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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 25.12.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-12-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189012259
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18901225
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18901225
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Bemerkung
- Fehlende Seiten in der Vorlage.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1890
- Monat1890-12
- Tag1890-12-25
- Monat1890-12
- Jahr1890
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 25.12.1890
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do« —' 43. Jahrgang > Donnerstag, den 25. Dezember, jj und oder deren Raum lo Pig g, 2SS « 18S0 U. Weihnachten 1890! »b Ps. )ank. ?nen. inver 740 730 720 7l0 X. Ende der Wege Gottes. nähme en un- r wir Tbeil- nseres - und t5rcun- »>gang is mit , durch ng uns lumen- u ihrer chme zu reicher r ihnen 0. Nie n. ^^^eiblichkeit ist das Ende der Wege Gottes. Gleichviel wie der tiefsinnige Theosoph selbst sein geheimnißvolles Wort verstanden hat, im Lichte der Weih- nacht, im Glanze, der einst über Bethlehems Gefilde sich ergoß, wird cs uns licht, wird es zum Edelstein, aus dem bunte Farben, Helle Blitze immer neu Hervorbrechen. Weihnachten! Es bleibt das wunderbarste aller Feste — der liebenswürdigste, beredteste Anwalt des Christenthums, des so ost verklagten und so gern verurtheilten. Wunderbare Macht, die Millionen Kinder mit ihrem ganzen Denken durch Wochen und Blonde gefangen nimmt und ihre Herzen schwellt fast zum Zer springen! Wunderbare Macht, die am gabcnbedcckten Tische und unter dem strahlenden Lichterbaum die jungen Seelen schon erfüllt mit dem Ahnen einer höheren Welt, der Welt der ewigen Liebe und des unveigänglichen Lichtes! Wunderbare Macht, die an Allen ohne Ausnahme sich beweist, die wie warmer Sonnenschein und brausender Früh lingssturm das Eis der Blasirtheit hinwcgschmilzt, wo immer cs sich findet, die Spötter und Glaubenslose zu —Christen macht! Wunderbare Macht, vor der das greisenhafte, mäkelnde Wort verstummt: das Christenthum sei ei» überwundener Standpunkt — das Gute in ihm sei nicht neu und das Neue nicht gut. Ja, wahrlich — das todt gesagte Christenthum steht zu keiner Zeit so in seiner unverwüstlichen Lebenskraft da, wie zur Weihnacht. Aus die Fülle der Liebe und des Lebens, die es wie einen mächtigen Strom stets in den letzten Wochen des sinkenden Jahres über die Erde hin entfesselt, gründet es den Anspruch, zu leben bis an's Ende der Tage. Mögen der Dichter und der Philosoph, Herder und Hegel, hierinnen die Sprecher für die Welt der Gebildeten, sich begeistern für das griechische Volk als die „Jugendblüthe der Menschheit", als die .Jünglingsthat der Geschichte". Mögen sie daraus Hinweisen, daß am Anfang wie am Ende der griechischen Geschichte ei» Jüngling stand, Achilles und Alexander. Aber die beiden Helden sanken in ein frühes Grab — die Propheten damit des Geschickes ihres Volkes. Unter allen Völkern des Erdballs giebt's nur ein Volk, das schlechthin das der Zukunft und daS Volk aller Hoffnung ist, ein Volk aus allen Völkern — das Christen volk. Es ist daS Volk, »des König ei» Kind ist." Sein Anfang reicht zurück eben in die Geburtsstunde dieses Kindes. Sein Ende würde die Todesstunde des znr Weih nacht Geborenen sein — und das ist niemals! Das Kind in der Krippe, wie cs zu jeder Weihnacht vor unseren Seelen steht, bleibt ewig ein Kind, niemals alternd: es ist eben damit Urbild und Bild seines Volkes. An diesem Kinde kommt die alte Zeit zu ihrem Ende, von ihn: geht eine neue Zeit aus: es selbst ist erhaben über alle Zeit. Das Kind in der Krippe — ein Kind wie alle Kinder, ein Kind wie lein Kind weiter! Uebcr ihm schwebt ein Geheimniß: aber cs selbst löst alle Geheimnisse im Himmel und auf Erden. Ueber das verschleierte Bild im Allerheiligsten der Göttin Ncilh zu Sais, über das