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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 10.12.1906
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-12-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19061210020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1906121002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1906121002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1906
- Monat1906-12
- Tag1906-12-10
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B-zrmS'VreiS für Leipzig und Bororte: In der Haupt- Expedttioo oder deren Ausgabestellen ab geholt monatlich: AnSgab« L (I mal täglich) 70 Pf.. AuSgabr L (2 mal täglich) 80 Ps„ bei Zustellung in- Hau- Au-gabe tt 80 Pf., Ausgabe 8 1 Mark. Durch «ufere aus wärtigen Ausgabestellen und durch die Post bezogen (I mal täglich) für Deutschland und Oesterreich monatlich I Mark, für dir übrige» Länder laut ZeitungSpreiSliste. Diese Nummer kostet au» -41 tN L allen Bahnhöfen und bei I II /Wil den Zeitung-.Verkäufern I* Redaktion und Erpedttto«: Johanni-gafle 8. Telephon Nr. 153, Nr. 222. Nr. 1173. Berliner Redaktions-Vnreau: Berlin KW. 7, Prinz Loui- Ferdinand« Straße 1. Telrvbon l, Nr. 9275. Nr. 568. Abend-Ausgabe 8. MiMer Tageblatt Handelszeitnng. Amtsblatt des Rates und des Nalizeiamtes der Ltadt Leipzig. Nnzelaen-Vrei- di« 6 gespaltene Petttzeile für Geschäft»« tuserate au- Leipzig und Umgebung L5 Pf., Familteu«. Wohnung-» u. Stellen-Änzeigen, sowie An- und Verkäufe 20 Pf., finanzielle Anzeige» 80 Pf„ für Inserate von au-wärr- 30 Pf. Reklame» 7b Pf, au-wärt» 1 Mark. Beilage gebühr 4 Mark p. Lausend exkl. Postgebühr. GeschäftSauzeigen an bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Taris. An»etgen-Anuahme: AugustuSplay 8, bei iämtlicheu Filialen u. allenAnnoncrn- Lrpeditionra veS In« und Auslandes. ür da» Erscheinen an bestimmten Tagen u. lätzen wird keine Garantie übernommen. Ha»pt-Filiale Berlin: TarlDuuck e r, Herzgl-Bayr.Hofbuchha ndlg„ Lützowstraße 10 «Telephon Vl, Nr. 4603). Filial-Erpeditton:DreS»en,Marten str.34. Montag 10. Dezember 1906. I0V. Jahrgang. Vas Neueste vom Lage. tDir nach Schluß der Redaktion eiugegaugeue» Depejcheu stehen auf der L Seite des Hauptblatte-I Der Wiener Mannergesangverein vor dem Kaiser. Am Sonntag hat der Wiener Mannergesangverein in der Elifabethkamir.tr des Berliner Kgl. Schlosses vor dem Kaiser und der Kaiserin gesungen. Mit dem Kaiserpaar und dem Prinzen Ostar sowie dem österreichisch-ungarischen Botschafter von Szögenyi-Marich und dem Generalkonsul von Ferstel bildeten nur wenige Mitglieder des Hofes die Hörer- schaff. Das Programm eröffnete die „Tiroler Nacht wache" von Heuberger. Es folgte Fran; Schuberts „Im Gegenwärtigen Vergangenes", und daran reihte sich das Volkslied „ ES waren zwei Königs kinder". Hierauf wurde Heubergers „Spielmannsliev" ge sungen, worauf Kremsers „Im Winter" den Beschluß machte. Dieses Lied mußte auf Wunsch des Kaisers noch einmal an gestimmt werden, und der Monarch war von ihm so ergriffen, raß er durch Bewegen der Hand die Rhythmen mir ver folgte. Als der letzte Ton verhallt war, schritt der Kaiser lebhaft auf den Präsidenten des Vereins, Herrn Schneider- lau, zu, reichte ihm 'die Hand und sagte: „Ich danke Ihnen für den Genuß, den Sie mir heute aufs neue be reuet. Es hat wunderbar geklungen. Noch