schiedenen geschäftlichen Mittheilungen die Neuwahlen des Vor standes vor sich gehen sollen, wird an genanntem Abende Herr Lehrer Heerklotz einen Vortrag halten über „das Land der ausgehenden Sonne", d. h. über Japan. — Wenn man berück sichtigt, daß gerade das japanische Volk, mehr als alle andern ostasiaiischen Völker, in dem Bestreben der europäischen Kultur bei sich Eingang zu schaffen, in den meisten Kulturzweigen gerade bei dem deutschen Volke seine Muster und seine Vor bilder sucht, so wird der angekündigle Vortrag ohne Zweifel Interesse erregen müssen. — Flüchtling. Ein 13jähriger Zögling der Besserungs anstalt Bräunsdorf, welcher gestern daselbst entwichen war, wurde in der vergangenen Nacht aus dem Bahnhöfe vom Bahnhofswächter in einem Abort eingeriegelt vorgesunden und der hiesigen Polizeiwache zur Ablieferung zugesührt. — Die Einfuhr ledenver Schweine aus Oesterreich- Ungarn ist nunmehr auch bis auf Weiteres den Städten Pirna, Meißen, Meerane, Frankenberg, Döbeln, Hof und Jena ge stattet worden und zwar unter denselben Bedingungen, gleichwie nach Dresden, Leipzig, Chemnitz und Zittau. Bezüg lich der Erreichung einer gleichen Vergünstigung für Freiberg ist noch nichts bekannt geworden, doch sollen Verhandlungen darüber schon im Gange sein. — Dem Fahrdieustpersonal der sächsischen Staatseisen bahnen ist durch Verordnung der Kgl. Generaldirektion mit Rücksicht auf den nunmehr zu erwartenden Eintritt der un günstigen Jahreszeit eingeschärft worden, das Durchlochcn der Fahrkarten während der Fahrt behufs Vermeidung von Un glücksfällen nur auf die dringendsten Fälle zu beschränken. — Die Anzeichen für einen frühen und strengen Winter mehren sich. Das Laub an den Bäumen ist welk und dürr, auf freien Plätzen sind die Bäume stellenweise schon ganz kahl, obwohl die schöne Witterung, welche die mitteisten Tage im Oktober brachten, vermuthen ließ, daß der Laubschmuck der Bäume sich noch längere Zeit erhalten würde. In ge schützten Lagen trifft man freilich noch vielfach Bäume und Sträucher, die ein sommerliches Gewand tragen. Aber auch die Thierwelt zeigt, daß der milde Herbst dem rauhen Eistyrannen schon jetzt weichen muß. Die Kraniche ziehen ziemlich hoch und der Dachs ist frühzeitig zu Loch gegangen. Die Hasen, die auf den Markt kommen, haben schon ein dichtes Fell, auch die Imker bestätigen an dem Verhalten ihrer Pfleglinge, daß sich dieselben auf einen frühen Winter einrichten. — Im Geschäftsbereiche des evangelisch-lutherischen Lanveskonsistorium sind oder werden demnächst folgende Stellen erledigt: das Diakonat zu Limbach (Chemnitz) Kolla- tor: die Gutsherrschaft daselbst; das Pfarramt zu Rothschön berg (Meißen), Kollator: die Gutsherrschaft daselbst; das Pfarr amt zu Klösterlein-Zelle (Schneeberg), Kollator: das evangelisch lutherische Landeskonsistorium; das Pfarramt zu Rottmanns dorf (Zwickau), Kollator: Herr Alexander von Arnim auf Planitz; das neubegründete 3. Diakonat an der Martin-Luther kirche zu Dresden (Ephoralort), Kollator: der Stadtrath da selbst. — Dagegen wurden angestellt beziehentlich befördert: Heinrich Jakobus Karl Fröhlich, Diakonatsvikar zu Leipzig, als Pfarrer zu