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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.05.1889
- Erscheinungsdatum
- 1889-05-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188905086
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18890508
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18890508
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1889
- Monat1889-05
- Tag1889-05-08
- Monat1889-05
- Jahr1889
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.05.1889
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Erscheint täglich stütz 6'/, Uhr. Le-srtis» «»* Lrpettti»» J,ha»«»-affe 8. Sprechkundru der UedaMs». vormittags 10—1» Uhr. Nachmittag« k>—6 Uhr. gm »t. ««M» »s >»»«»»» »er fßr »te Nu»»rr s«ftt»«te, J«ser«»e «» wochrata-r« tt» I Uhr Nach»«Na»«. aa r««a un» Krstta,eu stütz »,»'/,» Utzr. In den FUiilrn str Ias.-^nnatz»r: LN, Me»«. UniversnätSstraß« 1. LsutS Lösche. Kalhortnenstr. 23 Part, und König-Platz 7, nur bi» '/,Z Uhr F128. Amtliche Bekanntmachungen. Vrkanntmachmg. In der Nacht zum S. Mai «z. o. ist der Gastwirth G-uard Fleischer in seinem von ihm allein bewohnten GasthosSgruiidstücke zu Dornreichenbach mittelst Durchschneiden der Kehle ermordet und dann beraubt worden. Vermißt wird außer einem nicht erheblichen Geldbeträge eine silberne Cylinderuhr mit Goldrand und Sekunden« zeiger. 18linig, Fabriknummer 28620, im Innern de» Dcckel«. recht» der Fabriknummer, ist: z^. sowie 24L84 eingekritzelt — nebst einer kurzen, wahrscheinlich etwa» verrosteten Stahlkette. Verdacht lenkt sich auf den unten beschriebenen Unbekannten, der noch in selbiger Nacht nach Wurzen, von da aber weiter nach Leipzig zu sich begeben hat, am S. Mai gegen 5 Uhr früh in Gcrich-Hain eingetroffen und demnächst bi» Sellerhausen auf einem Heuwagen gefahren ist ^ Derselbe hat schlesische» Dialect gesprochen, und erzählt, er sei Lchloffer, bei BreSla« her, habe noch 8 Brüder, von denen einer Fleischer, einer Arbeiter sei, sein Vater sei gestorben, al» er 6 Jahre alt gewesen, seine Mutter lebe noch und habe eine Hütte und einige Morgen Feld, er habe bislang und zwar 7 Monate lang in Dresden in Lccord gearbeitet, komme von Wurzen und wolle noch heute (also den s. Mai) infolge der Dernetttluag eine» Agent»» bei einem gewissen Franke in Arbeit treten Alle Personen, die Uber den erwähnten Unbekannten Autkunst zu geben vermögen oder sonst sachdienliche Wahr nehmungen, in«bcsondrre auch Uber den verblieb der oben beschriebenen Uhr gemacht haben, werden im Interesse der Verfolgung deS so schweren Verbrechen» auf da» Dringendste ersucht, sich ungesäumt bei der nächsten Polizeibehörde, dem nächsten Gendarm oder bei der Unterzeichneten vureaustelle (hier, HarkvUstraße Nr. II, 1 Treppe) zu melde». Leipzig, den 7. Mai 1889. Königliche Staatsanwaltschaft. Häntzschel. Beschreibung tze» Unbekannte«. Uek>ermittele schlanke Figur, hagere», nach dem Sinn zu auffällig lvitz zulauieudes Gefickt, ousiällig breiirr Schädel, hohe Sinn, bräunlich-blond, — da:tos oder mit schwachem Anflug von Schnurr bart, — bekleidet mit dunkelem Anzug und duukeler Mütze Donnerstag, de« K. dieses Monats, soll mit den AsphaltirungSarbeiten auf dem Nenmarkte begonnen werden. In Folge dessen wird letzterer aus die Dauer der Arbeiten, bez. deren Fortschreiten entsprechend aus der zwischen Schiller- straße und Govandgäßchen belegene» Strecke, ausschließlich der Kreuzung mit letztgenanntem Gäßcben, für allen unbefugten Fährverkehr von obenbezcichnctem Tage ab gesperrt. Leipzig, den 4. Mai 1889. Der Rath der