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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 08.04.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-04-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070408024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907040802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907040802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-04
- Tag1907-04-08
- Monat1907-04
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^Lf" klbend-Ausgabe L. NWigerTagMaU Handelszeituug z. Amtsblatt des Males «ud -es Volizeiamtes der Ltadt Leipzig lt. Nr. 97 Montag 8» April 1907. >eS der Voll- >otk. ?- wird. Eben dadurch wird der Forderung des Neichsgedan- »k kens, der sich doch alle national hochdenkende» Männer wid- th men sollten, mehr Abbruch getan als es durch den G 8 Feuilleton. t6N von wie Am Geftade -er Adria vorgelegte Les Ab ¬ er, »itz. ke: nviel. )N ü-i ie IV1. Jahrgang. »lag an»« chm. >er. lck. tL. sß. Wie verlautet, wird das Präsidium dem AnHchoß hierzu folgende Resolution zur Annahme empfehlen: „Der Ausschuß des Deutschen Handelstages spricht sein lebhaftes Bedauern darüber aus, daß die in seiner Ätzung vom 20. November 1905 ausgestellten Forderungen zur Ab hilfe gegen die Fleischteuerung nicht erfüllt worden sind. Unbeirrt durch vorübergehende Preisermäßigungen für einzelne Viehgattungen, die bei Fortdauer der künstlichen Absperrungsmittel unter dem Einfluß der wechselnden Futtermittelernten stets wieder von Perioden bedrohlicher Preissteigerung abgelöst werden, erklärt der Ausschuß sich nach wie vor dafür, daß die Einfuhr von Vieh und Fleisch erleichtert werde, und ist der Ansicht, daß zu diesem Zwecke auch die Herabsetzung der übermäßig gesteigerten Zölle auf Vieh und Fleisch zu fordern ist." Die Hauptversammlung selbst wird sich noch mit dem Weltpostporto, der Eiseubahnverkehrsorduuug, dem Zeichen schutz und der Frage der Haftung des Staates für den durch seine Beamten zugefügten Schaden beschäftigen. Die Verständigung über eine drahtlose Station ist endgültig geglückt. Zwischen Deutschland, Frankreich, England und Spanien einerseits uud der marokkanischen Regierung andererseits ist ein Abkommen über Errichtung einer Station für drahtlose Telegraphie in Mogavor ge troffen worden. Die Station wird als ein« gemeinschaft liche errichtet werden. Der Sultan soll am Gewinn beteiligt sein und die Station unentgeltlich benutzen dürfe«. Der „Draht" wird dem Sultan sehr willkommen sein. Lartageira. Der König Alfons wird sofort nach der Unterredung mit dem König von England, die wahrscheinlich morgen mittag statlsineet, nacb Madrid zuiückkcdren. — Für die Begegnung des Königs Eduard mit König Alsons sind alle Vorbereitungen beendet. Die königliche Jacht wurde mit drabtlosen Tele» grapbenapparaten versehen, damit der König stündlich über den GesundheitS,ustand der Königin unterrichtet werden kann. Die Ankerplätze der Kriegsschiffe im Hasen sind wegen des niederen WasierstaudcS verändert worden. Aus Madrid wurde Trinkwafser für den Hof gebracht. — 800 Gruben arbeiter suchten um die Erlaubnis nach, die Eiseubahakrecke zu dewachev., zum Zeich r. ihrer Loyalität gegenüber dem König. — Der englische Konsul erhielt die Nachricht, daß daS englisch« KliegSich sf „Ariel" im Hafen von Bongie in Algerien wegen schlechten