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02-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 16.08.1922
- Titel
- 02-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1922-08-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19220816020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1922081602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19220816
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1922081602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1922
- Monat1922-08
- Tag1922-08-16
- Monat1922-08
- Jahr1922
- Titel
- 02-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 16.08.1922
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««.Jahrgang. S92 Mittwoch, 1«. August 1922 Drahwnschrist» »«chrichle» grrnlprrcher-Samm»lnumm»r SS 2^1 «m litt vachl,»lar»ch«r 20011 Gegründet 183k B-zugs-G-bühr » rr mm dr«»« Zelle M. lr,—, aukirdalh Sachlen» m. II,—. SamlNen« llnzelgen unter Stellen- und WohnunaemarkI, l lpaUlg» An- und Ver- « Dachlab- DorzuaeplLb» laut Tarif. Auswärtig» Aultrüg« gegen Anzeigen-Preise. . . . , Dorauidezadlung. Einzelnummer r.—, Senntagoauogad» w. 3.—. Nachdrmk nur mÜ deutlicher Quellenangabe (»Dreodner Nachr.-) zulülsig. — Unvn-langle SchrisMche werden nicht aufbewadkt. Schrhlleitung und Aauplgelchüflostel« «»rtrullrab» 2S/U0. a» Pruch u. Verla, von vir,sch ch Stelchardl ln Dreod«», -- Polllchech-Nonlo 10SS Dr«d»». d/Isx SIÜS8 kilsekf. dloritrLtraüo 18. veleircktunAskürpsr, Lleklrlscks klättvn, Locktüpkv, 8ckütte - l-anx - Kockplattsn. se«u>.2. ?arn»preck«r: Kommunkiltgsssllsekiuft rvrodprociior: U026. N034, lE8 1L Leftrvldsrgurus IL kernverbetirrosttt 8Lm1I. dsnkmSKizen össekstte. kinsnrie»« verslung KaAso ekmeisler ksrvorr»gvnrlv yusMLr pslrolcl L kuiliom /^.-6., Ofsscisn Qeuls Die finanzielle Erschöpfung Deutschlands. Eine Aole an die alliierlen Aegierungen. Die Note a» die alliierten Regierungen. Berlin. IS. August. Die deutschen Botschaften in Lon don. Paris und Rom und die Gesandtschaft in Brüssel haben den beteiligten alliierten Negierungen am 13. d. M. folgende Note übergeben: I« den gleichlautenden Noten vom 11. Juli hatte die deutsche Regierung die Regierungen Belgiens, Frankreichs, Großbritanniens und Italiens unter Hinweis aus den an die Reparationskommissiou gerichteten Antrag auf Ausschub dar Reparationszahlungen gebeten, eine neue Regelung für dt« Verpflichtungen Deutschlands ans dem Ausgleichsver fahren und aus Abschnitt 4 von Teil X des Vertrages von Versailles zu treffen. Ans diesen Antrag ist der deutsche» Regierung die von ihr erwartete gemeinschaftliche Ent färbung der beteiligte« Mächte bisher nicht -»«gegangen. Di« dentsche Negierung befindet sich hinsichtlich der Deckung des Devisenbedarfs für ihre zunehmen de» Lebensbediirfnisse, insbesondere für die von ihr ein- gegangeuen privatrechtlichen Verpflichtungen aus Getreidekänfc« in einer sehr schwierigen Lage, die der Reparationskommissiou und dem Garautiekomitec «Aber bekannt ist. Seit dem 14. Juli, dem Tage ihres Ge suches um auderweitc Regelung der Ausgleichszahlungen, ist die Mark von einhundertftcl bis zweihundertstel ihres KriedeuSwertes weiter gesunken. ES ist der dentsche» Regierung daher beim besten Willen nicht möglich, die ans Grund des Ab« kommenö dom 1V. Juni 1921 am IS. An« uft fällige Rate von 2 Millionen Pfund den bc, teiligtrn Regiernngcn zur Verfügung zu