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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 12.11.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-11-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191011121
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19101112
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- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19101112
- Sammlungen
- Saxonica
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- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
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Veullches Seich. Leipzig. 12. November. * Konferenz der Kreis» und Amtshauptlent«. Am 2. Dezember findet im Ministerialgebäude in Dresden eine Konferenz und Besprechung mit den Kreis- und Amtshauptleuten des Landes statt. * Ein bemerkenswerter Beschluss. Die Sächsische Textilberufsgenostenschast hat sich, wie deren stell vertretender Direktor Dr. Segniy auf der Hauptver. sammlung der Oberlausitzer Ortsgruppe des Verban- des Sächsischer Industrieller mitteilte, einstimmig gegen die Erhöhung der Krankenkassen beiträge der Arbeitgeber ausgesprochen. — Die sächsische Textilindustrie, die bisher in einzelnen ihrer Zweige zum Zentraloerband Deutscher Industrieller gehörte, tritt mit diesem Be schlüsse in Gegensatz zu der vom Zentralverband Deut scher Industrieller eingenommenen Haltung in dieser Frage. O * Der Kaiser in Wolssgartcn. Der Kaiser wurde am Freilagvormitlag bei der Ankunft aus dem Schloß Woffsgarlen von der Kaiserin von Rußland, der Großherzogin von Hessen und der Prin zessin Heinrich von Preußen empfangen. Das Wetter war trübe und stürmisch. Um 1 Uhr sand Hoftafel statt. — Der Kaiser begab sich nach herzlicher Verabschiedung von den fürstlichen Damen in Be gleitung des Kaisers Nikolaus, des Großherzogs von dessen und des Prinzen Heinrich zum Bahnhof Egels- öach, von wo um 2 Uhr 37 Min. die Weiterreise nach Baden-Baden erfolgte. Trotz strömenden Regens verharrten Kaiser Nikolaus, der Großherzog von Hessen und Prinz Heinrich bis zur Abfahrt des Zuges aus dein Bahnsteig und winkten dem Kaiser fortgesetzt Abschiedsgrüß« zu. Das ungeachtet des Regens zahlreich versammelte Publikum bereitete den Fürstlichkeiten lebhafte Ovationen. * Aus dem Bundesrat. In der Donnerstagsitzung des Bundesrats wurde auch über eine Befreiung der Laienbeamten des Bistums und Domkapitels zu Fulda von der Invalidenversicherungspflicht und über die Festlegung der Jnlandsverkaufspreise für be stimmte Sorten von Kalisalzen Beschluß gefaßt. * Aus den Reichstagskommissionen. Die Reichs oersicherungskommission beschloß am Frei tag, auch Gerbeoeibetriebe und Steinzerkleinerungs- betriebe unfallversicherungspslichtig zu machen. Die Kommission des Reichstags für die Strafprozeß novelle und die Novelle zum Gerichtsverfassungs gesetz beendete am Freitag ihre Arbeit. * Ein Hamburger Berfassungsstreit. Möglicher weise wird das Reichsgericht demnächst mit einem Verfassungsstreit zwischen dem Senat und der Bürgschaft Hamburgs befaßt werden. Der Ham burger Senat hatte zwei Gelehrte, die Doktoren Unna und Schütt, zu Professoren ernannt. Die Bürgerschaft versuchte daraufhin beim Senat, ihre Zustimmung zu der Ernennung nachträglich einzu holen. Der Senat blieb aber auf seinem Stand punkt stehen, daß er allein zuständig sei. Da sich somit