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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.06.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-06-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189006204
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18900620
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18900620
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1890
- Monat1890-06
- Tag1890-06-20
- Monat1890-06
- Jahr1890
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.06.1890
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TV48 Fulda'« an gewandte» und an schlaghaften Anfällen reiche» I Eonversationslon zu voller (Geltung. Der Eifer und die Siegekgtwisikctt, niit der sie ihre Sendung erfüllt, und der überlegene Spott, mit dem sie die Tode-iehnsucht des mit dem vielsagenden Beyron'schen Namen Manfred behafteten Grasen heinisucht, die innere Neigung und Leidenschaft, die sich dinier diesem Spott verbirgt: das alles trat in dem ge wandten Spiel unst der ausdrucksvollen Sprechweise de- GasleS lebendig hervor und verschaffte ibm reichen Beifall. Herr Geidner als Graf Manfred secundirte mit fleißigem Lickt Bestreben, und die innere Wandlung aus Nackt zum und die Erinnerung de» weltschmerzlichen Grafen durch Aindergcsicktrr, Thee mit Arac, ein behagliche» Kamin feuer, durch Erinnerungen an alte Liebe und die EapriccioS der neuen, die um ihn wirbt, möglichst glaubhaft er scheinen zu lassen, ffräul. Le Win sohn (Alwine) und Herr Wack (Ein Diener) führten ihre kleinen Rollen, die in einer Scene eine Art von selbstständigem Zwischenspiel bilden, lebhaft durch Da» Stück gefiel, besonder» wegen einzelner treffender und pikentcr Wendungen de» Dialog». Der „Vicomte von LetorisreS" von Bahard und Earl Blum ist ein sehr alte» Repertoirestück, dessen Titel rolle schon zu Dutzenden die strebsamsten Schauspielsoubretten ungezogen hat. Zu einer Zeit, in welcher e» keine Fächer mekr giebt, mag auch Franziska Ellmenreich eine derartige Hosenrolle spielen, die abseits von ihrem sonstigen Repertoire liegt. Vielseitigkeit de» Können» zu beweisen, reizt ja begabte Künstlerinnen: an Lebendigkeit, Temperament, Uebermulh, be sonder» in den Scenen mit dem Parlament-rath, Gewandtheit, die bi» zu edlem Schwung sich »ersteigt, dem Prinzen von Soubise gegenüber, an geistiger Ueberlegenheit und liebens würdiger Schalkhaftigkeit stand Frau Ellmenreich gewiß nicht b:nter den Darstellerinnen zurück, die durch ihr anderweitige» Repertoire mehr berufen scheinen, diesen jungen Burschen zu spielen. Frl. Flösset (Marianne) gab der Darstellung durch dir Wahrheit, mit welcher sie die zank- und berrschfüchtige Ehehälfte de» Schneider« Grevin darstellte, in den erste» Tccncn ein sehr lebhafte» Tempo, und spielte auch nachher die jung«, treulose Frau mit einer Keckheit, an welcher ihr Mann, von Herrn Mat thacS al» Pantoffelheld erster Quali tät dargcstellk, keinen Anstoß nahm. De» ParlamentörathDeSpe risre» führte Herr Ernst Müllermit vielem Humor durch, beson der» in der Rausckscenc; dicZärtlickkeit, mit der er seine Elassiker behandelte, die in ihrem schöne» Einband lauter Weinflaschen verbergen, war sehr ergötzlich. Herr Oscar al» Baron Tibul zeigte sich als guten Darsteller für solchen einfältigen und eiugedildeten Gecken. Herr Borcherdt al» Prinz von Soubise war ein älterer Geck in GencralSunisorm, der mit Behagen den Weikrauch schlürfte, den der Vicomte ihin streute, ohne zu merken, daß dieser Parfüm nicht au» lauter Wohl- aerüchen bestand. Herr Kurt scholz war ein zärtlicher Magister, der immer atbemlo» hinter feinem Zögling einher- lies. Frl. Ehrhardt (Prinzessin von Soubise) als stolze und gefallsüchtige Dame, Frl. Lauterbach (Veronica) als liebende Mutter einer buckligen Tochter und Frl. Fässer sHermint), die im Grunde nur eine schablonenhafte Lieb haberin zu spielen hatte, ergänzten da» Ensemble Ta» Publicum zeichnete den Gast und auch die anderen Hauptmitwirkendeo Lurch lebhaften Beifall au». Rudolf von Gottschall. dt» Hüll« gefallen, wurde» vo» d« Bertert«, d« Städte Berlin, Leipzig, Dresden, Frankfurt a. M., sewie veu einer Deputation de« Indischen Akademischen Verein« zu Berlin — drei schmucken Studenten in Wich« — prächtig« Lorveerkränz« niedergeleat. Feier liche Sängerchöre ertönten nach den Weisen des Enkels de» Gefrierten, Felix Mendelsfohn-Banholdy. Der Herzog unterhielt sich huldvoll mit einigen Mitgliedern der Familie Mendelssohn, sowie auch mit anderen Herren de« EomitsS. Nach der Entbülluna tan» im prächtig geschmückten Saal« d«S BahnhofSrrstaurantS ein Festbanket statt, an welchem ca. 200 Personen theilnahmen. Auch hier wurden verschiedene Reden gehattea. Der erste Toast galt dem Kaiser, dem Herzog und seiner Familie. Ferner hielt Justizrath l)r. Makower eine sehr gediegene Red«. Prof. Lassen lieft den leider abwesenden Schöpfer deS Denkmal- leben. SanitätSrath vr LtviuS Fürst, Vertreter der Mendelssohn- stiftung in Leipzig, brachte ein Hoch auf dir akademische Jugend an-, wobei er sie zur Toleranz herzlich ermahnte. Rabbiner vr. Porge«, al« Vorsteher der jüdischen Gemeind« zu Leipzig, seierte ganz im Geiste Mendelssohn s die Duldsamkeit und die Ver söhnung der verschiedenen Confessio»«. Die Stimmung der Gäste wurde allmälig ganz animirt, wozu der voll Witz und Humor sprudelnde Vortrag re» Rabbiner« vr. Rahmer anS Magdeburg besonders beitrug. So schloß das schöne Fest in heilerer Fröhlichkeit unter reger Beihetiiguug der gesammte» Einwohnerschaft Dessau-. Arbeiterbewegung. Beobachtungen -er Sonnenfinsterniß. Die Tonnenfinstrrniß am verflossenen DienSlag war vom prächtigsten Wetter begünstigt und überall, auf allen Straßen und Plagen, konnte man Personen bemerken, welche mit dunkelgesarbten oder berußten Gläsern, oder mil einem durch löcherten Papier vor den Augen, oder auch in einem mit Wasser gefüllten Gesäß die Sonncnfinstrrniß beobachteten, und sichtlich waren die Beobachter von der Genauigkeit be friedigt, mit welcher sich da» schon vorher bestimmte Pro gramm abwickelte. Die Sonne war gaiiz rein und zeigte selbst bei lLOsacher Vergrößerung keine Spur von Flecken, an dem von der Hellen Sonne begrenzten Mondrandc aber bemerkte man nur geringe Unregelmäßigkeiten, die bekanntlich von der mehr oder weniger gebirgigen Oberfläche unsere» Trabanten ycrrühren. Auch bei dieser Sonnenfinstrrmß zetgte e» sich, daß e» schwierig ist, den Moment de» An sang» genau zu beobachten, weil man über den Ort de» Eintritte» der Mondscheibe nickt ganz im Klaren ist. Dieser Umstand wird vielleicht auch in geringem Grade mit lazu beigetragen haben, daß aus der Berliner Sternwarte der Anfang um 30 Secundcu von der vorausberechneten (und mit dem Leipziger Tageblatt von, 7 Juni vollkommen übereinstimmenden) Zeit abwich, da der Fehler in Bezug aus da» Ende der Finsterniß nur I.'i Lee. betrug. Auch aus der Wiener Sternwarte wurden äbnlichc Differenzen beobachtet, denn die Zeit de» Anfang», welche von zwei Beobachtern übereinstimmend mit 9 Uhr 24 Min. 29,7 Sec. notirt wurde, wich auch hier um nayi dieselbe Secundcnzahl von der Berechnung ab. Eine Fort setzung de» MoncrandeS über die Sonnenscheibe hinüber konnte jedoch daselbst nickt mit aller Sickerbeit gesehen werden, obwohl die» bei anderen Gelegenheiten gelungen ist. Besondere- Interesse aber erregten bei den Besuchern der Wiener Sternwarte zwei von dem Mechaniker Reffet ausgestellte Eheonodeikö, welche da» Gonncnbild in wunderbarer Schärfe nud dem Auge angenehmer weißer Blendung zeigten. E» sind die» kleine Instrumente, welche berSit« vielfache Ver breitung unk Anerkennung gefunden haben und die e« jedem Laien gestalte», mit Hilfe von Sonnenbeobachtungen und einigen wenigen Additionen den Fehler seiner Uhr mit der Genauigkeit von einer Secunde selbst zu bestimmen. Schurig. Leipzig, 19. Juni. Dt« Bäckergehilke» hielten gestern Nachmittag in der „Flore" eine von .DO Personen besuchte 8er- semmlung ab, In weicher ein Herr Kretzschmor au« Hamburg über die Arbttterschutzgesetzgebung sprach, hierbei als Unterlagen die Gesetzentwürfe der Regierung und brr secialdemokratischen Retch«- tigssrectiv» benutzte und die Gewerkschaft der Bäcker namentlich wegen der übermäßigen Arbeitszeit und der schlechten Behandlung der Lehrlinge nls eines Schutzes besonders bedürftig bezeichnet». Nach dem Vortrage kam ein kürzlich im „Leipz. Tagebl." unter Bei- sügung einer Erwiderung der hiesigen Bäckeriunung abgedruckter Artikel des soeialisttschen „Berliner Bolksblaites" zur Besprechung, in welchen« der hiesige» Bäckcrgehilsenschast nack-gesagt worden war, sie leist« der Socialdemokratie HeereSsolge, während die Innung gleichzeitig einer übermäßige» Ausnützung der Lehrlinge beschuldigt worden war. Tie Versammlung legte gegen die erste Behauptung Ber- Wahrung ein, bestätigte dagegen die letzte und beschloß, die Erwide rung der Innung durch den Vertrauensmann berichtigen zu lasten. Weiter nah«» die Versammlung einen Antrag an, in welck>«m sie sich zur Unterzeichnung einer Petition an de» Reichstag verpflichtete. Die verlesene Petition deckte sich ihrem Inhalte »ach etwa mit der- jenigen, welche am I. Mai hier und anderwärts eirculirt hatte, und soll immenllich die Ausdehnung des ArbeiterschutzeS auch auf das Kleingewerbe herbeizusühren bestimmt sein. Die Wahl eine- Innung«. gesellenuuSschusskS wurde gestern, wie eS schien, insolge eines ganz entschiedenen Mißtrauens gegen die Innung von der Tagesordnung ab- gesetzl und einer späteren Versammlung Vorbehalten. — In der gestrigen Versammlung der Stuckateurgehilfeu in der „Flora" wurde bas (rrgebnitz der Verhandlungen mit den Princtpatr» über den neuen Lohntarif mitgelheüt, der die Forderungen einer 9'/«stündigen Arbeitszeit, eines Tagelohnes von 4—5 .41 für Werkslattarbeiler und von 5-6 sür Bauarbeiter, eines Lohnzuschlags von 25 Prvc. für Ueberstunden und Eonntagsarbeit, von 100 Proc. sür Nacht arbeit enthält. Sämmtlichc Principale baden sich in der Hauptsache mit dem Toris einverstanden erklärt und nur aus der Beibebaituiig der lOstündigen Arbeitszeit und de« bisherigen etwas niedrigeren Lohne- der Werkslaltarbelter bestanden. Die Versammlung beschloß, in jeder Werkstatt Vertrauensleute wählen und diese mit ihren Arbeitgebern unterhandeln zu lassen. Endlich wnrde ein Verlretrr sür den tm August stallsindenden deutsche» Stuckatrurcongreß in Elberfeld gewählt. (L. Z.) Musik. Fronzösische Neuigkeiten am Prager Landes theater. AuS Prag wird gemeldet, daß Direktor Angela Neu man» sür die nächste Saison ein« Reihe bedeutender französischer Neuigkeiten erworben hat. Ain 18. August, dem Geburtstage des Kaiser», wird zunächst die lyrische Oper „l.a coup« «t. Io» lösre», Text nach Alfr. de Müsset, Musik von Cannoby, zur Aufführung kommen, welche« Werk bisher nur einmal zur Probe in Rone» vor Pariser Kritikern Largestellt wnrde. An« 4. Octvber, dem Namenstage des Kaisers, folgt Reyer'S „Salambb", welche» Stück in Brüssel einige Fnnszigmai gegeben wurde und iin Te> cember d. I. an der Pariser Großen Lper zur Ausführung kominea wird. Endlich am Namenstage der Kaisers», 19. November, schließt den Reigen der Neuigkeilen Lalo'S romantische Lper „Öe Kai ck'V»", die in Poris während zweier Jahre nabe an 200 Vorstel lungen erlebte. Tie deutsche Bearbeitung der 3 Opern wird von llr. OScar Berggruen besorgt. * Notizen. Die vor Kiirzem in Dresden aufgesührte Cantate: „Der Königin Pilgerfahrt" von C. Oberthür in London, mit * Da« vrga» de« „Utt,t««l»e, d»»tfch», «»lik- »rrekaS" ist bekanntlich die von Robert Schumann begründete „Neue Zeitschrift sür Musik", deren Redacteur und Heraus« «der Herr vr. Paul Simon, Besitzer de» Berlage« von C. I. (ahnt Nachfolger in Leipzig, eifrig bemüht ist, die Zeitschrift den Verhältnissen der Gegenwart entsprechend zu gestalt«. Da nun der Allgemeine deutsch« Miisikveretn in diesem fernem 31. Verein«» fahre die 27. Tonkünstler-Versammlung zu Eisenach in den Tage» vom 19.—22. Juni abhält, so hat Herr vr. Simon zu diesem SoPhtru-Quelle. Mcht tue« den Aradlnverkru, erhebt sich der bade«. Durch die Munisiceuz Großherzogia von Weimar erbaut. wecke eine Festnummer eben, welche auch äußerlich durch u küllstlerisch auegesährtes Titelblatt sich von den übrigen Nummern abhebt. Die Malerin Frieda Ehrhardt in Htldburghansen hat dt« Zeichnung zu diesem Titelblatt geliefert, auf welchem neben dem Bildniß Sr. königl. Hobelt de« GroftherzogS Alexander von Weimar, welches mit dem Wappen an die erste Stelle auf dt« link« Seit« des Blattes gestellt ist, die Wartburg in d«r Mitte am obersten Theiie de« Blattes thront. Links unter dem Bilde de« Großhrrzogs steht die deutsch« Muse mit der Laut«, tm Hintergrund« zeigt sich eine Londschait mit der Wartburg und Eisenach. Auch sind aus dem Titelblatt die ToukLustler-Versammlungen und Musiker lage verzeichnet. Ter Inhalt besteht au« verschiedenen Artikeln, von welchen der Aussatz „Franz Liszt als Goethe.Verehrer" von vr. Paul Simon uns am meisten ongesprochen hat. Zwei Faksimiles von Briefen Ltszt's, welch« vr. Simon auffand, eine Erinnerung an R. Schumann zum 80. Geburtstag desselben von einem ungenannten Mitarbeitrrveteraneu, ein sactischer Beweis für di« temperirt« Stimmung (welcher sehr der Berichtigung und Er dung bedarf) von vr. Schacht bilden im Wesentlichen neben vielen Besprechungen, Notizen re. den Hauptiuhalt der Nummer. * Das „Musikalische Wochenblatt" bringt in der letzten Ouartal-Nummer (Nr. 26, Jahrg. 21) das Bild und die Biographie de- großherzoglich wetmarischen Hoscapellmeifter« Eduard Lassen, welcher, am 13. April 1830 zu Kopenhagen geboren, kürzlich sein sechzigstes Lebensjahr vollendet hat. Im Hinblick auf das Tou- künsl(e»F«st zu Eisenach vom 19. bis 22. Juni d. I., welche» der Allgemeine deutsche Musikverein veranstaltet hat, als besten Mit begründer und eifrigen Förderer man Herrn Lassen ohne Rückhalt bezeichnen kann, ist diese Veröffentlichung al» eine durchaus zeit gemäße zu bettachten. Eduard Lassen ist überhaupt eine hoch achtbare künstlerische Persönlichkeit, welche Tüchtiges geschaffen und geleistet hat. Daß Franz LiSzt da« Talent Lasten'- recht zur An- crkennuug brachte, ist sür den wetmarischen HofcapeUmeister nur ehren voll. — An der Spitze der Nummer steht der Versuch einer Deutung von Beetlwven'S neunter Symphonie mit einer zutreffenden rcdactio« nellen Bemerkung, außerdem bilde» Besprechungen, längere und kürzere Cvrrespoudenzen, eine Polemik Richard Wagner'-, die An- gäbe der Noviiäten-Aussührungen, viele Notizen und Bemerkungen den reichen Inhalt der Nummer. deulschem Text von L Kraft in Leipzig, ist hier bei R. Linne mann (Siegel'» Musikhandlung) erschienen. — Ter Julius Otto- Hund und der sächsische ElbgausängerbunL in Dresden haben beschlossen, am 20. Juli d. I. im Parke de» Waldschlößchens eine Erinnerungsseier an das große Cängersest von 1865 zu veranstal ten. Dieses 25jährige Gedenksest soll durch Festzug, Gesangsaus- sühruuge», Reden und Cvncerl gestiert werden, »nd es sind alle Sänger und SangeSsrennde, insbesondere diejenigen, welche die er hebenden Tage vor 25 Jahren mit durchlebt haben, zur Theilnahme eingeladen worden. — Tie hunderiundsünfzigsle Aufführung des „Armen Jonathan" ii» Friedrich Wilhelmstädtischen Theater in Berlin hatte das charakteristische Gepräge der zahlreichen, an dieser Bühne üvlichen Jubelvorstellungen: ein volle« HauS, die lebhafte Theilnahme von ollen Plätzen aus, rauschender Beifall und reiche Blumenspenden sür alle Hauptdarsteller und Tarstellerinnen. — In Coburg ist der Kammerherr Baron Cbert znm Intendanten des HostheaterS und der Hoscapelle ernannt worden. — In Wies baden hat der Männergesangverein beschlossen, im Jahre 1891 eluen internationalen GesangSwettstrcit aus Anlaß de» vierzigjährigen Bestehen« de» Vereins zu veranstalten. — Der Gemeinderarh von Wien hegt die Absicht, die bereits beschlossen» stierlicke Wieder- bestattung der sterblichen Ueberreste des Tondichters Gluck im August unmittelbar nach Schluß de» SängerbundeSsesteS vor- zunelnnen. Es sollen, wie man der „Bost. Zig." von dort meldet, die aus alle» deutschen Landen versammelten Sänger zur Theilnahme an dieser Feier herangezoge» werden, welche durch die Mitwirkung der ersten musikalischen Körperschaften Wiens zu einer großartigen Kundgebung sich gestalte» dürste. — Dem Hamburger Stadttheater bat sich dir Sängerin Fränl Olga Poll «kauf 5 Jahre verpflichtet. — Otto Goldschmidt in London schreibt eine Biographie seiner Ä'uistü MciidrlMn-vknimal» in Dessau, j im Lause der letzten Saison in London und Amerika mit grvßlei» Erfolgt ausgetreten ist, wird im kommende» Winter in den großen Städten Deutschlands concertiren. — Fräulein Lina Raman bat sich, »ach Uebergabe ihrer Musikschule an die Herren Göller ich und Schmidt, In'» Privatleben zurückgezogen und ihren Aufenthalt in München genommen. Sie wird sich fortan nur der Schrift- stellerthäligkeit widmen. — Die Direktion der Pariser Großen Oper bejchästiat sich jetzt mit der Ausstattung des „Magus" von Masse net, weicher im December ausgesührt werden soll. — Ter Componist Herr Heinrich Zöllner, Dirigent des Kölner Männergesangverein», wird im Herbst die Direction de) „Deutschen Llederkrani.es" in New-2)ork übernehmen. Oie LnIMungsfeier dt! AIS m» 4. Januar >886 in Dessau der hundertjährig» Todestag Meiidelsübn's gefeiert wurde, bildete sich bekanntlich ein ipomilö, welches ie.wecktc, dem berühmten Denker und Menschen eeund in seiner '.' stad' ein würdige« Denkmal zu ß-tzen. Dieser .'o'ichlag fand l> akt-ii Anklang. Bo» christlicher wie ron jüdischer ^eite liest» zoblr. .: ' Geldspenden ei», so daß die erforderliche Summe bald vvrbantcn war. Am 18. dieses Monats, um die Vi::aqestu»de, wurde das in der Näbe des Bahnhost» ausgestellte biilül e Denkmal unter sehr zahlreicher einheimischer Belbeiligung rntbullt. Da» Denkmal, mit welchem in höchst linniger Weise rin leoendiger Brunnen verbunden ist, präsentirt sich mit der wohl- aclmigenen Büste des Philosophen, dem die Worte: „Glaube, Salbung, Unsterblichkeit" eingrabenden GeninS der Philosophie, bochst vorlheilüasl und bildet eine wahre Zierde der an und für sich so schönen Stadt Dessau. Trotzdem der Himmel rin finsteres Gesich! zeigte, vermochte die Ungunst der Witterung den erhebenden Verlaus der Feier nicht zu schmäler», im Gegentheil, die drohenden Wetterwolken bildeten eine» stimmungsvollen Untergrund und ver- mehrten den Ernst der Seenerte. Punct 12'., Uhr erschien Seine Durchlaucht der Herzog in Begleitung Lcr herzoglichen Familie und der Prinzessin Friedrich Karl von Preußen. Ebenso l. ar der Rath der Stadt Dessau und zahlreiche Glieder der Familie Mendelssohn, darunter der Buchhändler Mendrlssolm zun. au» Leipzig, vertrete», serner verschiedene Gelehrte lProfessor Lazarus „ s. w i und Neprästnliinirn der Presse anwesend. Prostssor Lassen aus "Berlin hielt eine eindrucksvolle Festrede, worin er da» Leben und Wirken Mendelssohn » schilderte. Er bob seine Bedeutung als Philosoph »nd Schriftsteller, l-esondersaber als Verfechter des Glauben« hervor Er stellte ihn als inonninenlalen Typus seiner Zeit dar „nd -.igle, wie Me»delss»I»i gleichsam das elbische Gegenstück zu Friedrich dem Großen als politischem Genie bildete und somit bei- zu dem großen nationalen Aasschwnng Deutschland«. — Daraus ^ Weiü trug z ergriff ^ waudler Rede besonders MenbelSsobn'S Vaterlandsliebe, leine» Esser gegen die sranzösischen Lieblmbereien der Zeit wie seinen intimen Verkehr »ist Leffing :c. vor Augen rührte. Daraus übergab er im Name» des Eomilös da« Denkmal der Stadt. Lberbürger- mefflcr -sr Funk dankte im Namen der Bürgerschaft, und Literatur. , 5 tzhormeister-Büchlein. Eine Sammlung 41 kurz gefasster Biographien. HeraiiSgegrben von Adolf Ruthardt, Lehrer am königl. Conservatoriuin der Musikk in Leipzig. Preis I 75 H. Berlag von Gebrüder Hug in Leipzig. Eine Reibe von 41 Lhonneisiern, zuin größeren Theile auch be liebter Componislcn aus de», Gebiete des deutschen Manneraesanges, in Wort und Bild geschildert, in einem elegant auSgestatleten Bändchen I zu dem außerordentlich billigen Preist von 75 das dürste sür die j zahlreichen LicdertSsler eine willkommene literarische Gabe sein, namentlich sür Tiejeniaen, welche im August d. I. zum vierten dkntschen Sängerbundesstste nach der Kaiserstadt an der „schonen blauen Donau" reisen. Viele von den Herren, deren Leben und Wirke» i» dem Bückelchen dem Leier vorgesüdrt wird, betheiligen sich an dem Feste in Wien: Grund genug, um sich sür diese Reche allgemein bekannter Lhormeisier und zeitgenössischer Mannerchor. I Tonsetzer au» allen Gauen Deutschlands, Oesterreichs und der Schweiz zu iisteressiren. Leipzig ist durch die Namen Hermann Kretzschmar, Richard Müller, H Pfeil, unsere Schwesterstadt Dresden durch Reinhold Becker, Hugo Jüngst, Edmund Kretschmer und Oslar Wermana vertreten. Daß ein Bändchen zu dem billigen Preise von 75 in dem durch diesen Preis bedingtrn ragen Rahmen nicht vollständig sein kann, ist erklärlich: da aber der Herr Verfasser im l Vorwort mittheilt, daß die Zusammenstellung keineswegs als ab- geschloffen gelten soll, so ist ja ein zweites Baudcheu zu erwarten, das ai« ri»e Ergänzung de« erste» zu betracht« sein wird. kein Verl» erunaei iwrites Gebäude geben, welches mit all« Neuerung« und qseruug« auf dem «rüstet ist al» diese leich diesem Kinderheil! »ruppru, in nächster Näh« der Gradirhäuser, sowie am Gelände der Seinberg« eine große Zahl theils eleganter theils einfacherer Bill«, welch« den verschiedensten Ansprüchen der Kurgäste gerecht werdeu. Wie sehr die vorzüglichen Wirkungen dieses Bades von Ae und Patienten erkannt und gewürdigt werdeu, bezeugt am die alljährlich zunehmende Frequenz und so hat auch io dies, r« der Frühling bereit- eine wett größer« Anzahl Turgäfte als oaft Sulza zugeführt. G. )i Bei der Buffalo-Lndianertruppe. * Leipzig, iS. Juni. Nicht minder fesselnd wie da» Lnzcrlcben, welche» die zahlreichen Personen der Wild-West- Eompanh führen, ist da» Leben der Thicre, die zu der Truppe gehören und bei den Vorstellungen in Verwendung kommen. Dieselben sind mit Ausnahme der Büffel, welche im Freien sich bewegen, in gut geschützten Zelten untcraebracht. Unter den etwa zweihundert Pferden nimmt der LievlingSrenner de» Obersten Eody, ein prächtiger Schimmel, zunächst da» Interesse in Anspruch; sein stattlicher Bau sagt auch dem Laien, daß wir es hier mit einem höchst werlhvollen Vertreter seiner Raffe zu thun haben. Gleich vortreff lich gepflegt erscheinen auch die anderen Pferde, von denen einige besonder» wild sich geberden und schon beim Nahen von Fremden ungeduldig werden; e» sind die» die Rosse, die bei den Vorstellungen mit dem Lasso cin- gefangen werden und dann Denjenigen, die ihren Rücken, um zu reiten, besteigen wollen, so viele Schwierigkeiten bereiten — eine» der ergötzlichsten Bilder unter den überreichen Dar stellungen der Buffalo-Truppe. In einem anderen überdachten Raume sind die Maulesel untcrgedracht, die gewandt und behend den Reitern folgen und in ihrer Art die drolligsten der vierbeinigen Bewohner de» „Eamp" sind. Auch diese Tbiere erheischen eine sorg fällige Al'wartung und Pflege, damit sic dem Wechsel de» KlimaS widerstehen, dem sie auf ihren Reisen ausgcsctzt sind In einem Bretterverschläge sind die Büffel, 25 der Zahl nach, untergebracht. Hier grasen die Vertreter der Prairicn friedlich bei einander; mitten unter ihnen wandelt der Wärter, ohne auch nur im Geringsten von den Thieren behelligt zu werde». Einem Fremden allerdings würde nicht zu ratben ein, in den Bretterverschlag cinzutreten, ihm würde, sollte dennoch den Eintritt wagen, gar bald begreiflich sein, daß die Büffel durchaus keinen Spaß verstehen. Ausgefallen ist die zun» Thcil ganz wollige und zottige, zum Theii glatte Behaarung der Büffel. Dieser Zwitterzustand in dem äußeren Ansehen der Tbiere erklärt sich daraus, daß diese ich gegenwärtig hären und die Winterwolle noch nicht gänzlich verloren haben. Die so überaus drolligen jungen Büffel kamen i» Deutschland, und zwar während de» Aufenthalte» in München, zur Welt. Dieser Umstand ist Veranlassung ge wesen, daß man die kleinen Vierfüßler „Münchner Kindl" getauft hat, unter welchem Namen sie auch von den In diauern gerufen werden. Welche Futtcrrationcn die Thierc in-gesammt täglich be anspruchen, gebt aus folgender Ucbcrsicht der Fouragetteferung Ar die Buffalo Truppe hervor. Danach werden während de» hiesigen Aufenthalts täglich verbraucht: l3 Eentncr Hafer, 21 Eentncr Heu, 15 Ccnlncr Stroh, 3 Eeniner Kleie, 1'/, Ccntncr Mai» und 5 Ccntncr Klee. JnSgesammt werden demnach während dcä hiesigen auf 8 Tage berechneten Aufent halt» über 25 000 Kilo Futtermittel consumirt. Bei dem mannigfachen und vielseitigen Leben in der Zeltstadt ist da» geradezu musterhaste Verhalten ihrer Bewohner zu be wundern; ernstere Streitigkeiten kommen nur außerordentlich cltcn vor. Ein» greift bei dem großen Apparate in da» Indcre, Jedermann ist an seinem Platze und erfüllt seine Pflicht. Nur auf diese Weise ist c» möglich, daß die Vor stellungen so ausgezeichnet gelingen, daß sie die Bewunderung der Besucher in so Hohem Maße hcrauSforderu. Etwa» Derartige», in Leipzig noch nie DageweseneS, in Augenschein zu nehmen, läßt man sich natürlich nicht gern entgehein da die Vorstellungen der Buffalo-Truppe bei jedem Wetter stattfinden und, da der Aufenthalt der Gäste hier ein nur kurz bemessener ist, nimmt man e» auch in Kauf, wenn der Himmel, wie die» biSber leider geschehen, zeitweilig ein trüberes Gesicht vor oder wohl gar während der Vor stellungen zeigt. Kommenden Sonntag finden übrigen», wie hier schließlich noch bemerkt s?i, zwei Vorstellungen statt; die eine derselben beginnt um 2, die andere um 5 Uhr. Die Vor stellungen wahrend der Wochentage beginnen, wie bekannt, Nachmittag» 5 Ubr. Man versäume c» nickt, diesen Rath mochten wir hier dringend wiederbolcn, die Vorstellungen der Buffalo-Truppe zu besuchen: etwa» gleich Großartige» und Urberraschende» wird sobald nicht wieder geboten werten. Bäder und Sommerfrischen. f AuS Thüringen. Ter Frühling zeigt sich wohl am schön im wonnevollen Tdüringen. Tort in den herrlichen Thäiern Schwarza, Saale, Ilm und wie die Sildersäd« im grün« Kranz der liebreizenden Tduringia noch alle heißen, fingt jetzt die Nachti gall »nd entzückt den Nalurireund. In einem Tbale an der großen Verkehrsader der Berlin-Franksurter Bahn und doch im still« Frieden der 'Natur, umrahmt von theils waldigen, theils reden- bewachsenen Bergen, liegt eine der schönsten Peilen Tbüringen- da» lieblich« Soolbad Sulza. Sein Weltbad mit großsiädtiichem Getriebe, und doch alljährlich gesucht vo» Tausenden, welche bet slärlcndcn Badern cm iegeiispeiidenden Gesundbrunnen und in ozon reicher, würzigster Lust Heilung und Erholung suchen von den mannigsaltigsien Leiden. Sech» heilkräftige Quellen entspringen hier der Erde und dieser seltene Rcichidum an Loöle nimmt, um dem Sudhause noch stärkerproeentig zugesüdrt zu werden, seinen Weg über drei mächtige Gradirdäujer, welche sür Sulza gar nicht doch genug zu anz besonders vorzüaliche, erprobt« hrinkbruauru. der Carl-Alexander. schätzende Heilmittel sind. Eine Heilkraft besitzt Suiza tu sei»«, schattkaa» Weg »ach tattltch« Ban deSKtnderhetk- >rer königl. Hoheit d« Frau Erste «S wohl wett und brelt Sport. Rennen zu Ltarlatteridnrg m> IS. Jnni. Preis von Dahlwitz. 1500 Herrn HanieL« Sj. F^v. Dunkelmann" fi. Hrn. Raths«'- 3j. br. St. „Blue Point" f, Br. Bernstorss-Gylheiisteen'« 3j. br. St. „Gillet" 2-, Hrn. Spieker- maun'S 3j. br. H. „Adam" 3. Zu einem tobten Rena« heraus- eritten. — Pas,Walker Jagd-Rennen. Preis 1000 ^l Distanz 000«. Major v. Tresckow's a. F.-W. „Glaumorr" 1., Li. vou Gräventtz' 4j. schwbr. St. „Bergstraße" 2-, Frhr». von Heiutze's a. br. St. „Meredith" 3. „SchnapS" fiel, brach das Kreuz uud mußte todigeschostm werdeu. — Crock-Iagd-Renuen. Preis 4000 Distanz 4500 o». Lt. Mrincke's a. F.-W. „Freiherr" 1., Herr» geicher'« Sj. schw. St. „W«ada'^2., Major Gr. SponettS a. „Little Horne'^ 3 - Preis vom Jagdschloß. 3000 >l istanz 4500 w. Rittmeister Suermondt'S 6j. br. St. „La Rose" Lt. Schlüter 1.. Hrn. G. Schleicher'» a. F.-W. „Aramts" v. Gräventtz 2., Capt. JoS'S a. schwbr. H. „KronoS" Lteut. Hansoo 3. — Entschädigung»-Hürden-Rennen. Preis 1500 Distanz 2500 w. Rittm. v. Schmidt-Pauli's 4i. br. „Sk Stastorv" 1., Her« von Tepper - Lasst'» Kj. F.-W. ,Bort«" 2., Herrn S. Schleicher » 6j. F.-St. „Goldniadchen" 3. Sir Stafford wurde um 4100 ^l oon Rittm. v. Boddim ge- ordert. — Havel - Hürden - Rennen. Pr. 1500 D«st. 3000 w. Lt. v. Stetten s 6j. br. W. „Greensand" I., Capt. Joä's i. br. H. „Revril Matin" 2., Frhr». E. von Oppenheim'» a. br. St. Egerte' 3. — Preis vom Hippodrom 2000 List. 3500 n». Lt. Rolle'» 6j. schwbr. St. „Economy I.. Hrn. Hantel s öj. br. St. „Desirbe" 2., Hrn. Schilling » o. br. W. „Scholar" 3. Part», 16. Jnni. Da» diesjährige groß« Rennen überttas durch die zahlreiche Betheiligung alles Bisherige. Obwohl in den Vormittagsstunden Regen iin Anzuge zu sein schien, fuhr und wan- derte ganz Paris nach Longchamp hinaus, um einen möglichst guten Platz zu erhasche», und des Nachmittag» war im Inneren der Stadt kein Fuhrwerk mehr auszutreibe». Die Sonne hatte sich mittler weile bleibend eingestellt und das Rennen, zu dem sich in der offi- ciellcn Loge mit dem Präsidenten der Republik und Frau Taruot die Spitzen der diplomatischen Welt eingefunden hatten, verlies in befriedigendster Weise. Rur gewann weder Rothschild'« „Le Nord" noch Tonvn's „Wandora", sur welche weitaus die Meisten gewettet hatten, den Ornnll prue. sondern rin anderes französisches Pferd, „Fiy-Rvya", das dem Baron Schichter gehört. Tie Rückkehr der Fuhrwerke und Fußgänger nach der Stadl bot das belebteste, fröh lichste Schauspiel, daß man sich nur dcokea kann. Der Präsident der Republik wurde, wie schon auf dem Rennplätze, überall laut und herzlich begrüßt. Ter Totaltsateur, welcher gestern einen Ge- ammtumsatz von 2 634 200 Flcs. lgegen 1 937 695 FrcS. im Vor jahre) machte, zahlte 376 Frcs. sür 10 Frcs. sür „Fitz-Roqa". An EtntrittSaebühren wurden nahezu 500 000 Frcs. erzielt. Diese Ziffer» stehen bisher unerreicht da. Ter 6nmä prir betrug 151500 Frcs. Gerichtsverhandlungen. RS«t,ltche» Landgericht. . IV. Strafkammer. * Leipzig, 19. Juni. In der Nacht vom 11. zum 12. Mai erieth der am IS. December 1860 in Sulkowica in der Provinz -osen geborene Fabrikarbeiter Thomas Rossik mit einem Kameraden A. in der Harkvrtstraße in Lindenau in Streit, der sich bi- in die Aurelicnsttaße fortsetzte. In der Heinesttaße packlen sich die Beiden und Rossik schlug den A. mit einem übersponnenen Stahlfiock, an dessen Ende sich eine Bleikugel befand, vier Mal mit voller Gewalt über den Kops. Aus der über den Canal führend« Aurclienbrücke kamen Rossik und der Verletzte nochmals aneinander und hier wurde A., wie er in der Hauptverhandlung angab, zwei Mal mit dey, zu» eklappt« Taschenmesser geschlagen, einmal wurde er dabei ins Besicht getrosten. Drei 2—3 ci» und eine 1 cm lange Wunde am Kopse, sowie eine Contusion in der Nähe des linken Auge» waren die Folgen der an A. verübte» Gewailthäligkeiten. Aus das Hilstgeschrei des Verletzten kam ein Schutzmann herbei, der den tark blutenden A. zu Herrn vr. Goetz «m, führte. Dieser wusch die Wunden aus und nähte sie. Die drei Wunden von 2—3 cm Länge, müsse» nach Angabe des Sachverständig« mit einem ziemlich schweren Gegenstand hcrvorgebracht sein, wenn cs rin Stock war, mußte dieser eine ungewöhnliche Schwere besitzen, denn bei allen drei Wunden war die Haut geplatzt. Ein Bleiknops, wie er sich an dem vom Angeklagte» gebrauchten Stock befand, kann ehr wohl solche Wunden venmachen. Tic kleinere 1 cm lange Wunde charaklertsirle sich als Schnittwunde, zu ihrer Erzeugung kann ein Messer angewandt worden sein Tie Contusion am Auge rührt möglichen Falls von eine», Fauslschlag her. A. war eine Woche lang arbeitsunfähig, gegenwärtig sind alle Wunden vollständig geheilt. In der Hauptverhandlung räumte Rossik ein. A., mit dem Stocke geschlagen zu haben, doch habe er es aus Nolhwehr geihan. Ein Messer besitze er gar nicht, die Verletzung im Gesicht des A. rühre von einem Faustschlag her, den er ihm versetzt habe. Es wurde durch die Verhandlung zwar sestgcstellt, daß Rossik ein sogen. Ein- schlageinesser besessen hat, es konnte aber nicht mit Bestimmtheit nach gewiesen werden, daß er es bei der Thai benutzt hat. Dagegen war vollständig ausgeschlossen, daß Nolhwehr Vorgelegen habe. Der be reits zweimai wegen gefährlicher Körperverletzung vorbestrafte An geklagte wurde wegen des gleichen Vergehens unter Aus>chluß mil- dernder Umstände zu 8 Monaten 2 Wochen Gefängniß ver- urtbeilt. 2 Wochen der Untersuchungshaft wurden ihm aus die Strafe angerechnet. II. Der Schriftsetzer Ernst Victor Stannelle, geboren am 14. Juli 1866 in Golha, hatte tm April vorigen Jahres gegen den Willen seiner Eltern geheirathet und kam deshalb mit seinem Wochen- lohn von 20 ^l, den er in einer hiesigen Buchdruckerei bezog, an- aeblich nicht mehr aus. Um sich aus seinen Geldverlegenheiten zu besreim, reiste er Mite Octoder nach Golha, wo seine Mutter mehrere Häuser besaß, von denen das Eine verkauft und der Erlös unter die Kinder vcrtheilt werden sollte. Stannelle erwartete für seinen Theii 6000 >i, wovon er seine Schulde» be zahlen und ein Geschält gründen wollte. Der Hausverkauf zerschlug sich aber, und Anfang November kehrte Stannelle nach Leipzig zurück. Seine Stellung war mittlerweile bereit« anderweitig besetzt und er versuchte daher als Jnseratensainmler sich zu ernähren. Er war auch als solcher bei verschiedenen Firm« thätig, hat sich aber mehr fache Betrügerei« zu Schulden kommen laste», weshalb er sich jeßt zu verantworten hatte. Zunächst vcrlaugt« und erhielt er am 9. December von der Buchdindlungsfirma H. L E. ein Darlehn von 25 als Vorschuß aus da» Vorgeben hin, daß er verschiedene größere Druckausträge von mehreren Buchhandlungen bringen werde. Von diesem Puncte der Anklage wurde er jedoch frrigesprochen, da in seiner Angabe ein directer Betrug nicht erblickt wurde Anders verhält es sich in einem zweiten Falle, wo er am 17. Te- cember wiederum ein Darlehn von 20 »i sich zu verschaffen wuxu durch die unwahre Angabe, er müsse nach Haus« reisen, weil dort ein Han» seines Vaters verkauft werden sollte, wobei er als Ambril 6000 .»t erkalten würde. Dieses Darl-Hn hat Stannelle nicht zurück- erstattet. Außerdem schädigt« er die genannte Firma noch dadurch, daß er vo» einem Betrage von 3 welchen er Anfang Januar 1890 erhielt, um Bronze- uud Goldstaub dafür zu besorgen, nur 90 ^ zu diesem Zwecke verwandte, den Nest von 2 10 aber sür sich behielt. Weiter machte sich Stanelle einer schweren Urkunden fälschung in ideellem Ziisammenhange mit Betrug dadurch schuldig, daß er dem Buchhändler M., bei dem er vorübergehend als Jnscrateo- sammler sür einen von diesem derauszugebenden sogenannten Löich- kalender tbätig war, eine getatschte, mit dem Namen des Banda gisten R. Unterzeichnete Druckdestellung vorlegte und sich dadurch ciue Provision von 20 -sl erschwindelte. Einen weiteren Bettug dez. eine Unterschlagung beging er „m Weihnachten vorigen Jahres, wo er für die Buchhandlung „Zum Greisen" Inserate lammelte, indem er einer Frau B. gegenüber, an welche di« Firma eine bestrittene Forderung von 30.4! batte, angab, er sei ermächtigt, einen Vergleich mit ihr abzuschließen, woraus er 5.erhielt, die er in seinem Nu«eu verwendete. Um dieselbe Zeit besuchte er, gleichfalls um fick Geld mittel zu verschaffen, mehrmals die Weinhandluug von A.. au welch« die Buchhandlung „Zum Breis«" ebenfalls rin« Forderen«
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