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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.06.1906
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 23.06.1906
- Sprache
- Deutsch
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- LDP: Zeitungen
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^ 143, 23. Juni 1906. Nichtamtlicher Teil. 6209 Lehranstalt von seinen Lieferanten statt des Rabatts schenkungs weise einen bestimmten Prozentsatz für die sogenannte »Schülerkasse«; und die Klaffen-Ersten mehrerer Klassen eines sächsischen Seminars, die Bestellungen auf die benötigten Schulbücher ihrer Mitschüler gesammelt hatten, beanspruchten für diese Partiebestellungen den nach unfern Satzungen bei Lieferung »an Schuldirektoren und Lehrer« zulässigen Rabatt in Höhe von 10o/g. In beiden Fällen wurde rechtzeitig die Entscheidung des Vorstands eingeholt, die auf Grund unsrer Verkaufsbestimmungen nicht anders als das Verlangen der Petenten ablehnend erfolgen konnte. Unsere Mitgliederzahl ist wie im Vorjahre im Steigen begriffen. Wir traten mit einem Bestand von 150 Mitgliedern in das Geschäftsjahr 1905/06 ein; hier von verloren wir 6, gewannen hingegen 12 neue Mit glieder, so daß der Verband heute — außer einem Ehren mitglied — 156 Mitglieder zählt. Das neuerliche Verhalten eines Teils der Gehilfen schaft zwang die Dresdner Kollegen zu entschiedener Stellungnahme gegenüber dem Auftreten der betreffenden Gehilfenkreise. Es soll an dieser Stelle auf Einzelheiten in dieser Angelegenheit nicht eingegangen werden; unsre heutige Hauptversammlung erscheint dem Berichterstatter aber als ein wohlgeeignetes Forum, um ganz allgemein die Verhältnisse zwischen Prinzipalität und Gehilfenschaft mit einigen Worten zu beleuchten. So sei es Ihrem Refe renten gestattet, Folgendes auszusprechen: Im Fluß der Zeiten, der in den letzten Jahrzehnten Veränderungen und Neuerungen in solcher Fülle und Schnelligkeit gebracht hat, wie frühere Geschlechter sie kaum geahnt haben, ist eins unverändert geblieben: die alte Er fahrung, daß nur beharrlicher Fleiß und die dadurch er worbene persönliche Tüchtigkeit ein Vorwärtskommen im Kampf ums Dasein verbürgen können. Wer nicht beizeiten lernt, seine ganze Kraft einzusetzen, der wird heute noch weit eher als vor vierzig Jahren Zurückbleiben und überflügelt werden, einerlei, ob er in Handel und Gewerbe tätig, ob er in Geistes- oder in Handarbeit steht. So war es seinerzeit freudig zu begrüßen, als sich eine Buchhandlungsgehilfen-Vereinigung mit der ausgesprochenen Absicht, die Gehilfenschaft materiell und geistig zu heben, bildete. Leider ist jedoch diese Vereinigung in eine Ent wicklung geraten, die den damaligen Gesamtzweck aus dem Auge verloren und sich immer einseitiger auf den Boden der modernen Arbeiterbewegung gestellt hat. Indem sie ihre Mitglieder als »Arbeitnehmer« erklärt und sie mit ent sprechendem Geist zu erfüllen sucht, drückt sie diese auch auf das Niveau des Lohnarbeiters herab, — hebt sie den Begriff und Inhalt des »Gehilfen« auf und schafft dadurch Gegensätze, die nicht vorhanden sind, zumindest nicht vorhanden zu sein brauchen, deren weitere Verschärfung jedoch weder für den Buchhandel als solchen, noch im besondern für die betreffenden Gehilfen von Nutzen sein kann. Wir verargen es einer Gehilfen-Vereinigung gewiß nicht, wenn sie Mißstände im Interesse ihrer Mitglieder zu be seitigen sucht, und wir verkennen ebensowenig, daß es auch im Buchhandel Mißstände gibt, sowohl solche, die durch allgemeine oder örtliche Verhältnisse bedingt, als auch solche, die lediglich auf persönliche Ursachen zurück zuführen sind. Wenn aber von der Leitung der betreffen den Vereinigung Einzelfälle ausgebeutet werden, um damit die Gesamtheit der Prinzipalität vor der Öffentlichkeit zu verdächtigen und die Gehilfenschaft mißtrauisch und un zufrieden zu machen, wie das seit Jahren und neuerdings besonders häufig