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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 04.08.1906
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-08-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19060804018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1906080401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1906080401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1906
- Monat1906-08
- Tag1906-08-04
- Monat1906-08
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I 244,— 85,75 232,25 199.25 228,25 211,25 t>. ->. j. f. 1 l röezugs* Preis in der Hauptrxpeditiou oder deren Ausgabe siellen abgeholt: vierteljährlich 2.40, bet täglich zweimaliger Zustellung in» Hau vierteljährlich 3.—. Durch unjerr aus wärtigen Ausgabestellen uud durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich vierteljährlich 4.50, für die übrige» Länder laut Zeitungspreisltste. Diese Nummer lostet auf -» 44 4>>L allen Bahnhöfen und bei I II ID^I den Zeitung».Verkäufern Revaktion «nd Expcdtttou: Johannisgasse 8. Telephon Sir. 153, Sir. 222, Nr. 1173. Berliner NcdaltiottS-Bureim: Berlin bVV. 7, Torotlieenstrajze 83. Telephon I, Sir. V275. Morgen- Ausgabe. Handelszeitung. ÄmtsUatt des Rates und des Rolizeiamles der Ltadt Leipzig. A«zeige«-Preis die «gespaltene Petuzeile für Leipzig und Umgebung 25 Pf„ Familien«, WodnunqS- u. Äelleu-Anzeigen, sowie An- u. Verläufe 20 Pf. (Händler und Vermittler 25 PfJ für auswärts 30 Psg. Finanzielle Anzeigen u. Geschüstsanzeigen an bevorzugter Stelle nach besonderem Tarif. Reklamen 75 Ps^ auswärts 1 Mk. Für das Erscheinen an bestimmten Tagen u. Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen und Extrabeilagen nur iu der Morgen-Ausgabe Schluß der Annahme nachmittags 4 Uhr. Anzeigen-Annahme: Attguftusplat; Ecke Johannisgaffe. banpt-Ftliale Berlin: CarlDunck e r,Hcrzgl.Baqr.Hofbuchhaudlg., Lüyomnraße 10 lTelephon VI, Sir. 4003!. Filial-FypeSirio»:TrcSScn,Marienfir 31. Nr. 3--1. Sonnabend August 1906. v-u UkickiigLke vsm Lage. * Der Pariser „Malin" veröffentlicht weitere Aeuße- runaen Kaiicr Wilhelms u. a. über die anarchistische Erfahr und über vie anlimilitarische Bewegung in Fraok- rcich. (S. Letzte Dep.) * Dr. Nocke, der unterlegene natioualliberale Kandidat für Rinteln, erklärt die Steuer-Politik ter national liberalen Partei für taktisch verkehrt. (S. Dl schS. N.) * Admiral von Senden-Bibrau, der ehemalige Sekretär des Marine-Kabinetts, hat den Schwarzen Adlerorden erhalten. (S. Dtschs. R.) * Die vier Fakultäten der Universität Greifswald haben beim gestrigen Jubiläum zahlreiche Ehrenpromotionen vollzogen. Zum medizinischen Ehrendoktor wurden von Leipziger Persönlichkeiten Max Klinger, zum philo sophischen Verlagsbuchhändler Ackermann (in Firma Teubner) ernannt. (S. Feuill.) * In Philippopel sind Gerüchte verbreitet, daß die Bulgaren sür den S. August in Philippopel und anderen Orten allgemeine Angriffe gegen die Griechen vorbereite u. Vie Srmgung in perrien. Ueber Nacht ist ein Land in gärende Unruhe geraten, das bisher in hoffnungslosestem Marasmus zu stecken schien, und das nach der Ansicht Europas über kurz oder lang ent weder dem Moskowitertum oder dem verdauungskräftigen Albion -um Raube werben mußt«: Persien. Der ganzen Bewegung im Reiche deS Schah liegt ei« tiefe Unzufriedenheit mit dem System der Verwaltung zu grunde, das man bisher mit echt