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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.04.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-04-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930408029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893040802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893040802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-04
- Tag1893-04-08
- Monat1893-04
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Unser Berliner H-Eorrespondent schreibt uns hierüber: „Al- in der letzten Sitzung der Militaircommission, welche eor den Osterferien abgehalten wurde — es war am 17. März — der Centrninsabgcordnete Gröber zum Berichterstatter der Com mission bestellt wurde, theilte er mit, datz erden Bericht iedensalls dir zum Beginn der Arbeiten, also bis zum 13. April, fertig ge- iiellt haben würde. Es wurde dann auch durch den Vorsitzenden der Commission, Frcih. v. Manteusfel, ausdrücklich bemerkt, das die Verlesung des Berichts in der Zeit zwischen dem 13. und 17. April erfolgen würde. Wie sich jetzt herausstellt und Herr gröber durch die „Germania" verkünden läßt, wird aber der Be« richterslalter mit der übernommenen Ausgabe bis zu dem festgesetzten Termin nicht fertig und dadurch die Entscheidung über die brennendst« Frage der ganzen Reichstagsscssion abermals verzögert. Wir wollen gern zugeben, baff es keine ganz leichte Arbeit ist, einen guten Bericht über die zchnwüchent- bch-n Berathungen der Commission zu liefern, aber in vier Wochen bürste die Arbeit doch zu bewältigen gewesen sein, zumal die Proto- solle der einzelnen Sitzungen sehr sorgsam uud aus'ührlich geführt wurden und die Erklärungen des Reichskanzlers, sowie der andere» Mitglieder und Coinmissaricn des Bundesraths jcdeSmal in bestimmt sormulirler Form schriftlich zu den Acten überreicht worden sind. Auch daraus möchten wir Hinweisen, baff zur Abfassung deS Berichts Herrn Gröber Schrribhils-kräst« und Stenographen seitens des Bureaus des Reichstags zur Verfügung gestellt worden sind. Es ijl vorher noch nicht vorgekommen, daß der von einer Commission beauftragte Referent sein« Ausgabe nicht in der ihm festgesetzten Zeit gelöst bat; die Mitglieder aller Parteien zeigten sich immer ihrem Amte ge- wachsen, »nd wenn Herr Gröber nicht durch Krankheit verhindert war, worüber bisher nichts verlautete, dürste es für die Verzögerung des Berichts kaum eine Entschuldigung geben. Wenn nun der Bericht über das Militairaesetz in der Thal erst Ende dieses Monats zur Beiieluiig kommt, kann die zweite Ber-thung im Plenum erst im Mai und die schließlich» Entscheidung über das Schicksal der Borlage nicht vor der Mitte des nächsten Monats erfolgen, ES ist möglich, daß das Ccntrum dieses Hinausschieben wünscht, da Idaisüchlich bei dieser Partei die Entscheidung liegt, es ist auch möglich, daß dem Reichskanzler es nicht unwillkommen ist, wenn »och eine Spanne Zeit gewonnen wird. Wir wissen cs nicht, und ioveit wir mit politischen und parlamentarischen Kreisen Fühlung bade», weiß Niemand etwas Zuverlässiges, weder über die schließ lichea Abstchten der Regierung, noch über di« des Centruins." Möglich ist, daß die Verzögerung der Entscheidung mit der Anbahnung einer Verständigung zusammenhängt, möglich aber auch, daß die Regierung vor der Krisis noch Zeit gewinnen will, um dringliche Vorlagen, z. B. das Reichsseuchengesetz, turchberathen zu lassen. An nnd für sich ist eine