Bachs Stellung in der Leipziger Kulturpolitik seiner Zeit 7 nannt haben, dieselbe, die er dann ebenso beim Antrag auf Ernennung zum Universitätsmusikdirektor nannte: Er werde erst in der Michaelismesse, also nach dem 29. September kommen können. 1!l Denn er wollte (vermutlich auch aus finanziellen Gründen) sein Hamburger Amt, das er um Michaelis 1721 angetreten hatte, wenigstens ein volles Jahr lang wahrgenommen haben. Das alles muß die Zustimmung des Regierenden Bürgermeisters gefunden haben; denn Telemann erhielt am folgenden Tag, dem 14. August, 22 Gulden 18 Gro schen gleich 20 Reichstaler Reisekosten erstattet. 20 Außerdem übernahm die Stadt die Kosten seines Aufenthalts. 21 Die Frage der Information blieb, wenn sie überhaupt diskutiert wurde, wei terhin offen. Das lag auch insofern im Interesse der Kapellmeisterpartei, als am letzten des Monats das Amt des Regierenden Bürgermeisters von dem Angehö rigen der Gegenpartei Steger an ihren Sprecher Lange überging, der dann die besten Möglichkeiten hatte, die Frage nach ihrer Zielvorstellung einer Lösung zuzuführen. Doch scheint Steger Telemann dadurch endlich zu einer Meinungs äußerung haben bewegen zu wollen, daß er dem Rektor der Thomasschule Johann Heinrich Ernesti anläßlich der Mitteilung der Wahl am 14. August auftrug, er möchte Telemann „seine Stunden“ - also „die Verrichtungen bei der Schule“, von denen damals im Beschluß die Rede war - „behörig anweisen“. Es ist aber fraglich, ob Ernesti überhaupt noch Gelegenheit dazu bekam. Denn nach vierzehntägigem Aufenthalt, also am 14. oder 15. August, reiste Telemann wieder von Leipzig ab. 22 Auf den 5. August, den 4. Tag nach Telemanns Eintreffen in Leipzig und den 4. Tag vor seiner Probe, ist eine Zeitungsmeldung datiert, die vier Mitteilungen enthält (ich füge ins Zitat die Zählung ein): „(1.) Am verwichenen Sonnabend als den 1. dieses ist der berühmte Virtuose von Hamburg allhier ankommen, welcher (2.), wie man sagt, das hiesige durch Absterben des weit und breit berühmten Cantoris Kuhnau ledig gewordene Cantorat erhalten, und (3.) be- 19 B. F. Richter, BJ 1905, S. 58 zusammen mit 51; derselbe, BJ 1925, S. 2. 20 E. Kroker, a. a. O., S. 138, erwähnt die Erstattung der Reisekosten zweimal, bei der Reise nach Leipzig und, wie der Buchungstext lautet, „zur rückreise nach Hamburg“. Indessen bezieht sich die zweite Erwähnung auf die erste. Der Betrag ist also offen sichtlich nur einmal gezahlt worden. 21 Nach E. Kroker, a. a. O., S. 139, werden dem Aktuarius J. Ch. Götz im Brühl, bei dem sich Telemann „wegen der vacanten Cantor Stelle“ vierzehn Tage lang aufgehalten hatte, am 25. September 1722 seine Auslagen „vor zehrung und andere accommodirung“, aus führlicher: „vor zehrung, Stube, Licht und Brief-Porto“ in Höhe von 16 Talern 3 Groschen aus der Stadtkasse bezahlt. Ich glaube nicht, daß man daraus auf eine zweite Reise Telemanns nach Leipzig, für die auch gar kein Grund zu sehen ist, schließen kann. Es ergäbe sich sonst auch der merkwürdige Sachverhalt, daß Telemann für eine erste Reise Reise-, nicht aber Aufenthaltskosten, für eine zweite Reise Aufenthalts-, nicht aber Reisekosten ersetzt bekommen hätte. Die Zahlung an Götz bezieht sich auf Telemanns einzigen Aufenthalt anläßlich der Probe im August. Der seit Kroker angenommene zweite Aufenthalt ist zu streichen (so schon implizit Schulze in Ber. Lpz. 1975. S. 73). 22 Als Dauer von Telemanns Aufenthalt werden anläßlich der Zahlung an Götz vierzehn Tage genannt. Es muß offenbleiben, ob Tag der Ankunft und Tag der Abreise als zwei Tage oder als ein Tag, ob also Tage oder Nächte gezählt sind. Je nachdem ist Telemann vom 1. bis zum 14. oder bis zum 15. August in Leipzig geblieben. 2 *366