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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.07.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-07-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920714018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892071401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892071401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-07
- Tag1892-07-14
- Monat1892-07
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(Fortsetzung aus dem Hauptblatt.) Belgien. Brüssel, 12. Juli. Die Eröffnung der consti- tnirenden Kammern hat heute um 2 Uhr ohne Thronrede oder eine sonstige Feierlichkeit staltgefunden. Die Com missionen zur Prüfung der Wahlen sind sofort an die Arbeit gegangen. Gegen fünf Wahlen, nämlich in Tlmin, NivelleS, Ostende, Tournay und Charleroi, wo bekanntlich die Liberalen gesiegt haben, sind Proteste eingelanfen. Man befürchtet, die klerikale Majorität könne dieselben anuulliren, um die Zweidrittelmajorität wieder zu erlangen. Tie Um gebung des Parlamentes war stark mit Polizisten besetzt, jedoch war durchaus keine Aufregung zu bemerken. Biele Zuschauer befanden sich im Saal und auf Len Straßen. — Im Brabanter Provinzialrath wurde heute ein Antrag auf Einfübrunz des allgemeinen Stimmrechtes eingereichl und lebhaft discutirl. — In der am Donnerstag dort stattfindenden Bersammlung der klerikalen Majorität will Becrnaerl die Frage seiner unbedingten Führerschaft dem ultraklerikalen Führer Woeste gegenüber stellen. Falls Woeste siegen sollte, würde Beernaert abdanken. — Ein seltsamer Unfall, nzelcher bisher noch nicht aufgeklärt ist, ist dem königlichen Hofzug, welcher den König der Belgier von Schloß Eiergnon in den Ardennen nach Brüssel brachte, in der Nacht vom Donnerstag auf Freitag zugestoßen. Der Hofzug passirte eben die Rue de Brabant in Lacken und schickte sich an, in die Brüsseler Nortbahnhoshalle cin- zusahren, als plötzlich ein gewaltiger Erbblock mit mehreren Steinen auf das Dach des Salonwagens aufsiel, in jvelchem sich König Leopold II. befand. Die große elektrische Lampe wurde durch den Schlag zertrümmert und stürzte auf den Tisch nieder, an dem der König saß. Ein Glassplitter traf den Monarchen an der Stirne, glücklicherweise ohne ihn zu verletzen. Der König war über den Borsall sichtlich er schrocken und beruhigte sich erst, als der Hvszuz den Nord bahnhof erreichte. ES wurde sofort eine Untersuchung ein geleitet, die aber bisher nicht zur Auffindung des Thätcrs führte. Daß ein Attentat gegen den König vorliegt, glaubt Niemand. Man nimmt vielmehr an, daß man es mit einem Bubenstreich zu thun hat. Niederlande. * Amsterdam, 11. Juli. Der Krieg-minister Oberst Sehffardt hat den niederländischen Generalstaaten eine Credit- vorlage behufs Bcrvollständigung der Befestigung Amsterdams vorgelegt. Damit ist die Frage des holländischen Befestigungssystems, die schon vor Jahren an geregt worden ist, neuerdings der parlamentarischen Er örterung unterworfen. Dieselbe dürfte sich äußerst hitzig gestalten, umsomehr, als die Regierungsvorlagen eigentlich Nie manden befriedigen. Die Gegner aller militairischcn Ausgaben, deren es hier zu Lande bekanntlich viele gicbt, werden selbst verständlich die neuen Credite für die Befestigung der nieder ländischen Hauptstadt bekämpfen. Die Anhänger des Festungs systems aber finden die Regierungsvorlagen unvollständig. Nach ihrer Ansicht sollte sich die Negierung für folgende Alternative entscheiden: entweder muß Holland durch ein Fcstungssystem gegen auswärtige Angriffe geschützt werden, dann ist es notbwcndig, ein umfassendes Bescstigungösystem, sowohl an der Seeseite, wie an der Rhein- und Maaslinie durchzuführen; oder Holland läuft keine Gefahr, von aus wärts angegriffen