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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.04.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-04-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980426010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898042601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898042601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-04
- Tag1898-04-26
- Monat1898-04
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März, in der sich der Abgeordnete für Posen, Herr Jäckel, der Polen so überaus warm annabm, sagt er nach dem Wortlaute deS stenographischen Berichtes Folgendes über den in Posen in der letzten Zeit leider in Schwanz gekommenen Brauch, den Angehörigen der fremden Nationalität zu boycottiren: „Mit vollem Recht Hot der ViceprSsident de« StaatsministeriumS hervorgehoben, daß eS unheilvoll und verwerflich ist, wenn man sich wirthschaftlich boycottirt. . . Wie verhält eS sich nun mit dem gegenseitigen Boycottiren bei uns? Es ist ja richtig, daß ein rabiater Pole vor etwa zwanzig Jahren in einer Versammlung den Boykott zuerst empfohlen hat; es haben vielleicht auch hier und da chauvinistische, aber einflußlose polnische Zeitungen den Boykott feiten» der Polen empsohlen; aber, meine Herren, von maßgebender Seite ist der Boykott nie von polnischer Seite empfohlen worden, und man hat bis vor wenigen Jahren von einem Boykott auch feiten» der Polen wenig oder gar nichts gemerkt." Anders geworden, so führte dann der Redner des Längeren und Breiteren auS, sei das erst, nachdem der „Hakatistenverein" sein Wesen begonnen habe. Diese Aus einandersetzungen sind so reckt charakteristisch für die KampscS- weise, die die Polen und ihre eingeschworenen Freunde nun schon manches Menschenalter hindurch gegen die Deutschen anwenden. In der Hinsicht ist also Herr Jäckel mit bestem Erfolg ihr Schüler gewesen. Immer haben sie eS — darauf vertrauend, daß man die Interna nicht kenne — verstanden, auf den Edelsinn und die Großmuth der deutschen Nation als solcher zu rechnen. Bedauerliche Excesse, die von Seiten ihrer Volksgenossen hier und da vorkämen, seien zumeist durch das Gebühren der Deutschen in den Ostmarken veranlaßt, die — so lassen die zahllosen Broschüren immer und immer wieder durchblicken — ihrer edlen Brüder im Süden und im Westen nicht würdig seien. Dieses Ränkespiel ist so oft getrieben und aufgedeckt, baß schon die Kühnheit eine« Jäckel dazu gehört, auch beute noch an dem alten Faden weiterzuspinnen. Wie ungleich aber dieser Herr den Deutschen in unserer Provinz und den Polen ihr Maß zumißt, das zeigen die folgenden Sätze eben jener berufenen Rede vom 3. März: „Aber selbst, wenn wirklich rin Boycottiren von Seiten der Polen vorlag, ist eS da klug gehandelt, das Boycottiren auch von der andern Seite zu empfehlen? Dadurch verschärft und verallgemeinert man den Boykott auch seitens der Polen doch nur immer mehr, und das führt eben zu immer bedenklicher werdenden Zuständen. Das Empfehlen des Boykotts auch von der andern Seite ist aber um so unsinniger, wenn, wie es hier der Fall ist, die andere Seite die an Zahl der Consumenten viel schwächere ist." Mit anderen Worten, die Deutschen sollen nach wie vor der Ambos und die Polen der Hammer sein. Wenn aber Herr Jäckel das Verhältniß der Deutschen den Polen gegen über als ein so trostloses auffaßt, so müßte er nachgerade, wenn anders er sich als Deutscher fühlt, die Pläne der StaatSregierung, die Deutschen in Stadt