zwei gegenteilige Auffassungen gegenüber stehen, so wird zunächst eine Vermittlungs deputation eingesetzt werden müssen, um den Streit zu schlichten. Gelingt dies nicht, dann würde der Streit vor das Reichsgericht kommen. * Zur Schlachtvieheinfuhr aus Frankreich. Ein amtlicher Erlaß setzt, wie der „Allg. Fleischerzlg." aus Straßburg telegraphiert wird, die Höhe des Einfuhr kontingents französischen Schlachtviehs nach Elsaß- Lothringen fest. Danach sind für Straßburg wöchentlich 50V Stück Großvieh und 500 Schweine, .für MLtz -100 Stück Großvieh und 300 Schwein« mist für Mülhausen 400 Stück Großvieh und 600 Schweine zur Einfuhr erlaubt. * Di« Ausnahme der brasilianischen Offiziere in der deutschen Armee. Wie der ,Znf." mitgeteilt wird, wird in den inzwischen eingegangenen Berichten der brasilianischen Offiziere, die seit dem 1. Oktober d. Z. auf einzelne preußisch« Truppenteile verteilt wurden, einstimmig heroorgehoben, daß der Empfang, der ihnen bei den einzelnen Truppenteilen durch die Offizierkorps bereitet wurde, äußerst herzlich und kameradschaftlich war. Besonders erwähnt wird hier und da die Tatsache, daß die rote Beinkleidung der Offiziere zuweilen bei einzelnen Elementen der Be völkerung zu der Auffassung geführt hat, daß di« brasilianischen Offiziere Franzosen seien, was sich durch Zurufe usw. geltend machte. * Zur Reichstagswahl. Zn einer in Fulda abge- haltencn Vertrauensmännerversammlung der Zen- rrumspartei des Wahlkreises Schlüchtern-Hünfeld- Rorhenberg gab der Abgeordnete Müller Fulda als festen Entschluß kund, au» Alter»- und Gesundheitsrücksichten bei der nächsten Reichstagswahl nicht mehr kandidieren zu wollen. Z Zum Fall Kindermann ergreift nun auch der württembergische Kultusminister das Wort, indem er im „Staalsanzeiger" erklärt, daß er an dem Vorgehen des Direktor» der Landwirt schaftlichen Hochschule, von Strobel, unbetei- l r gt sei. Die Sch u lS iälll demnach allein auf Strobel, der agrarischen Einflüssen allzu will fährig sein Ohr geliehen hat. Selbstverständlich be hauptet die „Deutsche Tagesztg.", daß von einem Boykott nicht im entferntesten die Rede sein könne, denn ..wenn ein Lehrer an einer landwirtschaftlichen Hochschule den Bund der Landwirte scharf, ja gehässig bekämpft, so kann man es doch den Landwirten wahr haftig nicht verdenken und verargen, wenn sie ihre Söhne nicht auf di« Hochschule, an der ein solcher Gegner wirkt, sondern auf eine andere senden." Den geistig schwerfälligen Lesern der „Deutschen Tageszeitung" gegenüber mögen derartige Ver dunkelungsredensarten vielleicht verfangen, klar sehende und klardenkende Menschen können in der Behandlung Kindermanns nichts anderes als einen neuen erfolgreichen Boykottversuch des Bundes der Landwirte erkennen, denn vorläufig ist der Bund der Landwirte immer noch nicht identisch mit der deutschen Landwirtschaft. * Bolksschullehrer als Schöffen. Der Deutsche Lehrerverein beabsichtigt an den Reichstag eine M a s s e n p e t i t i o n zu richten, die die Zu lassung der Bolksschullehrer zum Schösfenamt betrifft. Um diese Petition vorzudereiten, werden die Land lehrer, wie der „Berl. Lok.-Anz." meldet, aufgefordert, Material über folgende Fragen zu sammeln: 1) Wie ost und aus welchen Gründen ist an einer einklassigen Volksschule im letzten oder vor letzten Jahre der Unterricht ausgefallen, ohne daß eine Vertretung für nötig erachtet war? 2) Wie- viele einklassige Schulen gehören zum Amtsgerichts bezirk? 