weitere Hinausschiebung der Entscheidung nur zu bedauern, da sie gewiß nicht zur Beruhigung der Wählermasscn und zur Milderung des Wahlkampfes beitragen wird. Soviel ist heute schon sicher zu erkennen: das neue französische Ministerium bat i»i eigenen Lande, in Frankreich, nur Spott und Enttäuschung Hervorgerufe». Man köhnt über das „Cabinet der Unbekannten". Nach der sürchlerlichen Erschütterung in den letzten Monaten durste man hoffen, daß auch die Politiker von der Nothweadigkeit eines moralischen Aufschwunges überzeugt sein werden, und nun kommt dieses Ministerium der gewöhnlichsten Routine. Kleine Provinz-Advocatcn, welche durch die Kameraderie in den Vordergrund geschoben werden, geben sich dem Wahne bin, daß sic die Franzosen regieren können. WaS aber ist Dupuy für das nationale Leben, für das Gemüth und die Vaterlandsliebe der Franzosen? Mit Freycinet ver band sich wenigstens der Glaube an die Umgestaltungen der Armee, mit Ribot verknüpfte sich die Erinnerung an Kronstadt, selbst an Loubet bing der Zauber einer seltenen Wahrhaftigkeit. Das jetzige Piinistcrinm der Dutzendmenschen pricht nicht zum Verstände und weckt nicht die Phantasie. Nieniand weiß, warum cs entstanden ist, und sein einziger Existcnzgruud ist der Wunsch, den Senat zu ärgern und sür die Wahl IuleS Ferry'S Rache zu nehmen. Die Franzosen ind scharfe Psychologen und die moderne Seelenkunde ist beinahe eine französische Wissenschaft. Das psvchologiscke Drama nnd der psychologische Roman sind ihr Werk, selbst in die Geschichte wollen sie einseitig das Spiel der individuellen Triebkräfte hineintragc», aber sic konnten bisher das Gesetz nicht entdecken, welches die Laufbahn der Abgeordneten bestimmt und die Regierung deö gescheitesten Volkes so oft in die Hände der Däumlinge bringt. Für nahezu drei Wochen ist allerdings dem Ministerium Dupuy das Leben gesichert. Senat und Kammer haben sich bis zum 25. April vertagt, und in der Zwischenzeit werden Dupuy und Peytral alle partei diplomatischen Künste spielen lassen, um Senat und Kammer auf eine» Ton zu stimmen und behufs Erledigung des Haus halts zu gegenseitiger Nachgiebigkeit zu bewegen. Von dem Gelingen dieses keineswegs leichten Unternehmens bängt daS Schicksal des CabinetS, vor Allem das des Finanzministers Peytral ab, der sich gestern der Kammer gegenüber bindend verpflichtete, eine Verständigung mit dem Senat über die Bvrsensteuer zu bewerkstelligen. Aber der Senat, der seit der Wahl Jules Ferry's wieder sehr kraftbewußt geworden, ist dem neuen Cabinct ziemlich unhold gesinnt, von dieser Seite droht die Gefahr einer neuen Krise. Nack, den vor liegenden neuesten Meldungen wurde die Regierungserklärung im Senat eisig ausgenommen. Die Senatoren sind höchst ungehalten, weil sie im Cabinet nicht hinreichend ver treten sind. Mit dtr Vertagung der Kammern ist man allgemein zufrieden, da sie für drei Wochen die Ruhe ftchert. Eine Maßregel, die sich selbst empfiehlt, bedarf keiner langathmigcn Anpreisung. Unter diesem Gesichtspunkte möchte man beinabe zweifeln, ob der englische Premier Herr Glad- sto ne von derUnübertrefslichkeit seiner irische» Homerule- Bill sich so fest durchdrungen fühlt, wie er alle Welt, besonders aber die OpPosillvnSpolitiker des Unterhauses, glauben machen will. Ein Advocat, der i» einem sehr schwierig liegenden Rechtsstreit plaidirt, hätte seine Sache nicht besser machen können als Mr. Gladstonc beim Einbringen seiner Homerulcvorlage. Für das Uriheil der