orientalischer Passivität getragen hat, gegen das aber heute die auch in Persien er wachende Erkenntnis von den Menschenrechten des simplen Untertanen üch mit Macht auflehnt. Dieses System aber ist kein leichtes Joch: die Herren Gouverneure des Königs der Könige kaufen ihre einträglichen Posten für eine stattliche Reihe straffgefüllter Beutel und suchen natürlich ihre Aus lagen mit einem mehr als gewöhnlichen Zins wieder unter Dach zu bringen. Das im ganzen Orient beliebte Mittel zum Zweck ist der Spürsinn des Steuereintreibers, der auch den letzten Piaster aus verborgenen Winkeln hervorzu zaubern weiß. In einem europäischen Idiom würde man die Vokabeln „Raub und Plünderung" anwenden, wo ein persischer Gouverneur von Verwaltung und Gerechtigkeit spricht. Zwar von Zeit M Zeit — besonders nnter der Herr schaft Muzaffer-ed-Dins — wird ein besonders grausamer Provinzräuber nach Teheran zitiert und gebührend von dem geschröpft oder gar kalt gestellt, der Gewalt über ihn hat, dem Großvezier; aber den lieben Untertanen ist darum nicht im geringsten geholfen, denn an die Stelle des Gouverneurs, der die Peitsche schwang, kommt meist ein anderer, der mit Skorpionen züchtigt. Mit diesem, durch Jahrhunderte ge heiligten patriarchalischem Brauch will man sich aber im Reiche des Schah plötzlich nicht mehr zufrieden geben. Die Untertanen verlangen dauernde Maßnahmen gegen die Raubwirtschaft der Gouverneure, ja, sie sind unverfroren genug, auch die Finanzverwaltung des gesamten Reiches einer sehr abfälligen Kritik zu unterziehen, und fragen plötz lich nach den Gründen für die fatale finanzielle Lage, in der Persien sich andauernd befindet — als ob sie sich über haupt um solche Dinge zu kümmern hätten, die ausschließlich der Weisheit und dem Willen des Schahs und seiner ersten Veziers unterstehen! Die Schulden sind da — in sieben Jahren sind's allein 150 Millionen geworden —, und mit dieser fatalen Tatsache haben sich die getreuen Untertanen abzufinden, höchstens insofern aktiv zu beschäftigen, als sie die Zinsen und Amortisation durch besonderen Fleiß und Hingabe an nützliche Tätigkeit aufzubringen haben. Das ist orientalische Regicrungsweisheit. Weiter — man fordert ernstlich im Volke, eine geordnete Rechtspflege einzuführen. Bisher waren es die Mollahs, die Ausleger des Koran, die nach der Weisheit des Propheten allen Streit schlichteten, dabei die Prozessierenden artig zu schröpfen und den eigenen Beuiel wohl zu füllen wußten. Dagegen rebelliert heute -dos unverständige Voll, das mit einem Mole nichts mehr von „tfts iviscloin ok our anesslors" wissen, sondern einen besonderen Richterstand geschaffen sehen will. In Rescht hat die Bevölkerung bereits eine Art Schwurgericht eingeführl. Auf diesen drei Punkten der Beschwerden basiert die Reformbewegung in Persien, der sich der Großvezier Prinz Ained-Daulet mit aller Heftigkeit widersetzte. Besonders die Justizrcform war ihm ein Dorn im Auge, und eine Kom mission, die sich mit ihr beschäftigte, jagte er einfach nach Hause, gleich Schulbuben. Er hatte aber einen Posten falsch in seine Rechnung gesetzt: die politische Gesinnung der Mollahs. Dieser islamitische Klerus, bis in die neueste Zeit reaktio när bis auf die Knochen, ist mit einem Male an die Spitze der Reformbewegung getreten. Es ist noch gar nicht so lange der, als fanatische ÄNollahs die jungen Perser auf offener Straße verhöhnten, ja, mit