Wetters zurückbleibeu mußte. Kokowzeff. In bureaukratischen Kreisen wird mit Sicherheit, ent gegen den Dementis, behauptet. Fiaanzmiaister Kokowzefs irete für die Auslösung der Re>chSduma ein, intrigiere gegen Stolypin und habe diesem Mangel an Strenge gegen über der Duma vorgeworfeu. Dadurch sei «in scharfer Bries Stolypins an den Dumapräsidentea Golowin veranlaßt worden. Stolypin ball sich mit dem Fortbestand der Duma für verknüpft und hat wiederholt erllärt, daß er auf aller- Dollversammloug des Deutschen Handelstages. 8. L 8. Am heutigen Tage tritt in Berlin im großen Hörsaal deS Langenbeckhauses der Deutsche Handelstag zu seiner auf drei Tage berechneten Vollversammlung zusammen, die diesmal besonders großem Interesse begegnet, da zum ersten Male die Kolonialsrage und ferner auch das brennende Thema der Börsenresorm zur Er örterung steht. In bezug aus diese Frage wird Versammlung folgender Antrag unterbreitet: Ter am 28. November 1900 dem Reichstag Entwurf eines Gesetzes über die Aenderung schnitts IV des Börsengesetzes, enthält zwar einige Ver besserungen der geltenden Bestimmungen, namentlich in bezug auf die Nechtswirksamkeit von Schuldanerkennt nissen und Sicherheitsbestellungen; er bleibt aber, indem er die vom Deutschen Handelstag in seiner Vollversamm lung vom 24. März 1904 geäußerten Wünsche zum größten Teile unberücksichtigt läßt, hinter den Anforderungen weit zurück, die zur völligen Gesundung des Handels in Wert papieren und in Getreide gestellt werden müssen. Ist auch zu wünschen, daß die jetzt vorgeschlagcnen Verbesserungen zur Einführung gelangen, so spricht sich doch die Vollver sammlung des Deutschen Handelstages dahin aus, daß sie nur als der Anfang einer gründlichen Reform des Börsen gesetzes angesehen werden können." Der Beratung über die Kolonialfrage wird der stellvertretende Direktor im Kolonialamt Dernburg mit seinen Räten beiwohnen, wie denn überhaupt diesmal die Beteiligung von Regrerungsvertretern an den Beratungen des Deutschen Handelstages ganz außerordentlich stark sein wird. Wie alljährlich, so wird auch diesmal der Staats sekretär im Reichsamt des Innern, Staatssekretär von Po- fadowsky-Wehner, die erste Hauptversammlung des Deutschen Handelstages mit einer längeren Rede begrüßen. Ferner wird erwartet, daß der Reichskanzler von Bülow dem Fest- maht der Volloeriammlung, Las morgen abend im Mozart- faale am Nollendorfplatz stattsinden soll, beiwohnt. Es wär« dies das erste Mal, daß ein deutscher Reichskanzler zum Deutschen Handelstage spricht, ein Vorzug, der der Haupt versammlung des Deutschen Landwirischastsrates bisher zu teil wurde und dem deutschen Handel Veranlassung gab, auch seinerseits auf eine Kundgebung des Reichskanzlers gegenüber seiner berufenen Vertretung Wert zu legen. Ein sehr interessantes Thema, das der Reichskanzler kürz lich beim Festmahl des Deutschen Landwirtschaftsrats be- handelt bat, wird freilich schon heute in der nichtöffentlichen Ausschußfitzung des Handelstages zur Erledigung gelangen, so daß es die Plenarversammlung nicht mehr beschäftigen wird. Es ist das die Frage der Fleischteuerung. Vas Neueste vom Lage. (Die nach Schliß der Redaktion Angegangenen Depeschen stehen aus der 3. Seite de» Hanvtblatte».) vll e). Wie die Kraft, so ist das Ideal. L. Feuerbach. Je ungeheuerlicher eine Lüge, desto leichter