und Land durch frisches Blut aus West-, Süd- und Mitteldeutschland zu ver stärken, mit ganz besonderer Genuglhuung begrüßen. Hier von aber ist in seiner ganzen Rede auch nicht ein Wort zu finden! Was nun seine Auslassungen anbelangt» nur einige ein flußlose polnische Blätter hätten zuerst den Boykott gepredigt, so ist, wie Herr v. Binzer m der neuen Nummer der „Ostmark" abermals hervorhebt, der Nachweis längst geführt, daß angesehene Organe, wie der „Dziennik" und der „Goniec", ihre Stammesgeuossen seit langen Jahren in jener Richtung bearbeitet haben. Dem gegenüber ist der Verein für Förderung des DeutschthumS in den Ostmarken von vornherein mit wohlüberlegter Mäßigung verfahren. Wie der zweite Vorsitzende, Herr Stadtrath Wagner in Graudenz, in einer vielbeachteten Rede vor einigen Wochen sagte, ist eS nicht der Haß gegen die Polen, son dern die Liebe zum Deutschthuni gewesen, die zunächst die treuen Männer der Ostmark bewog, auf des Fürsten Bismarck Rath hin ihren Schutz verein zu schließen. In demselben Sinne bat sich eine der führenden Persön lichkeiten deS Vereins, Herr Geheimrath Prof. vr. Heinrich Brunner, bei der Begründung der Berliner Ortsgruppe der „Hakaiisten" ausgesprochen. „Wie unser Verein", heißt eS da, „im Wesentlichen nur eine Nachbildung eines seit einem halben Jahrhundert (1841) bestehenden polnischen Vereins, deS MarcinkowSki-VereinS, ist, so werden wir überhaupt die Polen zum Theil mit den Mitteln bekämpfen, die sie gegen unS anwenden. Ich sage mit Bedacht: zum Theil. Denn wie sich der Kampf auch wenden mag, wir werden ihn unsererseits führen ohne Anwendung klein licher Mittel und — wie Fürst Bismarck es jüngst den Oesterreichern ans Herz legte — mit christlichem Wohl wollen und mit dem Bewußtsein, daß unsere Gegner Bürger desselben Staates und desselben Reiches sind. Solches christ liches Wohlwollen vermissen wir allerdings vielfach auf polnischer Seite. So ist eS kein Beweis christlichen Wohl wollens, wenn die polnische Presse die Mitglieder unseres Vereins durch Veröffentlichung ihrer Namen in Verruf erklärt, um sie der polnischen Boycottirung preiszugeben, so war eS kein Beweis christlichen Wohlwollens, als man von polnischer Seite den Gründern und Koryphäen unseres Vereins, den Herren Kennemann, von Hansemann und von Tiedemann, drohte, sie in ihren eigenen Hausern aufzuhängen, kein Beweis christlichen Wohlwollens, als man dem Abgeordneten von Tiedemann brieflich in Aussicht stellte, ihn bei lebendigem Leibe zu viertheilen. Wir werden in der Beziehung nicht Vergeltung üben, sondern den Kampf streng sachlich führen. Ja, wir wollen unsererseits den Herren von IazdzcwSki, Czarlinski und von Stablewski und wie die polnischen Kory phäen heißen mögen, für ihre Person alles Gute wünschen, Alles, waS — abgesehen von nationalen und politischen Aspirationen — ihr Herz erfreuen mag." Man möchte wahrlich glauben, daß diese vornehmere Haltung der Deutschen auch die Polen zur Besinnung bringen müßte. Sie hierzu zu bringen, dazu sollten Herr Jäckel und seine Freunde sich die Hand reichen. Dann würden sie freilich bald am eigenen Leibe erfahren, daß das vergebliche Liebes mühe ist. Jedenfalls werden sie sich dann überzeugen, daß die lange Jahre hindurch fortgesetzten Bestrebungen der angeblich einflußlosen polnischen Zeitungen doch nicht so harmlos ge wesen sind, wie der Abgeordnete für Posen glauben machen möchte, sondern Neid und Haß bis in die untersten Volks schichten ihrer Landsleute getragen haben. Leiden- fchaftlicher