Bollblutenglander liegt das BerhLltniß so: Irland will los von England, berw. von Großbritannien. Da Irland aber einen integrirendcn Bestand- tbcil des Vereinigten Königreichs bildet, welch letzteres wiederum der Krvstallisationsmittelpunct des britischen Weltreiches als solcher ist, so liegt die Gefahr nur zu nahe, daß jede Locke rung des historisch gewordenen Verhältnisses zwischen Groß britannien und Irland die Einleitung zu dem bwm kritaimias werden muß, zu welchem kein englischer Patriot die Hand bieten darf. Wer auf diesem Standpuncte stebt, und von diesem aus bis zum heutigen Tage der Einsübrung von Homerüle für Irland widerstrebte, wird durch Gladstone'S DonnerStagsrede schwerlich eines Besseren belehrt worden sein. Denn Gladstonc vertheidigte seine Vorlage nicht vom englischen, noch vom britischen RcichSgcsichtspuncte, sondern vom nationalirischen Gesichtspunkte, und wer sich aus diesen letzteren stellt, wird auf die Dauer bei dem Inhalt der Gladstone'schcn Homerule-Bill sich nicht beruhigen, sondern mit denselben Argumenten auch jede weiter gehende Forderung, fertigen kennen. Perr i der aanren Homerüle-Bill die optimistisch -ZR-WWM Engländer, Schotten und, Wall, er Ebcnf^.undöw.ir instincliv binter der Homerüle - Borlage die Tigerilanci des der angelsächsischen Race und Cultur se)"dse>'g ge sinnten NatwnalircnthumS, daS in den ^hlreichtn Gehe kUnven rn beiden Seiten deS Atlantic sein wahres, mchl cköncs Antlitz zeigt. Kann Herr Gladstonc sür das unver brüchliche Wohlverhalten Irland« »ach erfolgter Verab- chicdnna von Homerüle Bürgschaft le.ste» ? In s-m-r E.nfübrunIsrede steht davon kein ^.crbenSwortch-.i. Ind wenn er eS könnte und thate — wurde seine Burg schaft von den Zweiflern an dem staatSmannischen Blicke deS Homerüle - Politikers sür voll genommen werden? Jedenfalls bat Gladstonc S Pla.doyer, ^ indem es die Lichtseiten der Homerule-Bill voll hervorbob, den Gegnern auch den Bl.ck sür di- ttefen Schattenseiten der Vottage aeschärft. Sollte sck".eßl.ch Homerule .m In - Hause durchgehen, so wurde dieser Sieg nicht dem Uclcr- acwicht der Gründe, sondern nur dem Uebergewicht der Stimmen zuzuschreiben sein. — Sehr unzufrieden mit der Rede Gladstone'S ist auch die „Voss. Ztg/, die sonst mit ihm in Bezug auf die Homerule-Frage durch Tick und -r. »nn geht, indem sie u. A. bemerkt: Auch der Hinweis Gladstone'S aus die staatsrechtlichen Beziehungen zwischen Schwede» und Norwegen erscheint als ei» Fehlgriff, da die gegenwärtige,, politischen Zustände aus der jcandinav, chcn Valbm c geradezu als eine Warnung vor Homerule sur Irland betrachtet werden müssen. falls, was nicht zurrifft, daS Band zwischen Nor» wegen und Schweden der von Gladslone geplanten Neugestaltung der englischen und irische» Verhältnisse gleichen würde. Peinliche« Er- staunen muff es erwecken, daß Gladstonc das «erhältlich zwischen den britische» Colonicn und dem Mutterlande alS Anprenung Homcrules sür Irland anführte. Das heißt Wasser aus die Muhle der Unionistcil treiben, die über Zerstückelung der Relchseinheit klagen und sich ans das Wort Tocquevilles berufe», daß ,eder große Staat durch die Auflösung in seine Theile zu Grunde gehen mus,e. So trübt die Rede Gladstoncs das belle Bild Homerules als eines edlen und praktischen Versuches, Irland den Frieden, den Engländern die Treue der Iren zu schaffen. Tic Leser finden Weitere« über den Verlaus der TonnerS tagS-Sitzung des englischen Unterhauses unter Großbritannien. Mit