Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.11.1860
- Erscheinungsdatum
- 1860-11-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186011111
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18601111
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18601111
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1860
- Monat1860-11
- Tag1860-11-11
- Monat1860-11
- Jahr1860
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.11.1860
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
5434 nennen und die Schöpfungen der Dichter al< ihr Svndergrtt beanspruchen, Nein Ihn kennt äuch der Schlichteste Nnd Geringste/ seinen Namen, seine Werke NNd ftlne Dötte. Diese Gewißheit bat uns die Feier de- vorigen Jahres gebracht. Den« mm aber durch alle Länder deutscher Zunge der NäMe Schiller wie der eines Schutzheiligen verehrt wird, tdenn voN einer Grenze biß zur andern seine Werre die nämliche Wirkung üben, wenn im äußersten Norden wie im tiefsten Sude« dieselben Gefühle, die gleichen Erfahrungen seiner Worte sich bedienen, m«ß d» nicht neben der äußer« Gemeinschaft deutschen Lautes noch eine gewichtigere innere vorhanden sein, die Gemeinschaft dentschen Geistes und deutschen GemütheSs! Deutscher Geist und deutsches Genrütk haben niemals ein Ende genommen, und so ist auch Deutschland zu keiner Zeit untergeqangen, es har sich nur mehr und mehr in die Brust jedes Deutschen geflüchtet. Im Einzelnen hat Schiller die Stimmung und de« Böden geftrndttl, deren er bedurfte, mi ss führt er denn die Einzelnen auch wieder zusammen in seiner Bewunderung und zu seinem Streben. Seine Worte sind wie die Spräche, der stk angehören, nur da- äußere Band, welches seine Gläubigen umschließt, seine Gedanken Und Entwürfe/ fein Lieben und sein Haffen theilen sich ihnen in Viesen Motten mit und vereinigen sie untrennbar im Innern. Seine hundertjährige Jubelfeier hat unS die Einigkeit Deutschlands verbürgt, die einzige, von welcher Heil und Gedeihen zu erwarten, Sie Einigkeit im GlaubenSbekemttniß. Jener Dag hat sie UNS nur gezeigt, nicht geschaffen hat et sie, sö wenig als sie mit ihm wieder zur Rüste gegangen. Sie lebt Und wirkt, wie VSther, fort im Stillen; wo die deutsche Zunge klingt, da ist auch Deutschland, das sö lange im Innern sich zü einigen föttfÜhri, bi- einst kein äußerer Anlaß mehr erforderlich sein wird / die Untrennbare GesaMMtheit erkennen zu lassen. Eine Hoffnung ist dies fteilich Nük, aber sicher keine un begründete. Niemand wird es längnen, daß Schiller jetzt Mehr verstanden und gewürdigt ist, al- zu seinen Lebzeiten, ein Beweis, daß die Nachkommen seine Erbschaft ängötreren haben, daß die Zeit seinem Ideal entgegenreift, mit einem Watte ein Beweis für unseren Fortschritt. Zent unbestreitbare Wahrheit ist auch bei der vötjährlgttt Jubelfeier Mehrfach ausgesprochen worden, niemals aber ohne den Tb« des BeftemderseinS und der Ver wunderung. AlS etwas RäthseihafteS, mindestens Auffallendes wurde es stet- hervorgehSben > daß Schiller- Zeit, Sie für Poesie und Ideal unendlich empfänglicher gewesen, in feinet Verherrlichung übert rossen wetdk von der gegenwärtigen, Seren materielle Richtung jene Grundsäulen der Begeisterung des Dichters und für den Dichter untergraben und erschüttert habe, Wie viele Anklagen sind nicht schon erhoben worden gegen den Materialismus unfern Zeit, der man die Möglichkeit jedes erhabenen Aufschwunges über die Bedürfnisse Niedtigster Gewöhnlichkeit hinaus abzusprechen sich gefällt. Wer angesichts der vorjährigen Feier dabei Noch verharren konnte, wer, umrauscht von den Jubelklängen einer so ganz auf sich selbst ruhenden, VoN jedem Nebengedanke« freien Begeisterung noch zweifelte und nach einer Lösung für diesen von