stellen. I« ihrer Rote vom S. August hat die deutsche Regierung der französischen Regierung erklärt, sie werde auch für den Kall des Ausbleibens einer gemeinschaftlichen Entscheidung der beteiligte« Siegierungcn bestrebt sein, ihre vertraglichen Verpflichtungen im Nahmen ihrer Leistungsfähigkeit zu er fülle«. I« Uebereinstimmung hiermit und um eine Verständigung über die Krage der Ans» «leichszahlungen zu erleichtern, auf welche sie Leu größten Wert legt, wird die deutsche Negierung unter Zurückstellung der sich aus der Deviseulage ergeben de« schwere» Bedenken de« von ihr in ihrer Note vom 14. Juli unter günstigere» Verhältnissen angeboteueu Pauschalbetrag von 8 0 0 0 0 0 Pfund Sterling den be teiligten Regierungen zur Verfügung stellen. Sic hat die ,«ständigen deutschen Stellen mit entsprechender Weisung versehe«. (Anm. des W. T. B.: Die Zahlung des in der Note an gegebenen Betrags ist. wie bereits gemeldet, heute erfolgt.) kabinellsberakungen zur Lage. Berlin. 16. Aug. Unter dem Vorsitz des Reichskanzlers Dr. Wirth hat heute mittag um 12 Uhr in der Reichskanzlei eine Chefbesprcchung stattgcfundcn. Gegenstand der Be ratung war der Stand der Moratoriumsfrage nach dem Ab bruch der Londoner Konferenz und die Frage der Aus gleichszahlungen. Die Ressortminister nahmen an der Be ratung teil. Irgendwelche Beschlüsse wurden nicht gefasst. Abends 6 Uhr trat das Kabinett zu einer Sitzung zusammen, in der die gesamte, durch den Abbruch der Londoner Konferenz geschaffene politische und Wirtschaft' liche Lage besprochen wurde. Das überaus scharfe An ziehen der Devisenkurse hat auch in Negierungskreiscn leb hafte Unruhe hervorgerufcn. Ueberlragung -er Entscheidung an die Aeparallonslrommission. Paris, IS. Aug. Deutschlands Schicksal hängt nun mehr «ach dem Abbruch der Londoner Konferenz von der Reparationökommission ab. die am Mittwoch oder Don nerstag zusammentrcten soll. Bradbury, der englisches Mitglied der Kommission ist. ist bereits i» Paris eiu- getrosse«. Die Vertreter Italiens und Belgiens werden er wartet. Da die Kommission nur »och aus vier Mitgliedern besteht, befürchtet man. dasi auch hier keine Ent scheidung erzielt werden könnte. Wen« Italien sich ans Englands Seite stellt und Belgien z« Frankreich hält, ist das Stimmverhältnis zwei zn zwei. Man ist der An sicht. dasi dann der Vorsitzende, der Franzose DuboiS, den AuSschlag zu geben hat. Dubois wird das Moratorinms- gesuch Dentschlands natürlich ablehncn. Der FriedenSvcr- trag sehe einen solchen Kall aber nicht vor und cs heißt, daß sich besonders Bradbnr« dem entgegcnstellc» würde. Im übrigen sieht es aber noch nicht scsi, daß Belgien unbedingt mit Frankreich zusammcngchcn werde. Hier verlautet feruer, daß Lloyd George und Poincars noch im letzten Augenblick übereingekommcu sind, im November in Brussel eine neue Konferenz abzuhalten. PoincarLs Weisung an Dubois. Paris, 16. Aug. Wie in unterrichteten Kreisen ver lautet, hat Potncars dem französischen Vertreter in der Reparationökommission Dubois die Weisung erteUt, sich der Gewährung eines Moratoriums zu wider- setzen. Der englische und der italienische Vertreter da- gegen sollen gewillt sein, für ein Moratorium zu stimmen. Unsicherheit herrscht nur noch über das Verhalten beS belgischen Vertreters. Man nimmt aber an, daß er die Instruktion erhalten habe, für ein kurzes Moratorium ohne Garantien einzutretcn. Dadurch