Stadt Leipzig. vr Georgi. Hennig. Bekanntmachung. Für die erste der beiden städtischen Gasanstalten, welche unter der Leitung eines Direktors sieben, soll die Stellung eine- BetrtebS-Jnspeetors möglichst bald besetzt werden. Demselben wird die BetrirbSsührung der ersten Anstalt übertragen werden. Diese Anstalt ist jetzt einem sich aus ihre sämmtliche» Theile mit Ausnahme der Gasbehälter erstreckenden Er- neuerunqsbane unterzogen worden: sie wird in den Tagen der größten Abgabe 50 000 cdm Ga» zu liefern haben. Die Ausstattung der Stellung, welche eine Pension- berechtigte ist, unterliegt noch der Feststellung bezüglich deS AnsangSgehalteS. Außer dem baaren Gehalt« soll mit der selben freie Wohnung. Heizung und Licht bez. entsprechende Entschädigung verbunden werben. Bewährte Fachleute, welche bereit« einem größeren Ga»> Werke vorgestanden haben, wollen sich dis zun, I. J««t dieses Jahres unter Beisüanng ihrer Zeuanißabschriflen und eine» kur, gefaßten Lebenslause» zur Bewerbung und Lerhondlunc schriftlich an Herrn Stadtrath vr. Daagemann hiersrlbs wenden. Leipzig, den 4. Mai 1889. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Größe!. Ass. vermielhuilg. Im städtischen Hausgrundstück ThoneasgchGckhen -kr. « ist Lar links vom HauSeinqanae besindiiche Berkanss- qewölde» sowie d c HI und In. Stage i« Tanze» oder aetkeilt »o« I Oktober dss. Js. ad argen eiubaibjahrlicheKündtgvna anderweitzu »ernitethe«. Mieihgesuche wereen ans dem Rathhause. I. Etage. Zimmer Nr. 8. enlzegengrnommen. auch wird daselbst über die Brr mierhungSbedingungen Au-kunsl ertheilt. Leipzig, am 30. April 1889. Der Rath her Stadt Leipzig, l». 2208. Vr. Georgi. Krumdiegel. seffenlliche BuWa-ler-Iehrankalt. Die Anmeldung von Schülern tür du« M«Nt««', de« 17. M«t beginnende neu« schul,abr erbitte Ich «>r in meinte Wohnung, «u der Pleche 4, ll.. m der Zeit s—4 Uhr Nachmittag« Dir OHarrninr ist vvezulege». Gmttt. MYlM.TlMblalt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Abonnement-pr-ks vierteljährlich 4'/, Mk. iucl. Brluqeelohn k> Mk.. durch dl« Noft bezvge» 6 Mt. Jede einzeln, Nummer 20 Ps- Belegeremplar 10 Ps. Gebühren für Litrabetlag,, l>u Dagedlatt-Format gesalzt, «tzne PostdetSrderuag 60 Mk. »tt Poftbesörderuug 70 Mk. Inserate 6 gespaltene Petitzeile 10 M. «rähere Schrtstr» lau» »us. PreGverziichntß. Labellartschrr «u Ziffernsatz »ach h»hrrm »ans. Urtlamen unter dem RrdacttouSftrlch dt« »aaspalt. Zeile bOPs., vor de» Familie»,schlichte» die Kgespaltea« Zeile 40 Ps. Iulerate siad ftet» a, dl« «rpetzttta» »» seude». — Rabat« wird nicht gegeben. Zahlung praenmooraocko oder durch Post« aachaahme. Mittwoch dm 8. Mai 1889. 83. Jahrgang. Bekanntmachung. Die von un» am 27 März d I. zum Verkaufe ver- ieigerten Bauplätze Re. S, « de» Parcellirung«plaueS llr da» zwischen der Koch« und Südstraßc und der nörd lichen Fluchtlinie der Kronprinzstraße gelegene Bauareal sind mit Zustimmung der Stadtverordneten de« Höchstdtetre ans beide zngefedlagen worden und r» werden daher in Gemäßheit der Versteigerung-bedingungen die übrigen Bieter hiermit ihrer Gebote entlasten. Leipzig, den S. Mai 1889. Der Rath der Stadt Leipzig. Cerutti. 3004. vr. Georgi. Die Feier in Versailles. „tztnr große Epoche hat da» Jahrhundert geboren, Ader der große Moment findet eia kleine» Geschlecht." Diese» Schillerffche Distichon kann al» Molto für die Feier dienen, welche sich am L. Mai unter vielen schönen Reden, aber unter den denkbar traurigsten staatlichen Verhältnissen in Versailles abgespielt hat. Tie Redner, welche der Feier ihren Eifer widmete», haben ihr Mögliche» getban, um den Schein IjU erwecken, al» ob Frankreich ein woblorzanisirte», ideale» Zielen zustrcbeade» StaatSwesen sei. Carnot nannte die am 4. September 1870 gegründete Republik die Krönung de» vor einem Iah hundert begonnenen Werke», da» Endziel, welche» nach so viel Erschütterungen und grausamen Prüfungen habe erreicht werden wüsten. Frankreich habe enbgntig gebrochen mit der persönlichen Gewalt eine» einzigen Manne» und erkenne forlan keinen anderen Souverain mebr an al» das von den Erwählten der Nation berathene Gesetz. Wer dächte dabei nicht an da- Gesetz, welche» den Senat al» Gerichtshof zur Verfolgung Boulanger'» eingesetzt hat! Bor wenigen Monaten wühlte Pari« mit großer Mehrheit Boulanger zu seinem Vertreter in der Abgeordnetenkammer, und an dem Tage, an welchem Earnol seine Rede zum Rubine der republikanischen Staal-sorm hielt, wurde derselbe Boulanger zum Mitgliede de» Municivalrath« von Pari» gewählt. Also mit der endgiltigeu Beseitigung ber persönlichen Gewalt, von welcher Carnol in Versailles sprach, hat e« gute Wege, die Mehrzahl der Franzosen will von der Republik de» 4. September nicht» wissen und sehnt sich nach einer kräftigen Regierung, welche der Zwietracht und der Verwirrung, hervorgerusen durch eine mächlige und herrschsüchtige Partei, ein Ende bereitet D>e großen Ge danken, welche der Revolution von 1739 zu Grunde lagen, die Erklärung der Menschenrechte und di« Bestrebungen zur Ausrichtung eine» alle berechtigten Ansprüche befriedigenden Staatsgebaude» sind von der Geschichte at» bahnbrechend an« erkannt worden und äußern ibre Wirkungen »och heute, aber da» Frankreich, welche« die Bartholomäusnacht erlebte und die Aushebung de» Edikte» von Nantes, hatte nicht die Kraft, den, von ihm selbst als Richtschnur ausgestellten Gedanken ;»m Siege zu verhelfen, eS siecht in vergeblichen Zuckungen, dahin, welche ein Erbthcil seiiier furchtbaren Bergangen. heit sind. Der gegenwärtige Zustand Frankreichs kann nicht bester gekeiinzeichiiet werden alS durch die Ansprache deS BischvsS von Versailles an den Präsidenten Carnot. Die Regierung der Republik hatte eS alS Conscquenz der republikanischen Grundsätze erkannt, und deshalb haben Männer wie Paul Bert und Gablet Alles ausgrboken. um die Cmancipation deS republikanischen Staates von dem kirchlichen Einsluste zu er reichen. Die Verweltlichung der Schule sieht seit Gründung der Republik aus der parlamentarische» Tagesordnung, der Antrag, die Botschaft beim Vatikan auszuhcbe», erscheint bei jeder Budgetberalhuiig. Ader die Verhältnisse sind stärker al» die Menschen. Paul Bert ging, alS er die Bergeblicbkcil seiner Bemühungen, eine rein weltliche Republik zu schassen, eingesehen hatte, nach Tonkin, um dort seinen Menschei,- brglückung-versuchen neue Wege zu eröffnen, und wurde ei» Opfer de» mörderischen Klima», und Goklet endete damit, daß er al» Minister de» Auswärtigen auS politischen Rück sichten dem Papst seine Verehrung auSdrückte. Erst am Schluß seiner Rede fand Carnot Worte, um da» ganze Elend deS heutigen Frankreich- den Hörern zum Be wußtsein zu bringen: „Bestreben wir unS, den cdcln Auf schwung jener großen Zeitepoche wieder zu finde» und u»S zu erhebe» über kleinliche Leide,ischaslen und über Partei» gezänk. Suchen wir unter der Aegibe der Republik mit Sanstmuth nach gegenseitiger Duldung und nach Ein tracht, dieser unwiderstehlichen Kraft aller einige» Völker. TaS glorreiche Jahrhundert, besten Andenken wir heulr begehen, muß seine Krönung finden in der WieberauSsöhnung aller