I 88 DIE TEMPELTERRASSEN mauer gehalten, die Oberterrasse machte eine zweite Mauer nötig, die zugleich die gewaltigen Substruktionen des Tempels verkleidete. Diese Mauer ist gänzlich verschwunden, so daß man früher meinte, es sei hier eine Rasenböschung gewesen. Erst die Ausgrabungen ließen ihre sicheren Spuren finden; auch sind, meist als späteres Pflaster verwendet, graue Kalkstein- und Marmorplatten gefunden, die vielleicht von dieser Mauer herrühren und ihr als Verkleidung gedient zu haben scheinen. Man fand auf ihnen Inschriften mit Rechnungen vom Tempelumbau des 4. Jahrhunderts. Die Fran zosen nannten sie daher nur mur des comptes, „die Mauer der Rechnungen“. Ein solcher Tempelumbau war nötig geworden durch die große Katastrophe des Jahres 373/72 v. Chr. Bei dieser Gelegenheit erfuhr die Tempelterrasse nochmals eine wesentliche Änderung. Die Nord terrasse war nämlich derartig mit herabrollenden Felsblöcken über schüttet worden, daß man sie überhaupt nicht mehr freilegte. Ledig lich in Straßenbreite, zur Durchführung der heiligen Straße, wurde das Terrain gesäubert, die Straße aber und damit der Tempel durch eine neue Mauer gegen weitere Felsstürze besser gesichert. Die Mauer wird in den eben genannten Rechnungen „Iskegaon“ ge nannt, d. h. eine Mauer, die den Boden festhalten sollte (Abb. 36). Sie ist nur zum Teil erhalten, ihre Bauart ist nach Schönheit und Festigkeit mit der Polygonmauer nicht zu vergleichen. Der Raum nördlich dieser Schutzmauer war zunächst mit den wüsten Trüm mern der vorher hier stehenden Schatzhäuser und Weihgeschenke erfüllt, dazu warf man auch die Trümmer des alten Tempels, so weit sie beim Neubau nicht zu verwenden waren. So hat man hier in diesem „Delphischutt“ die traurigen Reste der Giebelgruppen der Alkmaioniden gefunden. Allmählich aber wurde der Boden aufge füllt und aufs neue planiert und dadurch auf einer neuen höheren ^ Nordterrasse Platz gewonnen für neue Anatheme. Die Folgezeit hat an den so geschaffenen Terrassenanlagen nicht mehr viel ge- * ändert. a