Sächsischer Landes-Anzeiger : 20.02.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-02-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-189002203
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18900220
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18900220
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsischer Landes-Anzeiger
- Jahr1890
- Monat1890-02
- Tag1890-02-20
- Monat1890-02
- Jahr1890
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 20.02.1890
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
tz DöMMStätz, 20. Februar 189V. Der Sachs. Lande»-«n»riger ist elngeteege» r.d.LSS0erPost.Z«g-..P«i»l»stt: Nr.5-7L FarSlbonnentmerscheintjeelnmalimJah« Jllustr. Kalender de- Sächsischen Sandbote». Jllustr. WeihnachtSbnch (Jahre-buch). Die an jeden, Wochentag Abend (mit dem Tain», des folgenden Tage») zur Ber- sendniiL gelangende unparteiische Zeitung „Sächsischer LaudeS-Anzeiger" mit täglich einem Extra-Beiblatt: 1. Meine Botschaft s. Sächsischer Erzähler 8. Sächsische GerichtSzeitung 4. Sächsisches Allerlei b. Jllustr. Unterhaltnngsblatt s. Sonntagöblatt 7. Lustiges Bilderbuch kostet bei de» Ausgabestellen monatlich 70 Pfg., bei den Post-Anstalten 7ö Pfg. Sächsische- Flliliiks-Ailstilirr Verbreitetstes unparteiisches tägliches Lokalblatt. DieVauptblätter de- »Sachs. LandeS-AnzeigerS" erscheinen (ohne dessen Extra-Beiblätter) auch in einer billigeren Sonder-AuSgabeals: „Chemnitzer General-Anzeiger" für Chemnitz monatlich 40 Psg.frei ins HauS: außerhalb Chemnitz monatlich SO Pfg. mit Zutragen. PostzeitnngSpreiSliste für 18S0: Nr. 1307. Verlags-Anstalt: Alexander Wiede Chemnitz, Theaterstraße Nr. 5. Fernsprech-Anschluß Nr. 136. Telegr.-Adr.: Landes-Anzeiger, Chemnitz. Anzeigenpreis: Raum einer schmalen CorvuSzeile lö Pfg. — Bevorzugte Stelle (Ispaltige Petitzeile) 30 Pfg. — Bei Wiederholung großer Anzeigen Preisermäßigung. — Bei Bestellungen von Auswärts wolle Mt» den Eimü<I,»igsbeteag (in Briefmarken) beifügen >je 6 Silben CerpnSfchrift bilden ca. 1 Zeile.) — Anzeigen können mir bis Vormittag angenommen werden, da Druck und Verbreitung der großen Auflage längere Zeit erfordern. — Tie Anzeigen finde» ohne Prrisauffchlag gleichzeitig Verbreitung durch den »Chemnitzer General-Anzeiger" (billigere Sonder« Ausgabe der Hauptblätter des »Sächsischen Lande-- Anzeigers" ohne Vesten tägliche Extra-Beiblätter. Amtliche Anzeigen. s, lieber das Vermögen des Matcrialwaarcnhändlers Friedrich Robert Mädler in Altchemnitz wird heute am 17. Februar 1890 Bor- Mittags 11 Nhr das Concursve,fahren eröffnet. ? Der Rechtsanwalt Praller in Cheviiitz wird znnr Concnrsverwalter ernannt. > ConciirSsordei nuge» sind bis zum 80» März 1890 bei dein Gerichte vnznnielden. , Es wird zur Beschlußfassung über die Wahl eines anderen Verwalters, sowie über die Bestellung eines Glänbigeransschnffes und cintrctenden «Falles über die in 8 120 der Coucnrsordnnng bczeichnete» Gegenstände an' den 1». März 1890 BormittagS 9V, Nhr und zur Prüfung der angemeldeleii Fordenmge» ans de» 10. April 1890 BormittagS 10 Nhr Vor dem Unterzeichnete» Gerichte Termin anbcranmt. t, Tillen Personen, welche eine znr Concursmaffe gehörige Sache in Besitz Haben oder znr Concnrsmasse etwas schuldig sind, wird anfgegebe», «ichtS an de» Gemelnschiildner