Franzosen, in dem gemeinsame» glühenden Eiser für da» öffentliche Wohl im Namen der Freiheit und de« Balcr- lande». Frankreich wird dann für immer seinen Rang an der Spitze der Nationen haben. Ehre den Vätern von l?89! E» lebe Frankreich, e» lebe die Republik!" E» ist da» alte Lied, da» Frankreich seit 100 Jahren immer wieder auf» Neue anstimmt, und besten Refrain lautet: „Frankreich marschirt an der Spitze der Civilisation." Die Franzosen können sich von dem Gedanken nicht lo»- machen, daß sie den Berus haben, den übrigen Nationen in Allem, wa» groß und nachahmen»werth ist, voranzugehen. Wir wollten ihnen da» gern zugestehen, wenn sie wirklich die Kraft dazu hätten; der Hintergedanke ist aber der. daß dem moralischen Siege auch der politische folgen müsse, baß Frankreich auf» Neue die Geißel schwingen müsse über die Völker Europa», wie e» Ludwig XlV. und Napoleon l. thaten. Wenn Frankreich die republikanische Staatsform lediglich al» da» Mittel betrachten wollte, um in den vollen Genuß seiner reichen Kräfte zu treten, zu gesunden von den Schäden, welche ihm Leidenschaft und Thorheit der eigenen Bürger bereitet hoben, wenn es sich daran genügen ließe, beizulragen zum Fortschritt ver Menschheit auf allen Gebieten ber menlch. licken Thätigkeit. so würde e» seme Ausgabe sicherlich bester erfüllen al» durch da» Streben, die erste Mililairmacht Europa» zu werden, uw seine im Jahre 1870 verlorene Machtstellung wiederzugewinnen. Wir dermisten in ver Rede Carnot'» den Geist der Bescheidenheit und Selbstverleugnung, ohne welchen Frankreich menral» zur staatlichen und socialen Wiedergeburt gelangen kann. E» giebt für Frankreich nur einen Weg. da» verlorene wieder zu gewinnen, und der ist nur zu betrrten durch rückhaltlose ehrliche Anerkennung de« Frankfurter Frieden», wie r» Fürst DiSmarck vor einigen Jahren i« deutschen Reichstag« gesagt hat. Frankreich hat durch seine Uber alle« Maß hinausgehendrn Rüstungen Europa in ein von Waffen starrendes Krigslager ver wandelt, e< hat durch seine stet» den Frieden bedrohende Haltung da» wirthschaftliche Leben unsere« Erdtheil» aus da» Schwerste geschädigt und fährt trotz aller inneren Verwirrung, kleinlicher Leidenschaften und Parteiaezänk. wie r» Carnot sehr richtig bezeichnet, fort, alle friedliebenden Nationen zu unerhörten Anstrengungen zu nvthigen. Frank reich weiß e« und erkält täglich neue Beweise der Thaisache, daß keiner seiner Nachbarn etwa» Andere» wünscht und er strebt , al» mit 'hm in Frieden zu leben, und dennoch ver zichtet e» nicht aus die Rolle de» europäischen Störenfried-. Die Feier der Revolution von 1789 hätte zu einer großen Wohltbat für den ganzen Wclttbeil werden können, wenn sie zum AuSgangSpunct einer mächtigen FriedenSkunvaebung benutzt worden wäre. Bei Eröffnung der Weltausstellung hat der Präsident der französischen Republik allerdings eine» Anlauf genommen, da» Lob re» Frieden» anzustimmc», aber da» ist in so frostiger Form geschehen, daß man darin nicht einen Herzenswunsch, sondern nur eine teere Redensart er kennen konnte. Wenn die Weltausstellung >>' Pari» die Völker Europa» einander wirklich in friedlicher Arbeit näher bringen soll, bann muß Frankreich erklären, baß eS den durch den Frankfurter Frieden geschaffenen Besitzstand aiierkennl und daran nicht rütteln will. Alle anderen Kundgebungen sind werthlo». * * * « » Ueber die in Versailles und Pari» stattgeslindene» Festlichkeiten hat der Telegraph bi»ber nur ziemlich lückenhaft berichtet. W>r geben nachstehend eine Schilderung der Vor gänge nach der .Boss,scheu Zeitung": «Part», b. Mai. Bl» Larnot heut« Mittag in dem dc» Regenwetler» wegen geschlossene» Wagen, von General BrnqSre begleitet, nach Bersntlle« fuhr, knallte an der Ecke der Rue Siustaic» Mötzlich ein Schuß Jemand halte an» unmittelbarer Nahe aus Larnot geschossen. Der Wagen h>elt losor«. Larnot sah obne Aufregung zum Wagenlch agc h naus. Man ries ihm zu: „Man hat aus «ie getchostenl S« leb« die Republik!" Larnot verneigle sich lächelnd. Di- Menge durchbrach die Reihe der Polizr agenieu. umdrüiigte den Wagen und schrie: „Hoch Larnoil Hoch d>e Republik!" Jnmilten der Zurufe setzte sich der Wagen wieder in Bewegung. Mittlerweile Halle der Polizeil'eutena»« Bacot de» Berbrechcr gesasi«, ai» er eben den zweiten Schuß abseuern wollle und ihm deu Revolver entwunden. „Elender l" tönte e» von allen Seiten und die Umstehenden drangen aus ihn ei», um ihn zu er- wilrgen. Di« Polizei schleppte ibn ralch au» dem G-drSage, setzie -l>n in eme Drmchke und fuhr mit ihm nach dem Lonnuissariat d-r sRue Anjou Li»ig« hundert »oütheude L ule folgten lausend Beim Tlu-'teigell würde der Verbrecher mißhaiiüell und an der Stirn verwundet. Bacot suchte ibn tm Lommistariat zu befrage». „Mau hat mich geschlagen", erwiderte er. „ich kann nicht, lassen Sit mir etwas Zeit, mich zu erholen". Man durchsuchte ihn, saod aber nur eine fast leere Geldbörse bei ihm. Warum baden Sie aus Herrn Larnot geschossen? fragte der Beamte. „Ich wollle ihn nicht iödlen", war die Äniwort, „nur Ausmerksamkeit aus inich lenken." Der starke Revolver war „British Coustabulary" gezcictme!. S e sind Ausländer? fuhr Bacot fort; kein Franzose hält« eine solche Misselbat b.gange». „Nein." rief d.r Verbrecher, „ich bin Franzose: ich habe im drillen guaveu-Regime»! gedient." Nach langem Zureden und nachdei» mittlerweile auch Oberst Lichtenftein vom Mitnairgesolge Laruot's herzugekommcn war, entschloß sich der Verbrecher endlich zu Gestäutniiien. Er heiße Jea» Nicolas Perrin, sei verheiralbei, Batee dreier Kinder, i» tieistem L end, seit gestern in Pari». Die Tolonialv rivaltung in Marliniaue bade ihm ichiveres Unrecht zugesügt. bei den Behörden habe er kern Recht erlangen können und darum zu diesem Mittel gegr sfrn. Die abgeschossene Pativue habe keine Kugel enihalie». die übrigen vier Patrone» im Revolver enthüllen iogar kein Pulver. Diese Angaben wurden als richtig sesigestellr Perrin verlangte daun eine Unterredung uuter vier Augen mit Lichteustein. die ihm bewilligt wulde, von der jedoch iiichis veilautei. Er wurde schließlich in» Gesängiilb abaesübrt. Perrin ist 36 Jahre alt und scheint nicht geisteskrank Ein Polizeiagent stand ihm. al» er schoß, so nahe, daß die Pulverslammc jene», die Hand leicht ver brannte. In Versailles erfuhr man gegen 2 Uhr das Vorgefallene In den omtlicbeu Ansprachen wurde deS Anschlag» Mit lewer silbe gedacht, Larnot jedoch vom Volke weit wärmer als sonst begrüßt. Regenschou r stören da» Fest und die Beleuchtuna. Der erste Festlag hatte zum Schauplatz Versailles. Ueber den Verlaus wird dem genannten Blatte berichtet: * Pari», 6. Mai. Die gestrige Himderiiahrfeier wurde von allen amtlich Beiheil,gten al- eine rem rüäbl ekende behaudeli una möglichst wenig mit gegenwärtigen polnische» Zustande» velkuüvil Der 8-rlaui war vollkommen programmmäßig. Lar not'« vier- ipänniger, von zw i Postillonen gesah ener Wagen wurde aus der Straße nach Veriuille« zweimal, in SSore» und Biroslay, von den Gemkindebebüreen angehnlien, die Aas-,rach-» a» ihn halten. In ,em mit Fahncn und Dropbäen geichmuckren Verlache», wo ei» ungeheure» Gedränge herrschie, wur e zunächst an der Stelle des längst verschwundenen leichten Baues, der vor hundert Jahren den Generalftaaie» als Versammlung»!