besser als in Schönbrunn. Das tönt gar nicht mehr wie der Klang menschlicher Stimmen, sondern wie ein einziges mächtiges Instrument. In Kremsers „Winter" habe ich Ihre Auf- lassung bewundert." Zum Diriaenteu Heuberger meinte der Kaffer, daß die Schönheit der Stimmen überraschend war, und Herrn Kremser machte er die Mitteilung, daß man in Berlin einen Saal bauen wolle, der den höchsten Anforderungen der Akustik genügen werde. An einem solchen Raum, würdig ivlcher Aufführungen, wie er sie soeben gehört, fehle es noch in Berlin. Bemerkenswert war auch eine Aeußerung, die der Kaiser zu Herrn von Höllischer lat, dem Vorsitzenden des österreichisch-ungarischen HilfSvereiuS: „Ich freue mich, daß eS in Berlin so viele Oesterreicher gibt, die seit langen Jahren hier heimisch sind." Die Prinzessin Rupprecht van Boyern. Ueber da- Befinden der Prinzessin Rupprecht ist heute folgendes Bulletin auSzegebeu worden: Im Befinden der Prinressin Rupprecht trat im Laufe der Nacht iuiosern «ine Verschlimmerung ein, als sich eine Steigerung des Fiebers auf 39,5 Grad nach Schüttelfrost eiustellte. Diesen Morgen befindet sich Ihre Königliche Hoheit etwas besser. Der Kräfte zustand ist gut. Die Ursache »er Roburitkataftraphe, Aus Dortmund wird berichtet: Die seitens der Staatsanwaltschaft über die Ursache der Robnrit- katastrophe angestellten Ermittelungen haben bisher keine be- stimmten Anhaltspunkte ergeben, ob ein Verschulden der Fabrikleituug oder ein Anschlag von verbrecherischer Hand vorliegt. Der Erfinder des Roburits, Dr. Roth, ist seitens deS Bochumer Staatsanwalts ersucht worden, eine Besich tigung der UnglückSstälte vorzunebmen und sich über seine Wahrnehmungen und chemischen Untersuchungen als Sach verständiger zu äußern. Kürzlich karambolierte bei Hohen limburg ein mit 30 Zentnern Dynamit beladener Karren mit einem elektrischen Straßenbahnwagen. So er weist es sich als um so dringlicher, daß behördlicherseits nach- geprüft wird, ob die bestehenden Vorschriften über Transport von Sprengstoffen zum Schutz von Personen und Sachen nicht zu verschärfen sind. Monarchenretseu »er Frühja-rS-Saifon. Das italienische KönigSpaar reist im Frühjahr nach Athen, um den Besuch des Königs von Griechenland zu erwidern. Das Datum wird erst lestgestellt werden, nachdem die Könige von Dänemark und Norwegen, sowie der Präsident Falliere ihre Antrittsbesuche abgestaltet Haden. — Außer dem König von England und dem König von Spanien haben auch die Könige von Norwegen und Dänemark ihren Besuch in Paris für das Frühjahr 1907 angezeigt. Bom polnischen Schulkampf. Im Regierungsbezirk Danzig ist noch keine Abnahme der streikenden polnischen Schulkinder zu verzeichnen. Die Regierung ergreift strenge Maßregeln. Außer Amts enthebung von Gemeinde- und Schulvorstehern wird den Waldarbeitern, deren Kinder streiken, da« LrbeitSverhältuiS gekündigt, auch die Vergünstigungen bei Erlangung von Brennholz und Streu aus königlichen Forsten werden ent zogen. Ferner wurde Pächtern von fiskalischen Pachlstellen und Chaussee-Arbeitern gekündigt, in Cbarlotten, Kreis Kalt haus, ermittelte ein Gendarm, daß Schulkinder sich mit Messern und großen Nägeln, in Stiefelschästen versteckt, be waffnet hatten, al« sie zur Schule kamen. — In der Provinz Polen wurden bisher rund 250 Gemeinde vorsteher, Grmeiodeschöffen und Schulvorstandsmitglieder