Faustschlägen traktierten, nur weil die Herren Kragen und Krawatten L l'suropvsnus trugen. Heute weht aber unter ihnen ein anderer Wind. Der Sieg Japans über Rußland läßt ihnen den Wert euro päischer Bildung und Wissenschaft in einem total veränderten Lichte erscheinen. Skur so kann man es »erstehen, wenn ein Mollah offen seinen Hörern predigt: „Wir müßten blind sein, wollten wir verkennen, daß Japan nur mit Hilfe der europäischen Wissenschaft gesiegt hat. Nur durch diese können auch wir selbst eines Tages unsere Unabhängigkeit und nationale Selbständigkeit verteidigen. Also auf, an die Arbeit!" Heute beschränken sich die Studenten in Persien, die künftigen Mollahs, nicht mehr auf den Koran, sie studieren Physik, Chemie, Geschichte, fremde Sprachen — alles Dinge, die sie vordem als unnützen Plunder ansahen. I Eine persische Uebersetzung der Geschichte Japans hatte in j diesem Jahre einen kolossalen buchhändlerischen Erfolg. Die j Mollahs standen also ohne Ausnahme auf feiten der Justiz-1 rcsormcr, und als der Großvezier nicht mittun wollte, ver anstalteten sie eine Sezession nach dem heiligen Kerbela, ließen flammende Proteste los, und ruhten nicht, bis sie dem Vezier den Hals gebrochen hatten. An feine Stelle trat Ali Asghar Khan. Muzaffer-ed-Din, der den besten Willen hat, aber zu schlaff ist, um mit eiserner Faust die Beivegung niederznhalten oder die Reformen durchzusetzen, ver sprach, die Justizreform durchzusetzen; und die Einberufung der Kommission, die nun wieder die Arbeiten ausnchmen soll, war sein Werk. Doch muß ihm bei der ganzen Bewegung etwas unbehaglich zu mute geworden sein, denn er bekam, nach den letzten Trah- tungen, plötzlich unwiderstehliche Anwandlungen von Reise fieber, es zog ihn nach den gastlichen Metropolen Europas, wo selbst der König der Könige sich gar königlich zu amüsieren pflegt, und, gleich Ferdinand von Bulgarien, wollte er die ungemütliche Krisis seines lieben Reiches rn garantierter Sicherheit von außen beobachten. Aber es hat den Anschein, als ob neben der Reformbewegung im Lande eine Palast revolution im Gang« ist, denn es sickern Gerüchte von einer Abdankung Muzaffer-ed-Dins durch; wenigstens deutet man an, daß der „Schah in Schah" auf Reisen geschickt werde. Ohne Zweifel wird die gesamte persische Bewegung den zwei großen Rivalen, welche sich bereits als die Universal erben des iranischen Reiches betrachteten, ein Strich durch die Rechnung sein, denn sie bedeutet für sie die Vernichtung von Hoffnungen, die seit Jahrzehnten mit zäher Geduld und unendlichem Aufwande von Verschlagenheit, Geld und Ränken gezüchtet waren. Lord Curzons reisige Meerfahrt durch den Persischen Meerbusen hat offenbar keinen Eindruck hinterlassen, und wenn auch der britische Resident in Teheran verfolgten Mollahs Asyl gewährt und somit die Gelegenheit wahrnahm, auch in der Reformbewegung seine Hand im Spiel zu behalten, so trägt die neueste Bewegung doch unver kennbar eine so kraftvoll national« Signatur, daß England einstweilen für seine persische Erbschaft sich ein sehr langes Ziel setzen muß. Rußland aber, das einst von Nord, :: her als großer Helfer in allerlei Nöten mit rollenden Rubeln auf dem Plane erschien, steht heute in seinem ganzen Elend so nackt und schwärenbedeckt vor den Augen der Perser, daß kein Mensch von Täbris bis Teheran noch irgendwelchen Respekt vor dem Moskowitertum haben kann. Mit