denn je wüthen jetzt die Polen in unseren Provinzen, nachdem sie eingesehen haben, daß alle ihre Verstellungskünste erfolglos geblieben sind, gegen alles Deutsche. So wird unS aus Lessen m Westpreußen im Kreise Graudenz ein Vorfall berichtet, der leider typisch ist für die Verhältnisse hier. Die Gründung einer Ortsgruppe deS Ostmartenvereins dort, d. b. also die Organisirung der Deutschen, deren sich die Polen seit vielen Jahrzehnten er freuen, bat diese in maßlose Aufregung versetzt, die nicht selten fast in Tbätlichkeiten auSartet. Gegen einen Barbier dort, der die Kühnheit gehabt, Mitglied zu werden, ist sofort ein Boykott schlimmster Art ins Werk gesetzt. Am Wochen markt standen die Polen in Hellen Haufen vor seiner Thür und hielten fast gewaltsam Jeden zurück, der sich in daS HavS begeben wollte. Dann versuchte man eS zur Abwechselung mit Versprechungen: „Wir kommen Alle wieder zu Dir, wenn Du auS dem verfluchten Verein «»Strittst und in einer polnischen Zeitung dieses bekannt machst, indem Du zugleich auf den Verein schimpfst". Der wackere Mann, Vater einer zahlreichen Familie, ist gleichwohl der nationalen Sache treu geblieben. Auch sind bereits von deutscher Seite Maßnahmen zu seinem Schutze getroffen. Von ähnlichem TerroriSmuS zeugt ein Vorgang in dem selben Distrikt unserer Provinz. Auch in der kleinen Kreis stadt Löbau ist nämlich vor einigen Wochen ein Verein zur Förderung deS DeutschthumS inö Leben gerufen. Durch irgend welchen Zufall haben die polnischen Mitbürger die Namen der Mitglieder in Erfahrung gebracht. Allsogleich wurde darauf in dem polnischen Localblatte die ganze Liste abgedruckt und in dem Ort in Massen vertheilt. DaS also sind die Waffen, mit denen die Polen nach wie vor kämpfen, deren Worthalter, der Fürst Radziwill, noch jüngst in der Reichstagssitzung vom 23. März die preußische StaatSregierung mit erhobener Stimme beschuldigte, sie habe durch den Mund de- Bicepräsidenten de» StaatS- ministerium« als ein anderer Geßler der polnischen Be völkerung de« Reiche- den Krieg erklärt. Deutsches Reich. * Leipzig, 25. April. Mit Bezugnahme auf unfern Leitartikel über die Anerkennung von Winkrladvoca- turen, der uns vielfache Zustimmungen eingebracht hat, wird unS vom Vorsitzenden de» „Verbände« deutscher Bureaubeamten" eine Zuschrift übermittelt, in welcher auf eine Eingabe deS genannten Verbandes an den Reichstag hingewiesen wird. In dieser Eingabe hat der Verband gefordert, daß nicht nur Rechtskonsulenten, sondern, in Erweiterung deS tz 143 Abs. 2 der C.-P.-O-. in der vor geschlagenen Fassung, auch den Bureauvorstehern und Bureaubeamten der Rechtsanwälte die Äerhand- lungSbefugniß vor Gericht officiell zugesprochrn werde. Wir können auch dieses Verlangen nicht als berechtigt anerkennen. Wir sind nach wie vor der Meinung, daß eS nicht angebracht ist, der Rechts anwaltschaft eine officielle, gesetzlich garantirte Laien- Anwaltschaft an die Seite zu setzen. Eine gesunde Rechts pflege kann die Letztere nicht gutbeißen, denn zu einer er sprießlichen Rechtsvertrttung gehört eben die Thätigkeit eines wissenschaftlich vorgebildeten Juristen. WaS speciell die Bureauvorsteher bei Rechtsanwälten anlangt, so wollen wir keineswegs bestreiten, daß sie noch bessere und vertrauenSwerthere Routiniers sind als andere RechtSconsulenten, aber mehr als Routiniers werden sie ebenfalls nie sein können, sobald sie die juristische Vor bildung nicht haben. In die Sphäre ihres BureaudiensteS gehört die Vertretung vor