zu werden, und dann ist überhaupt keine Befestigung nothwcndig. Was die Regierung verlangt, wird in den militairischen Kreisen Hollands als Flickarbeit bezeichnet. Italien. k.6. Nach einer uns aus Turin zugehenden Meldung wurde daselbst dem Minister-Präsidenten Herrn Giolitti und dem Minister des Aeußern Herrn Brin von den politischen Kreisen eine sehr freundliche Aufnahme bereitet. Die beiden Minister werden Turin in einigen Tagen ver lassen; ersterer wird sich nach seiner Lilleggiatur in Eavour, letzterer nach Livorno begeben. Ihre Rückkehr nach Nom dürfte in zehn Tagen erfolgen. Großbritannien. * London, 13. Juli, 2 Uhr Nachmittags. Bisher wurden gewählt: 220 Conservative, 38Unionisten, 198Gladstoncaner, 6 Parnelliten, 36 Antiparnellitcn. Gladstone wurde in Mid- lothian mit 5845 Stimmen gewählt, sein Gegencandidat der Unionist Wanchope erhielt 5155 Stimmen. Verglichen mit der Wahl von 1885, so ist Gladstonc'S Majorität um 3948 Stimmen zurückgegangen. „Im Falle jetzt im Widerspruch mit dem durch die Wahlen ausgedrücklen Willen des Volkes ein Rechten Ministerium er nannt wird, betrachten wir ein solches Ministerium als durch die Schweden eingesetzt. Sollte eine derartige Schmähung über unser Vaterland kommen, dann darf das Gold des nor wegischen Volkes nicht einer solchen Regierung zur Versügung ge stellt werden. Dann hoffen wir auch, daß sich im Lande eine energische Bewegung erheben wird, um uns von einer Ver einigung zu erlösen, die niemals aushört, eine Gefahr und ein Hinderniß sür uns zu sein. In Norwegen mehr wie in irgend einem andern Lande ist Selbstständigkeit gleichbedeutend mit einer Mehrheitsregierung, und deshalb würde die Einsetzung eines Rechtenministeriunis ein doppeltes Vergehen gegen unser Land sein." Den namentlich in den jüngsten Tagen mehr denn je republikanische Neigungen zur Schau tragenden Radi kalen ist natürlich ein Ministerium, daß nicht den Austritt aus der Union an seine Fahne schreiben will, ein Greuel. In dem gegenwärtig in Norwegen herrschenden Kamps der Parteien kann man im Lager der Radikalen oft hören, daß hinter ihnen das „norwegische Volk" stehe. Um diese Phrase zu würdigen, muß man sich vergegenwärtigen, daß hinter den 51 Mitgliedern der Rechten und Moderaten rund 5V100 Wähler, hinter den 63 Radikalen 5l 800 Wähler stehen. Letztere Partei hat also hoch gerechnet 1700 Wähler Ueberschuß. Rußland. * Petersburg, 13. Juli. Die Kundgebung de- deutschen „Reichsanzeigers" gegen den Fürsten B is marck ist hier sehr bemerkt worden, da man sie hier allgemein auf den Kaiser Wilhelm selbst zurückfükrt (?). Diese beklagcnswerthe Preß- fehdc macht aus eie Russen natürlich ihren besonderen Eindruck, da für sie Alles gelegen kommt, was als wachsende Uneinigkeit im deutschen Nachbarreiche gedeutet werden kann. Für den Fürsten Bismarck wird hier jedoch wenig Partei genommen, was auch begreiflich ist, da er während seiner Kanzlerschaft immer als der gefährlichste oder wenigstens der mächiigste Gegner Rußlands gegolten hat. Bei der jüngsten Gelegenheit, eben gegenüber jener Kundgebung des „Reichsanzeigers", gestattet sich die „Nvwoje Wremja" sogar einen sekr starken Ausfall gegen ihren allen Feind. — Die kaiserliche Familie ist gestern Abend in Peterhof eingctrosfen. k 0. Wie man uns aus St. Pe t ersburg schreibt, ist der lutherische Pastor von Wenden in Livland, Herr Johann Zu ule, welcher Angehörige deS orthodoxen Glaubens nach lutherischem Ri'nS getraut hat, zu einjährigem Gesängniß und rum Verluste seiner Amtsstellnng verurthcilt worden. Des Ferneren werden die aus diese Weise geschlossenen Ehen als nichtig erklärt werden. Orient. * Äonstnntinoprl, 13. Juli. In St.