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Dresdner Journal : 06.07.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-07-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190507063
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19050706
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19050706
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1905
- Monat1905-07
- Tag1905-07-06
- Monat1905-07
- Jahr1905
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- Dresdner Journal : 06.07.1905
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Donnerstag, den 6. Juli nachmittags. 1905 Amtlicher Teil. Mit Allerhöchster Genehmigung ist der Privat dozent vr. lueä. Heinrich Braun in Leipzig zum außeretatmäßigen außerordentlichen Professor in der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig er nannt worden. Se Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Kaufmann Gottfried Johann Herbst in Dresden das Prädikat „Königlicher Hoflieferant" zu verleihen. Mit Genehmigung des Königl. Ministeriums des Innern werden die Brandversicherungsbeiträge am Oktobertermin dieses Jahres in Höhe von 1 Pfennig sür die Einheit der Gebäudeversicherungsabteilung zur Erhebung gelangen. Dresden, am 5. Juli 1905. Königl. Brandverficherungskammer. Teubert. sssr Vruennuugen, Versetzungen re. im öffent» Uchen Dienste. Im Geschäftsbereiche des Ministeriums der Finanzen. Bei der Staat-schulden-Verwaltung ist ernannt worden: Nake, seither Expedient, als Bureauassistent. Im Geschäftsbereiche -es Ministeriums -es Innern. An gestellt: Assessor Hänsel als Bezirksassessor bei der Amt-Hauptmannschaft Löbau. Im Geschäftsbereiche VeS Ministeriums des Kultus und öffentlichen Unterrichts. Ernannt bei den dem Ministerium unmittelbar unterstellten Expeditionen: Expedient Gustav Paul Schubert zum Bureauassistcnten. Zur Verwaltung einer Hilfslehrerstelle in Möckern für die Zeit vom 15. August bi- Michaelis wird ein Vikar (Schulamtskandidat oder Schulamtskandidatin) gesucht. JahreS- gehalt einschl Wohnung-geld 1200 M. Gesuche unter Bei fügung der erforderlichen Zeugnisse sind umgehend beim Be zirksschulinspektor für Leipzig ll Schulrat Zimmler einzu reichen (Lehördl. Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile.) Nichtamtlicher Teil. Vie neue Heeresvorlage in Italien. Es ist eine bekannte Tatsache, daß die Fortschritte im Heereswesen und in der Marine in Italien schon seit einer Reihe von Jahren weit hinter den not wendigsten Forderungen zurückgeblieben sind und trotz warmer Befürwortung seitens der betreffenden Ressortminister und patriotisch gesinnter Männer keine wesentliche Steigerung erfahren konnten. Teils fehlte es an den erforderlichen Mitteln, teils waren In trigen aller Art mit im Spiele und endlich herrschte auch Uneinigkeit darüber, ob bei den vorzunehmenden Reformen dem Heere oder der Marine der Vorrang gelassen werden solle. Nachdem nun aber einerseits die Erfahrungen des russisch-japanischen Krieges, namentlich auch die Ereignisse zur See, in voller Deutlichkeit gezeigt haben, daß eine starke, kriegsgeübte Flotte für die Interessen der Landesverteidigung eine unerläßliche Forderung ist, anderseits aber die Entwickelung der sozialen Verhältnisse in Italien, die mehrfachen Arbeiterausstände, der Eisenbahnerstreik rc. die Not wendigkeit einer Erhöhung der Friedenspräsenzstürke des Heeres und damit das Vorhandensein vollzählig ausgebildeter Kompanien klar vor Augen geführt haben, hat das Ministerium mit der Einbringung von Nachtragskrediten zur Verstärkung von Heer und Flotte nicht länger gezögert und dieselben nach einander zur Kenntnis der Volksvertretung gebracht. Für die Armee handelt es sich dabei um die Mehrbewilligung einer Summe von 11 Mill. Lire im ordentlichen Etat, die ausschließlich dazu da sein sollen, den der kriegsmäßigen