in voller Öffentlichkeit geschieht; wenn in jüngster Zeit in großen Städten Agitations-Versammlungen Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 73. Jahrgang. abgehalten wurden, deren schürende Tendenz zur Schaffung eines Klassengegensatzes klar zutage getreten ist; wenn durch Fragebogen die Gefahr eines Spionier- und Denunzianten- Geistes und -Systems bedenklich gefördert wird (wobei wir darauf Hinweisen möchten, daß dieses Fragebogensystem, um gekehrt gegen die Gehilfen angewandt, für diese sehr fühlbar werden könnte), so erkennen wir in dem allen und in manchen andern Symptomen nicht das berechtigte Bestreben, vor handene Mißstände zu beseitigen, sondern die Anlehnung an sozialdemokratische Art und die Entlehnung aus dem sozialdemokratischen Arsenal, um absichtlich und künstlich Un frieden zu schaffen. Nun mag für den Handarbeiter, der auf Stücklohn, oder im Akkord, oder sonst auf eine Weise arbeitet, die gemessen bezw. gewogen werden kann, der Gegensatz zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unter Umständen mehr oder weniger erklärlich, ja oft sogar gerechtfertigt sein, zumal der Mehrheit dieser Arbeiter die Wege zur Selbständigkeit von vornherein verschlossen sind. Daraus folgt aber nicht die Übertragungsfähigkeit auf ganz anders geartete Verhältnisse. Sind denn die Gehilfen im Buch handel Hand- oder Stückarbeiter? Wir meinen, sie sollen es weder sein, noch dürfen sie es je werden. Das darf nie geschehen, sowohl nicht im Interesse des gesamten Buchhandels, als auch nicht im Interesse der betreffenden Gehilfen selbst. Wir sagten, daß das Einsetzen der ganzen Kraft heute mehr denn je erforder lich ist und daß man nur dadurch zu persönlicher Tüchtig keit gelangen kann. Das Einsetzen der ganzen Kraft will aber gelernt sein dadurch, daß man die Interessen des Geschäfts, in dem man arbeitet, wahrnimmt, als ob es die eignen seien. Wer sich aber als Buchhändler-Gehilfe in der geistigen Verfassung eines »Arbeitnehmers« und da durch in einem Klassengegensatz zu seinem Prinzipal befindet, kann und wird nie seine ganze Kraft einsetzen Er wird deshalb auch nicht diejenige Tüchtigkeit sich aneignen, die allein zu leitenden Stellungen oder zu einer ersprießlichen Selbständigkeit befähigt. Vielmehr verbaut der junge Ge hilfe, wenn er in der Vorstellung des »Arbeitnehmers« be fangen ist, sich selbst den Weg zum Vorwärtskommen und verurteilt sich dadurch allerdings zum Steckenbleiben im Stande der Arbeitnehmerschaft. Wohl wissen wir, daß nicht alle, die in jungen Jahren den Buchhandel erwählen, zur Selbständigkeit oder in leitende Stellungen gelangen können. Soviel ist jedoch gewiß, daß die Aussichten dazu im Buchhandel nicht geringer sind, als in andern Erwerbszweigen; in keinem Stand wohl ist viel mehr der Prozentsatz der Gehilfen, die sich selbständig machen, so groß als gerade im Buchhandel. Und soviel ist ferner gewiß, daß nur solche das Ziel erreichen, die als »Gehilfen« in des Wortes eigenster Bedeutung arbeiten, d. h. die es verstehen, in den Lehr- und Wanderjahren die fremden Interessen als ihre eignen anzusehen. Dazu kommt ferner, daß der Buchhandel mehr als jedes andre Gewerbe, die persönliche Eigenart zum Ausdruck und zur Geltung bringen kann und soll Der Geist der Arbeitnehmerschaft aber wirkt nivellierend, schließt das Vorwärtsstreben aus und verdammt sich selbst zur Unselbständigkeit. Zeitkrankheiten, zu denen wir die Übertragung von Schlagwörtern und Methoden aus der modernen Arbeiter bewegung in die Kreise ganz anders gearteter Erwerbs verhältnisse rechnen, lassen sich nicht mit einem Schlage durch ein Rundschreiben, eine Rede oder dergleichen heilen. Wir wissen, daß man auch aus Gehilfenkreisen heraus Protest einlegt gegen die versuchte Verschiebung der bisherigen Gehilfen in moderne Arbeitnehmer. So hoffen und wünschen wir, daß die besonnenen Elemente 813
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