3) Wieviel Volksschullehrer von ein- und mehrklassigen Schulen hat ungefähr der Amts gerichtsbezirk? 4) Wieviel Schöffengerichtssitzungen finden ungefähr jährlich beim Amtsgericht statt? 5) Dauern sie gewöhnlich einen Tag oder zwei Tage? 6) Welche andern Beamten, Lehrer an höheren Schulen, Förster usw. haben dort bereits als Schöffen mitgewirkt und im Zeitraum von wie- oielen Jahren kamen sie ungefähr an die Reihe? Es wird sich ja aus den Antworten zeigen, ob die Behauptung des schwarz-blauen Blocks, die Lehrer hätten a.us beruflichen Gründen nicht die Zeit zur Ausübung des Schösfenamts zur Verfügung, stich haltig ist. Vielleicht bereiten aber auch die Antworten gewissen ostelbischen Kreisen noch in anderer Be ziehung eine nette Ueberraschung. * Ueber die Aufgaben und die Organisation der Fabrikwohlfahrtspfleg« in Le, Gegenwart hat die Zentralstelle für Volkswohlfahrt soeben in Carl Hey- manns Verlag eine Schrift herausgegeben, die sowohl Las Interesse der Unternehmer als auch dasjenige der Arbeiter und der Sozialpolitiker in hohem Maße er wecken dürfte. Gegenüber den Anfeindungen und Vorwürfen, die die Wohlfahrtspflege in den in dustriellen Unternehmungen besonders anläßlich des Pensionskastenstreites ganz allgemein erfahren hat, wird hier der Versuch gemacht, einmal ganz allgemein zu untersuchen, was denn die Fabrikwohlfahrtspflege bisher geleistet und wie sie sich entwickelt hat, wie sich Licht und Schatten bei näherer Betrachtung verteilen und wie demnach.. dir Bedeutung der Fabrikwohl- fahrtspsleg« in heutiger Zeit zu bewerten ist. Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, daß zwar die sozialpolitische Gesetzgebung und die Gewerkvereins- bewegung wohl imstande und dazu berufen sind, in der aufsteigenden Entwicklung der arbeitenden Klassen Hindernisse Hinwegzuräumen, Schutzwälle gegen per sönliche und wirtschaftliche oder gesundheitliche Be einträchtigung zu errichten, daß sie aber nicht die in dividuelle und intensive Förderung auf wirtschaft lichem, gesundheitlichem und geistigem Gebiet zu er setzen vermögen, die die Fabrikwohlfahrtspflege leisten kann. Die Fabrikwohlfahrtspflege hat daher auch in heutiger Zeit noch eine notwendige und be deutsame Aufgabe zu erfüllen. Sie kann das aber nur, wenn sie in sozialem Geiste organisiert ist und verwaltet wird. Die Fragen der Organisation und Verwaltung der Fabrikwohlfahrtseinricbtunaen wer den eingehend behandelt. Die Schrift enthält außer einer lnstematischen Darstellung der Organisation der Fgbrikwghlstihrtsvsleae von Dr. Altenrath noch die Verhandlungen der Braunschweiger Konferenz der Zentralstelle für Volkswohlfabet mit Referaten non Dr. R. v. Erdberg, Snndikue Dr. Dilloo und Reichs tagsabgeordneten Arbeitersekretär Giesberts. Da mit die Meinungen über dieses strittige Gebiet so zialer Arbeit eine Klärung finden und das Interesse an dieser Arbeit in Unternehmer- und Arbeiterkreisen möglichst gefördert wird, ist ihr die weiteste Ver breitung zu wünschen. * Antisemitisch, Zeitungsfusio«. Ein ähnliches Schicksal, wie das antisemitrsche „Reich" vor kurzem erfuhr, als es in den „Reichsboten" aufging, scheint sich bei der „Staatsbürger-Zeitung" vor- zuberriten. Sie hat bei der „Dtsch. Tagesztg." eine liebevolle Hilf« gefunden, die seit dem 1. November den Druck besorgt und einen großen Teil des Textes liefert. Der bisherige Chefredakteur des „Reich", Dr. Oesterreicher, ist als Redakteur bei der „Staatsb.