Wochenblatt PreiS: vierteljäh rige Pränumeration 8 ngr. in'S HanS, «ngr. bei Abho, lang in der Expe dition. für Zschopau und Umgegend. (Jeden Sonnabend eine Nummer.) JnsertionSgebihren werden die Zeile oder deren Raum mit i ngr. berechnet. M 34. Sonnabends, den 23. August 1856 Der Spieler. Ein Lebensbild. Nach dem Französische». 1. Einen Augenblick später, und der Zug wäre ohne mich abgegangen, und ich hätte das Nach sehen gehabt! sagte ich zu mir selbst und lehnte mich, noch erschöpft und athemloS vom starken Laufen, in eine Ecke deö Waggons eines Mor genzuges der Eisenbahn von Versailles nach Pa ris. Drei andere Passagiere und ein Hund wa ren meine ganze Reisegesellschaft in diesem Wa gen, und ich betraf mich bald darüber, sie auf merksam zu beobachten. Es ist eine alte Gewohn heit von mir, auf Reisen mir meine Gefährten zu beobachten und nach meinen physiognomischen Studien mir irgend eine Geschichte oder ein Aben teuer in Gedanken auözuspinnen, wovon sie die Haupt- und handelnden Personen sind. Auf diese Weise kürzt man sich am leichtesten die Fahrt und kann sich auch in der langweiligsten Gesellschaft ziemlich gut amüsiren. — Gerade neben mir saß ein bleicher junger Mann, in ele ganter, aber nachlässiger Kleidung, der so in die Lectüre eines Buches vertieft war, daß er selbst bei meinem Einsteigen kaum die Augen von seinem Buche erhob. In der einen Ecke saß ein ältlicher Herr, in jenem glücklichen Zustande zwischen Schlaf und Wachen, dessen Physiognomie meine Aufmerk samkeit ganz besonders in Anspruch nahm. Sein bleiches Gesicht war hager und voll Runzeln, sein Haar grau und dünn, und die dicken, buschi gen Augenbraunen verbargen beinahe seine tief liegenden glanzlosen Augen, die er nur von Zeit zu Zeit auf den lesenden jungen Mann richtete. — Bah, dachte ich, das ist vermuthlich ein stren ger Obeim, der seinen jungen, leichtsinnigen Nef fen mit sich in die Stadt nimmt! — Dann lenkte ich meine Aufmerksamkeit aus die Person in der andern Ecke und erkannte in ihr eine Dame, eben falls blaß, aber mehr interessant als schön. Ihre Kleidung war äußerst einfach, aber anständig und offenbar aus den Händen eines der ersten Da menschneider hervorgegangen. Ihr ganzes Wesen wollte mich überreden, daß sie den höheren Stän- großen blauen Augen waren i.nk ^ verstand, ihr Mund freundlich und in der kleinen, äußerst zart geformten Hand führte sie ein kleines Riechfläsch chen, besten sie sich sehr oft bediente. Ihr gegenüber ag auf der Bank ein kleiner englischer Wachtel hund von seltener Schönheit, welcher von Zeit zügelt »nt semer Herrin die freundlichsten Blicke wechselte. Die Dame schien kränklich und von emer Brustkrankheit befallen; denn sie legte häufig Herz, bei welcher Gelegenheit ich denn ernmal bemerkte, baß sie ein sehr schönes kostbares Armband trug. Diese Personen bildeten meine Reisegesellschaft. Der vermeintliche Onkel schlief bald, bald sah er sich gedankenlos um; der leichtsinnige Neffe laS ohne Unterlaß weiter; die Dame seufzte oft; der kleine Hund schnarchte, und ich schwelgte in dem vollen Genüsse eines wachen Traumes, und spann mir allerhand seltsame Geschichien über die Per sonen aus, die mich umgaben. Meiner Ansicht nach waren die Dame und die beiden anderen Personen einander vollkommen fremd, und die Dame, die ganz allein in einem Wagen der ersten Classe fuhr, ihre einfache, aber äußerst geschmack volle und elegante Toilette, ihr schüchternes, zu rückhaltendes Wesen, ihr kostbares Armband mit edlen Steinen, gaben meiner Phantasie einen weiten Spielraum, den die Ankunft an unserm Bestimmungsorte nur allzufrühe störte. Der Zug hielt: aber Verjünge Mann laS weiter; dieDame seufzte wieder und legte die Hand auf's Herz; der ältliche Herr drückte sich von Neuem in die Ecke, und keines schien zuerst aufstehen zu wol len. Da verabschiedete ich mich aufstehend mit einer leichten Verbeugung von meinen Reisege fährten, verließ den Wagen und ich sah mich bald darauf im Besitz eines Zimmers in einem Hotel ^Nach eingenommenem Mittagsmahle ging ich in'S Theater und von da, auf das Zureden eines Freundes, in ein geheimes Spielhaus. Zu meiner nicht geringen Ueberraschung erkannte rch hier in dem ostensiblen Besitzer der Spielhölle densel ben alten Herrn, den ich am Morgen un Elsen-