schluckt sie der Köhlerglaube hinunter. . „ , I. Scherr. Ein Wohltäter hat immer etwas von einem Gläubiger. - , Hebbel. für Leipzig und Vororte darch ans«« Träger mid Spedit«m in« Haa» gebracht: Aus gabe A (nur morgen»! vtrrtelfayrlrch 8 monatlich l M.; Vla»gade 8 (morgen» und . abend»! vtertelfSdrltch 4bO M., monatlich l.50 M. Durch dir Poft bezogen (1 mal täglich) inneibalb Deutschland» und der deutschen Kolonien vieiteljädrltch 3 M., monatlich 1 M. auSschl. Postbestellgeld, für Oesterreich-Ungara oterteljSyrltch b L 4Ld. Abonnement-Annahme: AugustuSplatz 8, bei unseren Trägern. Filiale». Spediteure» und Annahmestellen, sowie Postämtern «ad Briefträgern. Dir einzelne Nummer kostet 1- Pf». Redaktion uns Lypeottio»: IohanuiSgasse 8. Telephon Str. tü^ «r. N-. 117L. Berliner RedaMons-vnrrau: Berlin 7. Prinz Loilt» Ferdinand- Straße I. Telephon I, Sir. SL7ü. höchste» Befehl zu einer Auflösung schreiten würde, für sich aber dabei jeve Beraulwortuug ablebve. — Uebrr KokowftffS Vorgänger wird mitgeieilt: Aus zuveriäisigen Quellen ver lautet, daß eine Reife Wittes i»S Ausland bevorftede. RegieruagSkreife bestreiten, daß diese Reise Anleihezwecken dienen solle. — Das Pumpen freilich versteht der Vorgänger wohl besser als der jetzige. Proklamation der scherisischen Majestät. Die „Times* * melden auS Tanger: In der Haupt-Moschee vo» Fez wurde eine Kuuvgebung des Sultans verlesen, di« besag», durch verruchte Untertanen des Sultans seien zwei Franzosen getötet und andere verwundet worden. Die französilche Regierung sei über diese Frevrltaten sehr erregt und habe Udjda, wider alle Verträge und ohne Recht, zeitweilig iu Besitz geuommeu. Der Sultan habe die Zuversicht, daß d?e Angelegenheit rasch würde erledigt und Uvjda wieder von den Franzosen geräumt werden; inzwischen solle die Bevölkerung ruhig bleibe». roten und den noch diel gefährlicher» schwarzen Feind ge schieht; denn so wird die Reichsverdrossenheil geradezu ge züchtet, die vielen Tausende, die eben aus ihrem polimchen Schlummer aufgerütelt worden sind, werden sich verärgert wieder hinter den Ofen setzen und, von neuem aufs Reich schimpfend, die Geschicke ihren Gang gehen lassen. Wenn sich Fürst Bülow wirklich so meisterlich auf die Einschätzung der Imponderabilien im deutschen Volke verstehen sollte, wie es Gustav Schmoller kürzlich in der Wiener „Neuen Fr. Presse" behauptete, dann müßte er wissen, was er als preu ßischer Ministerpräsident angesichts dieses einmütigen Wider spruchs der gesamten sächsischen Presse zu tun hätte. Für gute Ratschläge aus Berlin bedanken wir uns bestens; wir wissen in Sachsen eben sogut wie die Herren in Berlin, was dem Reiche frommt, eben deshalb werden wir auch genau wie in Goslar stramm bei der Opposition gegen iede Flaumacherei bleiben. Wir erfreuen uns ja glücklicherweise äußerst rede gewandter Vertreter im Reichstage, und die werden in der entscheidenden Stunde, bei Besprechung der Interpellation wegen der Schiffahrtsabgaben, der preußischen Regierung eine Antwort auf die fortgesetzten Versuche, Sachsen zum Umfall zu bringen, uicht schuldig bleibe». * Die Weltausstellung. Wie ans Düsseldorf verlautet, wenden auch andere tonangebende industrielle Vereinigunsen der nordwestlichen Gruppe des Vereins deutscher Eisen- und Stablindustriller heitreren, die, wie schon gemeldet, den Ge danken einer