zn verabfolgen oder zu leisten, auch die Verpflichtung auferlegt, von dem Besitze der Sache »nd von den Fvr> deruuge», für welche sie ans der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Concnrsverwalter biS zum 18. März 1890 An zeige zn mache». ^ Königliches Amtsgericht Chemnitz, Abtheiluug v. Böhme. Bekannt gemacht durch: Actuar Pütz sch. G -S , Das Concnrsversahre» über das Vermöge» des Schnhmachers und Schuh tvaarenhändlcrs Friedrich Ludwig Böttcher i» Kappel wird »ach er- lolater Abhallnng des Schlußtermins hierdurch anfgehode». Königliches Amtsgericht Chemnitz, Abth. den 1b. Februar 1890 Böhm e. t Bekannt gemacht durch: Aclnar Pötzsch, G -S. Trasttimchiichten unseres Anreißers. Vom 19. Februar. , London. In» Teesflnsse stteh dev Rotterdamer Danlpfer „Brenio" mit dem englischen Dampfer „Lord Queen" znsammen. Der Letztere, auf dem sich 18 Passa giere befanden, ist gesunken. Rur zwei Paffagiere konnten gerettet werden. Belgrad. Die in Serbien angefiedelten Monteur griner klagen über schlechte Behandlung seitens der serbischen Beamten. Die Ansiedler wollen im Frühjahr Serbien verlassen. Wien. Ans Petersburg wird der „Pol. Corr." ge- schrieben: „Rene Berschwörnngen seien in Bulgarien Unvermeidlich, mithin die bulgarischen Zustände un haltbar." Politische t»,mdschchi». Chemnitz, 19. Februar. Deutsches Reich. Herrn Miqnel ist vom Kaiser das Ober- Präsidium der Nheiuprovinz, welches bisher der zum Handelsminisler ernannte Freiherr von Berlepsch inne hatte, angebvte» worden. Herr Miqnel hat aber gebeten, von seiner Ernennnng abzuseheu, da er seine unabhängige Stellung nicht aufzugeben wünscht. — Ueber die Berufung des neuen Reichstages ist, wie wir be stimmt hören, an maßgebender Stelle überhaupt noch nicht verhandelt. Etwas Dringendes liegt nicht vor, und es ist somit kein Anlaß vor handen, de» Reichstag vor Ostern einzuberufen. Das neue Socialistcn« geseh kann mit anderen kleinen Vorlagen ganz bequem in der Zeit zwischen Ostern und Pfingsten fertig gestellt werden, denn neue Ge danken zu demselben sind ja beim besten Willen nicht vorzubringen. Sollte wieder eine Ablehnung erfolgen, so müßten sich die verbündeten Regierungen entweder dabei beruhigen, oder aber wiederum Neuwahlen ausschreiben. Was in dieser Hinsicht ein'.reten wird, läßt sich heute beim beste» Willen nicht einmal vermuthen. — Herr von Maybach soll Zeitungsgerüchten nach ans seinem Amt scheide» wollen. Der verdienstvolle Eisenbahnminister denkt in Wahrheit gar nicht daran, seinen Posten aufzugeben. Er war ein paar Tage krank, hat sich aber schon wieder erholt. — Die „Germania" bestätigt, daß der Papst dem Kaiser für das Gesetz, betreffend die Wehrpflicht der Geistlichen, seinen Dank ausgesprochen hak. Das CentrnmSblatt erwartet, daß in Folge des neue» Gesetzes die augenblicklich dienenden katholischen Geistlichen »nd Theologe» in nächster Zeit entlassen werden. — Der Kriegsminister von Berich du Vernois, welcher neulich mit den Arbeitern der königlichen Militärfabriken in Spandau über den Bau von Arbeiterwohnungen verhandelte, hat zum Schluß an die Deputation folgende Ansprache gerichtet: „Nun, Kinder, es hat mich gefreut, daß ich Euch hier einmal persönlich gesprochen habe und Eure Wünsche entgegennehme» konnte, und ich habe die