Gericht nicht. Die Zulassung der Bureaubeamten dürfte aber nach unserem Dafürhalten schon um deswillen eine vrrhängnißvolle Maßregel sein, weil dadurch den jungen Juristen, den Referendaren, eine Erschwerniß in ihrer Fortbildung bereitet wird. Dürfen erst die Bureau beamten kraft Gesetze- vor Gericht verhandeln, dann werden sehr viele Anwälte davon absehe», sich einen im Vorbereitungs dienste stehenden Referendar zu engagiren. Bedeutet die Zu lassung von Rechtskonsulenten eine erhebliche Concurrenz für die Anwälte, so haben wir bei der Zulassung der Bureau beamten eine solche Eoncurrrnz für die jungen Juristen, mit der wir uns nicht befreunden können. Wir halten mit Strnglein dir Thätigkeit der Anwälte und ihrer juristisch vorgebildeten Hilfsarbeiter für zu hoch, als daß wir RechtS consulenten und Bureaubeamten gleiche Rechte wie jenen im AmtSgerichtsproceß eingeräumt wissen möchten. Berlin, 25. April. Freisinnigen Blättern zufolge tritt im Zusammenhang mit der Thatsache, daß der Oberpräsident der Provinz Posen, Freiherr von Wilamowitz-Möllen- dorf, einen bis zum 16. Mai dauernden Erholungsurlaub angetreten hat, in der Stadt Posen da« Gerücht auf, der Oberpräsident werde nicht mehr auf seinen Posten zurück kehren. Es wird hinzugefügt, wenn daS Gerücht Bestätigung finde, so werde auf den Entschluß deS Freiherr» von Wila- mowitz der jüngste Erlaß de» preußischen Staatsministerium» nicht ohne Einfluß gewesen sein. Wir würden eS in der Tbat begreifen, wenn Freiherr von Wilamowiy sich zum Rücktritt entschlossen hätte. Die Durchführung der Polenpolitik, welche die Berliner Centralregierung befolgt sehen will, ist zu einem wesent lichen Theile abhängig von dem „Geiste" der Provinzialbehörden, und dieser „Geist" wird den Provinzialbehörden cingehaucht vom Oberpräsidium. ES leuchtet daher ein, daß ein Mann, der die Pvlenpolitik deS Grasen Caprivi vertreten hat, bei aller sonstigen Tüchtigkeit, minder geeignet erscheint, die jetzige Polenpolitik so konsequent und energisch zu vertreten, wie eS nothwendig ist. Wenn irgendwo, so müßten in den Provinzen mit gemischt-sprachlicher Bevölkerung die Männer entsprechend den Maßnahmen au-gewählt werden, die von der Berliner Centralregierung getroffen sind. AuS diesem Grunde könnte der Rücktritt deS Frhrn. von Wilamowitz-Möllendorf nicht bedauert werden. — Ein andere- Gerückt will wissen, die Beratvnugeii über die Trennung des preußischen Ministeriums der öffent lichen Arbeiten hätten zu dem Ergebnisse geführt, daß für die Unterstellung der ganzen Wasserbauverwaltung unter das Ministerium für Landwirtbschaft die königliche Ge nehmigung nachgesncht werde. Wenn im Anschluß an diese Nachricht auch jetzt wieder, wie schon früher, die Befürchtung ausgesprochen wird, daß infolge der fraglichen Aenderung der Organisation der Staatsverwaltung die Verkebrsfragen des CanalbaueS, der Flußregulirungen und deS Hasenbauwesens in erster Linie nach agrarischen Gesichtspunkten erledigt werden würden, so scheint eine solche Befürchtung Loch etwas Über das Ziel hinauSzusckießen. Denn einmal ist auch der preußische LandwirthschaftSminister preußischer Staats- niinister und dann bedürfen doch auch derartige Gesetzes vorlagen der Zustimmung deS preußischen Landtages ebenso, wie sie dem gesammten Staatsministerium zur Unterschrift vorgelegen haben müssen. Ein agrarisck gerichtetes und ge leitetes Staatsmiuisterium kann die Verkehrsfragen selbst dann im agrarischen Sinne behandeln, wenn die Wasserbau verwaltung beispielsweise dem preußischen Handelsminister unterstellt ist. L. Berlin, 25. April. (Privat te leg ramm.) Da« Staat-Ministerium trat der „Nat.