würde Frankreich in der Reparationskommissiou überstimmt werdeir. Abreise der französischen Delegation. Paris, 13. August. Poincars hat^ntt de Lastenr'.e französischen «W. T. B.) Delegation gegen und den Mitgliedern der Mittag London verlassen. Erholungsurlaub Lloyd Georges. London, 15. Aug. Lloyd George hat sich aufs Land nach Ertccith begeben. IW. T. B.) Einberusung -es IranMschenMinislerrales. Paris, IS. Aug. Der für morgen angcsetzte Mi- nisterrat wird unter dem Vorsitz von Milleraud in Ram bouillet stattsindcn. Er wird de» Bericht Poincarös über die Londoner Verhandlungen entgegennchmcu, die durch den negativen Ausgang der Konferenz geschaffene Lage prüfen und darüber beraten, ob gegebenenfalls das Par lament cinbcrusen werden soll. (W. T. B). Die «enttäuschten- belgischen Delegierten. Paris, 15. Aug. Die belgischen Minister Jasper und The uuis haben dem Sonderberichterstatter des „Jntran- siaeant" erklärt: Wir sind enttäuscht. Wir hofften, daß diese Konferenz zu einem Ergebnis führen und den Fragen auf den Grund gehen würbe, nicht nur der Frage der wirt schaftlichen und der finanziellen Kraft Deutschlands, sondern auch der Frage der interalliierten Schulden. Die Welt leibet unter dam Eindruck der Ungewißheit, in der sie lebt. Die Balfour- Notc stellte den Grundsatz der unausbleiblichen Notwendigkeit der Regelung unter den Alliierten auf, und Belgien, das die wirtschaftliche Frage genau kennt, hat das Bedürfnis, den Horizont von den drohenden Wolken zu be freien, die einem A n l c i h ep l a ne den Weg versperren. Sobald Deutschland wieder zu Atem gekommen sein wird, wird cS wirkliche Zahlungsfähigkeit besitzen. Das gibt einer Anleihe gediegenere Durchsührungsmöglichkettcn. Darauf müssen wir jetzt unsere Anstrengungen richten. En-e -er Enkenle un- -er Aeparalivns- koriimisjion? Berlin, 15. Aug. Eine vom „8-Uhr-Abendblatt" aus Anlaß des Abbruches der Londoner Verhandlungen in Ber liner diplomatischen Kreisen veranstciltcte Umfrage ergab, daß diese sich keineswegs über den Abbruch der Lon doner Konferenz überrascht zeigten. Seit Sonnabend hatte man in diesen Kreisen nicht mehr mit einer Einigung ge rechnet. Man hoffte nur, daß es gelingen würde, das jähe Ende in einer weniger schroffen Form herbcizuführen. Der allgemeine Eindruck geht dahin, daß die Entente nun tatsächlich zu existieren aufgehört habe. Die Reuter-Note, wonach die Beziehungen zwischen den Alli ierten sich nicht verschlechtert haben sollen, wird als ein schwacher Versuch angesehen, der Welt Sand in die Augen zu streuen. Man spricht sogar die Ansicht aus, baß nunmehr dem Abbruch der Londoner Konferenz wahrscheinlich anch das Ende der Neparationkom Missionen folgen werde. Bei der Beratung des Moratoriumsgesuches werde Frankreich in der Kommission aller Wahrscheinlichkeit nach überstimmt werden, und dann werde sicher nichts weiter übrigblcibcn, als daß der Vorsitzende Dubois sein Amt niederle^e und Frankreich von der Kommission ausschcide Die Entfremdung zwischen den Alliierten habe ihren Anfang genommen. Darüber konnten die beschwichtigendsten Worte der Reuter-Note nicht hinweg täuschen. Tiefe Aie-ergeschlagenheil in Oesterreich. Wie«. IS. Aug. Amtlich wirb mitgeteilt, daß die Koste« der Lebenshaltung in Oe st erreich von Mitte Juli bis heute um 184 Prozent ge stiegen sind. Die durch den Sturz der deutschen Mark hervorgcrufene Steigerung der fremden