Hoffnung, daß Ihr die Hand, die Euch Se. Majestät geboten hat, nicht znrückweise» werdet. Grüßt Eure Kameraden und sagt, daß die Fürsorge für Euch i» guten Hände» liegt und Se. Majestät ei» sehr warmes Herz für Euch hat und alle berechtigten Wünsche zur Aus führung gelangen werde». — Wie ans München berichtet wird, ist in dem Befinde» des schon lange kranken Ministerpräsidenten von Lutz eine merkbare Bessernng eingetreien. Man hofft, derselbe werde seine Amtsgeschäfle bald wieder übernehme» können. — In Lübeck ist ei» Maurer- und ZiminermannSstreik ansgebrochen. — Die internationale Arbeiterconferenz in Berlin. Ueber die Haltung der Mächte zu der deutschen Socialconferenz. läßt sich folgende Zusammenstellung machen: Oesterreich-Ungarn, Italien, Niederlande, Belgien, Dänemark, Schweden nehmen von vornherein an. Die Schweiz nimmt ebenfalls an, wünscht aber noch nähere Darlegungen über ZM und Programm der Conferenz. England prüft die Einladung noch, wird aber zweifellos aniiehiiien, wenn auch die Londoner Millionäre sehr scheel dreinblicken. I» Frankreich möchte die Regierung schon gleich zustimmen, fürchtet aber, die Revancheleute zu verletzen und überlegt deshalb noch. Wenn auch der Versuch ge macht wird, die Annahme der deutschen Einladung ganz zu hinter treiben, so kann man doch hoffen, daß dies nicht gelingen wird. Rußland kann sich in solchen Dingen nicht so schnell entschließe» doch ist nicht abzusehen, warum es ganz fern bleiben sollte. Gesichert erscheint die Conferenz also i» jedem Fall. Wann sie zusammen treten wird, kan» heute allerdings noch nicht gesagt werden. Voraus sichtlich wird der Conferenz gleich eine bestimmte Gesctzesvorlage zur Erwägung unterbreitet werden; zu dem Zwecke muß der preußische Staatsrath seine Arbeiten vorher definitiv beendet habe». Der Um stand, daß der Kaiser auch in den Abtheilungcn persönlich den Vorfitz führen wird, bürgt für eine energische Förderung der Arbeit. — Zur Bildung von Arbcitcrausschüsicn. Die große» Brauu- kohlen-Gesellschaften des Wcißenfelser nud Zeitzcr Kreises sind au» eigenem Antriebe mit der Einrichtung von Arbeileransschüssen vor gegangen, durch deren Bermittlung die Wünsche der Arbeiter vvrge^ tragen und mit denen gemeinsam die Arbeiterangelcgenhciten behandelt werden sollen. Was hier möglich war, muß also auch anderswo gehen. - Oesterreich-Uttgarn. Den Hinterbliebenen des Grafe» JnliuS Andrassy sind Beileidstelegramme vom Kaiser Franz Josef, dem deutschen Kaiser, dem Fürste» Bismarck »nd zahlreichen anderen hohen Persönlichkeiten zngegangen. Alle Zeitungen gedenken der großen Verdienste des Dahingeschiedenen, besonders um den Abschluß de» deutsch-österreichischen Bündnisses. Auch i» den Parlamenten in Wien und Pest fanden Trauerkundgebungen statt. In der ungarischen Hauptstadt hatten zahlreiche Häuser halbmast geflaggt. Der Reichs tag vertagte sich znm Zeichen der Trauer, die ganz allgemein ist. Mit Recht wird gesagt, daß seit de», Tode Deak's kein Staatsmann so betrauert wird, wie Andrassy. Seine Krankheit, ein Blasenkreb»; zu dem sich ein Darmkatarrh gesellte, hat ihm furchtbare Schmerzen auferlegt, und sein Tod erscheint als Erlösung von unheilbarem; qualvollem Leiden. — Von den streikenden Spinnern in Grottau in Böhmen hat die große Mehrheit gegen eine vorläufige Kprocentige Lohnerhöhung die Arbeit wieder ausgenommen. Italien. Der französische Cvnsnl in Mailand hat an das dortige Journal „Jl Secolo" eine» Brief geschrieben, welcher die „lateinische Allianz" verherrlicht. Neben anderem blühendem Unsinn kommt darin folgender Satz vor: „Heute ist Elsaß-Lothringen daS Triest Frankreichs." —. Die Kronprinzessin Victoria von Schweden traf dieser Tage in San Nemo ei» und besuchte die Villa Zirio, wo ihr Oheim, Kaiser Friedrich, gelitten hat. Von einem Lorbeer baum, unter welchem der fürstliche Dulder mit Vorliebe sich auf-^ hüll, nahm die Kronprinzessin mehrere Zweige zur Erinnerung mit. Frankreich. Den republikanischen Zeitungen geht die That» suche, daß die Boulangisten bei dem am Sonntag stattgehabten Ersatzwahlen für die von der Kammer nngiltig erklärten Mandate, alle ihre Sitze behauptet haben, sehr im Kopse herum. Die wahre Ursache dieser Erscheinung ist aber sehr einfach: die Deputirtenkammrr hat bvulangistische Mandate oft wegen einer harmlosen Kleinigkeit cassirt, dagegen republikanische Mandate, welche durch die gröbsten Wahtbeeinfliissimgen errungen waren, unbeanstandet gelaffen. DaS haben die Wähler krumm genommen. Die Boulangisten arbeiten »un mit Hochdruck für die Pariser Gemeindcrathswahlcn und hoffen, darin eine Mehrheit zu erlange». — Der Graf von Paris hat ein Telegramm veröffentlicht, in welchem er sagt, er sei stolz auf seinen Sohn und glücklich über dessen Haltung. Die Verurtheilung desselben Hobe ihn sehr bewegt. Der Graf sollte sich lieber veranlaßt sehen, seinem Herrn Sohn de» Standpunkt gehörig klar zn machen. — Im Kohlenrevier von St. Elienne ist ein Streik ansgebrochen. Die Berg leute verweigerte» die Thätigkeit, weil mehrere ihrer Kameraden ent lassen sind. I» der Krystallfabrik zu Pantin, welche 800 Personen beschäftigt, ist ei» Streik auSgebrvche», weil die Arbeiter die Ent- Der König der Falschspieler. Noma» von Adolphe Belüt. Fortsetzung. Nachdruck verboten. „Ich will ihn spreche», ihm sagen, was ich weiß, und daß ich seine Dnschmd kenne. Sollte er so lange, so schwer geduldet habe», für imich . . . o, für mich, denn ich weiß ja, daß Alles für mich geschah . . ohne daß ich zu ihm eilte, ihm zu danken, ihn an mein Herz zu drücken? Nein, er muß mich sehen, meine Worte höre» und die Wcnngthuung haben, sich sagen zu dürfen: sie hat nie a» mir ge- zweifelt, sie liebt mich wie einen Vater, sie liebt mich auch im ,SträfliiigSkleide; nicht Kerker, noch Banden, in denen ich schmachte, schrecken sie von mir zurück." „Gut, sei es. Aber überlassen Sie es mir, ihn von Ihrer An wesenheit im Gcrichtssaal vorher zu benachrichtigen, cs wird ihn nicht »minder errege». Wenn er, ohne vorbereitet zu sein, Sic dort plötzlich 'bemerkte, er würde erschrecken, alle seine Fassung verliert», deren er 'gerade morgen so uothwendig bedarf." „Ich habe daran gedacht; seine Aufmerksamkeit darf nicht abge- lcnkt, seine Scelenkrnft keiner Erschütterung ansgesetzt werde». Er 'soll mich vor und während der Verhandlung nicht sehen, ich werde mich an irgend einem Plätzchen im Saal, wo er mich nicht erblicke» !kan», verborgen halte». Ich rechne auf Ihre Hilfe, meine liebe 'Freundin, komme» Sie morgen früh, mich abzuhvleu, lassen Sie »ns gemeinsam nach Melun fahren. Sie kennen dort viele Leute und werden es möglich machen, mir ein sicheres Plätzchen zu ver schaffen . . ... „Mein Cornelius wird es ihn», gewiß! Er ist als Zeuge ge laden und wird Sie mit hineinnehmen ... »öthigensalls ist er groß und breit geuug, Sie im Saale hinter sich zn verstecken, wenn er Kleine andere Schutzlos!»: für Sic giebt. Aber bedenken Sie, daß wir den ganze» Tag vom Hause abwesend sein werden . . . vielleicht sogar einen Theil des Abends oder der Nacht. Was wird Ihr Mater dazu sagen?" ) „Ich werde ihm hcnte Abend eine Zeile der Benachrichtigung in sei» Zimmer legen; er wird sie finden, wenn er heute Nacht Heimkchrt." „Heute Nacht heimkehrt?" fragte Cesarine erschrocken. „Wollen Sic sagen, daß Ihr Vater seine 'Nächte außerhalb des Hauses zu bringt ?" „Ja, gewiß, das will ich sage», denn weshalb dürfte ich es Ihnen verschweigen, die Sie Alles wissen, die Sie meine einzige Vertraute sind. Er gehl Nachmittags fort und kehrt Nachts, Morgens zu unbestimmter Stunde zurück, wie damals, zu jener Zeit, als meine arme Mutter noch lebte." „Sie Acrmstc, Aermste!" flüsterte die kleine Cesarine bestürzt. „Freilich, wem sollte» Sie Ihr bedrängtes, liebes Herz öffne», wenn nicht mir, die ich allein Ihnen bleibe! Hoben Sie imnier Zutrauen zn mir, zählen Sie auf mich i» allen Dingen." „Ich thue es, thue es um so mehr, als ich Ihnen so unendlich, so innig dankbar bin für die Liebe und Treue, die Sic meinem Onkel bewahrt!" „O ihm! Wir haben noch nicht den tausendsten Theil von dem ür ihn gethan, was wir ihm schuldig sind, unserem armen Märtyrer, wie mein Mann und ich ihn zn nennen pflegen." „Dem edlen, den» erhabenen Märtyrer, sagen Sie!. Lassen Sie uns von ihm sprechen. Nachdem Sie jetzt gesehen, daß ich Ihr Ge heimnis; kenne, werden Sie nicht heimznkchren brauchen, um Ihren Mann zu treffe», nicht wahr? Bleiben Sie den traurigen, stillen Abend über bei mir, theilcn Sie meine Einsamkeit mit mir und iprechen Sie von unserem lieben, thenren Märtyrer. Erzählen Sie mir Alles, was Sic von seinem Leben in diesen drei Trauerjahren wissen. Wollen Sie?" „Ich bleibe!" cntgegnete Cesarine herzlich. Fünftes Capitel. Am folgenden Morgen gegen 10 Uhr erschiene» zwei Wächter in der Zelle Lucien Lecomte's im Zuchthanse von Mein», ui» ihn zu dem auf dem Hofe seiner harrenden Gcsängnißwagen zn führen, der bestimmt war, ihn nach dem Justizgebände der Stadt zu bringen» wo heut um 11 Uhr die Verhandlung seiner Sache stattfindcn iollte. Die beiden Wächter, welche ihren Gefangenen als fügsam von Betragen kannte», hatten die »ach dem Inner» des Wagens gehende Thür des VcrschlageS, der ihm zum Sitze» angewiesen wurde, offen gelassen, und durch das Fenster der Außcnlynr, an welcher die Wächter saßen, konnte er von seinem Platz aus während der Fahrt de» blaue», wolkenlosen Himmel erblicke», zuweilen ei» Stückchen der freien Außenwelt dort rings herum, die Seine, a» der man dahinsuhr, die Felder und Wiesen. Nie schien ihn, ei» schönerer Frühlingstag gekachelt zn haben, als heul; Alles strahlte von goldenem Sonnenlicht, grünte uon Blättern, Halmen und Knospe»; die Vögel angc», die jungen Kräuter dufteten, die ganze Natur athmete Frieden, Freude, Hoffnung uns neues Leben! Sollte es eine günstige Vor bedeutung für ihn sein, fragte sich Lncien mit beklommener Brust? Ach, schu erlich; sein Herz war schwer bedrückt und sah mit trübe». Bangen dem Koninienden entgegen. Lncien's Verthcidiger hatte ihm nicht verhehlt, laß seine Sache schlecht stand, — um so schlechter, als Lncien darauf beharrte, für seine volle Unschuld zu plaidire», obwohl alle Beweise gegen ihn waren, anstatt, wie der Berlheidlger anempfahl, für mildernde Umstände; allein Lncien war entschlossen und hatte dies erklärt, sich lieber unter Anfrcchtcrhaltnng der Be hauptung seiner Unschuld zu einer schwereren Strafe vernrtheilen zu lasse», als durch ein falsches Zugestäiidniß seiner Schuld eine leichtere Strafe zu erzielen. Die Hauptstraße der Stadt war erreicht, in welcher das Justiz gebäude lag, der Zcllenwagen hielt vor demselben. Eine unvorher gesehene neue Peinlichkeit erwartete Lncien. Die Jnstizbeamten benachrichtigte» seine Wächter, daß der Proccß, welcher dem seinige» vorhcrgche, »och längere Zeit in Anspruch nehmen werde, Lncien's Sache also erst in etwa drei Stunde» zur Verhandlung kommen könne; der Angeklagte sei bis dahin in dem Proviiizialgcfängniß der Stadt zu placire», das »eben dem Jnstizgebändc gelegen war. Es ollte Lucien nicht erspart werden, noch ein neues Gcfängniß zu denen kennen zn lernen, welche er bereits kannte. Der Wagen fuhr in dm Hof des Departemcntsgesäiigiiisscs; man hieß Lucie» aussteigen, öffnete eine Seitenthür, durch die man ihn eintrclen ließ, und die Thür fiel hinter ihm i» das Schloß, die große» Eisenriegel wurde» vorgeschoben. Er befand sich in einem Saal mit zehn bis zwölf anderen Gefangenen zusammen. „He, siehe da, Lecomte, bist Du es?" tönte ihm eine Stimme entgegen. „Wie, znm Henker, kommst Du hierher? Du bist also drüben aus de,» Kasten fort?" „Nein," warf Lncien widerwillig zurück. „Ich stehe heute vor Gericht." „Für eine Dnmniheit. die Du drüben in, Kasten (im Znchthause) gemacht hast? Donnerwetter, das mußt Du mir erzähle». Laß hör«» »nd gieb auch Neuigkeiten von den allen Freunden znm Besten!" Der Sprechende, der sich in dieser Weise an Lncien drängte, war ein oft bestrafter Verbrecher, ein ehemaliger Schullehrer nnme»- Clopied, derselbe, von welchem wir Sagst im Strafsaal des Zucht hauses zn seinem Cnmpa» Brazier erzählen hörten. Seine Führung in de» fünf Jahren seiner letzten Strafe, die er im Znchthause von Melun abgemacht, war eine noch schlimmere als früher gewesen, da ch bei seiner wachsenden Rohheit mehr und mehr die Neigung zu Gcwaltthätigkeilen herausgestellt hatte. Er mußte deshalb mehrfach als ein persönlich gefährliches Individuum auf längere Zeitdauer der Einzelhafk i» der Jsolirzelle oder gar der furchtbaren Dunkelzelle: überwiesen werde». Nach Verbüßung seiner letzten Strafe vor ettva acht Monaten entlassen, war er bald darauf unter der Beschuldigung, mehrere schwere Einbrüche verübt zu habe», wieder in Haft genommen und befand sich jetzt deswegen in Untersuchung, welche diesmal eine langjährige ZnchlhanSstrafe für ihn zur Folge zu haben drohte. Auf einer Holzbank Platz nehmend, auf die er Lucien, der vr»
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Keine Volltexte in der Vorschau-Ansicht.
- Einzelseitenansicht
- Ansicht nach links drehen Ansicht nach rechts drehen Drehung zurücksetzen
- Ansicht vergrößern Ansicht verkleinern Vollansicht