«»»«« gedient hat, eine Gedenkplat: m t folgender Inschrift enlbüllt: „Hier haben sich am b. Mai 1789 die Gcneraifiaaie» versammelt, am darausiolge> deu 20. Juni al» Nationalversammlung erklärt und bi» lb. Oktober ihre Sitzungen gehalten." Hier Verla» der Ministerpräsident Dirard eine Ansprache, in welcher er die geschichtliche Bedeutung der Revolution eniw ckelie und zeigte, wa« sie aus Fiaakreich gemocht habe. „Der Bauer", kies er an einer Stelle, welchen lauten Beifall erweckte, „dieser geheiligte Arbeiter, dieser Näbrvaier der Völker, in we-chem Lande ist er freier al» bei uns? Wie hat dieser wuuderbarr Iranzösisch- Bauer den großen Besieiungsact geiechtleeiig,, der ihn, seine Menschen- und Bürgerrechte wiedergegeden! Nüchtern, geduldig, sparsam, e,u treuer Wächter der bescheidenen und schweigsamen lugenden, welche die Kraft der Völker ou-m ichen, unermüdlich in der Arbeit, de- wnudernswerth aus dem Schlachiselde, ist er nicht wahrhasttg die Nation selbst? D,e besten Ligeuschailen der Bourgeoisie, die täglich aus der Bauernichast hervor >eht, sind die, welche sie sich von diesem Ursprünge bewahrt bat. Tie langsam nusgehäusten Eisvarnisse de» Bauer» sind die unerschöpfliche nnd stet» erneuerte Riickmge de» sranzüsischen Reicht»,nn». Diese mächlige und lebensvolle Rasse ist wie ei» fruchtbarer Boden, wo sonivahi end > roße Geister und aus erwählte Seelen aussprießen. Die Rede schloß mit den Worten. „Die sranzöstsch« Revudlik wi,d ihre Loiilbahn ,n Fr eden und R- Hni torisetzen und d,e Nachwelt w td vielleicht sage», daß die großen Franzosen von 1789 in unS ihrer uicht allzu unwürdige Erden ge habt haben." Run erfolgte ein Vorbeimarsch von Iruppen, woraus drr Zog zu Fuß nach dem Versailler Schlosse g-„g Die Oisiciere i» reichen Unflormea, die Richter la scharlachroiven, m t Hermelin gefütterte» Mänteln, die Pros-storen in gelben und » o etirn Seiden talarea gewahrten m, Sonnenschein einen maler scheu Anblick. Dü Wahl de« Ver ailler Schlosse- al« Schauplatz der Feier bedeute» eine Anknüpfung de« nachrevoluliouaren Frankreich an da» vorausgeqangene «olttdasei» unter der Monarchie, w,e ,» denn da« Bemüh'» aller Frflredner war, den Si»a säe de» Zusanimenhaag der «eschichts^itwickelaag auch üter de, Abgruad der großen Revolution k'nweg wieder »u erwecken, nachdem er dem Bo>««beivubl>em seit säst eine», Jahrhundert völlig verloren gegougen war. Iu der Spügelgalrrie. welch« die Ausrichtung de« deutschen Kaiser- «ich» »it -ug-sehwl hat. war an riurr Schmalseite ein» rathe verhängte Bühne errichtet. Hier nahm Larnot Platz vod hielt eine ebenkall» geschichtlichen Rückblicken gewidmete Rede, in welcher olgende höchst wirkungsvoll vorgeiragrnr Anrufung drn größten Eindruck machte: „Vergleichen wir da» Vaterland von heat« mit drm vor handert Jahren, um zu sehe«, wa« die Aastrengungea eiue» große» Volke« hervorg'brocht haben, da« mit ben deüdenden Grundsätze» dewassoet war, mit welche« e» 1789 die Welt brleuchiet bot. Ich deruse mich aus S,e Alle. Franzosen von 1889; auf Sie, Vertreter de« Volke-, bene» da» allgemeine Stimmrecht die hohe Sendung anvertraut hat, dem Laude Gesetze zu geben; aus Sie, große Behörden de» frau- Siischen Ltaai». die diese Gesetze anzuwenden, uuieren Einrichtungen Ichinng zu sichern, Jedermann seine Rechte und Freiheit zu verbürgen daben; aui Sir, Oisiciere und Soldaten der Land-Sariuee, die so hohe» Pflichigetüt.1 