- Ztg." eingetreten. * Eisenbahnverwaltung und neu« sozialdemo kratische Zeitschrift. Die Eisenbahnverwaltung gibt bekannt, daß der sozialdemokratische Transport arbeiteroerband eine neue Zeitschrift, betitelt „Das neue Eisenbahnerblatt", erscheinen läßt, das kostenlos unter allen Interessenten usw. verteilt wird. Es wird darauf hingewiesen, daß die neue Zeitschrift dieselben ordnungsfeindlichen Tendenzen verfolgt wie der „Weckruf", das Organ der Reichssektion der Eisenbahner des Tranportarbeiterverbandes, das auch in demselben Verlag erscheint wie die genannte Zeit schrift. Die Verwaltung verbietet das Lesen und Verbreiten sowie die Förderung des Blattes unter Hinweis auf Kündigung des Dienstverhältnisses. * Privatbeleidigungsklage gegen Dr. Diederich Hahn. Der Führer des Bundes der Landwirte, Dr. Diederich Hahn, war vom Schöffengericht zu Neu haus an der Oste zu 20 Geldstrafe wegen Belei digung der Firma Callmann verurteilt worden. Es war Berufung beim Landgericht Stade ein gelegt worden. Die dortige Strafkammer hat jedoch am 10. November die Berufung verworfen und sich dem Urteil des Schöffengerichts angeschlosien. In der Begründung, die zum Teil etwas merkwürdig an mutet, wird gesagt: Dr. Hahn habe sich, wenn nicht der Erfindung, so doch der Verbreitung eines falschen Gerüchts schuldig gemacht, indem er behauptete, die Firma sei insolvent. Damit werde einem Kaufmann etwas nachgesagt, was die kaufmännische Ehre am schwersten treffe. Daß Dr. Hahn Abgeordneter sei, schütze ihn nicht. Die Abgeordneten hätten leider (?) das Recht von der Tribüne Les Parlaments herab, alle anderen mit Beschimpfungen zu überhäufen und alle möglichen Lügen zu verbreiten. Aber im Privat leben hätten sie nicht mehr Recht, wie alle anderen. Dr. Hahn will gegen das Urteil Revision einlegen. * Eine neue Kruppsche „Vombenkanone". Die Firma Krupp hat, wie der Korrespondenz „Heer und Politik" von militärischer Seite geschrieben wird, eine „Vombenkanone" konstruiert, die im zukünftigen Kriege vielleicht von großer Bedeutung werden kann. Besonders für den Festungskrieg dürfte sie durch die ganze Art ihres Baues und durch ihre Schußwirkung von entscheidender Wirkung sein. Die Konstruktion dieses Sondergeschützes erfolgte auf Grund der Er fahrungen, die beim Kamps auf die Festung Port Arthur gemacht worden sind, und die die letzten Er fahrungen darstellt, die von einem Kampf gegen eine Festung vorliegen. Es ergab sich aus den Kämpfen um Port Arthur nämlich, daß die bisherigen An schauungen über den Festungskrieg nicht den Tatsachen entsprachen. Besonders ergab sich daraus eine Ueber- schätzung der schweren Artillerie, die durchaus nicht imstande war, durch Zerstörung der großen Festungs werke der Infanterie den Weg zum Sturm zu bahnen. Es werden darum außer den Minen auch andere Kampfmittel erprobt. * Die Vertretung der Parteien im Reichstag 1871 bis 1S1V. Im Verlag der Buchhand lung der N a 1 r o n a l l i oe r a l e n Partei (Berlin VV. 9, Schellingstraße 9) ist soeben ein; farbig-graphische Darstellung der Parteien im Reichstag von 1871 an bis zur Gegen wart, berausgegeben vom Zentralbureau der nationalliberalen Partei, erschienen. Das