-Jean-d'Acre ist kein neuer Ebolerafall vorgckommeu. AuS Tiflis cin- gegangene Nachrichten beziffern die Zahl der am 7. und 8. d. M. im Kaukasus an der Cholera Gestorbenen auf 207. AuS Koiistantinopel wird dem „B. Tgbl." unter dem 9. d. M. Folgendes geschrieben: Wie man sich erinnern wird, wurde der armenische Bischof von Be schilt asm, Choren Nar Bey, vor einigen Monaten plötzlich seines Amtes enthoben und nur deshalb nicht ins Exil geschickt, weil er einen demülbig-unterwürfigen EntschuldigungSbrics an den Sultan veröffentlichte. Bisher war man so ziemlich allgemein der Ansicht, jene Amtsentsetzung sei auf revolutionäre Umtriebe deS Kirchensürsten zurückzuführen. Wie jedoch jetztvonverläßlicher armenischer Seite milgelbeilt wird, war der Grund ein anderer. In französischen Zeitungen waren nämlich von Zeit zu Zeit theils böswillige, tbeils pikante Mit- thcilunzen aus dem Leben in Jildis KipSk und besonders im kaiserlichen Harem erschienen. Im Palais zerbrach man sich die Kopfe darüber, wer wohl der offenbar in Hoskreisen wohl vertraute Verfasser jener Indiskretionen sein könne. Man forschte in Konstantinopel und in Paris mit dem überraschenden Ergebniß nach, daß „Seine Glückseligkeit" (8a Uöatirucie) Choren Nar Bey dahinter stecken müsse. Eine Haussuchung folgte und förderte einen reichlich mit Jndiscretioncn aus dem kaiserlichen Harem gespickten Brief zu Tage, welchen der Bischof soeben an seinen in Paris lebenden Bruder hatte absenden wollen. Tie Entrüstung des Sultans über Choren Nar Bey, den er mit Gnadcnbcweiscn überhäuft batte, kann man sich lebhaft vorstellen. Interessant und sür die hiesigen Zustände höchst charakteristisch ist der Unistand, daß Cbore» Nar Bey bei vielen Armeniern im Gerüche eines „Palaisspitzcls" stand, weil er der Beichtvater der reichsten und bedeutendsten seiner Landsleute und ReligionSgenosscu war und vom Sultan eine monatliche Susteutation von 25 oder 30 Pfund bezog. Oie Ueise des Königs. n. und vaterlandstreuen Eindruck zu erzielen. Behörden wie Private wetteiferten in der würdigen Ausschmückung der Häuser, Straßen und Plätze. Unter dem Borsitze deS Herrn Bürgermeister Kretzschmar arbeitete seit Wochen eine aus dem Rathe und den Stadtverordneten gewählte EmpsangSdeputation. Am Eingänge der Stadt war eine Ehrenpforte errichtet, zwischen zwei mächtigen, in Grün und Weiß gehaltenen Obelisken las man den gut deutschen Gruß „Willkommen". Durch dieses Ehrenbauwerk gelangt man in die Schützen straße, deren rechte Seite, von Privathausern eingcrahmt, mit saftigem Grün und webenden Fahnen bedeckt war. Aus der sinken Seile bis zum Ncumarkl hatte die Stadt 24 hohe Fahnenmaste aufschlagen lassen, die, untereinander mit Guir- landen und Wappen verbunden, einen großartigen Anblick boten. Die RcichSstraße, reich geschmückt, war im wahren Sinne des Wortes eine Jubelstraßc zu nennen, und den Ein tritt aus den Markt zierte ein Triumphbogen mit der In schrift: „Heil dem König!" Der Altmarkt, dessen unterer Theil durch 12 Fahnenmaste, Guirlanden, Draperien und Wassenständc das Ccntrum der Festlichkeiten darstcllte, hatte in dem Hintergrund das in den Stadtfarbcn prächtig dccorirte Ratbhaus und die reichhaltigst geschmückten Staats- und Privatgebäude. Eine Ehrenpforte mit der Inschrift „Gott schütze das HauS Weltin" zierte den Eingang zur Nikolaistraße, deren Bewohner in gleicher Weise ihre Häujer festlich geschmückt hatten. Links von der kaiserl. Post biegt die Bahnkofstraße zur königl. AmtShauptmannschast ab, und auch dieses Garten- und Villenviertel blieb in der Würdigung des allerhöchsten Besuches nicht zurück, namentlich das königl. amtshauptmannschaftliche Gebäude war imposant geschmückt. Dies waren die Straßen und Plätze, die Se. Majestät passirte. Kurz vor Nachmittags 5 Ubr traf der König, wie schon kurz gemeldet, hier ein. Sichtlich erfreut ob der Aufmerksamkeit Seiner