dem Marsche nach Teheran ist es also einstweilen nichts. Die ganze Bewegung möchte uns kalt lassen, wenn sie nicht ein unverkennbares neues Symptom dafür wäre, daß das Programm „Asien für die Asiaten!" nicht nur im fernen Osten, an den Gestaden des Stillen Ozeans, Boden ge wonnen hat, sondern auch im Westen des großen Erdteiles, der so lange unter der Vormundschaft der Europäer stand, sich einwurzelt. In Indien gärt es gleichfalls bedenklich, und England kann gar bald in die Lage kommen, die Probe aus die Zukunft seiner asiatischen Stellung machen zu müssen. England ist aber noch dieser Richtung hin die europäische Vormacht. Nur eine Macht wird mit Genugtuung auf die neueste Bewegung nationalen Asiatcntums blicken: Japan. Ihm paßt die persische Reformbewegung ausgezeichnet ins Programm, das am letzten Ende doch nur ein Ziel hat: definitiv aufzuräumen mit der politischen und wirtschaftlichen Suprematie des Euro- päertums in Asien. kine Niellrrlaqe Oer bavemcden Kegirrung. lVon unserem Münchener Korrespondenten.) Die Kammer der Roichsräte hat wieder einmal einen großen Taz zu verzeichnen, den sie dem mutigen Eingreifen des Prinzen Georg, des ältesten Sohnes des Prinzen Leo- vold, verdankt. Der Telegraph hat ja bereits kurz über diesen Angriff auf die Regierung berichtet. Er kam sür diese wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Prinz Georg zählt erst 26 Jahre, aber er hat seine Aktion mit dem Geschick eines gewiegten Parlamentariers eingcleitct und durchgeführt und durchs seine Gewandtheit eine doppelt große Wirkung erzielt. Schon die kurze Begründung seiner Interpellation ließ keinen Zweifel über ihre Tendenz zu. Die Negierung hatte es nämlich für ganz überflüssig erachtet, die Erste Kammer um ihre Einwilligung in cineNachsession auch nur zu unterrichten. Daraus leitete Prinz Georg mit feiner Ironie die Notwendigkeit seiner Anfrage ab. Zu ihrer Unterstützung erhob sich die übergroße Mehrheit des hohen Hauses und gab schon damit ihrer Stimmung unverkenn baren Ausdruck. Der Minister des Innern Gras Feilitzsch nahm offenbar die Situation etwas leicht und speiste den Inter- Pellanten mit den gleichen Scheinzründen ab, mit denen er den Umfall der Regierung schon in der Zweiten Kammer zu maskieren suchte. Aber er mußte erfahren, daß er diesmal an die falsche Adresse gekommen war. Mit sriicher Sicher heit trat ihm Prinz Georg entgegen, und unbarmherzig legte er die Fadenscheinigkeit dieser angeblichen Gründe bloß, um dann die ganze Inkonsequenz der Regierung mit all ihren Folgen für die Zukunft fesözustellen, sie der Schwäche zu zeihen und seine ernstliche Mißbilligung auszusprechen. Vielleicht zum ersten Male verlor Graf Feilitzsch seine berühmte staatsmännische Rübe, die zum Teil von seinem guten Magen hcrrühren mag: er kann nämlich außerordent lich viel vertragen. Und je mehr Gründe er sür das Vor gehen der Regierung entwickelte, desto mehr verschärfte er die Kritik. Er fand plötzlich, daß es sich eigent lich um gar keine Nachsmion handle, da sie nur auf das Wasserqesetz beschränkt sei, und er eignete sich sogar die Behauptung aus dem Zentrums lager an, dieses Gesetz hätte in der Zweiten Kammer gar nicht früher fertiggestellt werden können — in nahezu 10 Monaten nämlich. Alle Dialektik aber mußte an der einen Tatsache scheitern, daß der nämliche Gras Feilitzsch noch am 10- Juli im Ausschüsse der Kammer der Reichsräre namens der Regierung erklärt hatte, diese lasse sich unter keinen Umständen aui eine Nachsession wegen des Wasser- gesetzes ein. Mit großem Aufwand schmerzlicher Entrüstung wies der Minister den Vorwurf der Schwäche zurück. Aber i auch hier verließ ihn seine sonstige Besonnenheit, da er c.- ' klärte, Schwäne 'ei eine Kraukheii; wer an ihr leide, könne! nickt mehr aus Em Platze bleiben, auf den ihn das aller- ! höchste Vertrauen gff Nt habe. Unsere Minister beweisen, ja täglich das Geaf Ter zweite deut der Kammer, Reichsrat von Auer, ! schloß sich den Auosnhrnngen des Prinzen an. Gras Feilitzsch ' batte in seiner offiziellen Erklärung sich auch ans die Stimmen aus Reichsratskre.sen siir eine Nachiession gestützt. Ironisch begrüßte nun Herr von Auer die Gelegenheit, diese Zustimmung im Hause zu bekunden. Aber da geschah das ganz Unerwartete: cs meldete sich lein weiterer Redner. Niemand erklärte sein Einverständnis mit der Nachsession, niemand erarisf oas Wort, um die Negierung auch nur mit einem Worte zu verteidigen oder wenigstens die Wucht des Angriffes abzuschwächen. Eni vernichtendes Urteil! Daß die Negierung daraus die einzig richtige Konsequenz zöge oder ziehen müßte, kann allerdings nur annehmcn, wer die gegenwärtige Situation in Bayern nicht kennt. Graf Feilitzsch hat beute in der gleichen Kammer der Reichsräte der Beratung seines Etats mit wiedergefundener Ruhe bei gewohnt, als ob nichts vorgefallen wäre. Er hat auch noch eine andere bittere Pille hinunter geschluckt. ohne im geringstem dagegen zu reagieren. Ter Präsident der Kammer Fürst zu Löwenstern-Wertheim- Freudenberg konstatierte nämlich rm Anschlüsse an die Be sprechung der Interpellation, daß die Regierung dem Direk torium des Hauses gar keine Gelegenheit gegeben bat, sich über die Frage der Nachsession direkt zu äußern. Die Re gierung hatte die ganze Angelegenheit dem Präsidenten der Zweiten Kammer und ultramontanen Führer Dr. v. Öfterer anvertraut. Wie fest muß sie sich fühlen, wenn sie glaubt, einer Körperschaft von der Zusammensetzung unserer Pairskammer eine solche Behandlung bieten M können. Von Klugheit zeug: es trotzdem nicht. veulscbes Keich. Leipzig, 4. August. * Amtliche Bekanntmachungen. Der „Reichsanzeiger" veröffei tsscht die Verleihung deS Schwarzen Avler-Ordens an den bisherigen Ches deS MarinekabinetiS Admiral v. Seuden- Bibran. — Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht den Beschluß des Bundesrats vom 16. Juni, über die Verleihung der Rechtsfähigkeit an die Deutsch - Ostafrikanische Kautschuk-Gesellschaft in Berlin, sowie die Satzungen der Ge>elljchast. — D>e „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" meldet: Der Staatssekretär des Auswärtigen v. Tschirschly und Bögendorff ist von Norderney hierher zurückgekehrt. * TiSziplinarvcrfaYren gegen v. König. Die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den Geh. Legalionsrat v. König dürfte nach der „B. Z." deswegen erfolgt sein, weil Herr v. König seit Jahren die dienstlich zu seiner Kenntnis gebrachten Anzeigen über Vergehen von Beamten und Ossizieren im Kolonialvieuste unterdrückt oder nicht weiter verfolgt hat. So sei eS zum Beispiel Tatsache, daß bei ihm Anzeigen der Mission in Togo über den Stations leiter von Atalpame Geo A. Schmitz und den Bezirkamts- vertrrter Lenz wegen Bestialitäten gegen Eingeborene und anverer Amtsvergehen eingegangen sind, ohne