-Ztg." zufolge beute Nack- mittag 3 Uhr im Dienstgebäude am Leipziger Platz unter dem Vorsitz des Fürsten Hohenlohe zu einer Sitzung zu sammen. — Die Minister und Staatssecrctaire waren am Sonnabend Abend der Einladung deS Staatsministers Admiral Ttrpttz „zu eineni Glase Bier" gefolgt. L. Berlin, 25. April. (Privattelegramm.) Wie bekannt, wird Herr van Bennigsen auf dem am I.Mai statt findenden Delegirtentag der nationalliberalen Partei die ein- jeitendr Ansprache halten. Mit Bezug darauf schreiben di: Mittbeilungen für dir Vertrauensmänner dieser Partei: Mit tiefem Bedauern muß binziigesiigt werden, daß es wohl das letzte Mal sein wird, daß Herr von Bennigfen in dieser Weise seine- Berufes als Führer der Partei waltet. Er hat in sehr bestimmter Form den Wunsch zu erkennen gegeben, daß er fortan für die Mitwirkung bei äußeren Ver- augaltungen der Partei nicht inehr in Anspruch genommen werden möge. Ueberdies liegt eS in seiner Absicht, alsbald nach Abschluß der Reich-tagsstision, mit welcher auch seine parlamentarische Wirk samkeit ihr Ende nimmt, größere Reisen zu unternehmen. So wird in dec That mit der bedrückenden Gewißheit zu rechnen sein, daß die Partei ihn al» Wortführer im Parlament und als den Führer im Lande für die Folgezeit allerwege entbehren mnß. — Die nunmehr definitiv erfolgte Festsetzung des Termins für die Neuwahlen zum Reichstage hat, wie die „Freis. Ztg." hervorhebt, die rechtliche Folge, daß von jetzt ab cs bis zum Wahltage zur gewerbsmäßigen oder nichtgewerbS mäßigen Vertheilung von Flugblättern, Stimmzetteln und anderen Druckschriften zu Wahlzweckcn auf Straßen, Plätzen und öffentlichen Orten einer polizeilichen Genehmigung nicht bedarf. — DaS „Deutsche NeichSblatt", ein Organ der frei sinnigen Bereinigung, schreibt: „Eine Anzahl von Provinzialzeitungen bat sich von ihrem „parlamentarischen Mitarbeiter", der sie zu jedem Tiensta, mit einem Leitartikel versorgt, berichten lassen, daß bei der frei sinnigen Bereinigung in 6 von ihren gegenwärtig 13 Wahl kreisen Eandidaten aufgestellt seien, daß ihr außerdem noch 4 neue Wadlkreise gut» Au-sicht böten, daß in 0 pommerschen Kreise» di« Aussichten schwer zu schätzen seien, sie aber günstigen Falles nur in der Stärke von 10 bis 15 Mitglieder» aus dem Wahlkampfe hervorgehen werde. Dem gegenüber beschränken wir uns daraus, die Thatsache festzustellen, daß die sreisinnige Ver einigung bereit» in mehr als dreißig Wahlkreisen feste Eaudioatureu ausgestellt hat und eine Reihe weiterer Candidaturen aufzuslelleu im Begriffe ist. Vertreten sind dabei von preußischen Provinzen: Wrstpreußen, Brandenburg, Posen, Pommern, Schlesien, Sachsen, Hannover und Schleswig-Holstein, außerdem Mecklenburg, Brann- schweig und andere Bundesstaaten. Die vorgedachten Provinzial- zeitungen werden diese Berliner Leitartikel also künstig doch einer genaueren Nachprüfung unterziehen müssen." Wenn wir nicht irren, ist der „parlamentarische Mit arbeiter", der jene Artikel schreibt, der Abg. Richter. Um die Erde. Reisebrirse von Paul Lindenberg. Nachdruck verboten. 