dem Zusammentritt der Sknpschtina ist die innere KrisiS, in welcher sich daS Königreich Serbien befindet, acut geworden. DaS liberale Cabinct Avakuniovitsch, welches ohne sich ans eine parlamentarische Mehrheit stutzen zu können die Regierung übernahm oder vielmehr übernehmen mußte, weil daS Ministerium Pasitsch sich durch seine unschöne Finanz- Verwaltung unmöglich gemacht hatte, unterlag bei den Neu wahlen. Obwohl die ganze Wahlmaschinerie der Regierung gegen die Radikalen in Thäligkcit gesetzt worden war, errangen letztere sactisch die Mchrzabl der Mandate, und die liberale Regierung hätte nach Zusammentritt der Sknpschtina ihren Abschied cinreichen müssen. DaS Mini sterium »al»n seine Zuflucht zu einer Gewaltmaßregel, er klärte eine Anzahl radikaler Mandate sür ungiltig und ließ in den betreffenden Kreisen Neuwahlen vornehmen. Als diese abermals zu Gunsten der Radikalen auSsielen, ergriff Avaku- mowitsch zum zweiten Mal dieselbe willkürliche Maßregel; doch auch jetzt errang daS liberale Cabinet noch nickt die Mebrbeit. Aber während einerseits die Mandate der in Rudnik gewählten Radikalen zum dritten Mal sür ungiltig erklärt wurden, ließ sich andererseits die Eröffnung der 87. Jahrgang. Sknpschtina nickt länger hinau-schiebcn. Die Rudniker Ab geordneten erschienen in der Sknpschtina. Es zeigte sich nun, daß so die Liberalen und die Radikalen genau Aleich tark waren; die wenigen Fortschrittler, welche natürlich dem Ministerium Avakumowitsch nicht sonderlick wohlgesinnt l»d, hatten den Ausschlag zu geben. Die Regierung ver langte, daß die Rudniker Volksvertreter daS HauS verlassen olllen; diese weigerten sich dessen natürlich, und darüber kam eS zum Krack; die gesammtcn Radikalen verließen daS HauS und ihnen folgten die Fortschrittler unter Führung deS ehemaligen langjährigen Ministerpräsidenten Garaschanin. Dadurch war die Sknpschtina beschlußunfähig ge worden, weil weniger als 68 Abgeordnete anwesend waren. Nach der Verfassung ist zur Beschlußfähigkeit die Anwesen heit von mebr als die Hälfte der 131 Skupschtina-Mit- qlieder nötdig- Aber auch jetzt war Ministerpräsident Avakumowitsch um ei» Aushilfsmittel nicht in Verlegen heit; da die Sknpschtina früher nicht 134, sondern nur 125 Mitglieder zählte — die Erhöhung der Zahl der Deputirteii ist erst in der letzten Session, also unter der Herr schaft der Radikalen erfolgt —, so wird die dadurch voll zogene Verfassungsänderung jetzt von den Liberalen einfach für ungiltig erklärt. ES ist jedoch schwer zu glaube», daß daS jetzige Rumpfparlament, welches nur noch auS 63 libe ralen Abgeordneten besteht, sich lange wird aufrecht erhalten können. Die Regentschaft wird sich entweder zu einem Com- promiß mit der radicalcn Partei bequemen oder eine offene Gewaltherrschaft errichten müssen, welche zu den gefährlichsten Verwicklungen führen kann. Die neuesten Meldungen deuten daraus bi», daß man gewillt ist, den letzteren Weg zu bc trete». Danach forderte der Skuptschina-Präsidcnt mittelst- Rundschreiben« die ausgetretenen Depntirtcn auf, ihre Voll machten behufs Waklprnfung cinzusenden, widrigenfalls si chrer Mandate verlustig erklärt und Neuwahlen ausgeschrieben werten würden. Ei» weiteres Telegramm läßt erkennen, daß die liberale Regierung nicht erwartet, die radicalcn Ab geordneten würden der a» sie gerichteten Aufforderung Nach kommen, denn sie beschloß, die Neuwahlen sür den 18. April auszuschreiben. Es wird nun abzuwarlc» sein, wie man in Serbien gegenüber der Gewaltpolitik der liberalen Negierung sich zu verhalten gedenkt. Deutsches Reich. 