Ausbildung des Heeres schädlichen Hindernissen der „korra minima" mit Erfolg entgegenzutreten und aus den bisherigen Skelett- oder Kadre-Kompanien solche von normalem Etat zu bilden, so wie sie das Gesetz ursprünglich vorgeschrieben hat. Bisher war eben aus nicht ganz zweckmäßigen Sparsamkeitsrücksichten stets nur ein gerings Kontingent unter der Fahne gehalten worden, indem die Mehrzahl der Dienstpflichtigen nach oberflächlicher Ausbildung wieder in die Heimat entlassen und von ihnen nur soviel zurückbehalten wurden, als notwendig waren, um die Bereitschaft des Heeres nicht ganz in Frage zu stellen und einzelne Truppenteile vor gänzlicher Auflösung zu bewahren. Die verhängnisvollen Folgen dieser Anordnungen, vor denen die Kriegsminister oft genug gewarnt hatten, zeigten sich dann jedeSmal, wenn eS galt, größere Truppenmaffen zur Aufrechterhaltung der Ordnung im Innern für längere Zeit zusammen zuziehen und wenn zu diesem Zwecke Reserven und zuweilen auch ganze JahrcSklassen unter sehr er heblichen Kosten einberufen werden mußten. Es ist im Zusammenhang mit diesem überaus wichtigen Reformplan General Pedottis vielfach in der Presse auch behauptet worden, daß die in Rede stehenden 11 Mill, die nachgesordert werden, auch noch zur Neubewaffnung der immer noch nicht ganz feststehenden Feldgeschütze, sowie auch zur Ver stärkung der Land- und Küstenbefestigungen auf deren Unzulänglichkeit der verdiente General und Senator Bava-BeccariS erst vor kurzem in sehr ein dringlichen Worten in der Kammer hingewiesen hat, verwendet werden sollen. DaS ist aber nicht zu treffend. Vielmehr hat der Kriegsminister aus gesprochen, daß er hoffe, für die vorgenannten Zwecke mit den je 16 Mill. Lire des außerordent lichen Etats, die für die beiden nächsten Jahre be reits bewilligt seien, auszukommen, wenn er dazu noch den Überschuß von 30 Mill. Lire verwende, der noch aus den Krediten vom Jahre 1901 ver fügbar sei. Über Len heutigen Stand -er Unterseeboote hat Sir William White vor der Royal Institution einen umfaßenden Vortrag gehalten, der um so beachtenswerter ist, als die englische Marine in letzter Zeit besonder- reichliche Erfahrungen über die Verwendungsfähigkeit dieses neuen Kriegsmittels gesammelt hat. In einem ge schichtlichen Rückblick wies White darauf hin, daß die untermeerische Schiffahrt schon seit langer Zeit die Auf merksamkeit der Erfinder erweckt und beschäftigt hätte, daß aber ihre praktische Anwendung zu Kriegszwecken erst etwa 130 Jahre zurückainge. Der Hauptzweck dieser Anwendung ging dahin, ein feindliches Kriegsschiff während einer Blockade durch einen Angriff unter Wasier zu be drohen und wenn möglich, zu zerstören. Die früheren Versuche sind bis auf die Erfindungen deS Amerikaners Holland für die Gegenwart nicht mehr sonderlich wichtig. Die Arbeiten Hollands bedeuteten eine neue Ara für die unterseeische Schiffahrt, indem sich dieser Mann ein Vierteljahrhundert fortgesetzten Versuchen mit Untersee booten widmete und schließlich auch gewiße Erfolge er zielte. Das Hollandboot wurde zuerst von der Marine der Vereinigten Staaten angenommen und später auch von der britischen Admiralität, von letzterer freilich nur als Ausgangspunkt für den Bau von Unterseebooten eigener Konstruktion. Die moderne Entwickelung der Unterseeboote für Kriegszwecke knüpft sich vor allem an das Vorgehen Frankreichs, wo seit 1896 unablässig und sicher auch bedeutsame Arbeiten in dieser Beziehung ge leistet worden sind. Nicht nur ist die Zahl der in Frank reich gebauten Unterseeboote bedeuten- gewesen, sondern man hat auch verschiedene Konstruktionen ausprobiert. Im ganzen sind in Frankreich bis jetzt etwa 70 Unter seeboote in Bestellung gegeben worden. Vollendet waren bis zum vorigen Jahr 28 dieser Schiffe, und man schützt, daß Frankreich am Ende deS Jahres 1907 60 fertige