ihm vermeinten Zwiespalt suchte, dem fehlte das Verständnis! für die Zeit im Allgemeinen und für den Dag insbesondere; der hat die Stimmung jenes Tage- für eine plötzliche, Mit allem Uebrigen außer Zusammen hang befindliche Aufwallung gehalten, ohne zu bedenken, daß einer gänzlich ernüchterten, kalt berechnenden Zeit eine solche Selbstvergessenheit de- Rausches geradezu unmöglich wäre. Jener Tag, der nur die NöthweNdige Folge aller vorhergehenden war, hat unS außer vielem Andern auch die Zeit selbst erklärt. Wir haben sie gesehen jörie festlichen Züge mit dem bunten Wechsel der Gestalten, mit der lebensvollen Veranschaulichung leder Art von Thätigkeit, mit den zahllosen Abi und Wahrzeichen der verschiedensten BerüfSürten. Wie gering war unter der un absehbaren Menge da- Häuslein derer, die ihre Kräfte ausschließlich dem gewidmet, was Wik das Höhere zu Nennen belieben, der Kunst und der Wissenschaft; wie weit entfernt von Ideal und Poesie, ja in wie schnurgeradem Gegensätze zu denselben schien die erdrückende Mehrzahl der nur auf dir Aeußerlichkeiten des Leben- gerichteten Bestrebungen und Beschäftigungen. Und dtnnoch schritten sie Alle, die scheinbar sich so ftrN, ja feindlich TteheNden in innigster Gemeinsamkeit des Bewußtsein- und de- AwtckeS vdtwättS einem und demselben Ziele zu, dem Riestnbildr Schiller-, das hoch erhaben über das Gtttttbk de- niedrigen ErdenlebkNS empor zum reinen Himmel rag«. Daß war kein zufällige-, bedeutungslose- Schauspiel, eS war die klarste, bewußteste VrrstnNlichung unsere- gesammten Ringens Und Streben-> unstre Zeit war es, die an dem Auge de- aufmerksamen Beschauers vorüberzog. Ein Lebens gefährte Schiller- hätte erstaunen müssen ob der Menge neuer Gebiete, welche seither dir menschliche Thätigkeit sich eröffnet, dir Fettigkeiten, welche sie sich zü eigen gemacht, sprachlos hätte er verweilen Müssen beim Anblicke so vieler für ihn namenlosen und unerklärlichen Werke Menschlichen Schaffen-, deren Bedürfnis er kaum geahnt, Und die uns lange schon Unentbehrlich geworden sind; ein Sohn Unserer -eir ater dürste sich sagen, daß wir, obwohl vielfach geschmäht und verketzert, doch wenigstens nach einer Richtung hin unläugbare Fortschritte gemacht. Er durfte sich da- sagen mit Stolz und mit gerechter Befriedigung, denn die Sache de- Fortschritte- ist eine einzige, ungttheilte und un- thettbare. Die Wege mögen noch so verschieden auS einander laufe«, sie führen doch alle nur zu einem einzigen Ziele; wer die Tragbarkeit eine- Acker- um eine Garbe erhöht, nüht nicht weniger als der wissenschaftliche Entdecker; die Erfindung einer Maschine hat kein geringere- Gewicht in der EntwickelungSgeschichte der Menschheit, als die Schöpfung eine- unsterblichen Dichter- qetsteS. Wer den Fortschritt auf einem Gebiete fördert, der dient ihm auf allen, und so kommt eS, daß die verschiedenen einzelnen Kräfte, welche unsere so überaus rührige Zeit nach den scheinbar entgegengesetztesten Richtungen hin in Bewegung setzt, doch alle in innigster Gemeirffchaft und Zusammenwirkung, wenn auch nicht in so sichtbarer, wie an jenem Tage, einem Ziele zu- steuem, dem Ziele Schillers, da- damals durch sein Bild zu äußerer Anschauung gebracht ward, der Befreiung der Menschheit von allen Fesseln, welche sie bedrücken. Ideal und Poesie sind nicht verloren gegangen in unserer Zeit, aber sie stehen nicht «ehr außerhalb de- Lebens, sie sind mitten i« das Leben hineingezogen worden. Lange und schwer qmug haben wir gelitten unter dieser unheilvollen Sonderung. Jene Zeiten, welche vorzugsweise für die idealen und poetischen gelten, waren Zeiten der Halbheit und der Kraftlosigkeit. Ohne nur einen Versuch zu wagen, die qualvoll auf ihnen lastende Wirklichkeit der