und so starke Mani-e-iucht üben; aus Sie, Iheur« Zöglinge unserer großen Schulen die'er Töchter ber Revolution; aus Sie, Blüiheu- lese unserer Jugend, aus Sie. Schriftsteller und Künstler, aus Sie. Arbeiter aller A-t, die un» morgen die Wunder zeigen werden, welche der besruchiende Geist von 1789 eingegebeu hat. Sie Alle ruse ich an, und Ihre Vaterlandsliebe wird meine» Rus hören. Wa« wir ind, verdanken wir Denen, die wir heme preisen: seien wir heute bereit, ihr Werk zu vollenden. Erheben w,r un« über elende L«>dea- süait, Parlkihaber, SchulstreitI Suchen wir unter dem Schutze der Republik, welche unjeee rechtmäßige Verfgssunq ist, ,m Geist« der V isöbnung. der gegenseitigen Duldung, der Eintracht die unwider- siehl che Krast, welche geeinten Völkern innewohnt. Wenn die Ver söhnung nller Franzosen nn gemci»,.,»«-,! Eiser sur« öffentliche Wohl, iür Freiheit und Vuierlaiid di« ruhmreiche Jahrhundert krönt, da« wir heute feiern, so wird Frankreich immer seine» Rang in der Bordnt der Völker bewobreo." Der Vorsitzende de« Senat«, Le Roher, zeigte in keiner Rede, wie unberechtigt die Enimuihigung und Schwarzseher« derjenigen sei, welche durüber klagen, doß das Werk der Revolution nach einem Jahrhundert noch unvollendet sei. „Es hat zweier Jahrhundert« furchtbarer blutiger Kämpfe und Bersolgunge» bedurft, ehe au» der Resormalionsbewrgung die GewisscnSsrcibrit eudgiltig hrrvorging. Wie soll die polnische Freiheit die Volkssouveränetät schon jetzt allen Angriffen entrückt und rndgillig gesichert sein I" Er mahnte schließlich zur Eintracht, welche eine wichilgcie Vorbereitung sür den Krieg und die LandesvertbeiSigung lei al« selbst die Krasügung de« Heeres. Kamm rvorsitzender Möline spielte aus den BvulangiSmu» an und sprach seine Zuversicht au», daß tm Zweikampfe zwischen der Volksvertretung und einem Einzelnen jene siegen werde. Nach de« Red-» begab sich die ganze G sellschast in die prachtvollen König«- gemacher, wo Ersrischungcn einnenommen wurden. Uederall war glänzender Fahnenschmuck, viele Lüben w-re» geschlossen, eine soilv- läglich geputzte Menge bewegte sich iu allen Straßen. Ueber den zweiten Festlog in Pari» berichtet da» Wolst'sche Bureau, besten Meldungen wir sür unsere aus wärtige» Leser zum Tlieil hier wieberbolen: * Pari«, 6. Mar. In der Rede de« Präsidenten Larnot bei der Erössniiug der Ausstellung heißt e». gestern dab« Frank- reich da« große Jahrhundert geleiert, welche» die neue Aera ln ber Gelchichit der Menschdetr eröffnet habe, heule gelte es. ein in diesem Jahrhundert de« Fortschritte« gezeitigte« Wkik in Augenschein zu begrüßen, die FreundeSdaud allen Denen zu reichen, welche sich an dem Werke des Frieden« und der Eintracht zu MilarbeitciN gemacht hätten, und sie willkommen zu heiße». Alle Besucher würden ein gastireirS Land und eine Stadt finden, dir glückich sei, sie zu empfange»: sie wurden sehen, was all die Verleumdungen werih seien, welche von blinden Leidenschaften eingegeben seien, denen nicht einmal die Achtung vor dem Voterlanbe Schweigen zu gebieten vermöge. Frankreich sei würdig, t»e El te der Völker derbeizuzieden, denn c« habe verstanden, nach grausamen P>ü- sungeu sich wieder niit unbezähnibarer Energie emporzurichten und niemals verzweiselt an ie nem Geschick. Au» seinem guten Glauben an die öffentlich,» Einrichtungen und au« seiner Loyalität habe da« Land ein gerechiierltgic« Veitrauen geschvp!» uno tn seinen Instiiul,o»e>i Krast grsunoen, die Arbeit wi.der ouizunehmer., Handel und Wandel »eu zu beleben. Nachdem Earnot aus die givßa tigkn Fortschritte hingen»«!