allen Anschein, als habe er im Zusammenhang mit der allgemeinen Entwicklung der Backstein baukunst seine besonderen Bau- und Dekorationsformen aus dem damaligen Deutschordenslande Preußen mitgebracht. Brunsberg wirkte von Stettin aus, und durch ihn wurde die Backsteinbau weise der Ostseeküste tief in das brandenburgische Hinterland hineingetragen. Die Hauptwerke des Meisters befinden sich bereits außerhalb des hier zu behandelnden Gebietes, vor allem im pommerschen Stargard, in Brandenburg und Tangermünde. Die kaum mehr konstruktiv gedachte und vorwiegend dekorativ empfundene spätgotische Orna mentik des Brunsbergstils legt sich noch netzhafter zusammengesponnen mit ihrem vielmaschigen, dünngliedrigen Maßwerk, ihren Wimpergen, Fialen und Vierpaßbändern locker und oft wuchernd reich über die Wandflächen. Aus dem Deutschordensland Preußen brachte Brunsberg auch die Sterngewölbe mit, die seit dem Ende des 14. Jahrhunderts die Innenräume mit ähnlich dekora tiver Fülle überziehen wie der Maßwerkschmuck den Außenbau. Seine dekorative Bauweise be herrscht, oft abgewandelt, die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts. Auch die Profanarchitektur wurde von ihr erfaßt, wofür zahlreiche Bauten in Wismar, Rostock, Stralsund, Greifswald, Neu brandenburg und an anderen Orten zeugen. Aber selbst wenn man auf den spitzenhaften Reichtum der Dekoration verzichtete und bei strengerer Maßwerkgliederung blieb, wie bei den Türmen der Stralsunder Nikolaikirche, die nach 1366 entstanden, wurde die gedrängte Fülle der Blenden be zeichnend für die dekorative Gesinnung der Spätgotik. Im späteren 15. und im frühen 16. Jahrhun dert wandelt sich dann dieser reiche Stil immer mehr zu einer spielerischen und unsystematischen Zierweise, oder er nimmt eine strengere und sogar trockene Flächigkeit und Linienstruktur an, wo für Kirchengiebel in Wismar und späte Hausgiebel in verschiedenen Städten Belege bieten. Der üppigen dekorativen Bauweise um 1400, die eine Parallele zu dem sogenannten weichen Stil jener Zeit in der deutschen Plastik und Malerei bedeutet, folgt eine nicht sehr verbreitete Archi tekturrichtung, die nicht mehr so phantasievoll dekorativ gestaltet, sondern zu realistischeren und strengeren Bauformen übergeht. Dafür gewinnt sie an monumentaler Größe ihrer kubischen und flächigen Grundhaltung. Die seit der Romanik immer vorhandene, wenn auch mitunter weniger deutliche heimische Bauweise und das backsteinhaft Schwei e gelangen dabei wieder stärker zum Durchbruch. Das Hauptwerk dieser Richtung wurde nach 1382 der Wiederaufbau der Marien kirche zu Stralsund, deren flächig begrenzter, nüchterner und doch wuchtig wirkender Chor bereits erwähnt wurde. Den Höhepunkt erreichte dieser neue Stil in dem 1416 begonnenen West bau der Kirche, mit hoch ansteigenden, kraftvoll geschlossenen Baumassen, glattflächig begrenzt und fast ganz ohne dekorative Zutat. Nach Schwerin, Greifswald und Wolgast und anderen Orten dringt diese Richtung in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts vor. Aber auch sonst, etwa bei dem Neubau der Marienkirche in Rostock von 1398 bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts oder beim Georgenchor in Wismar, findet die neue realistische Haltung ihre architektonische Verwirklichung.