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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.01.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-01-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190201061
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19020106
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- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19020106
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-01
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- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.01.1902
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Anzeige«-Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 H. vtrelarnea unter dem tiedactiou-strich st gespalten) 75 vor den yamiliennäch- richten (S gespalten) 5v L>. Tabellarischer und Zisfernsatz «ntsprechenv höher. — Eebührrn für Nachweisungen und Ossttteuannayme 85 H sexcl. Porto). Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Luögabe, ohne Postbesörderung mit Postbesörderung 70.—. ^»sahMschloß fir IUyel-e«: Aöeud-Ausgab«: Vormittag« io Uhu. W»«ß«» tli-gab«: Nachmittag« » Uhr. Del da« Filialen und Annahmestelln, je «in» halb« Stund« sÄher. Anzeiger» find stet« «, di« Expedition g» richt«. Di« Erpeditio« ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet »o» früh 8 bi» «bendS 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol« in Leipzig. 96. Jahrgang. Zur Urform -es Aktienrechtes. !. Die verhängnißvüllen Vorgänge dl« verflossenen Jahres auf dem Gebiete deS ActienwesenS haben naturgemäß auch die Erörterung der Frage wieder entstehen lassen, ob unsere Gesetzgebung über die Actiengesellschaften da« Richtige ge troffen habe und ob rS sich eventuell empfehle, sofort wieder an eine Reform deS Aktienrechtes zu geben? Während man von der einen Seite geneigt ist, die Reformbediirstigkeit ohne viel Bedenken zu behaupten, wird von anderer, und wie es scheint, neuerdings auch von officiöser Seite, davor gewarnt, im praktischen Leben hervortretende Mißstände immer sofort durch neue Gesetze abstellen zu wollen, „die Klinke der Gesetz gebung in die Hand zu nehmen*. Gewiß bat diese Warnung Berechtigung, umso mehr, al- in der Aufregung der Zeit und auS instinktiven Empfindungen heraus recht viele unreife und von Ungenügender Kenntniß unserer Gesetzgebung zeugende Vorschläge gemacht worden sind und werden. Auf der anderen Seite sind aber doch die Schäden, die unserer Volks- wirthschaft zugefügt wvrden, da« Unheil, das über manche bis dahin hochstehende Männer hereingebrochen, so tief und schwer, daß sich jedem wohldenkenden Manne die Pflicht auf drängt, zu prüfen, ob Fehler unserer Gesetzgebung vorliegen und ob nicht, früher oder später, di« bessernde Hand an zulegen sei. Eine Erörterung der einschlagenden Fragen scheint darum um so weniger von der Hand zu weisen, als bei den etwa zu machenden Vorschlägen verschiedene Faktoren zu Rathe zu ziehen sind, der Jurist, der Kaufmann, der VolkSwirtb, und gar nicht zu erwarten ist, daß eine Einigung darüber so rasck zu erzielen sein werde. Von diesem Gesichts punkt« au« soll zu der Beurtheilung der Frage in Nach stehendem «in bescheidener Beitrag geliefert werden, in einer politischen Zeitung, weil eben hier kein einzelner Stand und Beruf allein daS Wort hat und weil die Frage, um die eö sich handelt, doch von der allgemeinsten und weitestgehenden Bedeutung ist. Wenn man aber der Frage näher treten will, so wird man am sicherstrn gehen, wenn man den Wegen, die die Wissenschaft, die allgemeine Erörterung, die Gesetzgebung bis her verfolgt hat, nacbgrht und nachpruft, ob die Gründe, die man hier und dort für seine Entscheidung hatte, die richtigen gewesen sind, ob die Erfahrungen, die inzwischen gemacht worden sind, die s. Z. gehegten