12 Polizei räumt den Hauptbahnhof am 4. Oktober 1989 Foto R. Pohl handelte es sich um Personen, die nach Prag fahren oder auf die in Richtung Bundesrepu blik fahrenden Züge aufspringen wollten. Die Ausreisewilligen, die aus allen Teilen der DDR kamen, verschmolzen mit dem Protest potential aus der Region Dresden, in der die Unzufriedenheit mit dem SED-Regime über dem DDR-Durchschnitt lag und es beson ders viele Ausreisewillige gab. Gegen Ende des Jahres 1988 hatten etwa 30 000 Dresdner einen Antrag auf ständige Ausreise aus der DDR gestellt. In den Monaten vor der friedli chen Revolution entfielen auf den Bezirk Dresden bei einem Bevölkerungsanteil der DDR von elf Prozent ein Viertel aller Ausrei seanträge. Im Jahre 1989 verließen ca. 18 000 Dresdner die DDR. Der größte Teil von ihnen war im Handel und im Gesundheits wesen beschäftigt. Die Demonstranten in und vor dem Bahn hof riefen »Wir wollen raus«, sangen die »In ternationale« und beschimpften die Sicher heitskräfte. Als gegen 21.45 Uhr ein Leerzug in den Hauptbahnhof einfuhr, der zum Abtransport der Flüchtlinge aus Prag gedacht war, wurde er von Ausreisewilligen gestürmt. Gegen 23.30 Uhr wurde der Bahnhof das erste Mal von Einsatzkräften der Volkspolizei geräumt. Volkspolizei, Mitglieder der Kampfgruppen und Mit arbeiter des MfS vertrieben die Demonstranten gewaltsam aus dem Gebäude. Vor dem Bahnhof kamen Wasserwerfer und Gummiknüppel zum Einsatz. Etwa vierhundert Personen bewegten sich daraufhin entlang der Gleise in Richtung Bad Schandau. Gegen 0.30 Uhr wurde das Bahn hofsgelände zum zweiten Mal durch »konzentrierten Kräfteeinsatz mit Anwendung des Schlag stockes« von je zwei Kompanien der Offiziershochschule der Bereitschaftspolizei Dresden und der 8. VP-Bereitschaft gewaltsam geräumt. 21 Ab 2 Uhr kamen Einheiten der inzwischen heran geführten Transport-Polizei aus Neubrandenburg und Rostock zum Einsatz. Trotz polizeilicher Absperrmaßnahmen bewegten sich gegen 2.45 Uhr erneut etwa zweihundert Personen zu Fuß auf den Gleisen in Richtung Bad Schandau. Am Nachmittag des 4. Oktober spitzte sich die Situation am Dresdner Hauptbahnhof weiter zu. Gegen 17.30 Uhr versuchte die Volkspolizei vergeblich, den Hauptbahnhof von etwa fünf hundert Menschen zu räumen, die auf die Durchfahrt der Sonderzüge warteten. Um 18.45 Uhr befahl das Innenministerium erhöhte Einsatzbereitschaft, und um 19.15 Uhr wurde der Haupt bahnhof erneut von etwa tausend Menschen geräumt. Bereits eine Stunde später hielten sich er neut etwa 2500 Menschen in der Kuppelhalle des Bahnhofs auf. Die Volkspolizei verbarrika-