88. Berlin, 7. April. Die „kleine, aber mächtige Partei", deren Gefährlichkeit sür ein gesundes und starkes StaatSreaimcnt Wilkelm l. so klar durchschaut und bei seinem Regierungsantritt so scharf gekennzeichnet hat, ijl offenbar wieder eifrig am Werk. Die „Kreuzzcitung" hat sich nnd ihre Hintermänner dieser Tage in einem „Pessimismus" »verschriebenen Aufsatze mit besonderer Ein dringlichkeit als Retter von Thron und Altar an der maßgebenden Stelle empfohlen. ES fehlt in dem Artikel nichts, von dem man mit Reckt oder Unrecht glaubt, die gewünschte Wirkung zu erzielen. Alles Unerfreuliche der Lag?, insbesondere auch daS Unbehagen des Volkes, wird als die nothwcndigc Folge der gesammtcn BiSmarck'sckcn Politik dargcslcllt, die selbstverständlich als eine crzliberale „gcbrand- markt" wird. Der Febler der jetzigen Regierung sei, daß sie nickt entschieden genug mit den Uebcrliescrungen aus der Zeit Wilhelm's I gebrechen unk eine im Sinne der „Kreuzzeitung" conservativc Politik ausgenommen habe. Denn — daS glauben zu machen, ist der Zweck deS Artikels — daö deutsche Volk ist politisch und kirchlich— wie die „Kreuzzeitung" gesinnt. Und besonders i» der Gegenwart. „DaS Interesse für die Erkal tung von Thron und Altar ist lebhafter, als eS seit erdenk lichen Zeiten gewesen ist." Bisher hat man allerdings gute Gründe für die Annahme gehabt, der monarchische Gedanke sei im l9. Jahrhundert in Dcuthchland und Europa niemals stärker gewesen als unter Wilhelm!, und durch Wilhelm!. Nack der „Krcuzzeitung" aber sind gcrave in dieser GeschichtSperiote Monarchie nnd Altar an den Rand de« Abgrundes gebracht krimula vsri8. 8j Erzählung von A. Brüning. NachdruS rerloleo. (Fortsetzung.) Aber sollte ihr Gatte nicht nur auf daS Beisammensein mir dem ihm so tbeuern jungen Freund verzichten, sondern auch noch den Schein der Unfreundlichkeit auf sich laden? lind Gert selbst, er kam krank und voll Heimathsehnsucht ans der Fremde zurück — durste sie ibm die Pforte deS Hauses verschließen, das ibm stet- wie ein Vaterhaus gewesen? Nein, sie durste nickt auf ihrem Verlangen bestehen, schon auS diesem Grunde nicht! Aber wie? — so überlegte sie weiter — wenn er etwa ahnungslos wäre in Bezug aus daS, was ihn hier erwartete? eS wäre ja nicht unmöglich, daß er den Namen der neuen Herrin aus Malleknen nicht erfahren, dir ofsicielle VermählungSanzeiae bei seinem häufigen Domicilwecksel nicht erkalten hätte! Gleichviel — hatte sie nicht den Muth der Offenheit gegen ihren Gatten, so mußte sie wenigstens den Muth haben, dem Kommenden fest ins Auge zu blicken. Blanden ging noch immer in den schattigen Parkwegen ge- kuldig aus und nieder. Er wollte Gabrielen Zeit lassen, ihr gestörte« Gleichgewicht wiederzufinden. Seine Stirn war bewölkt Er dachte nach über die seltsame Scene von vorhin, Halle zuerst die Freude über Gabrielen- vermeintliche Zärt lichkeit keinen anderen Gedanken in ihm aufkommen lassen, so sllbite er sich nachträglich doch sehr beunruhigt durch sie. Tie kennte ja wohl nur in einer krankhaften Nervenüberreizung ihren Grund haben; denn Gabriele für launenhaft zu halten, dazu batte sic ihm bisher keine Veranlassung gegeben, doch was sollte werden, wenn sie etwa bei ihrer so leidenschaftlich rcrgebracbten Bitte beharrte? Wie sollte er eS möglich machen, Gert die erbetene Gastfreundschaft zu versagen? Er blieb sieben »nd blickte auf daS Meer, bis zu dessen Usern bin der Park sich herab senkte. Es war ein schöne», zum Träumen und Au»ruheu einladende- Fleckchen — Gabrielen- LicblingSplatz — dicht umstanden von mächtigen alten Rotb- buchcn, deren verschlungene Zweige ein purpurne- Laubdach über einer Nasenbank bildeten, welche einen schrankenlosen Ausblick über die blaue Mceresflutb gewährte. Im Begriffe, sich zu kurzer Rast darauf niedcrzulassen, füblte er eine kleine Hand schüchtern seinen Arm berühren. „Manfred!" schlug eS flüsternd an sein Ohr. Er sprang aus und erblickte seine junge Frau, deren leichte Schritte das weiche WaldmooS unhörbar gemacht haben mußte. Wie eine plötzliche Lichtcrscheinuna stand sie da zwischen den dunklen Baumstämmen, einer Waldnymphe nicht unähnlich, in dem weißen Gewände, daS sich leuchtend auS der grünen Dämmerung hob. Freudig überrascht wandte er sich zu ihr, die gesenkte» Hauptes vor ihm stand, und legte sanst den Arm um ihre Schulter. „Hast Du Dich erholt, mein Lieb?" — „Vergicb mir Manfred", klang cS statt der Antwort: „Ich war recht kindisch und egoistisch vorhin. Ich glaube, cs war nervös — ich — ich hatte Kopfschmerzen —" Sie verwirrte sich, stotterte und wurde dunkelrotb; die Ausflüchte wollten nicht rcchd»über ihre Lippen. „Laß gut sein, Kind", kam er ihr rasch zu Hisse. „So bade ich cS auch aufgefaßt. NebcrdieS war ick selbst Schuld, ick bade Dich zu sehr überrumpelt mit der Nachricht. Hast Du Dich denn nun mit dem Gedanken vertraut gemacht? und brauche ich Gert keine Absage zu schicken? Wird Dir's denn auch nicht gar zu schwer, Krnd, ihn auszuncbmen?" — Die junge Frau athmete beklommen. „Jeder Gast, den Du mir bringst, muß und wird mir willkommen sein, um — um Deinetwillen." Er küßte sie aus die Stirn. „Ich danke Dir, mein Herz, laß uns nun heimaeben. ES wird Zeit, daß ich anspanncn lasse, um unser» lieben Gast abzuholcn, und auch Du wirst gewiß noch einige« für ihn anzuordncn haben; ich möchte, baß er alle- recht traut und behaglich bei uns fände." Er zog ihren Arm durch den seinen, und während sie die Parkwcge durchschritten, benutzte er die Gelegenheit, ihr noch allerlei Informationen über Gert'« kleine Liebhabereien und Gewobnbeiten zu geben. Sie nickte nur stumm zu allem; ihr Antlitz blieb bebarrlich gesenkt. Aus der Terrasse zog Blanden die Uhr. „Wahrhaftig, die höchste Zeit! Die Rappen werden tüchtig auSgreisen müssen! Adieu, liebes Kind, zu Mittag kannst Du uns erwarten." er gegangen. Schweren Blicke- starrte sie ibm »ach. Als nach einer Weile daS Geräusch des fortrollenden Wagens v nahm, schlug sie aufstöhnend die Hände vor daS Antlitz n ließ sich wie gebrochen in einen Sessel gleiten. * " Eine Stunde später hielten die Blandcn'schen Rapp wieder vor der Rampe des Herrenhauses. Tic Dienersck hatte sich dort zum Empfange ausgestellt und blickte mit sr, digen Mienen dem schlanken, eleganten Manne entgegen, welcl an der Seite deS Gutöberrn in dem leichte» Jaczdwagen s> Gert v. Waldau war schon als Knabe der Liebling von gc Mallehnen gewesen, und das war er geblieben bis auf t heutigen Taa» Er wußte daS. und diese Uebcrzeugung ha ihren guten Theil an dem HeimatbSgefühl, daS ihn stets dem Gedanken an Onkel Manfred's Besitzung durchströmt Hai Ein warmer Blick aus seinen dunklen Augen grüßte daS lie alte Hau«, ebe er sich aus dem von diensteifrigen Hänl aufgerisienen Wagen schwang und die Acclamationcn, mit de, man von allen weiten den „Herrn Lieutenant" begrüßte, > offener