Unterseeboote von insgesamt etwa 13000 Tonnen besitzen wird. Zwei Jahre nach der Initiative Frank reichs ordnete die britische Admiralität den Bau von fünf Unterseebooten vom Hollandtyp an und hat seitdem dem Bau solcher Schiffe eine unablässige Fürsorge zugewandt. Die englischen Unterseeboote haben rn dieser Zeit eine bedeutende Entwickelung nach Größe, Geschwindigkeit und allgemeiner Leistungsfähigkeit er fahren, freilich auch unter erheblicher Steigerung der Baukosten für die einzelnen Schiffe. Jnbesondere ver breitet sich White über die Verwendung von Gasolin maschinen, die zur Steigerung der Geschwindigkeit und Vermehrung des Aktionsradius beigetragen, auch die Unterseeboote unabhängiger gemacht haben. Es hat sich dennoch als wünschenswert erwiesen, jeder Gruppe von Unterseebooten ein Hilfsschiff beizugeben, das als Basis und gewißermaßen als Vorratskammer dient. Dieselbe Maßnahme hat sich übrigens auch in Frankreich als notwendig herausgestellt. Bei der Anwendung von Gasolinmaschinen muß besonders Bedacht auf gute Ven tilation und darauf genommen werden, die Bildung explosiver Mischungen von Gas und Luft zu vermeiden. Daß andernfalls Unfälle eintreten können, hat die Er fahrung gelehrt. Bisher haben die Unterseeboote als Waffen ausschließlich Torpedos mitbekommen, aber cs ist neuerdings der Vorschlag gemacht worden, sie auch mit Geschützen auszustatten, was bei der modernen Bauart der englischen Unterseeboote auch möglich wäre. Das würde aber dahin führen, die Größe und die Kosten der Unterseeboote noch weiter zu steigern, und es bleibt noch fraglich, ob damit der Gewinn an Gefechtswert in gleichem Verhältnis stünde. Die Ansicht von White geht dahin, daß gegenwärtig die Unterseeboote an der Overfläche noch hilflos find, wenn sie von kleinen ge schwinden Schiffen angegriffen werden. Es sei daher natürlich, daß man auf eine Verbesserung in dieser Hinsicht bedacht sei. Schließlich gab Sir William auch über die drei ernsten Katastrophen Aufschluß, die sich mit britischen Unterseebooten in letzter Zeit ereignet haben. Im ersten Falle war der Untergang des Bootes einem zufälligen Zusammenstoß mit einem Dampfer zuzuschreiben. Im zweiten Falle veranlaßte das Entweichen von Gasolin und die Nachlässigkeit der Beobachtung von Vorsichtsmaßregeln eine ernste Explosion, im dritten Fall lag gleichfalls eine Explosion vor, deren Entstehung jedoch noch nicht genügend untersucht worden ist. Der russisch-japanische Krieg. Vom Kriegsschauplatz St. Petersburg. (Meldung der Petersburger Tele graphen-Agentur.) Ein Telegramm des Generals Line- witsch meldet dem Kaiser unterm 3. Juli: Bei den Heeren ist keine Veränderung eingetreten. Die russischen Truppen in Korea ergriffen die Offensive und besetzten Kopunsanz sowie mehrere südlich davon gelegene Plätze. Zu den Friedensaussichten. London. „Daily Telegraph" meldet aus Tokio vom 4. Juli: Der Beamtenstab des japanischen Friedens bevollmächtigten Ministers Komura wird wahrscheinlich bestehen aus dem Direktor des Bureaus für politische Angelegenheiten Nam aza, dem Legationssekrctär Adachi, dem Direktor des Nachrichtenbureaus Sato, dem Privat sekretär deS Ministers des Auswärtigen Honda, dem diplomatischen Attachs Donischi, dem ausländischen Beirat Denison, dem Obersten Tachibara vom Kriegs ministerium und dem Marineattachs in Washington, Kapitän Takeshi ta. Die japanische Preße gibt ihrer Befriedigung über diefe Auswahl warmen Ausdruck „Kokumin Schinbun" und „Nitschi Nitschi Schinbun" er klären, die Bevollmächtigten seien die fähigsten Diplomaten, die Japan hätte wählen können, und geben der Meinung Ausdruck, daß Umstände eingetreten seien, welche die Aussichten auf einen baldigen Friedcnsschluß wesentlich verbessern * Tokio. Auf der Konferenz in Washington werden nach amtlicher Verlautbarung Baron Komura und Takahira