verhüllte Bild der Wahrheit war die alte Zeit nicht hinausgekommen. Das enthüllte Geheimniß des Kindes in der Krippe heißt: Leiblichkeit ist Vas Ende der Wege Gottes. Das ist es, was der Apostel, dem man als Abzeichen den Adler beigegeben, der Jünger mit dem tiefen Geist und dem hohen Flug der Gedanken, sagt: das Wort ward Fleisch. Es war das befreiende Wort für die alte Welt. Sic hatte gerungen mit ihrer ganzen Kraft, das Räthsel des Daseins zu erkläre». Wunderbar, daß sie, tastend nach der letzten Wahrheit, allüberall auf den Menschen gerade zukam. Die Götter nöthigte man aus ihren lichten Höhen herab auf die Erde. Unter den Mensche» standen ihre steinernen Bilder, Bilder, geschaffen nach dem Bilde des Menschen, wenngleich von wunderbarer Schönheit. Die Götter waren geworden wie die Menschen — schließlich auch behaftet mit allen menschlichen Schwächen und Gebrechen, entgöltert. Zur Selbst vergötterung der Menschen war' von da aus nur ein kleiner Schritt. Den Kaiser auf dem römischen Thron betete man an als den Heiland der Welt, als den obersten der Götter. Welche Jrrniß! Welche Wirrniß! Die weltberühmte Weisheit der Egypter hatte die räthselhafte Gestalt der Sphinx erfunden, die — halb Mensch, halb Thier — Geistiges und Sinnliches, Ueberirdifches und Irdisches verbinden sollte. Aber diese Gestalt selbst war eine Unwahrheit, in der Wirklichkeit nicht zu finden. Griechenland wollte weiser sein als Egypten. Die Sphinx, so erzählt uns tiefsinnig die Sage, saß an dem Weg nach Theben und gab allen Vorübergehenden ein Räthsel auf. Niemand konnte es lösen. Oedipus endlich, der junge Königssohn, gab die Lösung: „der Mensch". Aber — wie man so schön gesagt — „derselbe, der das schwerste Räthsel löste, blieb sich selbst ein Räthsel, der klar sehende Oedipus war blind für die tragische Schuld seines eigenen Lebens; und als der blinde Teiresias ihm das innere Licht giebt über die unsagbar traurigen Irrungen seiner Vergangenheit, da blendet er verzweifelnd seiner Augen Sterne, die einst sehend nicht sahen." Der blinde, tief unglückliche Mann ist das Bild der alten Zeit. Sie hat die Lösung des Räthscls geahnt, doch nicht gesunden. Im Kind in der Krippe ist uns die Lösung gegeben. Sie lautet, wie man treffend bemerkt hat, nicht „der Mensch", sondern „des Menschen Sohn." Ja, Leib lichkeit ist das Ende der Wege Gottes. — 700 ,7° R. Daß Gott im Fle'sche sich der Welt offenbaren werde, der Gedanke trotz mancher Ahnung wie die Erfüllung in Christi Geburt, Beides war der Welt vollkommen neu. Noch heute muß der Mensch an der Krippe staunend und anbetend stehen: Gott ist im Fleische; wer kann dies Geheimniß verstehen ? — wenn ich dies Wunder fassen will, so steht mein Geist vor Ehrfurcht still. Aber nur in der Leiblichkeit, von der Weih nachten redet, haben wir die Wahrheit aller Wahrheit. Wer den Soh» siehet, siehet de» Vater. Wer das Christkind kennt, kennt voll und ganz erst Gott im Himmel. Hat jenes Kind die alte Welt aus den Angeln gehoben und all' die Götter des Heiden thums entthront, mag Schiller klagen: Mncn zu bereichern unter Allen, mußte dieje Göttcrwelt vergehn — und mag Goethe unwirsch sein über den „Paradies-Vogel", der sich mit allen köstlichen Federn der tausendfachen Vögel unter dem HimmelIschmückte, dieser Eine hat uns doch gebracht, was alles Andere uns ersetzt: vieMrkenntniß des Einen wahren Gottcs. Lees domo, sehet, welch' ein Mensch! — das Pilatuswort hat eine Stelle schon an der Krippe. Sehet, welch' ein Kind: Fleisch undABlut und doch auch umwoben von dem Hauch der Ewigkeit! Wenn von je die Künstler cs mit als ihre höchste Aufgabe angefchen haben, das Christkind zu malen mit seinem ganzen Lieb reiz, sie haben es allzumal übergossen mit dem Glanz der Verklärung. Und das mit Recht! Zwei Welten sind in jenem Kind vereint, Erde und Himmel. Beides ist in ihm verkörpert: Gottes Allmacht und fein Gnadenwillc. Beides wissen wir durch sdas Kind: Go" ist uns fern und ist uns nah — Gott ist Geist, der himmelhoch über her Welt des Vergänglichen steht, und Gott ist die Liebe, die sich zu den Menschen in das Elend nicdcrläßt. Das aber ist der Gott, den die Welt ersehnt hat. Das ist der Gott, den wir brauchen, an dessen Herz allein unser unruhiges Herz Ruhe und Heimath findet. Dos ist der Gott, dem wir uns nahen können in allen unseren Anliegen. Das ist der Gott, der uns nie ve-läßt, auch nicht in den Nächten der Trübsal. Ja, weil Christus geboren ward, ward die Nacht der Erde znr heiligen Nacht, zur Wcihenacht. Alle Dissonanzen dieses Lebens lösen sich auf in dem einen Ton: Leiblichkeit ist das Ende der Wege Gottes. Und das Ende der Wege Gottes ist der Anfang neuer Wege der Menschheit. Im menschgewordenen Gottessohn sieht die Menschheit ihr Urbild und Vorbild. Die Unschuld, die aus den Augen des Christkindes leuchtet, bleibt dem Christus des späteren Lebens, bleibt ihm mitten in einer Welt von Versuchungen, mitten in der Welt unsäg licher Sünde. In ganz einzigartiger Größe schreitet er über die Erde. An seinem Bilde reinigt und heiligt sich fortan die Menschheit. Und wenn die Krippe es predigt: also hat Gott die Welt geliebt — von der Krippe auch ergeht an die begnadete Welt das große Gebot: lasset uns ihn lieben, denn er hat uns zuerst geliebt. Das Kind in der Krippe ist der Königssohn, der das schlafende Dornröschen, die im Sündcnschlaf befangene Menschheit wachküßt in heiligem Liebeskuß zu neuem Leben, zum Leben in Gott. Gewiß, wir wissen es, daß man die Sünde, die noch immer ganz allgemein und ost in grauenhaftester Form herrscht, als Beweis gegen das Christenthum ansührt. Dennoch — dieses hat, was die ganze alte Welt nicht vermochte, das Ideal der Moral ausgestellt. Im menschgewordcnen Gottessohn war cs gegeben. Hatte das Allerthum den Leib entweder als lästige Fessel des Geistes oder als einzigen Zweck des Lebens angesehen, der der Sinnenlust sröhnen dürfe und müsse, die Menschwerdung Gottes wies darauf hin, daß alles Leibliche und Sinnliche vom Geiste durchdrungen und verklärt werden müsse. Mag der Naturalismus der Gegenwart dagegen Sturm laufen: der Ethik sind doch ewig giltige Grundlagen damit gegeben. Und man muß es zugeben, daß auf ihnen sich schon eine Sittlichkeit durchgesetzt hat, die der vorchristlichen Zeit unfaßbar gewesen wäre. Die Menschheit kennt nunmehr das Ziel, dem sie zupilgert. Wie dos Kind in der Krippe den Herrn schon ahnen läßt, der nachmals verklärt aus seinem Grab hervorging, so wird im Verklärungsleib auch zuletzt der Mensch wandeln. Der Gegensatz zwischen Fleisch und Geist ist dann ganz überwunden. Am letzten Ende wird das sein. Ja, am letzten Ende wird es zum letzten wahr: Leiblichkeit ist das Ende der Wege Gottes. Es ist nicht wahr, daß das Christenthum veraltet und ohne Bedeutung sei für unsere Zeit. Seine Ewigkcitsgedanken, völlig neue Offenbarungen einst für die Welt, überdauern alle Zeit. Sie passen für jede Zeit. Nur sie lösen die Fragen, die unsere Zeit bewegen. Sie führen den Menschen zu seinem Ziel. Sie geben ihm Frieden und Befriedigung am Leben. Weihnachten redet so überwältigend von der unvergänglichen Jugendkraft des Christenthums — ein Frühlmgsfest ist es unter dem Zeichen des grünen Christbaums mitte» im kalten Winter, ein Lichtfest mit Millionen Kerzen gerade in der dunkelsten Zeit des Jahres, ein lustiger Spott so auf die hausbackene Weisheit von der Straße und die Ordnung der Natur, ein fröhliches Bekenntnis! der Zuversicht, daß auch aus Tod und Finsterniß Leben und Licht geboren werden muß. Der Wahr heit, die das frohe Fest uns Predigt, gehört Welt und Zeit: Leiblichkeit ist das Erscheint jeden Wochentag Nachmittags 6 Uhr für den andern Tag. Preis vierteljährlich 2 Mart 25 Pfg., zweimonatlich 1 M. 50 Pf. und cinmonatlich 75 Pf. »auckiich : Georg ichdruckern Freiberg. und Tageblatt Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zu Freiberg und Brand.
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