NIKE DER MESSENIER 75 der Sockel erhalten blieb. Beide Funde ergänzen sich in der glück lichsten Weise, so daß die Restauration dieses glänzenden Denkmals den Künstlern ermöglicht wurde. Schon vor den französischen Aus grabungen war ein Teil der Blöcke gefunden worden, jetzt konnte man das ganze Anathem ebenso wie die Naxiersäule im Museum wieder aufbauen. Auf mehrstufigem quadratischem Sockel erhob sich der dreiseitige Pfeiler aus weißem pentelischem Marmor, nach oben sich mäßig verjüngend. Die obersten Blöcke waren mit Bronze schilden geschmückt. Den Abschluß des Pfeilers bildete ein Anten kapitell, darauf die vergoldete Bronzestatue. Durch den Olympia fund ist uns das Bild ja längst bekannt. Die Siegesgöttin schwebt vom Himmel herab mit mächtigen Schwingen, mit beiden Händen den Mantel fassend, der wie ein Segel sich hinter ihr im Winde bläht und das sanfte Herabschweben des vorwärtsgeneigten Kör pers gestattet. Das Problem des Fliegens, das die griechische Kunst schon längst beschäftigte, fand in diesem Bilde die edelste, genialste Lösung: ideal schön und doch voll warmen Lebens, ein großes Meisterwerk der Blütezeit. Das delphische Anathem erwähnt Pausanias nicht, vielleicht war es wie die Naxiersäule schon zusammengestürzt, vielleicht auch, weil er Anatheme, die er schon in Olympia gesehen und beschrieben hat, zu übergehen pflegt. Die olympische Nike war nach seinem Bericht von den Messeniern und Naupaktiern gestiftet wegen eines Sieges bei Oiniadai in Akarnanien (456 v. Chr.), doch gibt er diese Nachricht nur als Vermutung und fügt dazu, die Messenier be haupteten, daß der Sieg bei Sphakteria (425 v. Chr.) der Anlaß der Stiftung war. Tatsächlich scheint dies das richtige zu sein, die delphische Nike aber scheint ein Jahr zuvor wegen eines Sieges bei Leukas (426 v. Chr.) gestiftet worden zu sein. Dürftige Fragmente der Weihinschrift, die bei den Ausgrabungen sich fanden, deuten darauf. Der Name des Künstlers, eines der ganz Großen, wurde offenbar von Pausanias auf dem Postament in Olympia gelesen. Warum der Künstler bei der Kopie Marmor wählte, wissen wir nicht. Daß das Original in Delphi Bronze war, beweisen Ansatzspuren und Zapfenlöcher im obersten Standblock des Pfeilers. Die beiden beschriebenen Säulenanatheme waren auch durch ihren Standort ausgezeichnet. Zwischen dem Schatzhaus und der Halle der Athener, im Hintergrund der Lorbeerhain der Tempel-