43 chenden Affektausdruck durch die „sündhaften“ Quinten- und Oktavparallelen unter streicht. Gelegentlich hebt der Komponist wesentliche Bibelworte, die im Schrifttext nur einmal Vor kommen, emphatisch zweimal hervor. Als Beispiel sei die Stelle „Betet, betet, auf daß ihr nicht in Anfechtung fallet“ genannt. Aus der Praxis barocker Motettenkomposition über nahm Mauersberger auch das Verfahren, die einzelnen fortlaufenden Textabschnitte jeweils in anderer musikalischer Faktur zu vertonen. Auf diese Weise entgeht er der Gefahr der Mono tonie. Mauersberger erweist sich in der „Lukaspassion“ als ein Meister des ökonomischen Umgangs mit dem musikalischen Material. In diesem Werk gibt es bestimmte Motive und Figuren, die häufig wiederkehren und die die Passion formal Zusammenhalten. Eines der Grundmotive befindet sich am Anfang der Textstelle „O hilf Christe“. Es erscheint wörtlich im „Beschluß“ wieder und ist auch im Chor Nr. 2 „Er ging hinaus nach seiner Gewohnheit enthalten. Es wäre bei anderer Gelegenheit ein interessantes Unterfangen, in dieses Beziehungsgeflecht mehr Licht zu bringen. Fassen wir zusammen: Die „Lukaspassion“ gehört zu den substanzreichsten und eindring lichsten Kompositionen Rudolf Mauersbergers. Geboren aus der Not und den Leiden der Nachkriegszeit, ist diese Passion ein Werk, das uns anspricht, das uns bewegt, weil uns sein Autor noch heute viel zu sagen hat. Das haben alle Chöre erfahren, die sich um die Wiederauf führung der „Lukaspassion“ verdient machten, und deren Zahl nimmt ständig zu. Nicht zuletzt ist die Mauersbergersche „Lukaspassion“ ein wichtiges Dokument unserer eigenen Nachkriegsmusikgeschichte. Literatur 1 Grün, Matthias: Rudolf Mauersberger, Studien zu Leben und Werk. Kölner Beiträge zur Musik forschung, hg. von Klaus Wolfgang Niemöller, Regensburg 1986, S. 181 ff. 2 Herrmann, Matthias: Es bleibt das Werk. Zum kompositorischen Schaffen Rudolf Mauersber gers, in: Begegnungen mit Rudolf Mauersberger. Lebensweg und Lebensleistung eines Dresdner Kreuzkantors, hg. von Erna Hedwig Hofmann und Ingo Zimmermann, 6. Aufl., Berlin 1977, S. 125 ff. 3 Grün, Matthias: Rudolf Mauersberger . . ., a. a. 0.,S. 42. 4 Vgl. Rudolf Mauersberger, Passionsmusik nach dem Lukasevangelium . . ., Partitur, hg. von Matthias Herrmann, Evangelische Verlagsanstalt GmbH., Berlin 1980.