Schwepnitz (Oberlausitz); Benjamin Albrecht, Pfarrer zu Crossen, als Pfarrer zu Hohenstein (Glauchau); Siegmund Rudolf Kummer, Predigtamtskandidat, als DiakonuS zu Rötha (Borna); Friedrich Klemens Schulze, PredigtamtS- kandida», als Diakonus zu Frauenhain (Großenhain); Karl Richard Hessel, Diakonus zu Borna, als Pfarrer zu Kitzscher mit Dittmannsdorf (Borno); Ernst Oswald Krebs, Predigt amtskandidat, als Diakonus zu Döbeln (Leisnig); Christlieb Friedrich Batsch, Pfarrer zu Wilkau, als Pfarrer zu Seußlitz mit Merschwitz (Großenhain); Otto Rudolf Hans von Seyde witz, Stadtpfarrer zu Frankfurt a. M., als Pfarrer an der Lutherkirche zu Leipzig (Ephoralort); vr. MI. Karl Gabriel Alfred Jeremias, Predigtsmiskandioat, als Diakonus an der Lutherkirche zu Leipzig (Epkoralort); Wilhelm Ernst Paul Enderlein, Pfarrvikar zu Gablenz, als 2. Diakonus an der Jo- hannislirche zu Chemnitz (Ephoralort); Richard Moritz Karl Köhler, Pfarrer zu Oberkunnersdorf, als Pfarrer zu Lüptitz (Grimma). — Stadttheater. Der Leitung unseres Stadttheaters gebührt die Anerkennung, daß auch sie an ihrem Theile bestrebt gewesen ist, zu einer würdigen Feier des Reformationsfestes beizutragen, indem sie unser Publikum mit einem der während der letzten Jahre in zahlreichen Städten meist von Dilettanten, zuweilen auch von schauspielerischen Kräften zur Ausführung gebrachten Luther-Festspiele bekannt machte. Ueberall, wo eines dieser Festspiele, sei es nun das Herrig'sche, das Trümpel- mann'sche oder das Henzen'sche, ausgesührt wurde, ist die Wirkung dieselbe gewesen: Der gewaltige historische Stoff, der in den Bühnenwerken zur Verarbeitung gekommen ist, hat nie seine mächtige Wirkung auf Gemüth und Herz der Hörer ver fehlt; stets hat die plastische Veranschaulichung des gewaltigen Ringens des menschlichen Geistes aus den Banden mittel alterlicher Versumpfung nach der Freiheit des Glaubens die Hörer im Tiefinnerstcn erschüttert und Saiten im Herzen an geschlagen, die noch lange nachklingen werden. Dem am gestrigen Resormalionsseiertage in zwei Vorstellungen ge gebenen Henzen'schen Festspiel rühmt man im Vergleich zu den anderen Bearbeitungen eine für die Bühnentechnik beson ders geeignete Anlage nach. ES ist auch nicht zu leugnen, daß man in den fünf Aufzügen nebst Vorspiel die charakteristischen Vorgänge der ganzen Resormationszeit als harmonisches Ganzes zusammen gefaßt findet, wenn auch, wie das bei der übergroßen Fülle des historischen Stosses nicht anders zu erwarten ist, der innere Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung in der geschichtlichen Entwickelung, namentlich was die Aus schreitungen der Bilderstürmer, Wiedertäufer rc. in ihrem Zu sammenhang zu der Lehre Luthers anlangt, nicht recht zur Geltung gebracht werden konnte. Um die gestrige Aufführung mit ihren Massenentfaltungen zu ermöglichen, hatte Herr Direktor Baars nicht nur sein gejammtes Personal aufgeboten, sondern auch Hilfskräfte aus dem Publikum hinzugezogen, so daß die Volksszencn recht wirksam ausgesührt werden konnten. Ueberhaupt ist der Ausstattung des Stückes seitens der Thcaterdirektion einer Mittelstadt volles Lob zu spenden. In Herrn Wilhelm