Berliner Weltausstellung für 1913 entschieden verworfen hat. * Das große Hasenprojekt der Stadt Berlin. Das große Hafenprojekt der Stadt Berlin sAnlage und Herstellung von gewaltigen Hafen-Bahn- und Speicheranlagen) ist nun end. lich soweit gediehen, daß mit den Bauten begonnen werden kann. Die Skizzen für die architektonische Ausgestaltung der Bauten sollen demnächst der Stadtverordnetenversammlung zugehen. Die Verhandlungen mit der Kaufmannschaft sind abgeschlossen. Hindernd für die Bearbeitung der Hochbauent würfe, namentlich für die des Verwaltungs- und Wohn gebäudes, war der Umstand, daß die Verhandlungen mit den Steuerbehörden wegen Anlegung einer zollfreien Nieder lage trotz mehrfacher Konferenzen und vielfachen schrift lichen Verhandlungen noch zu keinem endgültigen Resultat geführt haben. Ll. Der vierte soziale AnsbUdnngskursns der evangeli schen Arbeitervereine ist gestern in Hannover unter der Leitung von Lic. W e b e r - München-Gladbach eröffnet worden. An der Eröffnungsfeier nahmen zahlreiche Ver treter der Behörden teil. Graf Posadowsky hatte fol gendes Begrüßunastelegramm gesandt: „Den evangelischen Arbeitervereinen bitte ich anläßlich der heutigen Eröffnungs feier meine besten Wünsche für einen gedeihlichen Verlauf des vierten sozialen Ausbitdungskursus zu übermitteln. Wer für Ausbreitung des wirtschaftlichen Verständnisses für soziale Fragen ivrgt, der fördert die Aussichten einer sach lichen Verständigung über diese Fragen. Die Zahl der aktiven Teilnehmer an dem Kursus beträgt 65. Die Haupt- hemen für den vier-wöchentlichen Kursus find folgende: irundbegrisfe der Volkswirtschaftslehre, das Deutsche Reich Die Leute waren neugierig, als sie uns kommen sahen. '7ten sich. Sie blickten nicht dreist und aus- und verstohlen auf uns, als wir uns in verließen. Eier, Brot und Wein, das mußte 's 7 " 7' . 77. 7 7> hätte gerade io gut in das Sattelzeug eines können. Uno auch einen Käse gab es, aber sttr Inserate a»S Leipzig u. Umgebung die Kgespalteae PettlzeUe LS Vf„ stoaozftü« A» zeig« SO Pf^ Reklamen 7LPf.; von auswärts 30 Pf^ Reklame« 1 M.; vom Ausland SO M-, finanz. Anzeigen 72 Pf^ Reklamen »LO M Inserate ».Behörden tm amtlichen Teil 40Ps. Beilagegrbühr 4 M. p. Tauseud exkl. Post gebühr. Geschäft-an zeigen an bevorzugter stelle im Preis« erhöht. Rabatt nach Duck?. Feslertrilte Aufträge käaoea nicht z«rück- gezogen werde». Für da- Erscheinen an bestimmten Tagen mrd Plätze» wird keine Garantie übernommen. Anzeigen - Aunabme: AuguftnSPlatz 8, bei sämtliche» Filialen ». allen Ainoocen» Expeditionen de- In- uud LnSlano«». Haupt-AMale verttrn r«!Du» ckr r,tzerzgl.BcnwHofbuchhaadlg, Lützowstraß« 10 (Tel. Vl, 4603). Sklstü-Erpedttto«: Dre-dett-Mariemtr 3t. politisches. Nationalliberale Jlamnacherei. Es ist höchst bedauerlich, ja geradezu beschämend, daß in einer Zeit, wo selbst die sächsischen Konservativen gegen die reaktionären Versuche Preußens, die Abgabenfreiheit der deutschen Ströme abzuschaffen, Front machen, das offi- ziöse „Korrespondcnzblatt" der nationalliberalen Partei unter partikularistisch-preußischem und agrarischem Einfluß eine Flaumacherei betreibt, wie sie selbst in diesem Organ in gleicher Weise noch nicht oft dagewesen ist. Es wird nichts Geringeres empfohlen als die Vermeidung von inneren Kon flikten und Verstimmungen. Ganz im Stile des Fürsten Bülow vor dem 3. Dezember 1906. Aber die genannte Kor respondenz geht noch weiter: „Die preußische Regierung dürfte die Ansicht, daß keine Aenderung des Z 54 der Reichs verfassung notwendig sei, nicht aufrecht erhalten; anderer seits können Bayern, Württemberg, Sachsen, Baden, Hessen, nicht wohl Preußen im Stiche lassen." Treffend be merkt hierzu die „Neue Vogtl. Zeitung", der wir uns durchaus anschljeßeu: „In diesen Worten wird also nichts mehr und Nichts weniger verlangt, als daß die sächsische Regierung aus Rück sicht auf gewisse Konzessionen an die preußischen Agrarier dem blühenden Wirtschaftsleben des Landes einige recht kräftige Stöße versetzt, daß die andern deutschen Bundes staaten für die Fehler Preußens büßen. Wir wissen uns völlig frei von jeder parutikularistischen Nörgelei, wir for dern im Gegenteil in mancher Beziehung noch Verbesse rungen iu bezug auf den einheitlichen Ausbau der Reichs verfassung, aber wir können es auf keinen Fall gutheißen, daß im Deutschen Reiche rein preußische Politik gemacht wie das in Italien ja auch der Fall ist. Man bedenke, daß die gesamte Einwohnerschaft von Dalmatien nicht viel mehr als eine halbe Million beträgt. Von dieser Zahl bröckelt nicht nur Jahr für Jahr, sondern Woche für Woche ein gut Teil ab. Auf ftdem größeren Schiff kann man Aus wanderer sehen. Tie Herzegowina, Bosnien und Dalmatien werden von Agenten Planmäßig abgesucht. Und dieser linden Form des Sklavenhandels schaut die Regierung ziemlich ratlos zu. Man hat die Dalmatiner insbeiondere zu lange mit Versprechungen gespeist. Ein tiefer und leider nur zu berechtigter Pessimismus erfüllt die Bevölkerung. In diesem Zusammenhang ergibt sich von leldst die Not wendigkeit, über die Bodenverhältnisse des Landes zu sprechen. Es ist bequem zu behaupten: die Leute find eben zu faul, sie sollten arbeiten, dann würde es ihnen besser geben. Man soll den Dalmatiner nicht in einen Topf mit dem Italiener werfen. Es ist Tatsache, daß nicht viel mehr als etwa ein Drittel des gesamten Bodens überhaupt anbau fähig wäre. Karstland ist kein Ackerland. Aus Felsen kann man nickt pflügen. Man braucht nur in die Aecker hinein zuschauen, deren rostbraune Erde so fett und saftig aussieht und die lediglich durch einen zufälligen Nebenumstand (sie ist eisenhaltig bitte Fruchtbarkeit vortäuickende Farbe an nimmt. Sie ist mit Steinen und Felsen durchsetzt. Und angenommen auch, daß in unendlich mühseliger Arbeit alle größeren Steine entfernt werden, die Felsen schafft man nicht auf gewöhnlichem Wege fort. Möglich, daß bei An wendung der besten technischen Hilfsmittel noch manches gebessert werden könnte. Woher aber diese Hilfsmittel er langen? Womit sie bezahlen? Nicht eine einzige Ge meinde ist imstande, sich ihrer zu bedienen. Die Armut des Landes ist nicht nur die Folge seiner Unfruchtbarkeit, sie ist auch die Ursache seines kulturellen Stillstandes. Für die Viehzucht gilt Aebnliches. Ein Land, das keine Weiden hat, kann keine Viehzucht entwickeln. Auch der Handel mit Oliven, Orange» und anderen Südfrüchten ist nicht bedeutend. Das Inland besitzt selber alles, daS Aus land kauft in Italien billiger. Was bleibt den Bewohnern eines Landes übrig, die tagtäglich die Erfahrung machen, daß der Boden, der sie trägt, sie nicht ernährt? Sie wan dern auS. In Massen wandern sie auS. Nach Amerika, dem