daß er sich ver anlaßt gesehen harte, die Anzeigen im orcmnngsmäßigem Wege weiterzuvcrsolgen. Die beiden Beschuldigten wurden nur aus Togo versetzt, Schmitz nach Kamerun, Lenz nach Deutsch- Südwestafrika. Auch die Fälle Thiercy, von Besser, Heinze, Brandeis, Horn und viele andere waren dienstlich zur Kenntnis des Herrn von König gelangt, aber auch in diesen Fällen sah er sich nicht veranlaßt, die vom Gesetz vor geschriebenen Schritte zur Einleitung einer ordnungsmäßigen Untersuchung zu tun. * TiPPcl-SkirchS Erklärung, lieber die Erklärung des Herrn v. Tippetskircli, welche im Abendbiatte schon unter den letzten Tepejchen ermähnt war, wird noch folgendes mitgeteilt: Tie Abendblätter verösjentlichen eine Erklärung des Herrn v. Tippelstirch, geschäftssührenden Inhabers der Firma Tippelskirch sr Co., in der im Gegensatz zu den Gerüchten, die Firma habe dem Vorstände des Bekleivuiigsamtes bei der Kolonialvermaltnng, Major v. Fischer, jahrelang Darlehen gegeben, deren Höhe derzeit etwa 100 000 ./L betrage, festgeslellt wird, daß die Firma dem Major niemals Darlehen gegeben uud auch niemals Geldzuwendungen in irgendwelcher Form gemacht habe. Bor etwa sieben Jahren habe der Unterzeichnete perlönlich, sowie mehrere andere Freunde des damaligen Hauptmanns v. Filcher diesem durch Darlehen von insgejamr 5000 ./t aus der schwierigen Lage, iu die er unverschuldet geraten war, heransgeholsen. Jeder Hintergedanke sei aus geschlossen gnvelen; ebenso bei dem Darlehen von 2000 das er dem Major v. Fischer einige Jahre später gegeben habe. Ferner erklärt v. Tippelskirch gegenüber der Behaup tung, infolge der finanziellen Abhängigkeit v. Fischers von der Firma habe dieser der Firma das Lieserungsmonopol sür die Tropenausrüstungen der Schutztruppen zugrwendet, wodurch der Firma ungebührlich hohe Gewinne und dem Reiche Schaden erwachsen sei, die Liefern» gsverträge seien mit der Leitung der Kolonialverwaltung abgeschlossen worden, und die Bedingungen seien jedesmals das Ergebnis sehr genauer Prüfungen und Kalku lationen gewesen, wobei unparteiische Korporationen mitgcwirkt hätten. * Württemberg und die Bctricbomittel-Gemcinschast. Der württem>bergffche „St.-Anz." berichtet über eine Sitzung des Beirats der Verkehrsanstalten, welche am 1. August stattgesunden hat, unter dem Vorsitz des Staatsministers der Auswärtigen Angelegenheiten, v. Weizsäcker, unter anderem: „Zur Betriebsmittel-Gemeinschaftssrage führte der Herr Minister aus, unser Verkehrswesen sei mitten in das große deuifche Leben hincingcstcllt; dessen werde man nach allen Seiten stets eingedenk sein müssen. Die Fra§e einer Ausbildung der gemeinschaftlichen Interessen habe >a auch in Württemberg ein besonders lebhaftes Echo gefunden. Wenn die Verhandlungen über diese Dinge zurzeit ruhen, so sei zu bedenken, daß es in solch wichtigen und schwierigen Fragen jahrelanger Arbeit bedürfe. In Sacken der Be- triebsmittelgemeinschaft liegen den deutschen Eisenbahnver- waltungcn neue bäurische Vorschläge vor, die aus einer wesentlich anderen Grundlage beruhen als die württem. bergischen Vorschläge. Das weitere müsse abgewanel wer. den. Sein Herr Amtsvorgänger habe diese Angelegenheit mit einer ihrer weitgreiscnden Bedeutung entsprechenden unermüdlichen Energie verfolgt und sich dabei ein bleibende- hohes Verdienst erworben. Di« württembergische Verwal ¬ tung werde ihrerseits zu gegebener Zeit in