600 Meilen den Ua.ngtsze-Kiang hinauf. — Schlechtes Wetter. — Alarmschreck. — Ufer bilder. — Bedeutung deS Handels am Strom. — Einzelne Orte. — Besuch von Kiu-KiaNg. — ThinesischeDiener. — Schnee! — Werthvon Menschenleben in China. Auf dem Uangtsze-Kiang. An Bord deS „Poyang", 23. Februar. Wieder einmal auf dem Wasser, diesmal auf den gelben Fluthen des Uangtsze-Kiang, de» „BäterS der Ströme", wie ihn die Chinesen nennen, nach dem Mississippi und dem Ama zonenstrom, dem größten Strom der Welt. Vorgestern Abend gingen wir an Bord unseres Dampfer», der seinen Namen noch einem großen chinesischen See führt und der nach Art der ele ganten amerikanischen Fluhdampfer eingerichtet ist, mit großem, freien Oberdeck, mit geräumigen Kabinen, mit hübschem Speise salon, mehreren Badezellen und elektrischem Licht. lSiuaitcyer Weise hat man auch die Oefen in ihm nicht vergessen, wenigstens nicht im Salon, und immer wieder müssen unsere chinesischen Boy« Kohlen aufschaufeln, denn eS ist kalt, bitter kalt, und wir fünf europäischen Fahrgäste, unter denen wir drei Deutsche die Oberhand haben, sitzen enggeschaart um die eiserne Röhre und suchen unS nicht allein äußerlich, sondern auch innerlich, durch Portwein und ähnliche nützliche Getränke, zu erwärmen. Draußen Alles Grau in Grau, Regen und Nebel und ein schneidender Nordwind, der die trüben Wellen des gewaltigen Stromes, welcher in seiner Mündung und noch eine tüchtige Strecke oberhalb derselben über drei deutsche Meilen breit ist und der auch in seinem weiteren Bette oft eine Ausdehnung von einer deutschen Meile und mehr hat, mit Schaumköpfchen bedeckt und die Schnelligkeit unserer Fahrt wesentlich beeinträchtigt. Unheimlich ertönen häufig die Nebelsignale, und wiederholt mußten wir bisher stoppen, das erste Mal schon wenige Stunden nach unserer Abfahrt von Shanghai, kurz vor der Flußmündung, an derselben Stelle, an welcher gerade vor einem Jahr ein Dampfer derselben Linie im Nebel von einem einlaufenden Schiffe angerannt wurde und mit über 200 Passagieren, der Mehrzahl nach Chinesen (von denen auch wir einige Hundert im Zwischendeck haben), unterging, nur ein Officier und ein Steuer- mann konnten sich retten. Gestern Abend hatten wir so einen kleinen Alarm-Schreck! ES war etwa zehn Uhr, die Finsterniß draußen sackdick, man hörte das gleichförmige Rufen deS peilenden Lootsen, da daS Fahrwasser sehr ungleichmäßig ist und man häufig von einem Ufer zum anderen steuern muß, gelegentlich daS Heulen der Nebelhörner und dann das Peitschen des Regens an die Fenster scheiben, — plötzlich ein nervenaufregendes Knarren, Raffeln, Ruckern, daß e» wie ein fieberhafte» Zucken durch das ganze Schiff geht und alle GlaS- und Porzellangegenstände zu mustciren anfangen, ein krampfartige» Zurückarbeiten der Maschine, ein Hin- und Herschwanken de» Schiffe« von einer Breitseite zur anderen — wir waren auf eine Sandbank gerathen! Vergeblich mühte sich fast eine halbe Stunde die Maschine ab, wir saßen fest; so rasselten denn die Anker hernieder und wurden erst heute früh beim ersten Tage»grauen, al» die Fluth vom Meer heran drang und unS flott machte, wieder gelichtet. Einem der mit fahrenden Chinesen muß da» Ganze doch gehörige Angst gemacht haben, er sprang, wie un» der Cavitain heute erzählte, über Bord und „ward nicht mehr geseh'n"; sein Bett und seine > sonstigen Sachen ließ er ohne weitere TestamentsverfUaung I zurück. Ein anderer Chinese bat uns, als wir un» gestern I Abend dem Hinterdeck nahten, um Arznei für seinen arg zer quetschten Daumen; wir holteii mit ernsten Mienen unsere Hausapotheke herbei, betrachteten den Daumen durch ein photographisches Objektiv und umwanden ihn dann mit einem Leinewandstreifen, auf den — Magenelixir geträufelt worden war. Als un» heute früh der Chinese erblickte, kam er sofort mit vielen „Schin- Schin'S" heran und bedeutete, daß es besser wäre; aus Dank barkeit schenkte er mir eine Apfelsine! Die Landschaft heute, so weit sie zu erkennen war, blieb stets dieselbe — hinter drn fruchtbaren Ufern deS Flusse«, der leider gar zu oft die schlimmsten Verwüstungen anrichtet und zahllose Menschenleben vernichtet, denn er steigt bei Hochwasser plötzlich um 20 bi» 30 Fuß, hohe Bergzüge mit einzelnen Wal dungen, deren lichte» Frühling-grün doch etwas Freundlichkeit in da» monotone Grau bringt, auf vorgelagerten Hügeln, Pa goden und Tempel, an einzelnen Stellen alte und neue Be festigungen, um im Kriegsfälle den Fluß zu sperren, dann viele ausgedehnt« Dörfer und hin und wieder volkreiche Städte, deren Häuser meistentheil» hinter den festungSähnlichen hohen Mauern verborgen sind, falls nicht der Hafen dem europäischen Verkehr geöffnet ist und sich dann am Ufer die europäische Ansiedelung auSdehnt, in einer kleineren oder größeren Ausdehnung, welche der Handellbedeutung de« betreffenden Platze» entspricht. Don dem Umfange de» Handel» allein auf diesem Strome macht man sich daheim doch recht unklare Vorstellungen; sieben große Dampferlinien unterhalten von Shanghai au« eine mehr malige wöchentliche Verbindung mit Hankau, 600 engl. Meilen oberhalb der Mündung de» Strome», und mehrere au«gedehnte Handel-Häuser, unter ihnen auch ein deutsche«, lassen ihre eiaenen Dampfer verkehren, abgesehen von den Lausenden chinesischer Fahrzeuge, die mit Maaren aller Welt beladen, den Fluß beleben. Heute früh berührten wir Tschin-Kiang, an der Mündung des nach Peking gehenden Kaisercanals gelegen, eine Stadt von 140000 Einwohnern, in welcher vor acht Jahren die Europäer ernsten Verfolgungen ausgesetzt waren und ein Theil ihrer Wohnsitze zerstört wurde; im vorletzten Jahre bezifferte sich der Hafenverkehr auf nahe 70 Millionen Mark, und zwar ist die Einfuhr an europäischen Maaren, unter ihnen Baumwoll fabrikate, viel bedeutender als die Ausfuhr einheimischer Artikel. Im Laufe deS Vormittags begrüßten uns die Mauern von Nanking, welche Stadt noch nicht zu den offenen Plätzen gehört (wir wollen sie auf der Rückfahrt besuchen), und beute Abend legten wir auf kurze Zeit in Wuhu an, von 80 000 Einwohnern bevölkert, die, nebst der Bewohnerschaft des reichen Hinterlandes, 1896 für 12Z Millionen Mark europäische Maaren bezogen, während sich der ganze Handel auf über 34 Millionen Mark belief. 24. Februar. Dieselbe traurige, melancholische Witterung draußen, wir fühlen unS aber trotzdem auf unserem wohnlichen Dampfer ganz behaglich, obwohl wir wegen des Sprühregens und der Kälte nur selten frische Luft schöpfen können. Heute früh passtrten wir Naan-Ktng, eine ausgedehnte, alterthiimliche Stadt, die aber nicht Vertragshafen ist, und bei der wir deshalb auch nicht anleaen durften, sondern unsere neuen chinesischen Paffa giere in Booten empfingen. Dor der Stadt ein altes, weißes Fort mit daneben emporragender, schöner fünfstöckiger Pagode, dann sich weithin der Ort ausbreitend, von mit mehreren Wachtthürmen versehenen Mauern eingeschlossen, aus der Häuser mässe Tempeldächer hervorragend, und die Giebel palastähnlich.-r Gehäude. Da» Ganze, selbst in dieser trüben winterlichen Stimmung, von malerischer Wirkung. Und reich an höchst fesselnden Eindrücken ist der Stromlauf weiterhin, eine kurze Strecke bereit« hinter dem letzterwähnten Orte. Mehr und mehr verengt er sich hier, und b«i starken,
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