Werk, das mit großer Sorgfalt gearbeitet ist, zeigt in einzig dastehender Uebersichtlichkeit die Vertretung jed;s einzelnen der 397 Wahlkreise durch die betreffende Partei in jeder Legislaturperiode und ersetzt da durch in vielen Fällen die größeren und schwer zu handhabenden Nachschlagebücher. Sodann aber gibt die Darstellung einen ganz ausgezeichneten Ueber- blick über die jeweilige Stärke der Parteien im ganzen Reich sowohl als in den einzelnen Landes teilen. Nicht nur für den Politiker wird daher die Arbeit ein äußerst willkommenes und einem wirk lichen Bedürfnis entsprechendes Hilfsmittel sttn, sondern auch für jeden Laren, der sich rasch orien tieren will. Der Preis von 2 -K erscheint angesichts der besonders guten Ausstattung des Werkes äußerst mäßig. * „Unter de« Scheinwerfer." Um leidiger Thro nistenpflicht zu genügen, müssen wir mitteilen, daß der bekannte Regierungsrat a. D. Rudolf Martin wieder ein Buch zusammengestellt hat, das er „Unter dem Scheinwerfer" betitelt «Berlin und Leipzig, Schuster und Löffler). Der Verfasser verleugnet auch hier seine Eigenart nicht, er wiederholt, was er hier und da gesammelt, spricht über den Reichs kanzler. Kiderlen-Wächter, Delbrück, Thyssen, Stinnes u. m. a., ohne sonderlich Aufregendes oder Belang volles mitzuteilen. Das Buch ist gleich in 1. bis 4. Auflage erschienen. Nusianü. /rsnkretch. " Veränderungen in der französischen Generalität Zum Mitglied des obersten Kriegsrates ist der 62 Jahre alte General Chomer ernannt worden. Er ist aus Metz gebürtig und machte als Leutnant die Schlacht der St. Privat mit. Er hat zuletzt das 17. Armeekorps kommandiert. Zum neuen Komman deur des 20. Armeekorps in Nancy ist der in gleichem Alter stehende General Eoetschy ernannt. Chef des Korps von Besan^on wird General Bonneau. Norwegen. * Skandinavische Eisenbahnkonferenz. Zn Christiania wurde eine skandinavische Eisen, bahnkonferenz abgehalten, auf der beschlossen wurde, einen Ausschuß zu ernennen zur Besprechung einer Eisenbahnverbindung von Christiania nach dem südli chen Ausland via Trelleborg oder Kopenhagen. Die nächste Versammlung des ge samten Ausschusses soll am 28. November in Wie s- baden zusammentreten. Serbien. * Das Befinden des Kronprinzen. Aus Belgrad wird gemeldet: Der Kronprinz verbrachte die Nacht zum Freitag in ruhigem Schlummer. Morgens wurde beim Erneuern des Verbandes festgestellt, daß die Wunde am Rücken vollständig rein ist und von den Rändern aus verwächst. Links von der Wunde hatte sich ein neues Geschwür gebildet, welches sofort geöffnet wurde. Temperatur 37,2 Grad. Merlko. * Die Ausschreitungen gegen die Amerikaner. Wie eine Depesche aus Mexiko meldet, verhin derten die am Donnerstag ergriffenen Maß nahmen eine Wiederholung der gegen Amerika ge richteten Kundgebungen. Der Minister des Aeußern versicherte dem amerikanischen Botschafter, daß es nicht mehr zu Ausschreitungen kommen werbe. — Aus Washington verlautet, daß die amerikanische Regierung zwar formell gegen die Ausschreitungen gegen Amerikaner in Mexiko protestiert hat, der dor tigen Regierung aber kaum ernstliche Schwierigkeiten machen dürfte. Nach Meldungen aus New Pork war, wie schon kurz berichtet, die unmittelbare Veran lassung für den Ausbruch der antiamerikanischen Un ruhen in Mexiko das Lynchen des Mexikaners An tonio Rodriguez „wegen Unmoralität" in