Stödten bildete sich am Anfang der Besiedlung vorwiegend aus Angehörigen des Bauerntums und des Handwerks. Für die kleinen Landstädte blieben Landwirtschaft und Handwerk auch noch für die ganzen folgenden Jahrhunderte bestimmend. In den schnell emporblühenden Handels städten an der Küste entwickelte sich dagegen schon bald eine einflußreiche Schicht reicher Handelsherren mit gesteigertem Selbstbewußtsein, Standesstolz und politischem und kulturellem Machtanspruch. Die wirtschaftliche Bedeutung dieses Kaufmannsbürgerturrs, sein weiterer Hori zont und sein betonter architektonischer Gestaltungswille lösten es immer deutlicher von den Kulturansprüchen des einfachen Bürgertums los und veranlaßten es zu einem Wetteifer mit den Machtbauten der Bischöfe und großen Klöster. Man wird also gerade in der kirchlichen Architek tur der Städte die zwei gekennzeichneten Strömungen unterscheiden müssen und zu beobachten haben, wie sie sich gegeneinander absetzen oder miteinander verschmelzen. In der Baukunst an der Ostseeküste läßt sich dieser Prozeß der Auseinandersetzung besonders gut verfolgen. Unter den Stadtkirchen der Frühzeit gibt es nur eine geringe Anzahl von Basiliken. Dazu gehören St. Marien in Lübeck als romanischer Bau, St. Georg in Parchim oder etwa der erste Bau von St. Marien in Greifswald aus dem 13. Jahrhundert. Wie wir wissen, begann die Volks architektur erst um 1200 den Holzbau in größerem Maße aufzugeben und zum Steinbau überzu- > gehen. In dieser Situation der suchenden Unsicherheit wird es verständlich, daß man sich häufiger 1 an die Vorbilder der Machtkunst anschloß und die Basilika übernahm. Erst als auch die Volks- I tümliche Bauweise den Steinbau beherrschte und mit der zunehmenden Unabhängigkeit des Bürger- * tums auch sein Selbstbewußtsein wuchs, was ungefähr mit dem Übergang der romanischen Bau kunst zur gotischen hin erfolgte, kam auf dem Lande und in den Städten der Bautypus der Halle I zur Vorherrschaft. 1 Diese volkstümliche Hallenkirche hatte bereits im westlichen Norddeutschland, aber auch in 1 anderen Gebieten eine Form gefunden, die man als eine Art Idealgestalt ansehen kann. Ihr Grund- 1 riß war quadratisch oder näherte sich dem Quadrat, und in der Regel setzte sich an das Haupt- s haus ein Chor an, der im Ostseegebiet meist rechteckige Begrenzung besaß. Das Querschiff, das £ im Westen häufiger auftritt, fehlt hier ganz. Charakteristisch für diesen Hallentypus ist vor allem 1 die Raumgestalt des Haupthauses mit seinen drei mal drei Gewölbejochen über vier Stützen. I Solche Vierstützenhallen, die auch, wie bereits erwähnt wurde, als Dorfkirchen Vorkommen und i sich offenbar aus der ländlichen kirchlichen Architektur entwickelten, wurden vor allem in der r Frühzeit der Neubesiedlung in den kleinen Städten des Ostseelandes recht beliebt. Die ältesten f Bauten dieser Art in Bützow (Tafel 65), Ribnitz, Malchin, in Gadebusch (Tafel 64) um ein weiteres 8 Stützenpaar verlängert, noch mit romanischen Stilformen, wurden später meist umgebaut oder 2 verstümmelt. Ein frühes typisches Beispiel erhielt sich in der Stadtkirche zu Wittenburg. Aber ^ hier besteht schon ein Übergang zur reduzierten Zweistützenhalle, denn über dem Westjoch des I