wegen des polnischen Schulstreiks ihrer Aemter entsetzt. Der französische Kulturkampf. Die französische Regierung ist entschlossen, angesichts der augenblicklichen Lage alle Vorschläge der Bischöfe rurück- zuweisen und die brichLflichen Palais zu vermieten, sowie alle Gebäude, die dem Staate gehören und von Geistlichen be wohnt werden, vom 11. Dezember ab zu entäußern. — Aus Lourdes wird gemeldet, daß der Bischof von TarbeS die Grotte von Lourdes mit Genehmigung des Papstes von dem Bürgermeister der Gemeinde Morthemer, Grafen Etienne de BeauchampS, für 6500 Francs jährlich gemietet hat. — Der Deputierte Meunier wird in der Kammer einen Antrag einbringen, nach dem das freie Verfügungsrecht über die jenigen Gebäude, welche der Geistlichkeit als Wohnung dienen, dem Staate zusteben soll. — Es gehen noch folgende Nach- richten ein: Die Antwort des Papstes auf die von mehreren Bischöfen infolge deS jüngsten ministeriellen Rundschreibens gestellte Anfrage lautete, wie die Blätter melden: Den Gottesdienst in den Kirchen sortsetzen; sich jeder Erklärung enthalten! — Ministerpräsident Clemenceau erklärte einem Berichterstatter des „Matin" gegenüber: Die Kirche will den Krieg; sie wird ibn haben. DaS Versammlungs gesetz ist bisher von allen Franzosen befolgt worden. Der Papst befahl der Geistlichkeit: Dieses Gesetz werdet Ihr nicht anerkennen, Ihr werdet eS verletzen! Und alle die jenigen, die sich dem Gesetz bereits unterordnen möchten, beugen sich nunmehr vor den Befehlen Roms. Ist das nicht ein glänzender Beweis dafür, daß neben der regelmäßigen Regierung Frankreichs noch eine andere besteht? Da haben wir sie ja, die Agenten deS Auslandes. Da- kann so nicht länger dauern! Aus Marokko. Aus Tanger wird berichtet: Der Roghi hat die Ver bündeten bei Guelaya geschlagen. Der Stamm der SenaguaS in der Nähe der algerischen Grenze bat sich gegen de» Maghzen erhoben. — Ueber die Kämpfe bei Guelaya wird noch aus Marnia gemeldet, daß die Truppen deS Sultans beträchtliche Verluste erlitten hatten. — Admiral Matta ist nach Cadix abgereist, um den Befehl über das spanische Geschwader zu übernehmen. — ES ist wahrscheinlich, daß die Debatten über die Ratifikation de« AlgeciraSvertragS im spanischen Senat bis Mittwoch dauern und die Beratung in der Kammer erst Freitag beginnen wird. Es heißt, die republikanischen Ab geordneten hätten die Absicht, Obstruktion zu treiben. Aus Makedonien. Die makedonischen Militäradjuukte der Großmächte be richten nach Konstantinopel, daß die Geavarmerieresorm nicht weilergeführt werden kann, wen» nicht die nötige Rekruten zahl gestellt und die Bewaffnung mit Mausergewehren durch geführt werde. Es werden jährlich gegen 1000 Rekruten gebraucht, die den aktiven CadreS entnommen werden sollen. Die Botschafter ncternahmea dringende Schritte bei der Pforte. poMisGes. * Herr von Holstein. Das ,S. T." schreibt in seiner heutigen MontagS-AuSgabe: Die Regierung scheint bereit, sich bei der heutigen dritten Lesuug der AlgeciraS-Vorlage im Reichstage zu den im ^Berliner Tageblatt" ausgestellten „Bier Fragen" zu äußer». Sie soll erkläre» wollen, daß Herr v. Holstein niemals die Berichte der auswärtigeu Ver treter Deutschland« zu beeinflusse» gesucht habe, und sie wird hoffentlich auch mitteilen, warum sie während der ganzen Marokko-Affäre über die Stimmung der anderen Mächte so unvollkommen unterrichtet gewesen. Die Regierung soll auch beabsichtigen, die dritte Frage mit einem geharnischten „Dementi" zurückzuweiseu. In dieser dritten „Frage" war gesagt, daß „Herr Rovvier nach Annahme des Konferenz verlangens an die deutsche Regierung mit dem Vorschläge herantrat, sie möchte selber in Algeciras die Schaffung einer französisch-spanischen Hafenpolizei anregen, für die Herr Rouvier, wre er erklärte, bereits die Genehmigung fast aller anderen Mächte in der Tasche hatte". Wir sind sehr neu gierig, die Fassung zu sehen, die mau in der Wilhelmstraße diesem „Dementi" geben wird. Will man nur erklären, daß in den Akten keine Mitteilungen über derartige Vorschläge RouvierS enthalten seien? Oder will man auch behaupten, daß nie eine autorisierte Persönlichkeit — und nur um eine solche kann e« sich selbstverständlich handeln — den leitenden Berliner Kreisen von den Anregungen deS französischen Ministerpräsidenten mündlich Kenntnis gegeben? — Es scheint nach diesen AuSsührungen doppelt wichtig, daß die Regierung sich rückhaltlos äußert. tb. Ter aus-e-eckte verlrauensbruch eine» Zentrums- abgeordneten, der au« vertraulich«» Verhandlungen der Budgetkvmmission an die „Kölnische Volkszeitung" Material geliefert, wird am Dienstag natürlich ein Nachspiel in dieser Kommission zeitigen. Bisher ist die Vertraulichkeit in Kom missionen stets gewahrt worden und die Regierung kann ver trauliche Ntitteilungen auch nur dann mache», wenn sie auf absolutes Stillschweigen rechnen kann. Die« scheint sie jetzt nicht mehr zu können, und sie dürfte sich überlegen, ob sie unter diesen Umständen solche Mitteilungen noch mache« will. E« wird auch der Gedanke gehegt, KommissionSverhandlungen durchweg als vertraulich und als nicht zunächst für die Oeffentlichkeit bestimmt zu behandeln und erst am Schlüsse der Verhandlungen zu bestimmen, was aus den Verhand lungen veröffentlicht werden soll oder nicht E« dürste im allgemeinen überhaupt genügen, statt langer KonnnissionS- berrchte nur kurze Resümees und Beschlüsse zu veröffent lichen, da die Behandlungen der Kommissionen im Plenum eine Neuauflage erleben. I. Mtne«»a«pfer „Nautilus". Der auf der Weserwerft bei Bremen erbaute erste Minendampfer unserer Marine, „Nautilus", wird bald nach Neujahr zu Probefahrten in Dienst gestellt werden. Die Marineverwaltung sowohl wie die Bauwerft haben daS GebeimniS der Einrichtung deS Schiffes gut bewahrt. „Nautilus" wird in Cuxhaven, der Zentrale für das Mineuwesen stationiert. Im nächsten Jahre tritt ein zweiter Minendampfer, für den der Reichstag in diesem Jahre die erforderlichen Mittel bewilligte, hinzu. Auch dieses Schiff wird auf der Weserwerft erbaut. tb. Prwatverstcherungen. Nach dem beim Reichstage ein gegangene» Geschäftsbericht des AufsichtSamte« für Privatversitheruugeu warder. 1905 fast »/« Milliarden Prämieneinuahmeu au- abgeschlossene« Versicherungen erzielt, davon 60 Proz. auf Lebensversicherung, 25 Proz. auf Feuer-, Diebstahl-, Elemenlarschäden-Versicherung. Das Kapitalver- ficheruugSgeschäft der Lebensversicherung betrug 1903 10 Mil liarde«, der Feuerversicherung fast 100 Milliarden. — Wir werden morden im Handelsteil unserer Zeitung näher aus diese« Geschäftsbericht zurückkommen. 8k. Der Lnastag für Rcutz ä. L. Am Mittwoch wird der Landtag de-Fürstentum s in Greiz zusammentreten. Außer der Vorlage betr. die Erbauung eine« neuen Verwaltungsgebäudes in Greiz, wofür 500 000 .-er verlangt werden, steht eine Vorlage zu erwarten, welche sich Feuilleton. Mancher graste kAnnn hätte «le na sich geglaubt, wenn ihn nicht gute kreuncie entdeckt Hütten. Nevkr. Ls gibt wenig aufrichtige kreuncke; eile Nachfrage ist such gering. Msrle von Ldner-LIWendoai. breuncke ainck ein kostbarer Ouxus, unck wenn man sein Kapital für einen 8eruf unck eine Mission hier im Oeben einsetzt, so hat man nicht ckie Flittel kreuncke ru halten. Idten. Der Aönig v»n Aorsika. Von Paul Seliger (Leipzig). In einem der boshaftesten und witzigsten Kapitel des „Candidc" erzählt Voltaire in der ergötzlichsten Weise, wie per Held fernes Romans auf der Reise nach Konstantinopel, wo er seine geliebte Cunigonde loskausen will, in Venedig an der Wirtstafel mit sechs Fremden antrifft, die von ihren Hammerdienern sämtlich mit „Kiro" und „Votra mujeste" angeredet werden. Während sich aber die ersten fünf Be dienten sehr respektvoll benehmen, macht der sechste wenig Umstände mit seinem Herrn; er sagt ihm: „Bei Gott, Sire, man will weder Ew. Majestät noch mir mehr borgen, und es ist sehr leicht möglich, daß man uns beide heut nacht ins Loch wirst; ich will mir daher ein anderes Unterkommen tuchen; adieu/ Die Fremden entpuppen sich als deposse- dierte Fürsten; jeder von ihnen erzählt seine Geschichte und schließt out den stereotypen Worten: „kt, jo sui-j vonu s>a88or Io ournuval L Versink." Zuletzt ergreift der von seinem Diener jo schnöde im Stich Gelassene das Wort und be ginnt: „Meine Herren, ich bin kein so hoher Herr wie Sie; ober schließlich bin ich doch ebensogut wie jeder von Ihnen König gewesen. Ich bin Theodor; man hat mich in Korsika zum Könige gewählt; man hat mich Ew. Majestät genannt, und heut gibt man mir kaum den Titel ,,Herr". Ich habe Geld schlagen lassen und besitze jetzt keinen Pfennig; ich batte zwei Staatssekretäre und habe gegemvärtig kaum einen Kammerdiener. Ich habe auf einem Throne gesessen und in London lange Zeit auf Stroh in einem Gefängnisse ge legen. Ich fürchte sehr, daß cs mir hier ebenso ergeht, gnoiguo je sois vonu ooinino vo» inujostvs pussor Io Vonise." — Als die Tafel zu Ende war, kamen noch vier andere Fürsten an, „gui nvaient aussi ponlu sours ^t«ts pLr I« »ort. cko In paiorro st gui vonaiont, passe,r ou oarnav«! L Voniso". Der letzte Sprecher ist Theodor Stephan Frei- «.I°"..bos. .Geboren war er, um das Jahr Abkömmling eines alten, angesehenen Adels- M^chts der Grafschaft Mark. Sein Vater Anton von h°"e früher als Hauptmann in der Leibwache des r»» Münster gedient, war aber infolge seiner Hei- >m AAl* eine» reichen Kaufmann« ausVisel Vochstiff Lüttich mit seiner Familie derart zerfallen, daß ihm die Heimat verleidet wurde und er es vorzog, sich nach Frankreich zu wenden. Auf Fürsprache der Herzogin von Orleans erhielt er auch den Oberbefehl über ein kleines Fort in der Nähe von Metz, wo er bis zu seinem im Jahre 1695 erfolgenden Tode in guten Verhältnissen lebte. Die Herzogin von Orleans nahm sich seiner beiden Kinder an und ließ sie an ihrem Hofe erziehen. Die Tochter Elisabeth wurde später Hofdame bei ihr und heiratete den reichen Grasen Trevoux. Der Sohn, Theodor Stephan, wurde in das Pagenkorps ausgenommen und entwickelte sich körper lich und geistig auf die glücklichste Werse. Er geriet aber bald in leichtsinnige Geselljck>ast, machte Schulden und sah sich bald genötigt, Paris und Frankreich zu verlassen. Von dem Ruhme Karls LII. angczogen, nahm er im schwedischen Heere Dienste und zeichnete sich auch hier militärisch und diplomatisch so aus, daß ihn der Minister Karls, Freiherr von Görz, öfters mit wichtigen Sendungen betraute. Nach dem Tode des Königs wurde Görz verhaftet und später ent hauptet: auch der junge Neuhof würde in seinen Sturz ver wickelt worden sein, wenn er sich nicht durch die Flucht ge rettet hätte. Er flüchtete sich nach Spanien, wo er vermöge der Fürsprache des allmächtigen Ministers Alberoni die Stelle eines Obersten mit reicher Besoldung erhielt. Hier verheiratete er sich mit einer Lady Sarstleld, einer vor nehmen irischen Dame, die als Hofdame der Königin bei dieser in hoher Gunst stand. Die Ehe wurde aber sehr un glücklich, da die Lady ihren Gatten mit lwchtakrendem Dün kel behandelte. Dazu kam, daß er »ach Alberonis Sturz den Boden völlig unter seinen Füßen wanken fühlte, und so verließ er raschen Entschlusses Madrid, bestieg in Cartagena ein Schiff und landete in einem französische» Hasen, von wo er sofort nach Paris eilte. Hier schloß er sich Law an und gewann durch Beteiligung an dessen Spekulationen die Mittel zu einem glänzenden Aufwand, verlor aber bei dem Zusammenbruche des Lawschen Systems sein ganzes Ver mögen und sah sich genötigt, Frankreich zum zweiten Male zu verlassen. Er irrte nun mehrere Jahre als Abenteurer in Europa umher, war bald in England, bald in Holland, bald in der Levante, dann wieder in Paris, in Lissabon und verschiedenen italienischen Städten. Er war unerschöpflich an Hilfsquellen; überall, wohin er kam, wußte er die Men schen durch den Zauber seiner Persönlichkeit so für sich ein zunehmen, daß man ihm große Geldsummen anvertraute, durch die er in den Stand gesetzt wurde, ein verschwende risches, ausschweifendes Leben zu sübrcn. Im Jahre 1732 finden wir ihn unvermutet als Residenten des Kaisers Karl VI. in Florenz. Hier sollte die entscheidende Wendung seines Lebens eintreten. Im Jahre 1730 war auf Korsika unter Führung Pompilianis Luigi Giafseris eine allgemeine Empörung gegen die Genuesen auSaebrochen, die seit länger als vier Jahrhunderten die Inselbewohner auf das em pörendste bedrückt und ausaebcutet hatten, und die Auf ständischen machten solche Fortschritte, daß di« Genuesen sich aus den Besitz Hiastias, Ajaccios und ciniger anderen Küstenftädte beschränkt sahen, während sich das Innere der Insel in seiner Unabhängigkeit bebauptcte. Da Genua den Ausstand nicht aus eigener Macht unterdrücken konnte, wandte es sich hilfesuchend an den Kaiser, und dieser schickte auch wirklich ein Truppcnkorps unter dem Prinzen von Württemberg noch Korsika, iveniger allerdings, um die Insel der Willkürherrschaft der Genuesen bedingungslos zu nnt«r- werfen, als vielmehr in der Absicht, einen billigen Frieden zu vermitteln,'in dem die Hauptbeschwerden d«r Korsen ab gestellt werden sollten. Allein Genua verlangte Ergebung ! aus Gnade und unanad« und ließ vier korsisch« Abgeordnete unter dem Vorgehen^ sie suchten neue Unruhen zu erregen, verhaften und nach 'Loavona bringen. Hier fanden die Ver hafteten jedoch Gelegenheit, neue Verbindungen anzuknüp- sen, unter anderem auch mit dem Freiherr» von Neuhof. Dieser batte Gelegenheit, in Florenz und Livorno vrele Korsen, darunter sehr einflußreiche, kennen zu lernen. Durch sein gewandtes, weltkluges Wesen und durch die praktischen Ratschläge, die er ihnen gab, wußte er sie so für sich einzu nehmen, daß sie ihm die Königskrone von Korsika anboten, wenn er die Befreiung der Insel vom genuesischen Joche bewirkte. Neuhof ging darauf ein im Vertrauen auf sein Glück, sowie aus die mannigfachen Beziehungen zu den ver schiedensten europäischen Höfen. Aber er konnte weder den päpstlichen Stuhl noch die Höfe von Wien, Versailles und Madrid, die er nacheinander aufsuchte, für die Sache er wärmen, und wandte sich daher schließlich nach Konstanti nopel, wo es ihm mit Hilfe des alten Rebellen Rakoczy und Achmet-Paschas, des ehemaligen Grasen von Bonncval, eines Franzosen von vornehmer Abkunft und bedeutenden militärischen Talenten, gelang, bei der Pforte Unterstützung für seine Pläne zu finden. Um die Sache zu beschleunigen, ließ Neuhof durch seine Freunde einen Befehl des Groß herrn an den Bei von Tunis auswirken, das Unternehmen zu fördern, und reiste selbst voller Hoffnung nach Tunis ab. Hier wurde er sehr gut ausgenommen, aber die Sache zog sich nichtsdestoweniger in die Länge. Neuhcf verlor endlich die Geduld, zumal ihm Nachrichten aus Korsika zu gingen, nach denen die Sache der Aufständisclwn einen neuen Ausichwung genommen hatte, so daß man schon damit um ging, eine Art Verfassung zu entwerfen. Er fürchtete nun nicht ohne Grund, daß, wenn er noch länger zögerte, seine Ansprüche ausfallcii könnten, und beschloß, zwar ohne Trup pen, aber mit reichlichen Kricgsvorräten und bedeutenden Geldsummen nach Korsika zu gehen und der Insel Hilfe zu dringen. Der englische Konsul zu Tunis twrlmlf ibm zu einem Kauf fahrer, der zehn Kanonen und die englische Flagge führte, und mit diesem erschien Neuhof an» 13. März 1736 vor dem Hasen von Alevia auf der Ostküste der Insel. Die an gesehensten Einwohner von Aleria und der Umgebung be gaben sich zu ihm an Bord und begrüßten ihn als Exzellenz und Vizclönig. Am sollenden Morgen stieg er in Phan tastischem Aufzuge, halb europäisch, lwlb orientalisch ge kleidet, und mit einem Gefolge von sechzehn Personen ans Land und ließ die mitgebrachten Vorräte ausschiffen, sechs zwölfpfündigc Kanonen, 7000 Flinten, eine Anzahl Bajo nette, Pistolen und andere Waffen, eine große Menge Munitiom ferner^ 7000 Säcke Getreide, 3000 Röcke und ebensoviel Paar Schuhe, und außerdem noch viele Kisten mit Geld, größtenteils afrikanischen Gepräges. Der Wert des Ganzen wurde ans eine Million Scudi angeschlagen. Diese Hilfe erschien in der Tat für Korsika, wo stets an den not wendigsten Dingen Mangel herrschte, wo ein Gewehr «in Schatz und ein Paar Schuhe eine Seltenheit waren, von außerordentlicher Bedeutung; sic überstieg alles, was von den Kräften eines aus Abenteuer ausgehenden Privatmannes zu erwarten stand; es war sehr natürlich, daß sowohl die Korsen wie die Genuesen glaubten, ein mächtiger Fürst habe die Hand im Spiele, und daß die Begeisterung der Korsen für den Ankömmling keine Grenzen kannte. Die unver mutet« Landung erregte in ganz Europa Las gewaltigste Aufsehen, das noch dadurch gesteigert wvrd«, baß Neuhof nur unter seinem Vornamen Theodor austrat. Die selt ¬ samsten Gerüchte über seine wahre Persönlichkeit durch- schwirrten die Welt: bald sollte er ein portugiesischer Prinz, der Prätendent von England oder ein in dessen Diensten stehender englischer Lord, bald der Herzog von Ripperda, der Graf von Bonneval oder der innige Rakoczy, dann wieder ein berüchtigter Abenteurer Freiherr von Syburg sein. Theodor trat mit großem Selbstbewußtsein auf und übernahm sofort die Regierung oes Landes. Die Zahl seiner Anhänger wuchs von Tag zu Tay, und schon am 15. April wurde er von einer allgemeinen Eonsulta aus Abgeordneten der ganzen Insel einstimmig zum König von Korsika und Eabraja gewählt. Seine erste Sorge bestand darin, den inneren Frieden auf der Insel kerzustellcn und die alteingewurzclte Sitte der Blutrache zu unterdrücken Zwei angesehene Korsen, die sich dem Gesetze nicht fügen wollten, wurden ohne weiteres aufgehängt. Inzwischen waren noch mehrere Schiffe mit neuen Vor« rätcn an Kriegsbedarf angekommen, und dieser Ilmstand er höhte natürlich noch die Meinung, die man sich von Theodor und seine weitreichenden Verbindungen gebildet hatte. Auch zeigt« der neue König den auswärtiacn Mächten sein« Thronbesteigung an und bat um Anerkennung und Bei stand; dem deutfchen Kaiser gegenüber gelobie er aufs Zier lichste, sich stets als guten, anisrichtigen "Deutschen zeigen zu wollen. Als nächste und hauptsächlichste Aufgabe erkannte er natürlich die völlige Vertreibung der Genu«scn von der Insel. Er zog daher alle verfügbaren Truppen zu- sammen und errang auch wirklich im Süden d«r Insel einige namhafte, aber nicht entscheidende Vorteile, da der Haupt- wasfenplatz des Feindes, eie starkbesestiglc Hafenstadt Bastia der Belagerung siegreich widerstand. Diese Pause in den kriegerischen Operationen benutzte König Theodor zur Einführung wichtiger innerer Reformen, die allerdings sehr segensreich wirkten; so jirgte er für eine geregelte Rechtsprechung -uw Verwaltung — Dinge, die den Korsen nicht einmal vom Hörensagen bekannt waren, er berief Handwerker und .Künstler unter Anbietung von Vergünsti gungen ins Land, t»crkündetc Religionsfreiheit, wodurch er die Einwanderung von deutschen Protestanten, griechischen Ansiedlern und holländischen Juden förderte, sorgte dafür, daß die Truppen regelmäßig -ihren Sold erhielten, ließ eigenes Geld prägen, sowohl Scheidemünze wie Gold- und Silbermünzen, auf denen sein Brustbild zu sehen war usw. Aber die Tage der Begeisterung verrauschten allzu rasch. Die Genuesen hatten, verstärkt durch ein französisches Heer, frische Truppen nach der Insel geschickt und den Korsen ein? Position nach der anderen wieder wegaenvmmen. Ta auch die mrsprochenen Hilsstruppe»' ausblieben, schlich Unzu- sriedemheit in die Seelen der Inselbewohner, die Neuhof gegenüber kein Hehl mehr aus ihrer Sinnesänderung machten. Es kam zu rbittciteu Auseinandersetzungen und sogar zu inneren Kämpfen. Theodor sah ein. daß se>ne Laye unhaltbar war, und verließ im November 1738 die Insel, allerdings mit dem Versprechen, wiederzukommen Er begab sich nach England und landete 1743 mit zwei eng lischen Schiffen abermals aus der Insel. Aber da- Gluck hatte ihm den Rück«, gekehrt; er mußte sich unverrichteter Den« wieder enffer»«,, da di« Einwohner infolge der Drohungen der Franzosen und Genuesen nicht wagten, sich
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