Höhe des Ideale- und der Poesie näher zu bringen, beruhigten sie sich bei der Ueberze»gunA.von der Unmöglichkeit und schmachteten in stiller Ergebung jene unerreichbaren Fernen an. Es wäre« Zeiten entschiedenen weiblichen Gepräge-, denn gleich den Frauen fanden sie die Versöhnung im Gefühl. Unsere Zeit endlich hat sich männlich zusammengerafft und sucht die Vermittlung in der That. Die Thätigkeit hat sich jener höchsten Ziele bemächtigt, die nicht Mehr wie nebelhafte Traumbilder in der Luft schweben, sondern a«S der Wirklichkeit heraus verwirklicht werden sollen. Air schwärmen nicht mehr, wir arbeiten. Die Arbeit beherrscht und gestaltet unsere Zeit, dir Arbeit, welche den Niedrigsten dem Höchsten glelchstellt dadurch, daß sie an Alle denselben Maßstab legt, den, was Jeder schafft und nutzt, die Arbeit, welche den ersten und reichsten Segen m sich selber trägt, die Arbeit, welche in allen ihren verschiedenen Aeußerungen immer nur ein Ziel anstrebt, da-, im Einzelnen da- Allgemeine zu fördern und vor wärts zu bringen. Wir erkennen überall nur die Arbeit und den Arbeiter an. Und so betrachten wir auch dm Dichter nicht mehr wie de« Bekenner eine- besonderm Glauben-, der neben unS lebt, abet Nicht mit unS, der auf der Erde steht und seine Zeichen an den Himmel schreibt: für unS ist auch der Dichter ein Arbeiter geworden, der mitten unter unS die Aufgabe, aber auch den Lohn jedes anderm Arbeiter- haben soll. Jene so vielfach gerühmten Zeiten ließen dm Dichter verhungern auS Verzweiflung darüber, daß sie nichts seiner Würdiges ihm zu bieten vermochten, sie hielten ihn für einen Gott, auch in seinen Bedürfnissen. Unsere Zeit hat eine menschlichere Anschauung vom Dichter, sie behandelt ihn aber auch menschlicher. Die Feier des vorigen Jahres wurde Veranlassung, einen Beweis dafür zu liefern, dessen jetzt ab geschlossene- so über alle Maßen glänzende- Ergebniß unS in Erstaunen setzen müßte, wenn wir uns nicht sagen könnten, daß dtr so angefeindetr Materialismus dieser Zeit uns über Mittel gebieten läßt, derm Ausdehnung schon durch sich selbst Achtung gebietet. Wir häufen diese Mittel aber nicht ihrer selbst wegen auf; de» ThätigkeiiStrieb, die Arbeitsamkeit unserer Zeit bereitet sie ln stetem Hinblick auf dm Zweck, welchem sie dienen sollen; der Kampf für baS äußere Leben, dessen Schlachten wir unablässig ausdauernden MmheS schlagen, wird mit seinem letzten Siege dem Erhabmen, dem Ewigen in unS die gemachten Eroberungen sichern. Wie verschiede« auch die Waffen, da- Feldgeschrei der Kämpfer ist eine-, auch das hat unS die Feier deö vorigen Jahre- verbürgt. Wie sie nun aber im innigsten Zusammenhänge steht mit Allem, was hinter ihr liegt, so wollen auch wir, die wir von ihr auSgehm, in steter unqetrennter Beziehung zu ihr bleiben. Sie hat unS» gezeigt, worauf wir hoffen dürfen, auf unS beruht, was wir erreichen können. Hundert Jahre sind nur ein Schritt in bet EntwickelungSgeschichte der Menschheit, möchte Schiller- nächste Jubelfeier uns bezeugen, daß wir ihn vorwärts gethan! Die Schillerbtüliothek de- hiesigen SchillervereinS, die sich bekanntlich im Schillerhause zu GohliS befindet und deren Katalog daselbst zur öffentlichen Einsicht auSliegt, hat auch in diesem Vereinsjahre eines reichen und kostbarm Zuwachse- durch freie Beiträge und zwar meist von Seiten der Herren Buchhändler üch zu erfreuen gehabt. ES ist nicht der Zweck dieftr Zeilen, alle die geehrten Geber hier zu nen nen, da in diese« Falle außer den eühmlichst bekannten Firmen v»n BrockhauS, Herbig (Grunow), Beit L Comp. (Th. Einhorn noch gar viele andere gleichfalls höchst schätzenSwerthe Namen hier aufgezählt werden müßten. Rur im
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder