78 DIE SÄULENANATHEME Die in kurzen Röcken tanzenden Mädchen sind etwas spezifisch Lakonisches, und so hat man vermutet, daß die Spartaner sie zum Schmuck eines Weihgeschenkes wählten. Nun hat aber der spar tanische König Agis im Jahre 400 den Krieg gegen Elis beendet und aus der sehr reichen Beute den Zehnten nach Delphi gestiftet, so berichtet uns Xenophon. Zu dem Zehnten aus der Kriegsbeute ge hörte außer großen Opfern und barem Geld, das im Tempelschatz niedergelegt wurde, in dieser Zeit stets auch ein Anathem. Ein sol ches Anathem des Königs Agis, des Königs „zu Wasser und zu Land“, erwähnt auch später Plutarch. Nachdem Lysander einige Jahre zuvor die prunkvolle Halle am Eingang des Tempelbezirks errichtet hatte, wäre es begreiflich, daß auch König Agis mit ihm wetteifernd ein Denkmal sich errichtete. Es ist also eine schöne Hypothese, daß wir hier das Staatsanathem des Königs Agis vor uns haben, aber eben nur, wie so vieles in Delphi, eine Hypothese. Auch die stilkritische Betrachtung des Werkes hat nicht weiter ge führt. Nur so viel darf als sicher gelten, daß es nicht vor dem Ende des 5. Jahrhunderts entstanden sein kann. Vieles, nicht nur der pentelische Marmor, weist auf attischen Einfluß. Der Akanthos, auch ganze Akanthossäulen finden sich als Bekrönung auf atti schen Grabstelen und Lekythen. Die tanzenden Mädchen gehen viel leicht zurück auf die „saltantes Lacaenae“, ein berühmtes Bronze werk des Kallimachos aus Athen. Es ist derselbe Kallimachos, der auch das korinthische Kapitell erfunden haben soll, ein weiterer Grund, die Akanthossäule mit ihm in Verbindung zu setzen. Die Agishypothese würde sich damit wohl vereinigen lassen, denn daß die Spartaner, zumal damals, attische Künstler zuzogen, wäre nichts Auffallendes. Andererseits hat die spielende Anmut und Grazie der Formengebung manche Gelehrte bestimmt, praxiteli- schen Einfluß anzunehmen. Damit würde das Werk in spätere Zeit gerückt, ja es ist nicht ausgeschlossen, daß es erst eine Er findung hellenistischer Renaissance ist. So sehr schwankt hier das Urteil. Besser unterrichtet sind wir über das berühmteste unter diesen Hochdenkmälern, über den Dreifuß von Plataeae. Schon Hero- dot berichtet von seiner Stiftung. Aus dem Zehnten der Beute von Plataeae errichteten die Griechen dem Zeus in Olympia ein zehn Ellen hohes ehernes Standbild, dem Poseidon auf dem Isthmos ein