Erwartungen bestäligt haben. ES wird dabei auch gleichzeitig klar werden und vielleicht zur Beruhigung deS Publikums mit dienen, daß unsere Gesetz gebung sich keineswegs leicht mit dem betr. Gegenstand ab gefunden hat, sondern daß die sorgfältigsten und vielseitigsten Erwägungen nach jeder Richtung vorher angestellt worden sind. Für solche Leser, denen der äußere Gang der Gesetzgebung nicht ganz geläufig ist, mag zunächst an Folgendes erinnert werden: Nachdem durch Bundesgesetz vom 5. Juni 1868 dir All gemeine Deutsche Wechselordnung, di« Nürnberger Wechsel novellen und da« Allgemeine Deutsch« Handelsgesetzbuch als Bundesgesetze elngesührt worden, wurde unter dem 11. Juni 1870 da« Bundesgesetz» betreffend die Commandit- gesrllschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften, erlassen. Durch dessen Z 2 wurden die LandeSgrsetze, welche zur Er richtung von Commanditgesellschaften auf Aktien oder Actien gesellschaften die staatliche Genehmigung vorschreiben oder «ine staatliche Beaufsichtigung anordnen, aufgehoben und durch eine Reihe von Veränderungen im Handelsgesetzbuch wurden Normativbestimmungen gegeben, welche die wegfallende staatliche Genehmigung und Beaufsichtigung ersetzen sollten. Diese Freigabe, in Verbindung mit dem wirtbschaftlichen Aufschwünge nach dem großen Kriege und dem Geldüberfluß auö der französischen Kriegsentschädigung, führte rasch zu einer Anzahl von Gründungen, die zu schweren wirto- schaftlicken und sittlichen Bedenken Anlaß gaben. Während in Preußen bis zum Jahre 1871 nur 203 Aktiengesellschaften mit einem DurchschnittScapital von 10 798 000 vor handen waren, wurden in den Jahren 1871—73 in Preußen 843 Aktiengesellschaften mit einem DurchschnittScapital von ca. 3 Millionen Mark gegründet. Die Schäden, welche diese massenhaften Gründungen im Gefolge hatten, waren so offen sichtlich, der Unwille über mancherlei dabei vorgekommene Vorgänge war so allgemein, daß bereits unter dem 27. März 1873 der Abgeordnete vr. LaS ker, unterstützt von Mitgliedern verschiedener Parteien, an den Reichskanzler die Anfrage richtete, ob die ReichSregiernng den bei der Gründung und Verwaltung von Aktiengesellschaften zu Tage getretenen und zur Schädigung des Publikums gereichenden Uebelständen Abhilfe zu schaffen und zu diesem Zwecke eine Abänderung der jetzt bestehenden Gesetze berbeizufubren gedenke. Bei Beantwortung der Interpellation erkannte der der zeitige Präsident deS ReichSkanzleramtes an, daß nach Er hebung der in den einzelnen Bundesstaaten aus dem Gebiete deS ActienwesenS gemachten Erfahrungen die Angelegenheit legislativ in die Hand zu nehmen sein werde. Bevor jedoch die gedachten Erhebungen ihren völligen Ab schluß gefunden, warrn die Einleitungen zur Ausarbeitung eines bürgerlichen Gesetzbuchs, welche eine allgemeine Revision deS Handelsgesetzbuchs und seiner Bestimmungen über dir Aktiengesellschaften zur Folge haben sollte, getroffen; und mit Rücksicht bierauf beschloß unter dem 22. Juni 1874 der Bundrsratb, die Revision der Gesetzgebung über die Aktien gesellschaften nicht besonders vorzunehmeu, sondern mit der des Handelsgesetzbuches zu verbinden. Die Frage der Reformbediirstigkeit und der Richtung, in welcher die Reform Platz zu greisen habe, wurde aber in der Oeffentlichkeit und von der Wissenschaft eingehend erörtert. Insbesondere waren es der Deutsche Juristentag und der Verein für Socialpolitik, welche sich, neben den von den Negierungen eingeforderten Gutachten der Handels kammern, mit der Fraß« beschäftigten. Der letztgenannte Verein ließ sich von drei hervorragenden, mit dem Gegen stände genau vertrauten Juristen, nämlich Wiener, damals noch in Berlin, später hochangeseheneS Mitglied de» ReickS- OberhandelSgerichtS und nach dessen Auflösung deS Reichs gerichts, Go ld sch mid t, der berühmte HandrlSrechtSlehrer, da mals Mitglied deS Reichsoberhandelsgerichts, und Behren-, Professor in Berlin, Gutachten erstatten. Sie sind abgrdruckt in den Schriften deS V. f. Soc.