aus gleicher Form entstandenen, gewissermaßen genormten Profilsteinen ließen sich mühelos reiche Muster zusammenfügen, während in der Hausteinarchitektur jeder Stein kostspielig und mühevoll mit der Hand hergestellt werden mußte. So wird es verständlich, daß die überall auf reiche dekorative Formgebung eingestellte Spätgotik von der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts gerade in der Backsteinbaukunst einen eigenartig schönen Dekorationsstil entfaltete (Tafeln 95, 96 und 97). Die Anfänge der spätgotischen Schmuckfreude im Backsteingebiet reichen bis in die Spätzeit der Frühgotik zurück. Anstoß und Vorbilder kamen auch hier aus der westlichen Hausteinarchitektur. Das Zeitalter der Mystik mit seiner Tendenz, die Schwere der Materie aufzuheben und den Men schen aus der Wirklichkeit des Lebens in eine transzendente Gefühlswelt zu führen, entfaltete an französischen Kathedralen, wie denen von Paris und Reims, und in Deutschland an den Domen von Straßburg und Köln das Bestreben, die feste Wirkung des Baukörpers herabzumindern und durch dekorative Fülle zu verschleiern. In den östlichen Kolonialgebieten machen sich verwandte Ten denzen in der gleichen Zeit noch recht verhalten bei der Zisterzienserkirche in Chorin um 1300 bemerkbar. Man begnügte sich hier im wesentlichen mit sparsamer, mauerfester Ausnischung. Diese Festigkeit gab der Ostgiebel der Marienkirche in Neubrandenburg weitgehend auf. Man bringt ihn mit einer Kirchenweihe von 1298 in Verbindung, aber wahrscheinlich ist er erst am Beginn der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts entstanden. In dünnen, flächenhaften Schichten legt sich ein Gespinst aus Maßwerk, zarten Stäben und Giebelschrägen vor die Wand, so daß sie kaum mehr als feste Fläche einer kubischen Masse wirksam bleibt. Mit dem Neubrandenburger Giebel hängt der der Marienkirche von Prenzlau in der benachbarten Uckermark zusammen. Noch reicher und gelockerter löst sich seine Backsteindekoration von der Mauerfläche los. Nach unsicheren Überlieferungen soll diese Kirche in der ungewöhnlich kurzen Zeit von 1325 bis 1340 entstanden sein. Aber die dekorativen Einzelformen, besonders die Maßwerkbekrönungen der Seitenwände, sprechen für eine Errichtung des Giebels nicht vor der zweiten Jahrhunderthälfte. Strenger, großformiger und dekorativ verhaltener baut sich der Ostgiebel der Greifswalder Marien kirche auf, an deren Dach noch im dritten Viertel des 14. Jahrhunderts gearbeitet wurde. Ohne die Vorbilder westlicher Hausteinarchitektur wären die prächtigen Giebel von Greifswald, Neubrandenburg und Prenzlau nicht möglich gewesen. Was dort seit dem Ende des 13. Jahr hunderts und während der ersten Hälfte des vierzehnten an überkleidender Maßwerkornamentik entsteht, findet um 1350 im Gebiet zwischen Elbe und Oder eine erstaunlich prunkvolle Anpas sung an die Backsteintechnik. Diese immer noch konstruktiv klare, dem Wesen nach frühgotische, aber bereits spätgotisch aufblühende Dekorationsweise bildet Grundlage und Voraussetzung für den dekorativen Stil um 1400. Ihre stärkste Ausprägung und höchste Vollendung fand die neue dekorative Gesinnung der Spätgotik damals durch den Baumeister Heinrich Brunsberg. Es hat