AKANTHOSSÄULE 77 den war es möglich, auch dieses Denkmal vollständig wieder zu er gänzen. Der verkürzte Aufbau im Museum, dessen Abbildung in viele Kunstgeschichten überging, ist nicht ganz richtig. Vermutlich auf kreisrunder Basis erhob sich die kannelierte, leicht sich verjüngende Säule aus pentelischem Marmor in sechs Trommeln zu einer Höhe von 8,80 m. Um das untere Ende jeder Trommel schließt sich ein Kranz von Akanthosblättern, ähnlich wie beim korinthischen Kapitell. Bei der untersten Säulentrommel, die den Übergang von der Basis zur Säule bildet, fallen die Blätter stark über, bei den übrigen schmiegen sie sich scheidenartig enge an den Stamm an, in der letzten endlich, dem Kapitell, steigen sie steil auf, um dann in weitausladenden Voluten zu enden. Auf diesen Voluten standen die Füße des die Säule krönenden ehernen Dreifußes, was durch die Einsatzspuren deutlich erwiesen wird. Als Mittelstütze aber für den Kessel des Dreifußes ist der Säulenschaft um einen Block verlängert, und dieser Block nun ist mit dem Hochrelief der drei tanzenden Mädchen geschmückt. Der Tänzerinnen block (Abb. 34) trägt also keineswegs die Füße des Gerätes, wie man fälschlich annahm, vielmehr sind die Tänzerinnen nur eine Zierde des Schaftes, die zwischen den Stützen des Dreifußes gut sichtbar ist, gleichsam eine Blüte, die aus den Akanthosblättern aufsteigt. Tanzende Mädchen würden sich ja auch wenig eignen, auf ihrem Kopfe das schwankende Geräte zu tragen. Die drei Figuren sind völlig gleich. Auf dem Kopfe haben sie den korbartigen Kalathiskos, einen Kopfschmuck aus Blättern, wie er bei religiösen Tänzen üblich war. Zu diesem erheben sie die rechte Hand, die linke faßt zierlich das kurze, im Tanzschritt flatternde Gewand, die Füße strecken sich im Tanzschritt auf den Zehen. So tanzen sie, den Rücken gegen ihn wendend, um den Schaft. „Das Ganze eine wundervolle, durch Formenschönheit stark wirkende Komposition, die sicher auf einen großen Meister zurückgeht, wenn auch die Ausführung etwas Glattes und Leeres hat, besonders in den Gesichtern der süß-lächelnden Mädchen“ (Bulle). Noch sei er wähnt, daß sich an der Säule Spuren roter Farbe gefunden haben, vielleicht als Grundlage von Vergoldung der Blätter. Wer hat nun dieses seltsam schöne Denkmal errichtet und was war der Anlaß? Keine Inschrift, keine Erwähnung des Periegeten gibt davon Nachricht und das Werk selbst verweigert die Antwort.