Rock springs, der von einer aufgeregten Volksmenge auf einem Scheiterhaufen verbrannt wurde, aber ein weiterer Grund ist, daß in Mexiko von regierungs- feindlicher Seite das Gerücht verbreitet wurde, die Washingtoner Regierung habe sich dazu herbcige- lassen, Gegner des Präsidenten Diaz an diesen aus zuliefern. Lsnsüs. * Gegen den englischen Imperialismus. Aus Ottawa wird über eine große Demonstration gegen eine Beteiligung Kanadas an der neuen englischen Politik des „imperialen Militarismus" berichtet. lieber 10060 Menschen heteiligten sich laut „L.-A." an der Demonstration und nahmen eine Resolution an, in der es heißt: „Die Versammlung hält dafür, daß es gegen das Prinzip der kana dischen Autonomie und gegen das wahre Jnter- esse des britischen Reiches wäre, Kanada irgendwelche Verpflichtungen zu einer militärischen Verteidigung außerhalb Kanadas aufzuerlegen. Denn nur inner halb Kanadas und nirgendwo anders im ganzen Reiche hat das kanadische Volk politische und kon stitutionelle Rechte." Neue Schumann-Briefe. Aus dem Robert-Schumann-Museum in Zwickau. Mitgeteilt von At. .streifig. (Nachdruck vrrvoten.) Die vor wenigen Wochen in dem Artikel „Robert Schumann und Las Gewandhaus in Leipzig" er wähnten zwei bisher undekan nt en Briefe Rooert «chumanns an Len Advokaten Schleinitz sind wir heute in der Lage, im Wortlaute mitzuteilen. Zur Erläuterung «eien einige Bemerkungen ooraus- ge,chickt: Der Empfänger, Dr. jur. Conrad Schlei- ii i tz, wird vielen unjerer Leser noch in lebhafter Er innerung fein. Er starb am 13. Mai 1881, lebhaft betrauert von allen Musikfreunden der Stadt. Und wenn die Konzertdirektlon ihm damals folgenden Nachruf widmete: „Fast ein halbes Zahrhuirdert hin durch hat der Entschlafene in der Mitte der unter zeichneten Konzerrdirektion gewirkt. Zn elner für das musikalische Leben Leipzigs unvergeßlichen großen Zeit hat er den Ruf der Eewairühauskonzerte neu be festigen helfen und ist seitdem mit unermüdlichem Eifer und unerschütterlicher Beharrlichkeit dafür ein getreten, daß unser Institut sich nie von den Bahnen der echten und wahren Kunst, deren Pflege er sich zur ausschließlichen Lebensaufgahe gemacht halte, ent ferne. Mittelbar hat hierdurch Conrad Schleinitz auf die weitesten Kreise unserer Stadt einen bildenden, erhebenden und veredelnden Einfluß geübt, wir selbst aber, die unmittelbar Zeugen des Wirkens des nun von uns geschiedenen Kollegen gewesen sind, bewahren sein segensreiches Andenken in treuem Gedächtnis", so ist hier kein Wort des Lobe» zuviel gesagt. Schleinitz war, als Schumann 1830 nach Leipzig kam, um sich ganz der Musik zu widmen, bereit» eine in Musikkreisen bekannte Persönlichkeit, und zwar als Solosänger hei Choraufführungen in den Gewand hauskonzerten. zu welchen man ihn schon 1819/20 als 17jähriqen Thomaner herangezogen hatte. Nach und nach wird der Einfluß Schleinitz' bezüglich der Musik pflege immer größer, 1834 wird er Mitglied der Kon zertdirektion und von 1839 (bis etwa 1844) ist er auch als Musikberichterstatter für die „Allgemeine Musik- zeitung" tätig. Durch gelegentlichen Verkehr im Kasfeebaum". wo sich alle musikbegeisterten Männer trafen, wird er mit dem acht Jahre jüngeren Schu mann bekannt, dein er seine Freundschaft zuwendet. Schumann wendet sich darum ost mit der Bitt« um Rat an Schleinitz, und findet stets Förderung. Zu dem Inhalte seines Brieses sei noch erwähnt. Laß Schumann im Februar 1841 (ein halbes Zahr nach seiner Verheiratung mit seiner Clara) seine 1. Sin fonie vollendet hatte, mit „Frühlingssehnsucht im Herzen", wie er später einmal an W. Taubert in einem übrigens auch noch in keiner der gedruckten Sammlungen enthaltenen Briefe schreibt, und daß er nun den Herzenswunsch hatte, sein großes Erstlings orchesterwerk zur Aufführung zu bringen. Mit dieser Aufführung sollte dann zugleich das erste Wieder auftreten Clara Schumanns seit ihrer Verheiratung verbunden werden, dem man in den Leipziger Musik kreisen mit freudiger Spannung entgegensah. Wie Clara Schumann später über das am 31. März 1841 stattgefundene Konzert an Emilie List schreibt (ogl. Litzmann, Band II) ist sie denn auch mit Hellem Zubel empfangen worden. „Ich wurde empfangen mit einem so anhaltenden Enthusiasmus, daß ich blaß und rot wurde: er hörte nicht auf, selbst als ich schon am Klaviere saß. . . .: ich spielte, wie ich mich selten er innere, gespielt zu haben. . . . Meines Mannes Sym phonie errang sich einen Sieg über alle Kabalen und Intriguen ... nie hörte ich eine Symphonie mit sol chem Beifall aufnehmen. . . Mendelssohn dirigirte sie und Freude strahlte aus seinen Augen. Die Lieder (es waren von R. Schumann „Löwenbraut" und „Widmung" und von Cl. Schumann „Am Strande") machten auch entschieden Glück, und das letzte („Wid mung") mußte die Schloß wiederholen." Der Brief lautet: Derehrtester Herr! Erlauben Sie, daß ich mich in unserer Konzert- Angelegenheit noch mit einigen Fragen und der Bitte um Ihren guten Rath an Sie wende. Da« da» Konzert für das Institut ist, wissen Sie vielleicht, meine Frau wollte ihrem früheren ver sprechen nicht untreu werden, mit ihrer Kunst etwas zum Besten des Fundu» beizutragen. Nun wünschten wir aber auch, daß da» Konzert recht interessant würde, daß alle» schön u. ebep von Statten ginge, wozu es namentlich der»-. Unterstützung des Orchesters bedarf. Das Programm haben wir vorläufig so gestellt: 1) Ouvertüre lDis Najadcn) — Clavierstück mit Orch. Gesangsstück mit Orch. — Claviersoli». — 2) Svmphonia. — Bierhändiges Clavierstück. — Lieder mit Tlavier. Claviersolo. Daß von der SqmpHonte 2 Proben gemacht wür den, wäre mir sehr wünschenswerth: ich hoffe, es wird sich ein Tag zu einer Extraprobe finden lasten, u. ersuche Sie freundlich um Unterstützung meiner Bitte. Da mein Copist aber nicht vor Diens tag mit Abschreiben der Stimmen fertig wird, so könnte jene nicht vor Mittwoch den 24sten sein. Setzen wir vorläufig den 24stcn als Tag der Probe u. den 29sten, wie wir schon besprochen, als den des Kon zertes. Die Symphonie verlangt einigen Aufwand — 3 Posaunen, 4 Hörner, 1 Triangel u. 3 Pauken, im Uebrigen ein möglichst stark besetztes Quartett. — Schreiben Sie mir, mein verehrtester Herr, mit eini gen Worten, was, damit es an Nichts fehle, ich über haupt bei der Sache zu thun habe, was nicht, damit sich Nichts durchkreuze. Meine Frau verbindet ihre Bitte mit der meini gen und empfiehlt sich Ihnen angelegentlich. Ihr ergebener Robert Schumann. L. (Leipzig), den 15ten März 1841. Der zweite Brief ist reichlich 2Vr Zahl später ge schrieben. Er trägt zwar keine Dalumangabe, aber er kann nur Dezember 1843 geschrieben sein. Wieder handelt es sich um die Aufführung eines großen Erst lingswerkes, das erste große Chorwerk. „Paradies und Peri" hatte am 4. Dezember seine Erstaufführung erlebt, und eine Woche später sofort eine Wieder holung. Wie die Erstaufführung der 1. Sinfonie im Frühjahr 1841 auf Zvunsch des Ehepaares Schumann zu einem wohltätigen Zwecke bestimmt war, so auch die Erstaufführung „Paradies und Peri". Die im ersten Teile de» Briefes in Aussicht gestellte Nieder legung der Redaktion, es ist die „Neue Zeitschrist für Musik" gemeint, die Schumann 1834 begründet hatte, trat am 1. Januar 1844 noch nicht ein. sondern erst ziemlich «in Jahr später. Erst Ende 1844 ging die Redaktion an Oswald Lorenz und Anfang 1845 von diesem bereits wieder an Franz Brendel über, llebri- gen« hatte sich Schumann schon längst mit dem Ge danken «tragen, dieser Fessel sich zu entledigen: schon 1838 bekannte er, daß er „nur gezwungen Buchstaben, und am liebsten gleich Sonaten und Symphonien" schreibe. Die Statuten des Konservatoriums, die Schumann abdrucken will, waren damals eben erst aufgestellt worden (Gründung des Konservatoriums am 1. April 1843) und Schumann wendet sich an Schleinitz, weil dieser mit zum Vorstand gehört (von 1849 an war er dann Vorsitzender). Der im Briefe weiter erwähnte Stadtrat Dr. Seeburg war gleich falls Vorstandsmitglied des Konservatoriums, wie er zugleich Mitglied der Direktton für die Gewandhaus konzerte war. Derehrtester Freund! Schiene es Ihnen nicht von Nutzen, wenn die Statuten des Conservatoriurns, wie sie jetzt erschienen sind, vollständig in der n. Zeitschrift für Musik ab gedruckt würden? Glauben Sie die Zustimmung des Direktoriums ooraussehen zu können, so schreiben Sie mir ein Wort, und ich oringe sie noch in diesem Zahle. Zm nächsten könnte ich es nicht, da ich Neujahr von der Redaktion zurücktrete. Herr Dr. Seeburg schrieb mir heute, die Namen der Conservatoristen zu nennen, an die ich den Er trag des Lonzertes vom 4ten (Dez. 1843) verteilt wünschte. Dies wird mir nun wirklich schwer und ich möchte Sie darum bitten, da Sie die Verhältnisse der Einzelnen vielleicht genauer kennen. Ginge es nicht so. daß man unter den Schülerinnen die zwei ärmsten und talentvollsten, unter Len Schülern vier auswählte, eine Lotterie von 3 Eewinnsten (jeden zu 20 Ihlr.) machte und dann (vielleicht in Gegenwart eines der Herren Direktoren) die 6 ziehen ließe. Das gäbe noch eine kleine Freude vor Weihnachten und wäre ganz passend vielleicht gerade nächsten Sonntag am Christtag zu machen. Als sehr arm sind mir be kannt Frl. Schulze. Horn aus Freiberg und Pfretzschner. Mit freundschaftlichstem Gruß Ar ergebener R. Schumann. Der von Schumann damals zur Auszeichnung vor geschlagene Horn war der spätere Komponist August Horn, bekannt unter dem Namen „da, Hörnchen" der sich durch zahlreiche Bearbeitungen gerade auch Schu- mannscher Werke einen Namen gemacht hat. Außer ihm trat später noch der Chemnitzer Dichter Moritz Horn zu Schumann in Beziehung, indem er den Text zu Der Rose Pilgerfahrt" für Schumann verfaßte. Rooert Pfretzschner war später Organist an der Kreuz- kirche in Dresden, er leitete später lange Zahre die von seinem Gönner selbst 1848 begründete Robert Schumannsch« Singakademie und erinnerte sich stets dankbar seines Lehrer, Robert Schumann und er zählte mit gewissem Stolz, daß er 1843 25 Taler von Schumann erhalten habe.
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