1879. Mitte December. Nr. 23. Zeitschrift für Museologie und Aiitiqiiitätenkunde sowie für verwandte Wissenschaften. Erscheint monatlich zwei Mal. Redacteur: Hofrath Dr. J. G. Th. Graesse, .Director des K. Grünen Gewölbes, der K. Porzellan- und Gefäss*Sammluog und des K. Münzcabinets zu Dresden, K. Bibliothekar, wirkl. Mitglied der K. Russ. Archäolog. Gesellschaft zu Moscau, Ehrenmitglied des Germanischen Museum zu Nürnberg und des Museum Francisco-Carolinum des Landes Oesterreich ob der Enns, correspondirendes Mitglied der Academia Araldico-Genealogica Italiana zu Pisa und der Soci6t6 des bibliophiles zu Antwerpen, Ritter des K. Sächs. Verdienstordens 1. Classe und des K. K. Oesterr. Ordens der Eisernen Krone, des K. Russ. St. Annen-Ordens und des K. Prenss. KTonenordens 3. Classe, Inhaber der Medaille S. H. des Papstes Pins IX.: Causa laetitiae nostrae, etc. Erscheint Mitte und Ende jeden Monats. — Abonuementspreis pro Jahr 20 Mark. Einzelne Nummern 1 Mark. — Insertionspreis für die durchlaufende Petitzeile oder deren Raum 1 Mark, zweimal gespalten 50 Pf., viermal gespalten 25 Pf. Bei zwölfmaliger Aufnahme wird von diesen Preisen 25°/o, bei vierundzwanzigmaliger 40°/o Rabatt gewährt. Inhalt: Ueber die vorzüglichsten Miniaturmaler des Mittel alters. (Fortsetzung.) — Die drei Cabinetstticke Ding- linger’s im K. Grünen Gewölbe. (Schluss.) — Ein Bei trag zur Münzkunde der Kipperzeit. Von J. und A. Erb- stein. (Fortsetzung.) — Inserate. Ueber die vorzüglichsten Miniatur maler des Mittelalters. (F ortsetzung.) Es wird, nachdem wir jetzt in allgemeinen Um rissen die Geschichte der Handschriftenmalerei ge zeichnet haben, nicht uninteressant sein, die Namen einiger der bedeutendsten Künstler der verschiedenen Jahrhunderte kennen zu lernen, von denen noch Ueberreste vorhanden sind. Aus dem achten Jahrhundert werden genannt zu Maeseyk oder Aldenyck die zwei heiligen Frauen Harlinde und Renilde und ein gewisser Leothard von St. Bertin, sowie die angelsächsischen Geist lichen Endfrith, Oetlielwald, Bilfrith und Aldred, welche uns ein Evangelienbuch (in fol.) mit einer Interlinerar-Uebersetzung in angelsächsischer Sprache hinterlassen haben, welches heute noch im Britischen Museum bewundert wird (s. Waagen, Bd. I. S. 134). Aus dem 9. Jahrhundert werden die Brüder Luthard und Berengar genannt, welche um 842 bis 869 auf Befehl Karl’s des Kahlen ein Psalterium malten, welches sich auf der Pariser Nat.-Bibliothek befindet (s. Waagen Bd. HI. S. 254). Schöner noch waren die Malereien, womit ein gewisser Gottschalk auf Befehl Karl’s des Grossen und seiner Gemahlin eine noch erhaltene Handschrift (ebenfalls zu Paris) zierte und an welcher Arbeit er sieben Jahre zugebracht hatte (s. Waagen S. 235). Sonst werden noch die Mönche Modestus und Candidus zu Fulda, Modestus und Sintramnus zu St. Gallen, Heribert zu Verona, ein gewisser Ingobert, der für Karl den Grossen eine Bibel schrieb und mit Male reien schmückte, ein gewisser Dagulf, gleichfalls Kalligraph (ein Psalmbucli von ihm ist in Wien), und ein anderer Mönch, Milo von St. Amand, als Handschriftenmaler gerühmt. Das kostbarste Werk (rücksichtlich der 30 darin enthaltenen) Miniaturen aus dem 10. Jahrhundert aber ist unstreitig das für den Bischof Aethelwold von Winchester in den Jahren 963—984 von dem Caplan Godeman gemalte Benedictionale (dem Her zog von Devonshire zu Chatsworth gehörig), weil der Styl desselben bis ins nächste Jahrhundert für alle englischen Illuminatoren der allein maassgebende blieb (s. Waagen, Bd. II. S. 441). Aus derselben Zeit nennt man noch Marcellus, Mönch zu St. Gallen, seinen Collegen Tutilo (f 912), berühmter noch als Elfenbeinschnitzer, Hildricus, Abt zu St. Germain d’Auxerre (| 1010), Adelardus, Abt zu St. Trond, den Mönch Odbert zu St. Bertin, den h. Dunstan, Erzbischof von Canterbury, den bekannten Notker (f 976), Abt zu St. Gallen, und den li. Gode hard zu Niederaltaich, desgleichen Ulrich, Bischof zu Augsburg (f 973), dem die Miniaturen eines Evangelienbuches in der Hofbibliothek zu München zugeschrieben werden.