Valuten macht sich hier in besonders scharfer Weise fühlbar. Noch nie habe die Teuerung solche Fortschritte gemacht, als in den letzten Wochen. Die Preise habe» sich sprunghast von einem Tag zum andern erhöht- Seit einem Monat haben sich die Preise der wichtigsten Lebensmittel verdoppelt, manche sogar ver dreifacht. Der gesamten Bevölkerung, namentlich in Wien, hat sich tiefe Niedergeschlagenheit bemächtigt. Auch in politischen Kreise« beobachtet man die Entwicklung der Lage mit Beunruhigung. Die Großdcntschc Partei hat die Regierung ansgesordcrt, das Parlament zn einer außer ordentlichen Tagung znsammenzurufe« nnd über die Lage zu beraten und evtl, einschneidende Beschlüße zu fasten. Kein neuer Kredit für Oesterreich. London, 15. August. Vor dem Abschluß der Konferenz wurde eine Note erörtert, die von dem österreichischen Ge sandten überreicht worden war und in der Oesterreich um einen weiteren Kredit von IS Millionen Pfund Sterling ersucht. Lloyd George erklärte, kein Land könne es sich leisten, weitere Vorschüsse an Oesterreich zu ge währen. bevor die Lage in Oesterreich klarer sei. Er schlug vor, baß der Völkerbund gebeten werben soll, die Unter suchung zu vollenden. Die übrigen Delegierten stimmten dem zu. (W. T. B.) i Dollar (ffrotvorkskr): 1000^ ' Das Spiel ist aus. „Hlesgiours, I« jon est kalt! liion no va plus." Ter ge riebene und kaltblütige europäische Hasardspiclcr Poinear'! stellt, während der Dollarkobold höhnisch grinsend auf über 1000 hinaufgcklettert ist, mit Befriedigung fest, daß das Spiel in London sein Ende erreicht hat. und ein triumphierendes Leuchten blitzt dabei in seinen Augen auf: denn er war der Bankhalter und, rein äußerlich betrachtet, hat er die Partie gewonnen. Der unerbittliche Meister der europäischen Sabotage hat es erreicht, baß wiederum eine Konferenz — ein gewissenhafter Chronist hat nachgerechnet, daß cs gerade die dreizehnte seit Versailles gewesen sei — ohne Ergebnis verlaufen ist. Ob aber dem Manne, der diesen „Erfolg" erzielt hat, nicht doch innerlich vor seinem eigenen Werke graut? Der Einsatz war doch allzu hoch. Er bestand in dem Wohl und Wehe von ganz Europa, Frankreich mit cingcschlossen, das trotz seiner günstigeren wirtschaftlichen Lage, trotz seiner über wiegenden landwirtschaftlichen .Kraft und seiner geringeren industriellen Empfindlichkeit und Verwundbarkeit, doch auf die Dauer nicht von dem allgemeinen europäischen Verfall Nutzen ziehen und sich an dem Unglück aller anderen konti nentalen Staaten bereichern kann. Schließlich mutz cs ein mal auch Frankreich selbst bei einer ungehemmten Fort setzung dieser blinden und täppischen Haßpolitik an den Kragen gehen. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Der französische Nationalismus aber läßt sich auch durch eine solche Aussicht nicht schrecken. Ihm kommt es vor allem ans das eine an, daß Deutschland nicht wieder zu einer politischen und wirtschaftlichen Machtstellung gelaugt, und in diesem Bestreben ist er dermaßen verbohrt und Hart näckig, daß er schlimmstenfalls lieber das eigene Land mit ins Verderben reißen, als einen neuen Aufstieg Deutsch lands/erleben will. Auf Grund dieser Geistesverfassung be wegt sich die nationalistische Mehrheit der französischen Nation fortgesetzt in einem Kreise. Sic möchte wohl, daß Deutschland so weit wieder cmporkämc, um die Repara tionen zahlen und die gähnende Leere im französischen Budget ausfüllen zu können. Ist aber Deutschland erst ein mal so weit, dann, so folgert diese Richtung weiter, wird es sich auch durch nichts abhalten lassen, den Weg zum Gipfel vollends zu erklimmen. Dann wird es die Glieder, durch die neues Kraftgefühl strömt, siegesbewußt recken und strecken und nicht mehr daran denken, die Versailler Fron zahlungen zu leisten, sondern es wird das Joch abschUttcln. zum Schwerte greifen und mit Frankreich, seinem er barmungslosen Peiniger, blutige Abrechnung halten. Es ist offenbar das böse Gewissen, dnS so aus der französischen Volksseele spricht und die Franzosen hindert, die Ncpara- tionsfrage lind alles, was darum und daran hängt, auch nur halbwegs sachlich zu behandeln. Der „Tcmps" brachte kurz vor der Londoner Konferenz einen Artikel, in dem die deutsche Stimmung gegenüber Frankreich in den schwärze sten Farben geschildert wurde. Vom höchstgcstelltcn Be amten, so hieß es darin, bis hinunter zum einfachsten Arbeiter und sogar zum Kommunisten brenne alles daraus, die Revanche an Frankreich zu vollziehen, und namentlich sei es die akademische Jugend, die ihre Kampflust kaum noch zügeln könne. Eine in Berlin wohnende ungarische Dame habe sich dem Gewährsmann des Blattes gegenüber ganz entsetzt über die „blutdürstigen Ideen" geäußert, die ihrer Tochter in der Schule gegen Frankreich cingeimpft würden, woraus hcrvorgehc, daß sogar die weibliche Bevölkerung in Deutschland von denselben feindlichen Gefühlen gegen die Franzosen beseelt sei. Bei dieser Darstellung spricht natürlich eine gute Por tion Uebertrctbung mit. Daß aber die öffentliche Meinung in Deutschland nicht auf freundliche Empfindlingen gegen den westlichen Nachbar eingestellt ist, kann nicht geleugnet werden, und cs würde auch eine Umkehrung aller ini Leben der Völker gültigen Regeln bedeuten, wenn cs anders wäre. Wenn eine Nation trotz ehrlicher Friedens liebe und trotz des lebhaften Verlangens nach Verständi gung und Ausgleich von einer anderen unaufhörlich mit Fußtritten und allen möglichen sonstigen Brutalitäten regaltert wird, dann kann unmöglich etwas anderes dabei herauskommen, als daß schließlich auch eine Lammesgeduld, wie sie dem gutmütigen deutschen Michel von Natur eigen ist, ihre Grenzen findet. Soweit, wie der „Tcmps" es dar- stcllt, daß die Milch der frommen Denkungsart sich bei uns allgemein bereits in „gärend Drachcnblut" verwandelt hätte, sind wir zwar noch nicht gediehen, aber das ist gewiß, daß wir jeden neuen Peitschenhieb, der aus der französischen Faust auf uns herniedersaust, mit verdoppelter nnd verdrei fachter Wucht spüren, und daß sich unter den fortgesetzten Mißhandlungen, die wir zn erdulden haben, ein steigender Groll ansammelt. Insofern ist cs allerdings ein gefährliches Spiel, das Frankreich treibt. Seit Versailles sind wir unseres Lebens nicht wieder froh geworden. Unsere Regie rung hat vergeblich in Paris gemahnt und gewarnt. Noten über Noten als Protest gegen die endlosen Vergewaltigun gen geschickt, unser gequältes Volk hat Wünsche, Ausblicke und Hoffnungen gehabt, die sich nie erfüllten, Geduld und Ungeduld wechselten miteinander ab. schließlich kam die Resignation, und jetzt erscheint die Verzweiflung im Hinter grund mit der bangen Schicksalsfrage: „Was soll nun werden?" Es ist ein trübes Bild, das sich nach dem
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