loyalster Hundes- freundlicher Weise wie bisher an diesem Werk mitarbeuen. Weiter firo c v. Wi'.zsäckcr: Er habe im Landtag die Ein führung des Zweipsennigtariss schon aus dcn 1. Lklobcr wenn irgend möglich, zugesagt und er 'reue sich mitleiien zu können, daß in-olge der außerordentlichen Anstrengungen der beteiligten Beamten diese Zusage nack einem kürzlich eingegangenen Bericht der Generaldirektlou der Stcatseisen- bahnen werde erfüllt werden können. * Tr. Roche über Sic .lnrionatUberalc Ttcitc;Politik. Nach Prof. Molvenhaner nimmt nun auch Dr. Rock«, der in Rinteln gescklagcne nationatliberale Kandidat, daS Wort, um die taktische Verkehrtheit der natioualtiberalni Steuer politik auzuerkennen. Er schreibt in einer Zuschrift an die „Nat.-Ztg." nnter anderem: Der nationalliberale Stimmen rückgang in Ninteln-Hosgeismar schließt sich der gleichartigen Erscheinung in Altena-Iserlohn unb Hagm-Sckmclm an und rechtfertigt den Schluß aus eine gleichmäßig wirkende Ursache. Und diese sehe ich in der Beurteilung, welche die Beteiligung der Partei bei ter jüngsten Beueuerungs- politik des Reichstages von feiten der breiten Wählermafsen erfährt. Die Erfahrungen, die ich in diesem unbequemen und anstrengenden Wahlkampfe gemacht habe, bestärken meine — ursprünglich nur instinktive — Abneigung gegen die Rolle, die dre nationalliberalen Abgeordneten bei der Steuergesetz gebung zu spielen für gut befunden baden. Es haben d.e nationalliberalen Reichstagsabgeordnelen für sich unv ihre Partei den Vorwurf der Volksfeindlichkeir auf sich ge laden, zu Gunsten der die Verwaltung beherrschenden Kon servativen. Sie haben sogar >n der Steuergesetzgebung vie Führung gehabt, sich zu dieser gedrängt, wahrend i« allen anderen, minder unpopulären Dingen diese Führung wider spruchslos von den Konservativen in Anspruch genommen und ihnen auch überlassen wird. Die Führung in der Be handlung des Steuerbuketts zu übernehmen, lag sür die Nationalliberalen keine Veranlassung — und beinahe mochte ich sagen, keine Legitimation — vor. Sie haben hier sür Leute gearbeitet, die sonst die Fürsorge für die Staatsver waltung und StaatSerhaltung als ihre Domäne in Anspruch nehmen. * Wahl in Döbeln. Die Vertreter der konservativen Partei im 10. ReichStagöwahlkreis« beschlossen vorgestern in einer hier abgehalteuen Versammlung einstimmig, der Kandidatur Hasse bcizustimmeu. * Schutzverband gegen Streikschäden. Die Hauptstelle Deutscher Arbeitgeberverbände teilt in einem an ihre Mit glieder gerichteten Rundschreiben mit, daß „m 23. Juni d. I. unter der Leitung der Hauptstelle ein Schutzverband z«scn Streikschäben gegründet worden ist, der den einzelnen Ver bänden im Falle der Zahlung von Streikentschädigung an ihre Mitglieder eine Nückdeckunz bietet. Die Hauptstelle richtet deshalb an ihre Verbände die Aufforderung, sich, soweit dies noch nicht geschehen ist, diesem Schutzverbande anzuschließcn. In demselben Rundschreiben weist die Haupytelle darauf hin^ daß unter den Ausständen, mit denen sie sich <in der letzten Zeit zu beschäftigen gehabt habe, !eft-er auch solche gewesen seien, in denen die Arbeitgeber nach verbuchtem kurzen Widerstande zum Nachgeben gezwungen waren, und zwar deshalb, weil sie es in eigennütziger Weise für möglich erachtet hatten, an Arbeitszeiten iest- zuhalten, die von ihren Gewerbsacnvssen als zu lang er- achtet und daher freiwillig gekürzt sind oder