Land der unbegrenzten Hoffnungen. Wie viele drüben scheitern, darüber schweigt sich die Chronik aus. Aber manckm gelingt der letzte Swritt. Die Bucht von Gra- dosa ist umsäumt von Villen glücklicher Amerikafahrer. Der Dalmatiner, der auf den Aeckern oder in den Bergwerken Amerikas arbeitet, bewahrt seine Anspruchslosigkeit, er ist an die dürftigste Ernährung gewöhnt und besitzt die Fähig keit, ersparte Groschen -urückzuleoen. Eine ganze Anzahl junger Leute unterstützt ihre Familie in der Heimat durch regelmäßige Geldzuwendungen. DaS imponiert natürlich jedem Burschen in der Gemeinde, wenn er hört, dem und »enen ginae cS gut in Amerika und nächstens komme er als reicher Mann -mrück. Der Agent tut seinerseits daS Menschenmögliche, um daS Dollarland in glühenden Farben zu schildern. Er bekommt so und so viel Dollar „pro Kopf" und bat daher daS allergrößte Interesse daran, daß recht viele seinem Nattenfänaerlieoe folgen. Der auS Amerika zurückgekehrte Dalmatiner hat nicht hie Liebe zur Heimat, wohl aber den inneren Zusammen hang mit ihr verloren. Er träat sich „modern" und legt die Landestracht nicht wieder an. Nimmt man hinzu, daß dies« Tracht keineswegs billig, daß die Qualität der Stoffe und besonders der Reichtum der Stickereien und Verzierungen kostspielig ist, so erklärt sich, daß auch der Einheimische ruht oft in die Lage kmmt, sich ein neues Kostüm anzuschassen. Das Reinlichkeitsgefühl des Dalmatiners ist ja nicht be sonders groß, wenll es auch dem des schmierigen Süd- Ualieners stark überlegen ist. aber der Umstand, daß die meisten an sich ziemlich teuren Trachten verwahrlost sind und von Schmutz, Löchern und Rissen strotzen, schreibt sich vielmehr aus der allgemeinen Armut als aus Unreiulich- keit her. Man trägt die Kleider, bis sie buchstäblich vom Leibe fallen, weil man die Anschaffung eines neuen Ge wandes nicht bestreiten kann. Im Vergleich zu den mittel- und süditalienischen Städten sind die Straßen und Häuser in Dalmatien sauber zu nennen. Man muß nicht unsere Begriffe von öffent licher Sauberkeit auf den Süden übertrageu. Eine deutsche Landstraße läßt sich leichter instand hallen als eine dal matinische, die durch Felsen bedroht ist, auf der Bora oder Seirocco mitunter haushohe Staubwolken emporwirbcln. Die Staubplage ist hier die gleich wie an der Riviera. Größer ist sie auch nicht. Eher das Gegenteil: wenigstens vor den Automobilen hat man Rübe. Das vielgepriesene Ragusa bietet als Stadt wenig, wenngleich sich hier die Trachten der Dalmatiner, Herze gowiner und Montenegriner, die aus ihren Bergen herab stiegen, anziehend durcheinander mischen. Man muß Ra- äusa in der richtigen Distanz sehen, man muß eine Viertel stunde aufs Meer hinausrudern oder der saust ansteigenden Straße nach dem verlassenen Kloster San Giacomo folgen uud muß sich dann umkehren und die ganze südliche Pracht dieser malerisch gelegenen und in Olivenwälder gleichsam eingebetteten Stadt in sich aufnchmen. Wie eine verzauberte Märchenstadt liegt Ragusa am Rand des Meeres, wenn die goldenen Strahlen der sinkenden Sonne übers weite Meer yerübergrüßcn und diesen in Terrassen ansteigenden Häuser komplex umfunkelu. DaS Rot der Dächer kontrastiert dann ungemein scharf mit dem tiefen Blau der Meeresslut und die riesigen Festungsmauern, die sich rings um die Stadt ziehen, verleihen ihr das