als Kommißare Japans fungieren. Die Leitung des Ministeriums des Äußern übernimmt interi mistisch Graf Katsura. Die Mission reist am 8. Juli ab. Die Meuterei auf -em „Lnjäs potemkin". Die St. Petersburger Telegraphen-Agentur meldet, daß das Panzerschiff „KnjäS Potemkin" in Feodosia eingetroffen ist Es verlangte Kohlen, Proviant und einen Arzt und forderte die Stadtverwaltung auf, sie solle ihm für einen Aufenthalt von einem Tage Sicher heit garantieren. Die Besatzung des Panzerschiffs hat folgende Er klärung an die fremden Mächte bckanntgegeben: Der Entscheidungskampf gegen die russische Regierung hat begonnen. Wir teilen dies allen fremden Mächten mit und halten es für unsere Pflicht, zu erklären, daß wir vollständige Garantie für die Unverletzlichkeit der fremden Schiffe geben, die sich aus dem Schwarzen Meere aufhalten, sowie der nicht russischen Häfen des Schwarzen Meeres. AuS Sofia wird von dem Wiener K K. Telegr- Korresp.-Bureau gemeldet: Das mit der Verfolgung des „KnjäS Potemkin" beauftragte russische Torpedoboot „Stremitelny" lief vorgestern abend den Hafen von Varna an. Nach Einnahme von Kohle und Wasser dampfte der „Stremitelny" gestern früh mit unbekannter Bestimmung ab. Die bulgarische Regierung hat die Hafenbehörden angewiesen, alle eventuell anlaufenden meuternden russischen Schiffe sofort zu dcsarmieren oder , zum Verlassen deS Hafens aufzufordern und nötigenfalls Gewalt anzuwenden. Der „Berl. Lokal. Anz." hat gestern von seinem Korrespondenten folgenden Bericht erhalten: „Das meuternde Schiff „KnjäS Potemkin", das heute vor Feodosia ein- getroffen ist, hat die verlangten Kohlen, Lebensmittel sowie einen Arzt erhalten. Die Schiffskaße enthält angeblich noch 750000 Rubel Ober die Aufgabe des Schwarzen Meer-Geschwaders unter dem Befehl des Admirals Krieger, der ausgesandt war, um die Besatzung des meutenrden Schiffes vor Odessa um jeden Preis sest- nehmen oder das Schiff in Grund zu bohren, erfahre ich folgende intereßante Details: Die Besatzung der Eskadre Kriegers befand sich ebenfalls in sehr aufgeregter Stimmung, so daß ein energisches Einschreiten gegen die Leute vom „KnjäS Potemkin" kaum zu erwarten war. Man war froh, als das Geschwader ohne Zwischen fall Sewastopol wieder erreichte Dort wurden bereits die Festungsartillerie wie die Torpedoboote bereit ge halten, nötigenfalls einzuschreiten Gegenwärtig ist der größte Teil der Matrosen der Schwarzen Meer-Flotte auf Monate beurlaubt anläßlich der unzuverlässigen Stimmung, die unter ihnen herrscht." * * St. Petersburg. Wie die „PeterSb. Tel -Ag " er fährt, entbehrt die Meldung, daß die Vertreter der auswärtigen Mächte gemeinsam die russische Regierung ersucht hätten, ihren Reichsangehörigen die während der Unruhen in Odessa erlittenen Verluste zu ersetzen, jeder Begründung. Tagesgeschichte. Dresden, 6. Juli. Se. Majestät der König begab Sich gestern nachmittag mit Ihren Königl Hoheiten dem Kronprinzen und der Prinzessin Alix von Wachwitz aus nach dem Hauptbahnhof und erwartete hier die Ankunft Ihrer Königl. Hoheit der Prinzessin Margarethe, Höchstwelche, von Bad-Elster kommend, nachmittags 4 Uhr 50 Min. hier eintraf. Dresdner ZMIMl Herausgegeben von der Königl. Expedition des Dresdner Journals, Dresden, Große Zwingerstraße 20. — Fernspr.-Anschluß Nr. 1295. Erscheine«: Werktag- nachm. 5 Uhr. — Origiualberichte und Mitteilungen dürfen nur mit voller Quellenangabe nachgedruckt werden. vejug-prei«: Vrim Bezüge durch die chelchäft»«,», inuerSasS Pressen» 2,50 M. (rinjchl. Zutragungl, durch die ün Deu siche» Reiche » M. (ausschließlich Bestellgeld) vierteljährlich Einzelne Nummern 10 Ps Wird Zurücksendung der für die Schristleitung bestimmten, aber vrn dieser nicht ein- gesorderten Beiträge bean sprucht, so ist das Postgeld beizufügen. ElnkündigungSgebühren: Die Zeil« kleiner Schrift der 7 mal gespaltenen Ankündi gung-Seite oder drrenRaum 20 Pf. Bei Tabellen- und Ziffernsatz 5 Pf Aufschlag sür die Zeile Unterm Re- daktion-strich (Eingesandt) oie Dextzeile mittler Schrist oder deren Raum 50 Ps. Gebühren - Ermäßigung bei österer Wiederholung. Annahme der Anzeigen bi- mittags 12 Uhr sür tue nach- mittags erscheinende Nummer. Kunst und Wissenschaft. Residcnzthcater. — Am 5. d. M: „Soldaten" Schauspiel in vier Akten von Leo Walther Stein un Ludwig Heller. (Zum erstenmal.) Mit großem, nach jedem Akte kräftiger sich äußern den Beifall wurde gestern abend im Residenztheater ein Schauspiel ausgenommen, das sich mit der Schilderung der Psyche des Soldatenstands befaßt, freilich nicht im tendenziösen Sinne der Dichtungen Hartlebens oder Beyerleins. Gute und tüchtige Offiziere und Soldaten werden in ihm vergleichend solchen gegenübergestellt, die nicht zu diesem ernsten, arbeitS- und verant wortungsreichen Berufe taugen — das Stück gibt ein eindrucksvolles Soldatenbild mit all der Farbig keit, welche die Stücke der vorgenannten Schrift steller zeigen, nur ohne die grellen Schlaglichter, mit denen jene operieren und die sie so subjektiv spielen laßen, als würde von ihnen das militärische Leben allein, das bürgerliche nie betroffen. Das Stein-Hellersche Stück darf wohl als ein erster Versuch der beiden Schriftsteller zur dramatischen Dar stellung des Soldatenlebcnö angesprochcn werden; dafür zeugt die ziemlich stark hervortretende Unbeholfenheit in dem Ausbau der Handlung, die keine einheitliche, sondern cine aus Handlungen zusammengesetzte ist. Aber dieser Versuch ist kein mißlungener, er verspricht größere künst lerische Erfolge als den gestrigen, wenn cS den Schriftstellern gelingt, in einer künftigen Arbeit die Fabel klarer vor- zutragcn, sie straffer sich abspielen zu lasten DaS Können dazu ist, nach dem, wa» man gestern erkennen konnte, vorhanden: die Figuren werden gut charakterisiert, die Geschehnisse plastisch dargestellt. Die Kleinmalerei in den einzelnen Szenen zeuat von dem guten Blick der Schriftsteller für die Beobachtung de« Ledens. Aber diese Szenen selbst sind Nicht einheitlich genug miteinander verbunden, um in wahrnehmbarer Steigerung zu einem Höhepunkte hinzuführen; gerade dort, wo dieser sich befinden sollte, treten Lücken in der Szenen führung sowohl wie auch im Dialoge ein, welche die Wirkung des Stückes beeinträchtigen. Der schöne Ernst, mit dem die Herren Stein und Heller ihr Thema behandeln, läßt die Schwächen, die das Stück in seiner gegenwärtigen Gestaltung zeigt, milde betrachten und rechtfertigt den Wunsch, daß es sich sür einige Zeit, statt der lasciven französischen Schwänke, auf dem Spielplan erhalte. Dieser Wunsch ist umso mehr gerechtfertigt, als das Ensemble des Residenztheaters bekanntermaßen m der Wiedergabe dieser Art von Bühncn- wcrken ganz ausgezeichnetes leistet. Hr. Direktor Karl Witt und mit ihm die Herren Richard Eivenack, Willy Schröder und Ignaz Janda stellten vortreff lich gelungene Offizierstypen, die Herren Alexander Olbrich, EmilGähd, Johannes Kunde, Johannes Schrotky und Adolf Braunstein sehr echt gesehene Soldatenfigurcn dar. Dazu kamen die fleißigen Leßtungcn der Damen Julie Kronthai, Ernestine Münchheim, Helene Normann und Anni Schittenhelm und ein frisches, slotteS Ensemblespiel von unmittelbarster Wirkung. Die Einstudierung und Jnszencsetzung hatte Hr. Direktor Witt mit seinem bekannten Geschick und guten Geschmack besorgt — sie ist immer Gewähr dafür, daß man, von rein bühncntechnischen Gesichtspunkten beurteilt, einen genußreichen Theaterabend verlebt W DgS Wissenschaft. * Die vierte gemeinsame Versammlung der Deutschen und der Wiener anthropologischen Gesellschaft, zugleich die 36. allgemeine Versammlung der Deutschen anthropologischen Gesellschaft, findet vom 28. bi« 31. August in Salzburg statt Daran reihen sich Ausflüge nach 'Nußdorf und Mttterberg, an die dal matinische Küste und nach Bosnien und der Herzegowina. * Die Ausgrabungen in Oropos, die schon so manche wertvolle Ausbeute, besonders an Inschriften, gebracht haben, werden von dem griechischen Archäologen B. Leonardos in diesem Jahre fortgesetzt werden, und zwar in der Umgebung des Heiligtums des Orakclgotts Amphiaraos. -f Einer der namhaftesten Geographen unserer Zeit, der Franzose Eliser RecluS, der seit vielen Jahren als Prof an der Freien Universität in Brüssel wirkte, ist plötzlich auf der Besitzung seines Freundes Debronkere in Thourout im 76 Lebensjahre am Herzschlag ge storben. Ein schicksalSrcicheS Leben, in dem sich wissen schaftlicher Forschcrdrang mit politischer Tatenlust mischten, lag hinter ihm, als er 1894 zum Leiter des geographischen Institut« dieser Universität berufen wurde 1830 als Sohn eines protestantischen Pfarrers im Departement Gironde geboren, studierte er in Montauban und Berlin (hier unter Karl Ritter), mußte 1851 Frankreich infolge des Staatsstreichs verlaßen und bereiste nun Groß britannien, Irland und Amerika. Nach Frankreich zurückaekehrt, trat er während der Belagerung von Pari« 1870/71 in die Nationalgarde ein und blieb auch während der Kommuneherrschaft bei dieser; hierfür wurde er später zur Deportation verurteilt, welche» Urteil jedoch durch den Präsidenten Thier« in Verbannung aus Frankreich gemildert wurde Nach mehrjährigem Aufent halt in Lugano konnte er durch die allgemeine Amnestie nach Frankreich zurückkehren, zog es aber bei seinen radi- kalen politischen Anschauungen vor, sich der ncugegrün- detcn sozialistischen Brüsseler Universität anzuschlicßen, wo er neben seinem ihm auch in seiner politischen Ge sinnung verwandten Bruder Elie, der im vorigen Jahre gestorben ist, Geographie und Völkerkunde lehrte. RecluS schrieb eine physikalische Geographie unter dem Titel „I,a 1'erre" (1867—68), ein Buch, das auch in deutscher Übersetzung erschien und dem sich sein Hauptwerk, die groß angelegte „Xouvelle b^oFrapbie universelle" (1876—94, 19 Bände) anschloß Andere Schriften befassen sich mit der Geographie der Alpen oder beschreiben seine Forschungs reisen. Sein politisches Glaubensbekenntnis hat er nieder gelegt in: „I/övolution, la rövolution et I'ickeal anarcbi- <iue" (1896). Ein im Laufe der Jahre in Vergessenheit geratener Australienforscher aus der Zeit, da durch die Arbeit kühner Pioniere das Innere des Erdteils in großen Zügen bekannt wurde, Sir Augustus C. Gregory ist Ende Juni im Alter von 86 Jahren gestorben. Mit seinem Namen verknüpft sind auch die Bemühungen um die Aufhellung des Schicksals unseres in Australien ver schollenen Landmanns Leichhardt. Gregory, der 1819 in Nottinghamshire geboren wurde, trat, als Geologe und Topograph vorgcbildet, 1841 in den Dienst der Negierung von Westaustralien und unternahm zu nächst m diesem Gebiet einige Reisen. Mit seinen zwei Brüdern, von denen der zweitälteste Frank T. Gregory sich als Australienforscher ebenfalls einen Namen gemacht hat, und einem dritten Beamten zog Gregory 1846 vom Swanfluß nach Nordosten zum Mount Jackson, dann nach Nordwesten zu dem kurz vor her entdeckten Lake Mooe und am Arrowsmith River, wo Kohlen entdeckt wurden, zur Küste zurück. Seine nächsten beiden Reisen, 1848 und 1852, galten der Er forschung des Küstengebiet« nördlich von Perth, wo er über den Murrhison River hmau«, doch nicht ganz bi« zum Gascoyne River gelangte. Er hatte am Murrhison Bleierz, auch vielfach gutes Land gesunden, so daß ihm schnell Niedrrlaßungen im heutigen Viktoriabezirk folgten. 1855 bis 1856 führte Gregory eine große Expedition durch Nordaustralicn au«, an der sich u a. auch der deutsche Naturforscher Ferdinand v. Müller und der
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