weil sie eine der allgemeinen Wirtschaftslage und den Zeitverhält- nisten entsprechende Aufbesserung der von ihnen ge zahlten niedrigen Löhne unterlassen hatten. „Ein derartiges Verhalten" so führt Las Rundschreiben aus, „ent spricht nicht der Stellusg des Arbeitgebers, wie sie in der Hauptstelle gedacht ist. Für die Organisation der Arbeit geber zum Widerstande gegen die unberechtigten Angriffe der Arbeiter und ihrer Organisationen ist eine der grund legenden Voraussetzungen, daß der Arbeitgeber ans freiem Willen sein Möglichstes tut, um seine Arbeiter, den maßgebenden Verhältnissen entsprechend, in loyaler Weise zu befriedigen. Vor allem muß der Arbeii- acber alles vermeiden, was geeignet sein könnte, s h n den Arbeitern gegenüber ins Unrecht zu ictzcu; denn sonst sind Vorkommnisse, wie d'e her in Rede stehenden, unvermeidlich." Die Hauptstelle nimmt deshalb Lieranlassung, an die Vorstände der angeschlnsscnen Arbeitgeberverbände die dringende Bitte zu richten, darüber zu wachen, daß von ihren Mitgliedern die Arbeits bedingungen jeder Art nack Maßgabe der gegenwärtigen allgemeinen Verhältnisse in einwandsfreier Wc:se scn- qestellt werden. Nur wenn dies überall und im vollen Unnangc ge'chehe, werde sich im gegebenen Falle die volle Kraft der Organisation der Arbeitgeber wirkungsvoll be tätigen können; sic müsse und werde überall und unbedingt versagen, wo das Unrecht sich aus der Seite der Arbeitgeber befinde." * Pastor Eesar- Uebcr die Persönlichkeit des vom west fälischen Oberkoiinstorium abgelehntcn Pastors Eösar wird in der ,,Wescr-Z." von einem Geistlichen geschrieben: Piarrcr Ec'sar ist ein gereifter Mann von 43 Jahren. Er ist durch besonders eifrige Pflege des Gemeindclcbens in weiteren Kreisen Thüringens vorteilhaft bekannt. In seiner kleinen Dorfgemeinde in der Rhön hat er wohl als der erste Land pfarrer ein Gemeindehaus gcfchafsen. Auch ist er Heraus- geber des Thüringer Geniendcblattes, welches auch in so genannten „positiven" Familien, wie wir wissen, gern gelesen wird. Schon hieraus gebt hervor, paß er durchaus cnns Praktische bin gerichtet ist, eine kräftige Persönlichkeit, die etwas schaffen und ersprießlich wirken will. Und niemals hat man in thüringischen Landen etwas davon gekört, daß Eöscir etwa als Reformer auf dem Gebiete der christlichen Lehre hcrvorgetreten wäre, oder daß er das Bekenntnis an gegriffen hätte. Wokl aber gekört er der in Zkiirinacn gottlob vorherrschenden liberalen Richtung der Dieolosie an, ohne jede dogmatische Engkerzigkcii, als cin vernünffigei, weit- und warmherziger Mann. Und daraus freilich bat er auch niemals ein Kichl gemacht. Wie sollte denn Keule ein Prediger nicht Anschauungen hegen dürfen wie z. B. Harnack in Berlin, wie sic so viele theologische Professoren an den verschiedensten deutschen Universitäten vertreten und der Jugend vortragen? Sollte man diese Tinge nur an dcn Hochschulen lernen, um dann schleunigst „nnnulernen' und als innerlich gebrochene geistige Persönlichkeit einer Christen- gemeinde Führer und Lehrer zu werden? Wenn man sich d:e theologischen Proftssorin aui den verschiedenen preußi'chen Universitäten ansiekt, wo sind da solche, die am Maßsiabe des Bekenntnisses oemessen, die Probe beständen? Bis weck in die Kreise der Reckten hinein geben da die stärksten Ab weichungen vom Buchstaben des Bekenntnisses
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