Erkenntnisses zu eröffnen, desto behutsamer wird die einzelstaatliche Gesetzgebung die Grenzen ihrer Competenz einhalten müssen. Nur eine peinlich gewissenhafte Beobachtung dieser Grenzen von Seiten der Einzelstaaten wird die Folge haben, daß etwaigen von politischen Argumentationen getragenen Uebergriffen entgegen gesetzter Richtung der Rechtestandpunkt mit Erfolg entgegengehalten und damit ans die Dauer die föderalistische Verfassung aufrecht erhalten werden könne, welche allein das Heil der ganzen Nation wie ihrer einzelnen Glieder zu ver bürgen scheint. So erweist sich für die Deutschen Einzelstaaten die vorsichtige Be obachtung der Reichsgesetze zugleich als eine unerläßliche Maßregel der Selbst- erhaltung. Wird diese Grenzlinie von der einzelstaatlichen Gesetzgebung nicht tadellos eingehalten, so rüttelt die letztere auch in anderen Richtungen an den Grundlagen ihrer eigenen Autorität. Tenn nach Art. 2 der Reichsverfassnng gehen, soweit die Zuständigkeit der Reichsgewalt reicht, die Reichsgesetze den Landesgesetzen vor. lind es ist ein fast unbestrittener Satz, daß die Gerichte ein Landesgesetz, welches mit einem gültigen Reichsgesetze in Widerspruch steht, als nngiltig zu betrachten, insoweit also ein Urtheil über die Rechtmäßigkeit der Landesgesetze zu fällen haben. Bergt, z. B. Einleitung zum Commissionsbericht der ersten (Badcn'schen) Kammer zu dem Gesetzentwürfe, den Vollzug der Einführung des Deutschen Strafgesetzbuchs in das Großherzogthnm Baden betreffend, Berichterstatter: Geheimer Rath De. Herrmann, S. 3 und 7. So kann es geschehen, daß Landesgesetze, welche nach der Auffassung der gesetzgebenden Factoren dem Reichsgesetze nicht widersprechen, von den Gerichten für ungültig erklärt werden, weil die Gerichte einen solchen Widerspruch annehmen. Diese Gefahr verdient um so mehr Beachtung, weil die Gerichte von Rechtswegen nicht an die früher von ihnen über derlei Rechtsfragen ausgesprochene Ansicht ge bunden sind, also vollkommen befugt sind, ein in früheren Fällen als rechtmäßig angewandtes Landesgesetz bei veränderter Rechtsauffassung in jedem späteren Falle für unwirksam zu erklären, und weil die Möglichkeit nahe genug liegt, daß binnen Kurzem über die hier einschlagenden Fragen aus dem strafrechtlichen Ge biete ein oberstes Reichsgericht zu nrtheilen haben werde. Unter allen Ilmständen, so scheint es der Deputation, muß vermieden werden, baß früher oder später ein Sächsisches oder ein Reichsgericht in die Lage käme, ein Sächsisches Landesgesetz wegen Widerspruchs mit Lein Reichsgesetze oder mit der Reichsverfassung für un wirksam zu erklären. Leider ist im Gebiet des Strafrechts von der Reichsgesetzgebnng die Grenz linie für die gesetzgeberische Thätigkeit der Einzelstaaten nur in sehr unvollkommener