Herzlichkeit erwiderte. Der Gutsherr, der inzwisci ebenfalls den Wagen verlassen und die nothwendigc» Ä Ordnungen bezüglich der Pferde und deS Gepäckes getros hatte, machte endlich den fast zu lebhaften Freudenbezeigung ein Ende, indem er mit auSgestrecktcr Hand zu dem ',um Owcier trat und ihn auch seinerseits noch einmal in Mallch, willkommen hieß. Nicht ohne einen leise» Ausdruck von Enttäuschung übers dabei sein Blick die Rampe; er batte eigentlich erwar Gabriele dort zu seben, er würde ibr für eine derartige A merksamkeit gegen den ibm so nahestehenden Gast innig geda haben aber er wußte, daß er mit ihr nicht rechnen dnr und seine Liebe war, wie immer, bereit, sic zu entschuld», „Wo ist meine Frau?" wandte er sich an die Dienersck woraus er die Meldung erhielt, die gnädige Frau erwa die Herren im Gartensaal. „So wollen wir sic dort aussuct komm, Gert!" und er schob seinen Arm unter den sei ,ungen Ga,teS, ibn beinahe hastig mit sich sortziebend. war nicht ganz sicher, wie Gabriele nach der am Moracn ihr erlebten Sccne Gert empsangcn würde, und hielt cS da sür gcrathcn, ihn aus alle Fälle vorzubcreiten. „Du wirst meine junge Gattin etwas leidend finden", sagte er, wäbrcnd sie die Flurhallc durchschritten. „Ihre Nerven sind angegrissen, daS macht sie manchmal apathisch und abgespannt. Ich möchte so gern, daß Ibr einen recht günstigen Eindruck von einander empfinget und Euch liebgcwännet", setzte er wie bittend hinzu. „WaS an mir liegt, Onkel Manfred, Deinen Wunsch n> erjüllen, soll gewiß geschehe». Ick zweifle auch nickt, daß Deiner Gattin gegenüber mir dies nicht schwer fallen wird - : die Fra», die Dein Herz gewonnen, kann nur eine Perle sein!" Blanden drückte dankbar seine Hand. „Ja sie ist ein holde«, liebenswürdiges Geschöpf; mein einziger Kummer ist, daß sie trotz unserer stärkenden Luft gar so zart und schonnngSbedürslig bleibt. Doch da sind wir ja", setzte er, den Schrill hemmend, hinzu. Mit einem Gefübl lebhafter Spannung blickte Gert aus die altcrlbümliche, mit reichem Schnitzwerk bedeckte Flügelthür. Er war gänzlich ahnungslos in Bezug auf DaS, was ihn hinter derselben erwartete. Im nächsten Augenblick batte Blanden sie geöffnet, und die beiden Herren stanken aus der Schwelle deS freundlichen, sonncndurchlenchtclcn Gemache«, in dem jeder Gegenstand sür den jungen Ossicicr eine bekannte, heimaihlichc Sprache redete. Der aber sah in diesem Augenblick nichts von alledem — : wie entgeistert starrte er auf die zarte Gestalt, die dort lichtumflosscn unter dem rotbseidencn Fcnstervorbang stand und ibni doch wie ein mitternächtlicher Spuk erschien. Wie ein Schwindel ergriff eS ibn. „Gabriele!" wollte er ent setzt auSrufen, aber e« war, als ob eine Lähmung seine Zunge gefesselt dielt. Wie von schwerem Traum besangen, sah er die weiße Gestalt sich lösen von dem rothen Hintergrund und lang sam auf sich znkommen. Nun stand sie vor ibm, und zugleich schlug Onkel MansrcV'S freundliche Stimme an sein Obr. „Da bringe ich Dir unseren Afrikareiscndcn, Gabriele: Heiße auch Du ibn willkommen aus Malleknen, da« er nun hoffentlich wieder als seine Hcimath betrachten wird." DaS gesenkte, blasse Antlitz bob sich ru ibm auf; unter den dunklen Wimpern hervor traf ibn ein Blick siebender Bitte. „Seien Sie mir als Freund meines Gatten herzlich gegrüßt, Herr von Waldau," sagte sic leise. Gcrt'S Brust hob sich unter krampfhaften Athcmzügen.
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