Gepräge einer verschlossenen und geheimnisvollen Märchenfestung. Die Lloyddampfer legen >n Ragusa nicht cm, sie gehen im benachbarten Gravosa vor Anker, das einen viel qe- räumigeren und besser geschützten Hajen hat. Der Weg von Gravofa nach Ragusa, den man übrigens in einer «ulen halben Stunde zurückleat, ist überschätzt. Man konnte in früheren Jahren das Stadtbild Ragusas, wenn man von Gravosa kam, effektvoll vor sich aufsteigen ^«ben, heute aber sind teils Bäume, teils neu entstandene Hauser den Blicken recht hinderlich, und wer nicht kurz vor Ragusa in die neu angelegten Promenaden am steilen MeereSufer ausbiegt, wird vou Ragusa nicht den rechten Eindruck empfangen. Der zudem den Weg »n dem höchst ungemütlichen Omnibus oder im Wagen zurücklegt und nicht soviel Zeit bat, sich Ragusa von einer anderen, vorteilhafteren Seite anzusehen, der dringt nicht «in in die Schönheiten dieser Gegend. Da ober «ine aanze Anzahl von Reisenden in Dalmatien gleich sam nur Stichproben macht, so erklärt sich leicht der Wider spruch, daß Raguka vou den einen über alle Maßen ge- vrießen wird, während di« anderen, di« «s unter falschem Gesichtswinkel betrachten sich enttäuscht zeigen und nicht be greif« Snnen, wi« manch einer für dies« Stadt schwärmt. Ragusa und Cattaro bilden — darüber ist Wohl keine Meinunasoerschicvenheil — die Glanzpunkte einer dalmati nischen Reise. Nicht nur in landschaftlicher Hinsicht. Im üblichen Dalmatien szwischen Ragusa und Lattaros hat ich die Eigenart des Volkes am kräftigsten erhalten. Man ieht sich, sobald man über Land geht, mitten hinein versetzt unter die phantasieoollsten und abwechslungsreichsten Trach ten. Man kommt dem Orient näher. Tas zeigt sich auf Schritt und Tritt. Durch Jahrzehnte hat sich ra die Be- vvlkeruna mit den Türken Herumpeschlagen, deren Einflüsse auf das Volksleben noch deutlich spürbar sind. Tas knappe Läppchen der Dalmatiner und Herzegowiner, dos dem Cerevis der deutschen Korpsstudenten auf ein Haar gleicht, wird hier gelegentlich schon durch einen echten Turban er setz!, vessen schmutzige rote Bonder eine wahre Last für den Kopf bedeuten, aus dem sie sich auftürmen. Die weite Knie bose ist allgemein, der Dolch im Leibgurt fehlt selten. Tie durchwirkten Schnabelschuhe der Türken haben hier ein für allemal Heimatrecht erlangt und der Schuhwarenverkäuser, der auf dem Markte zu Zara mit schwarzen Lederschuhen handelt^ macht kein sehr vergnügtes Gesicht. Es ist eine Wissenschaft für sich, die kleinen Unterschiede in den Trachten zu kennen, die den Einheimischen die Zu gehörigkeit zu den einzelnen Gemeinden und Distrikten er kennen lassen. Eine geringfügige Veränderung am Käppi, ein Waldstreifen oder eine sonstige nicht weiter auffallende Verzierung dient als eine Art Heimatschein. Deutlicher unterscheidet sich der umgeworsene Mantel des einen von dem eines anderen. Hier erblickt man einen groben grauen Sack als Nmwurs, dort einen weinroten Dollmantel, und dazwischen bewegt sich das Schaf- oder Bärenfell der wilden Bergbewohner. Der Gesamteindruck ist ungemein malerisch. Die Farben,usammenftellunq könnte nicht besser kompo niert sein.. Aber diese Farbenherrlichkeit wird nicht mehr lange dauern. Wer diese Zeugen der VolkSeiaenart sehen will, möge sich dazuhalten. E« jst durchaus möglich, daß in zehn vd«, »wauzig Jahr« di» Originaltra^t ganz