«» kalte, tudr derselbe fort: „DaS ist die Be deutung dieser großartigen Feste der Arbeit, daß sich die Völker einander näher kommen, sich verstehen lernen und daß sie Gefühle der Achiuug und Sympathie erzeuqen, denen auch niemals glücklicher weise eine güniiige Wirkung aus die Geschicke der Welt zu sedlen pflegt, indem sie die Zeit immer »über bringen, wo di« Einkünfte der Völker aus dem Eilrage ihrer Arbeit nur noch Werken de« Frieden« gewidmct sein werden " Earnot schloß mit einem Herz- lichen Willkommen an alle Gäste der Ausstellung und erklärte die selbe Iür eröffnet. * Pari«, 6. Mai. Der Präsident Earnot wurde bei dem Eintritt in die Au stellung mit äußerst sympaihische» Zurufen be- .irsißi, die Ches« der Geiandlschaste» »nd zahlreiche Mitglieder des divloinaliicheii Eorp« besande» sich in seiner Begleitung, die Ge- 'chä'lsiräger von Deutschland, England und Italien wohnten der Eröffnung in, Livilanzuae bei. die Geschäil»>räqer von Oesterreich uod Rußland waren nicht erschienen. Die Reden de« Minister- praiiteiiirn Tirard, sowie die dc« Piäsidenten Earnot wurden mit enihusiastilchc» Be sallsrusen ausgenonimcn, welche sich auch, al« der Pr.-sideui den Rundaanq durch die veischiedenen Abiheilungen machte, iorisetzieii. Der Präsident ließ sich die Vorstände drr einzemen Ad- iheckiliigeii. sowie die nanidaiiesten Aussteller periönlich vvrstellen * Pari«. 6 Mai. Nachdei» der Präsident Earnot die in der Nähe des ?lu«stell»ng.pa!astc« befindlichen Abldeilungen besichtigt , arie, beiuchie derielbe die englische und südamerilanische Aus stellung. Du« Frühstück nahm der Präsident in dem Palai» der ichöurn Künste ein. Daraus solche der Besuch der laiidwirthichasl- lichen und der Gartenbau Ausstellung an dem Quai d'Orsay, sowie derjkuigc der Ausstellung d-r sranzüsichea Eolonicn au der Inva- liden-E-planade. An dem Quai d'Orsay und aus dem Einliachls- Platz wurde der Präsident von der von dicht gedrängten Meniche»« menge mit besonders lebhafte» sympathische» Kundgebungen begrüßt * Pari«, 6. Mai Auf dem Eoncordien-Plotz und au: den Quai« von der Insel Si. Lou,« bis Grenelle bewegte sich heute Abend eine unabsehbare Mrnchki,menge, um da« venettanisch» F>st uns die prächtigen Illuminationen »nt auiuseliea. Die Seine rui- lang wurden 3 sehr gut gelungene Feiierw ike abgebrannt. Den Schluß der Abendsestlichkeit bilbele eine bengalüche Beleuchtung de« E ffel-Dhurm«, die allgemeine Bewunderung erregte. Uederall icheint völlige Ordnung geherrscht zu haben und bisher ist kein Unfall zur Anzeige gebracht worden. Leipzig 8. Mai. * Am Montag Nachmittag fand unter dem Vorsitz de» Miiilsterpiäsiceiilen Fürsten vo» BiSniarck eine Sitzung deS preußische» Staal-niiiiisteriumS statt. — Der Vice- präsioeiii b-S StaalSm>i»siernimS SlaatSsecretair de- Innern vo» Bötticher ist am Montag von feiner Reise au» Holstein »ach Berlin zurückgekeyrt. * Ter Fürst von Hohenzollern hatte sich kürzlich, begleitet von dem Hosmarschall v. Arnim, nach Berlin be geben, um dem Kaiser seine Auiwartung zu machen. Je näher der Juni herannabt, desto eifriger werden auch Vor kehrungen zur Hochzeit de- Erbprinzen von Hoben- zollern nnl der Prinzessin Maria Theresia von Bourbon, Brudcrstochtcr des König- Kranz vo» Neapel, getroffen Die Hochzeit, welche Ende Iun: stattstnden sost, wird in Sig ma ringe» gehalten werden, sodaß wir innerhalb fünf Jahren drei bohenzollernschc Hochzeiten haben, die goldene de« Großvater«, die silberne de« Vater» und nunmehr
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