-Pol. Bd. I, S. 1—90, und bieten, namentlich da« letzte und ausführlichste, eine Fülle von Belehrung und Anregung. Der Verein selbst verhandelte darüber auf seiner Versammlung in den Tagen vom 12. und 13. Oktober 1873 auf Grund «ine- sehr ausführlichen Referats von Professor Ad. Wagner und CorreseratS von Wiener. Der Referent hatte seinem Vortrage 32 Thesen zu Grunde gelegt, die die Materie sehr eingehend behandelten, sich aber doch zu einer sofortigen Annahme nicht eigneten. Die angenommenen Resolutionen bezweckten erstlich eine Einengung des Gebietes der Aktiengesellschaften, in dem besonders auf dem Gebiete allgemeine: volkSwirtbschaftlicher Angelegenheiten, im Verkehrswesen und für locale wirthschaft- liche GemeinschaftSbevürfniffe (GaS-, Wasserwerke u. dergl.) die möglichst ausschließliche Thätigkeit de« Staate-, der Provinz, der Gemeinde als wünschrnSwerth bezeichnet wurde. Im Uebrigen wurde die Aktiengesellschaft als eine berechtigte und der heutigen VolkSwirthschaft unentbehrliche Unter- nehmungSform erklärt, deren Errichtung daher nicht von StaatSgenehmigung, sondern blos von der Erfüllung von Normativbedingungen abhängig zu machen sei; die wirth- schaftliche Verschiedenartigkeit der Unternehmungen sei jedoch auch im Aktienrecht durch Specialbestimmungen zu berücksichtigen. Endlich erklärte man die deutsche Actiengesetzgebung al« im Sinne der Herstellung voller Oeffentlichkeit und Verantwort lichkeit reformbedürftig und stellte hierfür besonder- folgende Grundsätze auf: 1) Erzwingung voller Oeffentlichkeit in Betreff der wesentlichen Gründung-Hergänge und Herstellung voller Verantwortlichkeit der Gründer der Aktiengesellschaft gegenüber für falsche Angaben; 2) Aufhebung der Bestimmung, wonach die Zeichner nach Zahlung von 40 Procent der ferneren Ver bindlichkeit entlasten werden können; 3) Control« der Geschäfts führung durch ein von den Verwaltungsorganen unabbängige« verantwortliche- Organ: 4) Anspruch der Minorität auf llulersuchung der Geschäftsführung bei bescheinigtem Verdacht von Unregelmäßigkeiten; 5) Anerkennung eines Klagerechte« de« einzelnen Aktionär- bei Verletzung der gesetzlichen und statutarischen GesellschaftSnormcn; 6) Verbot der Er- böbung des Grundkapitals vor Vollzadlung der alten Aktien; 7) Beseitigung jede- Vorrechte« der Gründer bei Emission sog. junger Aktien. Bereit» vorher, am 29. August 1873, batte sich der I I. Deutsche Juristentag nach einem Referate veS Abgeordneten Or. Wolfsobn in Hamburg und Correferat des Präses vr. Albrecht au- Hamburg mit der Frage beschäftigt; auch seine Beschlüsse bezweckten die voll« Oeffentlichkeit für die Hergänge bei der Gründung und Verantwortlich keit der Gründer. BemerkcnSwerth ist, daß man sich dabei für einen von den Gründern zu veröffentlichenden unterschriftlich von ihnen zu vollziehenden Prospekt erklärte. Ein Antrag auf Errichtung eine« ReichSamteS für Aktien wesen, welchem dir Controle über alle die Aktiengesellschaften betreffenden Verhältnisse und bei Streitigkeiten der Aktionäre oder mit der Verwaltung der Actiengesellschaften die Ent scheidung in erster Instanz zustehen sollte, wurde abgelehnt. Da die Reichsgesetzgebung zunächst noch zögerte, so be schloß das preußische Abgeordnetenhaus auf Antrag der Ab geordneten vonKöller und vr.LaSker am 29. März 1876 mit überwiegender Mehrheit: die königliche Staatsregierung aufzufordern, dahin zu wirken» daß die Reform der Gesetze über das Actienwesen im Sinne: a. eines besseren Schutze aller im «öffentlichen Interesse gegebenen GesttzeSvorschriften, b. der verstärkten Verantwortlichkeit aller bei Gründung, Leitung und Beaufsichtigung deS Unternehmens betbeiligten Personen, e. einer selbstständigeren und wirksameren Controle über die Verwaltung, ck. der leichteren Verfolgbarkeit der Uebertretungen der im öffentlichen Interesse gegebenen Vor schriften durch die Reichsgesetzgebung baldigst in Angriff ge nommen werde. Die preußische Regierung stellte nunmehr entsprechenden Antrag beim Bundesrath, und letzterer beschloß am 13. März 1977: den Reichskanzler zu ersuchen, den Entwurf eine» Gesetze» aus- arbeiten zu lassen, welcher, unabhängig von der Revision deS HandrlSgesetzbuchr« und unbeschadet der mit dieser demnächst zu verbindenden generellen Revision deS gesammten Handelsgesell- schaft-rechtes, den AuSschreitunaen bei der Gründung, der Ver- waltung und dem geschäftlichen Betrieb der Nctienunterneh- mungen entgegen zu wirken geeignet ist. Erst unter dem 7. September 1883 aber wurde dem BundeSrathe der Entwurf eines Gesetzes mit Denkschrift vorgelegt. Mancherlei Stimmen, so der Deutsche Handels tag, und anerkannte Vertreter der Wissenschaft batten sich gegen eine Gelegenheitsgesetzgebung ausgesprochen, aber die Verhältnisse, namentlich der massenhafte Zusammenbruch von nach dem Jahre 1871 gegründeten Aktiengesellschaften, die ungeheueren Verluste, die damit für die Aktionäre und daS ganze VolkSvermögen entstanden, ließen doch keinen Zweifel mehr zu, daß eS unaufschieblich sei, an eine Specialgesetzgebung zu gehen, und man darf der er wähnten Denkschrift das Zeugniß nicht versagen, daß sie mit der größten Sorgfalt und Gründlichkeit, unter sortwäbrenver Berücksichtigung der Wissenschaft, der Beschlüsse ossicieller und freiwilliger Organe und der fremden Gesetzgebung, so wie mit ruhiger Abwägung aller bei den einzelnen Fragen für und wider sprechenden Gründe ihre Aufgabe zu lösen versucht hat. (Sie ist in Carl Heymann'S Verlag 1883 er- Feuilleton. Wie finden die Schiffe den Weg über das Weltmeer? Don vr. Curt Rudolf Kreuschner. jia .tiua v->r> r-n. Wenn die Zeitungen in einer kurzen telegraphischen Notiz die Mittheilung bringen, daß irgend einer jener stolzen, schwimmen den Paläste des Norddeutschen Lloyds oder der Hamburg- Amerika-Lime wiederum einmal in ganz außergewöhnlich ge schwinder Fahrt den Atlantischen Ocean durchmessen und zum Neide unserer freundlichen Pettern jenseits des Aermelcanales die schnellsten Schiffe der Peninsular Steam Navigation, der Whit Star Line, der Cunard Steamship Company und anderer englischer Dampfschiff-Gesellschaften überdotrn hat, denkt der Bewohner deS Binnenländer mit Stolz wohl in erster Linie an das Achtung gebietende Können der Schiffsbau- und Maschinen ingenieure, die die ungeheuren Riesenleiber der modernen Schnell dampfer bauen und mit Dampfmaschinen auSrüsten, deren Leistungen nicht mehr weit von 30 000 Pferdekraft entfernt sind. Fast gänzlich übersehen wird dabei die stille, aber nicht minder Verantwortung«»»!!« Kunst, die nach vielen Millionen be- wertheten Colofle sammt ihrer kostbaren Last an Menschenleben und Gütern auch sicher nach dem fernen Hafen zu lenken. Wer daS Meer nur als ruhigen, schlafenden Riesen und nur die Ein drücke kennt, wie das Schiff in schönen, stillen Sommernächten den mit zahlreichen Leuchtthürmen besetzten Canal verläßt, um in das weite Weltmeer hinernzusteuern, während >der Reisende angesichts der funkelnden, unwandelbaren Sternbilder de» Firma ments in ruhiger Sorglosigkeit, sich von dem Rauschen der im sanften Glanze deS Meeresleuchtens phoSphoreScirenden Wellen in'S Reich der Träume hinübertragen läßt, findet «S vielleicht selbstverständlich, daß der majestätische SchiffSrumpf auf seiner langen Fahrt weder nach link-, noch nach rechts von seinem vor- geschriebenen Pfade abweicht. Wenn aber zur Zeit der Aequi- noctien bei unsichtigem Wetter die «warnenden Zuruse der Dampf, sirenen anderer Schiffe bald nah, baVd fern, durch da» undurch- dringliche Dunkel schallen, wenn tagelange Weststürme die weite Wasserfläche aufregen, und lange, bevor sich der Dampfer den Gestaden der neuen Welt naht, die gefährlichen, schwarzen Nebel der New - Foundlandsbank sich in niemals erschöpfter Fülle über daS Meer 'wälzen, dann sragtsich die Landratte wohl mit staunen der Bewunderung, wie cs auch unter diesen Verhältnissen möglich ist, den Curs deS Schiffes mit solcher Sicherheit einzuhalten. Die Seefahrer dek AlterthumS hielten sich immer in der Nähe de» Landes und steuerten bei Nacht, so gut «S ging, nach den Sternbildern. Darum singt auch Homer von dem göttlichen Dulder Odysseus, nachdem ihn die hehre Nymphe Kalypso ent- lassen: „Fhm schloß kein Schlummer die wachsamen Augen, Auf die Plejaden gerichtet und auf Boote«, der langsam Untergeht, und den Bären, den Andre den Wagen benennen, Welcher im Kreise sich dreht, den Blick nach Orion gewendet Und allein von «Wen sich nstmiwr 1» Vc«m td-dst." In den engen Raumverhältnifsen des östlichen Mittelmeeres konnten die Schiffe mit diesen Hilfsmitteln ihr Ziel erreichen, obwohl gewiß ungezählten Tausenden von ihnen der Strand, an dessen Nähe sie sich anklammerten, zum jähen Verderben ge- worden ist. Als aber gegen den Ausgang des Mittelalters Spanier und Portugiesen immer weiter an der Westküste Afrikas bis zum Cap der guten Hoffnung hinunterfubrcn und Die Aera der großen überseeischen Entdeckungen begann, verließen die Land marken den Schiffer, der nun auf andere Hilfsmittel für seine Orientirung bedacht sein mußte. Das nächstliegende unter diesen waren Di« Land- und See karten, unter deren Benutzung man mit Hilfe der kurz vorher be kannt gewordenen Compaßnadel, so gut es eben ging, den fernen Zielen zustrebte. Mit den Karten der großen Kolumbus, Barto lomeo Diaz, Cabral, Vasco de Gama und der anderen großen Seefahrer aus jener Zeit war es aber überaus kläglich bestellt, wiewohl Kolumbus bereits einige Instrumente und das Wesen der Höhenmessung am Himmel bekannt waren. Die Umrisse Europas und der angrenzenden Küstenstrecken Afrikas und Asiens sahen nicht viel anders aus, als ob ein halbwegs in der Geo graphie beschlagener Gymnasiast sie aus dem Gedächtniß ge zeichnet hätte. Trotzdem gelang die U«berkreuzung der Oceane; denn auf einige Wochen Seefahrt mehr oder weniger kam es nicht an, uno wenn man daS fremde Gestade auch an einem viele Hundert Kilometor qu weit südlich oder nördlich gelegenen Punkte erreicht hatte, so tastete man sich eben dann in gefährlicher Küstenschifffahrt, wie im Alterthume, nach dem gewünschten Ziele hin. Ganz anders liegen die Verhältnisse in der Gegenwart. Die angewandte Astronomie und Geodäsie stellen dem Schiffer heute ein ganz vorzügliche» Kartenmaterial zur Verfügung, das in un unterbrochener Arbeit, immer genauer in'» Detail vervollkommnet wird. Natürlich sind auf diesen die Umrisse der Festländer und Inseln mit absoluter Genauigkeit eingetragen; dies ist jedoch der geringste Theil ihres Inhaltes; denn sie enthalten auch sämmtlich« Leuchtfeuer, deren Sichtweite durch «inen di«se in meßbarem Ab stande umgebenden Kreis ongedeutet ist, während di« Art des FeuerS (jeder Leuchtthurm zeigt nämlich «in andere» Licht) eben falls durch eine kurze Bemerkung bezeichnet wird. Außerdem sind sämmtliche sonstigen Seezeichen, wie Bojen und Baaken. Sandbänke, Untiefen, unterseeische Klippen und, waS einer der wichtigsten Punkte ist, die Abweichungen «ingetragen, die die Magnetnadel in den verschiedenen Theilen der Oceane von der Nordsüdrichtung zeigt. Die nothwendige Ergänzung erhalten die Seekarten durch die Segelhandbücher, die nicht nur, wie man irrthvmlich glauben könnt«, für die Segelschiff«, sondern nicht minder auch für die Dampfer von höchster Wichtigkeit sind. AuS ihnen ersieht der Schiffer, welche Winde in einer bestimmten MeereSgcgend zu den verschiedenen Jahreszeiten vorherrschen, welche Meeresströmungen dort vorhanden sind, und um welche Zeit di« Gezeiten — Fluth und Ebbe — «intuten, so daß er genau entnehmen kann, welchen CurS er einzuschlagen hat und welche Gegenden er zweckmäßiger Weise meidet. Endlich enthalten die Segelhandbücher auch noch genaue Angaben über die Rheden und Häfen und über die Punkte, an denen der Schiffer Lovtsen findet, die in gefährlichen Fahrwassern, »le fie di» Mündungen der Weser und Elbe find, bei Zeiten an Bord kommen, um die Führung des Schiffes in den Hafen zu übernehmen. An Den vielbefahrenen Kiist«n Europas und Nordamerikas sind die Leuchtfeuer so häufig, daß der Schiffer vielfach zwei derselben in seinem Gesichtskreise haben wird; dies giebt ihm aber ein vorzügliches Orientirungsmittel in die Hand. Fährt er nämlich genau in der Weis«, daß das Licht eines 'bestimmten Thurmes gerade noch über der Kimme Des Horizontes sichtbar bleibt, so weiß er, daß er sich genau auf einem Punkte der Kreis linie befindet, die auf der Karte Die Sichtbarkeit dieses Leucht feuers bezeichnet. Sobald nun auch das Feuer eines zweiten Leuchtthurm«s sichtbar wirD, erkennt er, daß er sich auch auf dem Lcuchtkreise dieses letzteren befindet. Da aber durch den Schnitt punkt zweier Kreise stets di« Lage eines Punktes genau bestimmt wird, kann er mit mathematischer Genauigkeit den augenblicklichen Ort seines Schiffes auf der Karte ablesen und den Curs so weit abändern, daß er drohenden Untiefen u. s. w. ausweicht. Zur Zeit, als England fast ein Monopol für die genannte Seeschifffahrt besaß, waren auch die Segelhandbücher fast aus schließlich englischen Ursprunges, obwohl der Anstoß zur Aus arbeitung dieser auf Tausenden von Logbüchern — den Tage büchern, die Die Schiffscapitäne auf jeder Seereise führen müssen — aufgebauten Sammelwerke von ein«m Amerikaner, dem MaDineleutnant Maury, ausgegangen ist. Seit dem mächtigen Aufblühen der deutschen Segelschifffahrt verfügt unsere Marine aber auch über derartige Werke deutschen Fleißes, die denen des Auslandes übrigens in vielen Beziehungen überlegen sind. Die von Der nautischen Abteilung deS ReichsmarineamteS ressor- tirende Hamburger Soewarte, die unter der vortrefflichen Leitung von Georg Neumayer steht, hat nämlich die deutschen und eng- fischen Gewässer, sowie die drei großen Meercomplexe der Atlan tischen, Indischen und Stillen Oceans in wahrhaft mustergiltiger Weise bearbeitet, sodaß diesen Werken trotz ihrer relativen Neu heit schon heute in fremden Marinen vielfach der Vorzug vor den englischen Büchern gegeben wird. Wie ermittelt nun aber der SchiffSführer die Lage seines Fahrzeuges und den einzuschlagenden Cur», wenn er sich weit draußen auf dem Weltmeer befindet und kein Leuchtfeuer oder sonstiges Seezeichen ihn zurecht weist? Hier tret«n der Tom- paß, da» Log, Der Schiffschronometer und astronomische In strumente in ihre Rechte. Gerade hier beweist die Astronomie an einem schlagenden Beispiel, daß sie nicht nur in weltverlore nem Idealismus in den entlegensten Himmelsräumen umher schweift, sondern auch eine eminent praktische Wissenschaft.ist, ohne die di« heutige überseeische Schifffahrt gar nicht möglich wäre. Mit den gewöhnlichen als Uhrkettenanhängsel verwendeten Compassen haben die der Seeschiffe freilich nur eine sehr geringe Aehnlichkeit. Di« Scheibe, auf der di« in 32 Theile (Striche) eingetheilte Windrose angebracht ist, steht in fester Verbindung mit der mächtigen Magnetnadel, so daß sie mit dieser mit schwingt, und man jede Himmelsrichtung ablesen kann, ohne daß man das Instrument erst mühselig so zu richten braucht, daß die Achse der Magnetnadel über der Nordsüdlinie der Windrose steht; daneben ist auch die Correction angebracht, die wegen des Einflusses der zahlreichen Eisentheile jede» Schiffes auf die Magnetnadel in Berechnung gezogen werden muß und empirisch in jedem Einzelfalle bestimmt wird; außerdem tragt di« Sch»»-« eine genaue Gradeintheilung und endlich ist der ganze Apparat nach dem kardanischen System in einem Metallkessel derartig aufgehängt, daß er nach allen Seiten frei schwingt und durch die Schwankungen des Schiffes nicht beeinflußt wird. Ermöglichen diese Compasse eine staunenerregende Ge nauigkeit der Steuerung, so giebt das Log ein Mittel in die Hand, die Fortbewegung des Schiffes annähernd sicher festzu stellen. Heber eine glatt rotirende Haspel ist eine lange und dünne Leine aufgewickelt, die nach jedeSmal 7,20 Meter Ent fernung einen Knoten oder sonst ein anderes Merkzeichen hat. Am freien Ende befindet sich ein an einer Kant« mit Blei be schwertes dreieckiges Brettchen, das Logscheit, das, ins Wasser geworfen, sich senkrecht aufstellt und, während das Schiff weiter fährt, ziemlich genau an derselben Stell« im Wasser verharrt, wobei die Leine von der Haspel abläuft. Will man nun die Geschwindigkeit messen, so wird da! Log am Stern Des Schiffes >n das Wässer geworfen; Sanduhren, die gewöhnlich auf 14 oder 28 Sekunden geaicht sind, geben die Dauer der Messung an. Sodann WirD das Log wieder rinaezogen und die Zahl der Knoten festgestellt, woraus einfach die Geschwindigkeit des Schiffes bestimmt werden kann. Auf diese Weise kann der Schif fer, von einem ihm bekannten Punkte seiner Fahrt ausgehend, leicht fcststellen, wo er sich einige Zeit später bestimmt befindet. Immerhin sind aber Die wechselnden Geschwindigkeiten des Schiffes, Meeresströmungen und geringfügige Schwankungen der Steuerung Fehlerquellen, die da» Resultat nach längerer Zeit unsicher machen und eine astronomische Ortsbestimmung mit Chronometer und Sextant bedingen. Unter welchem Breitengrade er sich befindet, erfährt der Schiffer sehr einfach durch Messung der Höhe irgend eines Sternes über dem Horizont. Der Polarstern steht am Nord pol etwas über einen Grad vom Nordpol und sinkt mit jedem Grad, den ein Beobachter südlicher vom Pol steht, auch um einen Grao gegen den Horizont herab. Ergiebt daher die Messung, daß der Polarstern nur 45 Grad mit der genannten Ein schränkung sich über den Horizont erhebt, so ist das ein Beweis dafür, daß daS Schiff unter dem 45. Breitengrade fährt. Mit einer kleinen Modifikation kann auch jeder andere Stern und auch die Sonne zur Breitenbestimmung benutzt werden; die Sonne speciell aber ist eS, au» deren Stande der Schiffer die geographische Länge abliest. Um die Mittagszeit beobachtet der damit betraute Officier mit Hilfe deS Sertanten sehr genau, um welche Stunde, Minute, Sekunde die Sonne ihren höchsten Stand erreicht. Sein Chronometer zeigt dabei die Zeit der Sternwarte Greenwich, deren Meridian als Norm jetzt allgemein adoptirt ist. Zeigt seine Uhr nun beispiels weise im Augenblicke des höchsten Tonnenstandes bereits 1 Uhr und 40 Minuten Nachmittags, so beweist das, daß er sich genau 100 Zeitminuten westlich von Greenwich befindet. Da aber eine Stunde Zeitdifferenz, auf die Umdrehung der Erde bezogen, 15 Längengraden, oder 4 Zeitminuten jedesmal einem Längen grade entsprechen, so segelt sein Schiff in diesem Augenblicke unter dem 25. Längengrade westlich von Greenwich. Unsichtiges Wetter vereitelt natürlich diese an sich sehr genaue Ortsbestimmung. Dann heißt e», die Geschwindigkeit zu mäßigen und mit halber Kraft weiterzufahren oder in d«r Näh« gefährlicher Küsten auch einmal gänzlich still zu liegen.
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