Hertzog fand die Person Luthers einen trefflichen Darsteller. Man braucht noch keine Parallele zu zie hen zwischen dem Luther des Herrn Porth und dem des Herrn Hertzog, doch kann man Herrn Hertzog das Zeugniß ausstellen, daß er die hehre Begeisterung des muth gen Glaubensstreiters, wie die wuchtige Macht seiner Persönlichkeit recht gut zur Gel tung brachte. Auch in der Begegnung mit seinem Vater fand Herr Hertzog die wahren Töne seelischer Erregung. Nur hätte er sich, wie auch Herr Hobä als Hutten, hüten sollen, sein an sch sonores Organ allzu ausgiebig zu gebrauchen. Eine eben- ialls bemerkenswerthe Leistung war der vr. Eck des Herrn Albes, der den sarkastischen alten Dialektiker recht charakteristisch zeichnete. Hervorgchoben zu werden verdient noch der Hans von Bora des Herrn Biedenweg, der Pater Bartholomäus des Herrn Friedrich, der Ulrich von Hutten des Herrn Hob«, der Vater Hans Luther des Herrn Streiter und die Katharina von Bora des Frl. Niedt. Wenn freilich einige der Darsteller — es gilt das stellenweise auch von Herrn Hertzog — nicht zu sehr aus den Souffleur angewiesen gewesen wären, würde p>ie Gesammtwirkung eine noch bessere gewesen sein. — Am Sonn tag Nachmittag wird als Extra-Vorstellung zu ganz kleinen Preisen sür Kinder das Märchen „Schneewittchen und die sieben Zwerge" ausgeführt. Für Sonntag Abend ist die Oper „Der Freischütz" von C. M. von Weber ange kündigt und läßt die Besetzung der Hauptpartieen durch Herrn Maxwell und die Damen Roloff und Bellini einen wirklich trefflichen musikalischen Genuß erwarten. — Königliches Landgericht Freiberg. Am Donners tag wurde vor der zweiten Strafkammer unter Leitung des Herrn Landgcrichts-Direkwr von Wolf der Handarbeiter Franz Robert Stange aus Limmritz, geboren am 2. September 1864 in Kiebitz, fünfmal vorbestraft, wegen im wiederholten Rückfalle begangenen einfachen Diebstahls in zwei Fällen zu 1 Jahr6 Monaten Zuchthaus und 4 Jahren Ehrenrechtsverlust verurtheilt. — Vor der zweiten Strafkammer (Vorsitzender Herr Landgerichts- Direktor von Wolf) wurden heute Vormittag verurtheilt: l.dcr Kutscher und Handarbeiter Anton Ferdinand Tunkel ausLobo- sitz wegen Diebstahls zu 1 Jahr 2 Tagen Gesängniß, 2. der Gutsbesitzer Johann Emil Ranft in Luchau wegen Widerstandes und Körperverletzung aus §8 114, 223 des Reichs-Straf-Ge- setz-Buches zu 8 Monaten Gesängniß. Die gegen den Boten fuhrmann Ernst Clemens Richter aus Nassau, wegen Widerstandes und Beamtenbeleidigung auf heute angesetze Hauptverhandlung konnte nicht stattfinden, da der Angeklagte mittlerweile ver storben war. X BranV, 1. Novbr. Der gestern Abend in Stadt Dresden abgehaltene Parochial-Abend des Missionsvereins war sehr gut besucht. Nachdem der Kirchensängerchor den 47. Psalm „Frohlocket alle Völker" Von I. Faißt vorgetragen, begrüßte Herr Pastor Görner die zahlreich Erschienenen. Sodann hielt Herr Diakonus Gottlöber-Freiberg eineu Vortrag über die Oberammergauer Passionsspiele und erntete dasür reichen Dank. Verschiedene Deklamationen und Solis einiger junger Damen sowie mehrere Chorgesänge brachten abwechselungsreiche Unter-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder