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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 05.03.1906
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-03-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19060305013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1906030501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1906030501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1906
- Monat1906-03
- Tag1906-03-05
- Monat1906-03
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Schach.) * Das 24-Stunden-Rennen in der Pariser Binterfahrbahn gewann Bouhours vor van der Stuyft und Contenet. Bouhours stellte einen neuen Weltrekord auf, ,(S. Sport.), politkÄe Aocbenr«a«. Die Doppelhochzeit im Kaiserhaus«: hat aufs neue den Beweis geliefert, wie stark das monarchische Empfinden im deutschen Volke wurzelt. In dieser Beziehung hat die Sozialdemokratie den Kern deutschen Wesens nicht ändern können; und höchstens als Kraft, die das Böse will und das Gute schafft, hat sie mit dazu geholfen, daß sich die Teilnahme des Volkes an solchen Festen am liebsten in Werken sozialer Hilfstätigkeit äußert. Auch die silberne Hoch zeit des Kaiserpaares wird in zahlreichen Stiftungen für Notleidende und Bedrängte sortleben und sich damit dem kommenden Geschlecht immer wieder ins Gedächtnis rufen. Es bleibt ober zu bedauern, daß das Tonpelfest vorüberging, ohne seine Strahlen auf die Unglücklichen zu werfen, die dem starren Recht zum Opfer fielen. Auf dem Gebiet der auswärtigen Beziehungen wollte es in der letzten Woche scheinen, als ob sich in Algeciras die Situation etwas klärte. Selbst die französische Presse, die so lange Trübsal geblasen hatte, fing wieder an, die Vernunft sprechen zu lassen und sah wieder die Hoffnung blühen. Doch ist noch immer nicht recht zu sehen, worauf sich eigentlich dieser Umschwung der Stimmung zurückführen läßt. Denn auch jetzt ist die Bankfrage nicht gelöst; man konnte sie nur beraten, indem man zunächst einmal die strittigen Punkte zurückstellte. Und selbst, wenn es ge lingen sollte, schließlich über die neue marokkanische Staatsbank zu einer Verständigung zu gelangen, so bleibt noch immer die Frage der Polizeiorganisation als drohende Wolke am Himmel stehen. An Versuchen von dritter Seite, das politische Wetter zu verbessern, fehlt es freilich nicht. Hat sich doch Eduard VII. persönlich auf die Reise gemacht, um mit der befreundeten französischen Nation Fühlung zu suchen. Das bedingt ein Opfer der Etikette, da der König von England dem neuen Präsidenten Fallidres einen Besuch abstattet, ehe dieser sich vorgestellt hat. Und noch größer ist das Opfer seiner Ueberzeugung, das Eduard VII. dabei bringen muß. War er es doch, der eifrig Holz zum deutsch-französischen Scheiterhaufen herbeitrug, als unter LanSdowne und Dclcassck die politische Intrige blühte. Dafür ist nun das liberale englische Kabinett nicht zu haben; so bleibt auch dem König von England nichts anderes übrig, als den Ver such zu machen, die Kluft wieder auszufüllen, die er selbst erst verbreitern half. Aber in Deutschland wird man angesichts dieser Friedensreise Eduards das Gefühl nicht los, das die Trojaner beim hölzernen Pferd der Danaer beschlich. Auch die immer näher rückende Be gegnung Eduards mit dem deutschen Kaiser wird schwer lich in ihren politischen Wirkungen besonders hoch ver anschlagt werden dürfen. Man hat schon zu oft konsta tieren müssen, daß Monarchenbegegnungen schließlich aus die politische Lage ohne Einfluß blieben, als daß man diesmal allzu große Erwartungen an die Zusammenkunft von Oheim und Neffe knüpfen sollte, wenn sie überhaupt erfolgt. Das aber ist vorläufig noch höchst zweifelhaft. Während so die Versuche zu einer gedeihlichen Bei legung des Marokkokonflikts noch bedenklich in der Luft schweben, muß man mit einer Verschärfung der Stimmung in Frankreich um so bestimmter rechnen. Es wäre eine Täuschung, wollte man den Be- schluß der französischen Deputiertenkammer, die Uebungs- Perioden der Reservisten und der Mannschaften der Terri torialarmee hcrabzusetzen, im Sinne einer Friedens demonstration deuten. Der Antrag hätte nur dann einen praktischen Zweck gehabt, wenn er in das Finanzgesctz eingcfügt worden wäre; das aber wurde von der Kammer abgelehnt. Es blieb also nichts übrig, als eine plato nische Kundgebung für die Erleichterung der Militär lasten, die auf die Stimmung der Wählerschaften be rechnet ist, ohne weitere Konsequenzen nach sich zu ziehen. Dafür hat die weitere Beratung des Kriegsbudgets in der französischen Kammer um so deutlicher gezeigt, daß man einen Konflikt mit Deutschland nicht scheut. Man schlug sogar zum Teil recht drohende Töne an und glaubte sich besonders auf die individuelle Ueberlegcnheit des französischen Soldaten wie auf das Ucbergewicht der französischen Artillerie berufen zu können. „Frankreich ist bereit", so klang cs nicht bloß aus den Debatten heraus, so wurde es auch offen ausgesprochen. Und in diesen Worten hört man die wahre Stimmung des fran zösischen Volkes. Vielleicht würde man in Frankreich die Worte noch etwas schärfer zuspitzen, wenn der russische Alliierte gleichfalls bereit wäre. Daran ist indessen nicht zu denken, ja, für Rußland könnte es nichts Schlimmeres geben, als wenn es jetzt an seine Bündnis pflichten erinnert würde. Herr Witte ist froh, daß er jetzt wenigstens den Termin der Einberufung der Reichs duma auf den 10. Mai festsetzen konnte. Aber er würde damit nicht das geringste erreicht haben, wenn cs ihm nicht gelingt, die leeren Kassen durch einen neuen Pump zu füllen. Tas ist aber nur möglich für den Fall, daß Europa wieder zur Ruhe kommt. So muß sich die russische Diplomatie wohl oder übel für den Frieden inS Zeug legen, auch wenn ihr an sich ein deutsch-französischer Konflikt durchaus nicht unwillkommen ist. Nicht viel anders steht es mit Oesterreich- Ungarn. Die ungarischen Kämpfe haben die Schlag fertigkeit der gemeinsamen Armee in schlimmster Weise untergraben. Aus den Aeußerungen des Fürsten Schön burg im österreichischen Herrenhause ging der Jammer der Armee mit erschreckender Deutlichkeit hervor. Dazu kommt dann noch der neue Wahlgesetzentwurf des Barons Gautsch, der gleichfalls die Oesfentlichkeit genügend be schäftigt; dazu kommt endlich die ungarische Krisis, die noch keinen Abschluß erkennen läßt. Solche Schwierig keiten im eigenen Hause machen den Wunsch nach Ruhe auf dem Gebiete der auswärtigen Politik doppelt stark. Vielleicht haben sic wenigstens das Gute, zur Minderung der noch immer bestehenden internationalen Spannung beizutragen. - Deutsches Deich. Leipzig, ü. März. ' Zentrum und Rcichskolvniatamt. Die „Köln. Volksztg." bestätigt jetzt die auch von uns gebrachte Mel dung, daß sich das Zentrum in seiner letzten Fraktions sitzung entschlossen hat, gegen die Errichtung eines jelb ständigen Kolo.üalanites zu stimmen Zugleich nicht das rheinische Zenteumsblatt die Ansicht zu entkräften, daß diefer Beschluß gegen den Erbprinzen von Hohenlohe per- sönlich gerichtet sei. Sie erinnert vielmehr daran, daß schon 1904, als der Reichskanzler zum ersten Male im Reichstage die Errichtung eines Neichskolonialamtcs an regte, Abg. Spahl» sofort namens der Zcntrumsfraktion die schwersten Bedenken dagegen geäußert habe, des gleichen Abg. Dr. Fritzen als Etatsredner 1905. „Das war zu einer Zeit, als noch niemand daran dachte, daß Erbprinz Hohenlohe jemals für den Posten eines Staats sekretärs in Frage kommen werde." — Das ist gewiß richtig, ändert ahcr daran nichts, daß die jetzige Ab lehnung als eine persönliche Unfreundlichkeit gegen den Erbprinzen aufgefaßt werden muß. Die Haltung des Zentrums läßt befürchten, daß nun der ganze Plan fällt. Denn es scheinen nun nur Konservative und National liberale für die Errichtung deS Kolonialamtes zu sein. * Zur Puttkamer-Aifäre weih das „B. T." zu melden, daß die Beschwerdeschrift der Akwa-Häuptlinge nicht von dem „Prinzen Akwa" verfaßt sei, wie von PuttkamerS Freunden behauptet wurde, sondern von — Missio naren der Baseler Mission. * Erfreuliche Kaltblütigkeit. Phantasiebcgabte eng lische und französische Berichterstatter haben von panik artiger Stimmung in den Reichslanden wegen der Marokkoangelegenheit gefabelt. Das Gegenteil ist der Fall: man ist in den Reichs landen eher noch ruhiger, als in Berlin. Die Ansprache des Kaisers an den Prinzen Albrecht vom letzten Montag hatte eine flaue Stimmung an der Berliner Börse her vorgerufen, der „Elsässische Dolksbote" in Straßburg aber schreibt: „Es ist unser Eindruck, daß der Hinweis auf die Kriegsmöglichkeit nicht ein Hinweis auf die Kriegswahrscheinlichkeit ist. . . . Es ist auch nach den Worten des Kaisers wohl kaum ein Anlaß -n grauem Pessimismus. Darum ruhig Blut!" Erinnert man sich, welche fieberhafte Erregung zur Zeit der Schnäbcle-Affäre im Reichslandc herrschte, und wie noch vor wenigen Wochen die Kriegsfurcht in den Reichs- landen eine Rolle spielte, so berührt die gegenwärtige Kaltblütigkeit doppelt erfreulich. Sie beweist, wie sehr bei der reichsländischen Bevölkerung das Zutrauen einer seits zur Friedensliebe, andererseits aber auch zu der Ueberlegenheit deS Deutschen Reiches über Frankreich ge- stiegen ist. * Der Deutsche Verein für Armenpflege und Wohl tätigkeit hat Freitag und Sonnabend in Berlin seine 26. Hauptversammlung abgehalten. Er nahm mit großer Mehrheit eine Reihe von Leitsätzen an, in denen er seine Stellung zu dem geplanten neuen Gesetzentwurf über den Unterslützungswohnsitz darlegt. Die Thesen wenden sich zunächst dagegen, daß die wirtschaftliche Selbständigkeit statt mit 18 Jahren bereits mit dem vollendeten 16. Lebensjahre angenommen werden soll. Ebenso wenig erklären sich die Leitsätze mit der Herab setzung der Frist zum Erwerb bezw. Verlust deS Unter- stützungswohnsitzes einverstanden, wodurch eine stärkere Belastung der Stadt- und Jndustriebezirke eintreten würde. Der Verlust deS Wahlrechts durch den Empfang von Armenunterstützung erheische eine genaue Begren zung deS Begriffs derjenigen öffentlichen Unterstützung, die einen solchen Verlust nach sich ziehe. Jedenfalls sei jede Darbietung von Krankenpflege für das Familien haupt oder seine Ang» hörigen auszuschließen. TaS Gesetz über den Unterstützungswohnsitz sei auf Elsaß- Lotbrmgen und Bayern auszudehnen. Zum Schluß wird eine Reihe von Maßnahmen gefordert. So die Bildung von Gesamtarmenverbänden, die Beteiligung I der größeren Verbände an der Armenlast und die 1 Schaffung von Fürsorgeeinrichtungen, namentlich in 1 bezug auf ärztliche und geburtsärztliche Hilfe. In seiner jetzigen Fassung aber würde der Entwurf, falls er Gesetz würde, die Verbesserung der Landarmenpflege zum Still stand bringen, und die Folge wäre, daß der Anreiz, vom Lande in die Stadt abzuwandern, eine weitere Vermeh- rung erfahren würde. * Gegen den Staatsminister z. D. Hentig hatten die Agrarier von Sachsen-Koburg-Gotha mobil gemacht und der gemeinschaftliche Landtag der beide»» Herzogtümer hatte darauf, um die Sache klarzustellen, einstimmig voin Staatsministerum die Prüfung der Frage gefordert, ob Gründe Vorgelegen hätten, welche die Pensionierung Hentigs von Rechts wegen hätten in Frage stellen können. Staatsminister Richter hat nunmehr dem Land tag geantlvortet, daß Staatsminister Hentig durch Immediateingabe vom 12. November 1904 bei dem Re gierungsverweser Erbprinzen zu Hohenlohe-Langenburg nachgesucht habe, ihn vor» seinen Funktionen als Minister zu enthebe»» und zu beurlauben. „Dieses Gesuch ist damit begründet, daß Herr Hentig nicht mehr imstande sei, die ihm als Staatslninisler obliegende verfassungsmäßige Verantwortung dem Negicrungsverweser und dein Lande gegenüber zu tragen, nachdem es sich als notwendig er wiesen habe, die landesherrliche Bestätigung und Verkün dung der ain 18. April 1904 vom Landtage des Herzog- tums Gotha genehmigten, auf die Domänenteilung be züglichen Gesetzentwürfe auszusetzen und S"iner könig lichen Hoheit dem Herzoge für die Zeit »»ach den» Regie rungsantritte vorzubehalten, trotzdem seinerseits die baldige Zustimmung Seiner königlichen Hoheit des Herzogs wie der anderen hohen Agnaten zu den Teilungsgeiehen und deren unverzügliche Durchführung den» Landtage wiederholt in Aussicht gestellt worden sei. Nachdem der erteilte Urlaub bis zum 15. Februar 1905 verlängert worden war, ist Staatsminister Hentig mit Patent vom 46. Februar L. I. 434, von dem wir eine Abschrift beifügen, mit diesem Tage zur Disposition ge sollt worden. Sonstiges über die Zurdit-pus.tronsstellung i lies Herrn Staatsmiuisters Hentig enthalten die hiesige»» Akten nichts." In den» Patent beißt es, daß Staats minister Heutig unter Belassung seines Titels und NangeS und unter dankbarer Anerkennung seiner her vorragenden Verdienste mit einem jährlichen Wartegeld von 9600 zur Disposition gestellt worden ist. * Kleine politische Nachrichten. Herr von Lucanu« teilte, nach ter „Frtf. Zig.", dem Lizentiaten Weber mit, daß das Kaiser- Laar die bejonvers geschilpte Gluctwunschadrrsse der evangelischen Arbeitervereine zur Silberhochzeit dem Hohenzollernmusrum überwiesen Hube. — General von Perbandt, Generaltnipekleur der Fußartillerie, wird nach der „Nat.-Z»g." wegen eines hart- nackigen Leidens seinen Abschied nebmen. AIS sein Nachfolger wird Generalleutnant v. Dulitz, Kommandeur der sünjten Division in Frankfurt a. O. genannt. — Der langjährige Berliner Vertreter der „Weserzeitung", Dr. Karl Rennert, ist gestorben. Bor etwa acht Tagen hatte ihn eine Lungenentzündung erfaßt, eine Herzlähmung trat hinzu. Er war rin sehr geschätzter Journalist. — Wie die „Weser-Zeitung" au- Wilhelmshaven erfährt, ist es om Donner-tag abend zwischen den Streikenden der Firma Holzmanu und der Polizei mehrfach zu Zuiammen- stößen gekommen. Die Polizei jchlug mit flacher Klinge darein. Die Streikenden antworteten mit Revolverjchüssen. — Wegen Majeslätsbeleidigllna wurde von dem Gericht in Detmold nach dem „Fränk. Kur." der 60 Jahre alte halbtaube In valide Richter meier aus Holzhausen zu 4 Monaten Ge- fängnis verurteilt. Er halt« in unehrerbieiiger Wehe sich über den verstorbenen Grasregenten Ernst zur Lippe und über den Kaiser geäußert. Huslana. Oestcrreich.Unqarn. * lieber den österreichischen Thronfolger W irde unL vor einigen Tagen von gutunterrichteter Seite die Mitteilung gemacht, daß die Ablehnung der Vorschläge des Barons Banffy auf direkte Einwirkung des Thronfolgers Erzherzogs Franz Ferdinand zurückzusühren sei. Hierzu wird uns er- gänzend von anderer Seite noch folgendes mitgeleilt: Die Mitteilung klingt bei der Charakterankage des Erzherzogs nicht unwahrscheinlich, doch wird von nut den Hosverhält- nissen vertrauten Personen berichtet, daß die schroffe Hal tung des Kaisers Franz Josef auch aus Einflüsse der Erz herzogin Valerie, der jüngsten Tochter des Monarchen, und ihres Gatten, des Erzherzogs Franz Salvator, zu setzen ist. Jedenfalls haben beide in Verbindung mil d-'r Militärpartei aus den Kaiser m derselben Richtung getvirki. In der Notiz sino auch angebliche Aussprüche des Thronfolgers verzeichn«. Ob diese wirklich gesallcn sind, bleibe dahingestellt. Leute, die den Erzherzog genau kennen, meinen, er sei ein viel zu verschlossener Mensch, um sich so zu äußern. D»e ange führten Dikta geben doch wohl mehr nur d e vermutete Ge sinnung des Erzherzogs wieder. Aus allem, waS vom Erz herzog verlautet, ist er streng batbolisch und klerikal gesinnt. Er ähnelt seinem Ahn Ferdinand II. Laß er die Ma- ayaren nicht liebt, ist bekannt, aber er liebt auch die Deutschen nicht. In seiner Familie wird fast ausschließ lich tschechisch gcjprochen, und er verkehrt intimer nur mit Mitgliedern des feudalen tschechiichen HockadelS, zu dem auch seine Frau, die Fürstin Hohenberg, als Tochter aus dem Hause der Grafen von Ehotek, gehört, und mit Geistlichen. Aus seinen Gütern Konopist und Cblumctz ist die Verwal tung ganz tschechisch. Noch eine Ähnlichkeit hat er mit seinem Ahn; er ist fast mehr als ivariam. und eS werden viele diese Eigenschaft illustrierende Geschichten erzählt. Er ist bisher selten volitisch hervorgetreten, weil daS am öster reichischen Hofe nicht Sitte ist, aber einige Male hat er Sympathiekundgebungen zugunsten des unter jesuitischer Lertuna stehenden katholischen SchulvercineS gegeben. Alle diese Anzeichen sprechen dafür, daß er später seine Herrscher- rechte stark zugunsten der Klerikalen und der ilaviichen Völker in die Wagsckale werfen wird, so wohl hier als in TranSleitbanien. Es ist nicht unwahr scheinlich, daß sein politische- Ideal ein großes slavischeS Donaureich ist. * Scharfes Vorgehen «egen die renitente« Beamten Aus Pest wird gemeldet: Der königliche Kommissar Rudnar, erschien Sonnabend vormittag im Amtslokale deS Vize- acspans des Bester Komitats Beniczky und erklärte diesem, daß er die Autonomie deS Pester KvmitatS mit dem heutigen Tage aufhebe. Die Aufhebung sei veranlaß! durch eine Reihe seitens deS MunizipiumS begangener Ge setzwidrigkeiten und durch die Unbotmaßigkeit der Beamten, die nicht mehr arbeiteten. Alle Anzeichen einer beginnenden Anarchie seien hervor getreten. Dies könne und dürfe im Interesse des Staates und der Bevölkerung nicht weiter geduldet werden. Rudnov teilte dem Vizegesvan ferner mit, daß der Minister des Innern das von Beniczky eingereichte Pensionsgesuch an- gtnommcn habe. Den Komitatsbeamten gewährte der königliche Kommissar 24 Stunden Bedenkzeit, sich zu erklären, ob sie ihre Amtstätigkeit weiterhin ausüben wollen Zu gleicher Zeit ernannte Rudnay an Stelle Beniczkvs den Ooerstuylrichter Csatho znm Vizegspan des Pestcr Komitats. Belgien. * Die Sozialisten und der Krieg. In Brüssel wrrb am Sonntag und Montag eine Beratung deS »nrerilatiL- len sozialistischen Bureaus stattfinden über den Antrag des Franzosen Äaillant wegen Maßnahmen der sozialistischen Parteien behufs Verhinderung des Kriege S- Sonntag abend soll eine große Volksversammlung aoge- halten werden, für die als Redner Jaures, Bebel. Hyndman und Vandervelde vorgemerkt sind. England. * Kaiser Wilhelm und König Eduard. AuS London wird gemeldet: Ter „Newyork Herald" ist, wie daS Blatt versichert, in der Lage, den Wortlaut deS Glück wunschbriefes publizieren zu können, den König Eduard an Kaiser Wilhelm anläßlich der silbernen Hochzeit geschickt hat. Ter König apostrophierte feinen Neffen mit den Worten „Mein lieber Wilhelm", wünschte ihm und der Kaiserin für die Zukunst alles Gute und sprach die Hoff nung aus, daß das Herrschervaar auch den Tag der goldenen Hochzeit erleben möchte. Der König teilte dem Kaiser ferner mit, daß er ihm eine Silberpunjchbowle aus der von Sammlern so sehr gepriesenen Zeit Georg? I. gesandt habe. — Ueber die angeblich geplante Zusammenkunft zwischen Kaiser Wilhelm und König Eduard erfährt die „N Fr. Pr." von unterrichteter diplomatischer Seite, daß die Zusammenkunft in diesem Frühjahr an einem Punkte des Mittelmeeres stattfinden soll. Kaiser Wilhelm habe die Absicht, den Besuch zu erwidern, den ihm der König von Spanien in Berlin gemacht hat, und König Eduard veaibt sich in der nächsten