verschwindet, In Ragusa steht auch daS einzige wirklich komfortable Hotel, das Dalmatien dis heute besitzt, das Hotel „Im perial". Es ist teuer, soll aber gut sein. Im „Hotel Holl- mann" zu Gravosa ist man bei nicht zu weit gehenden An sprüchen ebenfalls gut aufgehoben. Man amüsiert sich dort im flitten über den Wirt, der in feiner lauten, oerben Art Züge vom „groben Gottlieb" in Berlin ausweist. Will man Art und Wesen eines Landes kennen lernen, so mutz man es zu Fuß bereisen. Keine Technik der Welt wird an diesem Satz etwas ändern. Nur wer sich unab hängig von Ort und Zeit fühlt, kann einen genaueren Ein blick in das öffentliche Treiben und in die landläufigen Lebensauffassungen gewinnen. Ich ging daher von Ragufa auch dis hinunter nach Eallaro zu Fuß, oowotü icy oas Schiffsbillett in der Tasche batte. Am frühen Morgen ver ließ ich Ragusa, dessen gewaltige Bastionen dem Wanderer noch lange nachdrohen. Die wohlgepslegte Landstraße steigt in malerischen Windungen am Gestade empor, um sich nach einer guten Stunde in das relativ fruchtbare Tal Breno hinabzujenken. Es war an einem Sonntag Morgen. Alles war ... ausgestorben. Eine fast unheimliche Ruhe lag über den An siedlungen, die am Rand der Landftraße hin und wieder auf tauchten. Die frommen Bewohner des Tales waren alle zur Messe gegangen, die oben in einem Talwinkel gelesen wurde. Erst um die Mittagszeit belebte sich die Landschaft. Da wurde es bunt und lustig. In einem Einkehrhaus saßen finstere Alte mit jungen Burschen zusammen, die viel lachten, weil es nun einmal Sonntag war. Es ist merkwürdig, welche befreiende Macht in dreier Gegend jo ein einfacher Sonntag hat. In der Stadt, vor allem in der Großstadt, spürt man davon gar nichts. Da machen die Menschen nach dem Mittagessen ihren konventionellen Sonntagsnach mittagsspaziergang und gehorchen mehr einer stillen Pflicht als einem freudigen Drang. Hier aber, wo der Mensch in engerem Zusammenhang mit der Natur stehl, freut und putzt sich alles am Sonntag. Und selbst die Züge der sonst jo ernsten und gravitätischen Burschen klären sich, wenn de: feurige Wein, der durchaus nicht zum täglichen Bedürfnis gehört, die Mühen des Alltags yinweatäuscht. Die Leute waren neugierig, als sie ui aber sie beherrscht« "" fällig, sondern jche ihrer Nähe nie!..7 diesmal als Mittagsmahl gelten. Ein Schinken war auch da, aber man hätte gerade so gut in das Sattelzeug eines Pferdes beißen können. Uno auch einen Käse gab es, aber kein Messer, daS ihn hätte durchschneidcn können. Der Wein aber, der war köstlich. Wer in Dalmatien guten, echten Wein trinken will, muß sich in die kleinen Budiken in der Stadt oder in die einfachen Wirtshäuser binau? auf« Land bemühen. Was man in den Hotels als Dalmatiner- Wein vorgesetzt bekommt, hält aar keinen Vergleich aus zu dem Stoff, der dem einfachen Mann im Arbeitskittel kre denzt wird. Man bedenke, daß manche Wirte sich den kalben Liter Wein, der beim Weinbauer oder im Laden für 15 und 20 Heller zu haben ist, mit einer Krone und einer Krone zwanzig Heller bezahlen lassen. Dabei kann ma» als sicher annehmen, daß dieser Wein zum mindesten einen 20prozentigen Zusatz an Wasser enthält. Siebt man es nickt schon an der Farbe, so merkt man es am Geschmack. DaS beißt: man m«rn «S «ist dann, wenn «an e-te»
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