Woche über Paris nach Biarritz. Die enogiltiae Entscheidung über die Details und den Zeitpunkt der Zusammenkunft soll von dem weiteren Verkauf der Konferenz in Algeciras abhängig sein Keinesfalls werde die von beiden Monarchen geplante Entrevue vor dem Mschluß dieser Konferenz stattstndeu Auch würde vermutlich der Plan nur dann ausgeführt werden, wenn die Konferenz in Algeciras mit einer Ver ständigung zwischen Deutschland und Frankreich über die marokkannche Frage schließen würde. Rußland. * Ueber die Lage in Lodz wird der „Frki. Zla/' gemeldet: Die teilweisen Ausstände nebmen mit jedem Tage einen größeren Umfang an und drohen allmählich in einen General streik auszuarten. Die Forderungen der Arbeiter sind im allgemeinen rein wirtschaftlicher Natur, doch bedienen sie sich häufig auch der Streiks dann, wenn sie die Entfernung eine? unbeliebten Beamten oder Meisters erzwingen wollen. So wurde Ende voriger Woche auf der Fabrik von I. Richter infolge von Streitigkeiten das Fabrikkontor und die Ge schäftsbücher von den Arbeitern vernichtet. Der Fabrik besitzer sah sich genötigt, das Etablissement zu schließen, wor auf die ausgesperrten Arbeiter, die dem Verwalter der Fabrik alle Schuld zuschrieben, diesen durch mehrer« Revoloerschüssc tödlich verletzten. Ueberfälle auf Polizeibeamte und Re- oierungSinstitutione« sind trotz deS Kriegszustandes und der strengen Maßregeln der Behörden an der Tagesordnung Die Folge ist, daß die Polizeimaßregeln noch mehr verschärft und die Hausdurchsuchungen und Verhaftungen von neuem ausgenommen worben sind. * Der russische Judenkongreß, der dieser Lage in Peters burg stattsano, bat beschlossen, daß die jüdisch« Bevölkerung mit allen Mitteln di« Durchführung der Wahl unterstützen, sowie versuchen solle, eigene Kandidaten in die Duma zu bringen. * Lentuaut Schmidt, der, wie gemeldet, zum Tode durch Erhängen verurteilt worden ist, sagte nach dem Urteils- spruch: „Bor meinem Tode erkläre ich, ich handelte nicht Men die Persönlichkeit des Kaisers, ich glaube, daß der Pjahl, an den ich zum Erschießen gebunden werde, der Grenzpfahl des freien Rußlands ist." Die Mannschaft des Kriegsschiffes „Pruth" meutert und for dert, Schmidt nicht mit dem Tode zu bestrafen. * Zu einem blutige« Zusammenstoß zwischen Fabrik arbeitern und Arbeitslosen kam es in Petersburg vor der Fabrik Ssewennikow. Kosaken und berittene Schutzleute gaben mehrere Salven ab. Drei Personen wurden getötet und etwa 20 verwundet. Brasilien. Ein sensationeller Fund wurde, wie de» ,,Frkj. Zlg ' aus R i o de Janeiro qeschrieben wird, in den Kellern des brasilianischen Schatzamtes gemacht. Es fanden sich bei einer genauen Durchsuchung 13 Kisten vor, von denen nir gends eine Aufzeichnung bestand, von deren Eristenz niemand eine Ahnung vor. Es waren Kisten doller Gold- und Silber münzen vom Kaiserreich her, vergessene Depositen. ES san- den sich silberne und goldene Meßkelche und Altarlampen, die weltz Gott wie und wann in jenes Verließ gerieten. Und zn gnterlekt sand sich noch, zum allergrößten Erstaunen der juchenden Schatzbeamten, die brasilianische Ka i se r- kröne, daS Szepter, der Thronmantel und der Chor- berrenpclz deS verstorbenen letzten Kaisers Pedro II. vor taktisch wollte niemand geahnt baden, wo sie bingckommen eien. Und dock, scheint der eine oder andere BiindeSschotz- warnte darum gewußt zu haben, denn an der Krone, die mit ,en kostbarsten Diamanten ausgeleat war, fehlen etwa 20 Steine von Erbsengroße! Nun w ll der Finanzminister den entdeckten Schatz absck'ätzcn und die nickt historische»« wich- tiaen Gegenstände veräußern lasten Er bösst, ein bis zwei Millionen Milrcik hcrauSzuichlagen. Die Insignien des letzten brasilianischen Kaisers ober sollen im National museum verwahrt werden.
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