getreuen Auerbacber, gelangte Se. Majestät durch die Spalier bildenden Schüler und Vereine aus den Altmarkt. Hier erwartete Herr Bürgermeister Kretzschmar, umgeben von den städtischen, königlichen und kaiserlichen Behörden, Sc. Majestät. Auf dem Allmarkt, sowie den angrenzenden Straßen waren der Krieger- und Militair-Berein, die Schützen-, Turn-, Gesang- und andere Vereine mit fliegenden Fahnen und MusikcorpS ausgestellt. Se. Majestät wurde hierauf von Herrn Bürgermeister Kretzschmar Namcuö der Stadt hcrzlichst willkommen geheißen. Letzterer gedachte hierbei der ungetheilten Freude der Bürgerschaft über die der Stadt erwiesene Hobe Ehre und sprach den ehrerbietigsten schuldigen Dank hiersür aus, gelobte aufs Neue alte unverbrüch liche Treue Sr. Majestät dem König und dem gesamnilen königlichen Hause unk schloß mit einem allseitig begeistert und stürmisch aufgenomniencil Rufe: „Se. Majestät unser allcr- guädigstcr König und Herr lebe hoch!" Allgemeiner Jubel be gleitete diese Ovation. Hierauf stattete Se. Majestät der königlichen Amtsbaupliuannschaft noch einen kurzen Besuch ab, und bald verließ der vielgeliebte Monarch, die Ehrenpforte am »örtlichen Ausgang der Stadt passirend, unser» Festort. Eine Inschrift dieser letzten Ehrenpforte lautete: „Aus allen Wegen Gottes Segen!" Dies war auch der Wunsch Seiner jederzeit getreuen Äucrbacher beim Abschied. Oen Uew-Yorkcr Anomien. Wir grüßen Euch im srohen Wiedersehen, Ihr Sänger, die Ihr zu Alldeutschlands Ehck Tort, wo Coluinbia's Sternenbanner wehen. Das Lied der Väter trugt von Meer zu Meer! Mit ihm gewappnet, werdet fest Ihr stehen Im Kampfe sür des guten Rechts Begehr, Und wie der Dränger Groll Euch auch gefährde, Ihr werdet siegreich sein auf fremder Erde. Als Ihr für Blumen, die daheim erblühen, Des Westens gold'ne Früchte eingetauscht, Als dort Ihr saht ein ruhelos Bemühen, Das wie die slurmbcwcgte Woge rauscht, Ward Euch ein Lied, dem aus der Mutter Kniecn Am Morgen Eures Lebens Ihr gelauscht, Kur RUckerinn'rung an der Kindheit Eden, Zum süßen Trost in schweren, bittcrn Fehden. Und was im jungen Lenze wird geboren Und Weh und Wonne weckt im Scbnsuchtsdrang, Wohl geht es mit dem jungen Lenz verloren, Doch lebt cs fort in Sage und Gelang. Wie manches Lied, das jubelnd Ihr erkoren, Das sich in Freud' und Leid gen Himmel rang, Will in der Heimath Euch zur Höh' erheben Des ersten Liebesglücks, das sie gegebenI Manch' Wanderlied, das unter deutschen Tannen Ein schlichter, echter Volkspoet ersann, In weite Ferne zog's mit Euch von dannen, Dort ward cs heimisch wie im deutschen Tann; Und galt's, des Grams Gedanken zu verbannen, Das Herz zu retten aus der Sorge Bann, Tann juchtet Ihr das Heil im Reich der Töne Und saht die neue Welt in neuer Schöne. Wo Ihr geweilt und Eure Frauen wanden Der Anmuth Kränze, zog die Freude ein. Allüberall, wo Eure Spur wir fanden. Allüberall im großen Land der Frei'n Vom Gols bis zu den Seen ist erstanden Prinz Carncval, so herrlich wie am Rhein, Und jedem Becher, den Ihr leer getrunken, Entstiegen Liederlang und Witzessnakcu I Wir grüßen Euchl — Und wenn Ihr von uns ziehet, Nehmt unfern Wunsch sür Eurer Zukunst Glück Und Tank sür Jeden, der sicki drüben mühet Zum Ruhm des Vaterlands, mit Euch zurück! — Bleibt deutscher Sitte hold! — Die Hoffnung blühet. Daß unsre Herzen trennt kein Mißgeschick, Daß, wie in guter Zeit, Ihr werdet wahren Die deutsche Treu' in Nöthen und Gefahren I „» > Julius Bruck. s - Königreich Lachsen. -x- Leipzig, 14. Juli. Etwa zweihundert Mitglieder des Ncw-Aorker Gesangvereins Arion trafen gestern Abend gegen io Ubr, von Berlin koniinend, mittelst SonkerzugeS auf dein Bayerischen Babnhosecin. Vor dem Bahnhöfe, wolelbstviele Hundert Leipziger Sänger mit Lampion« Aufstellung genommen batten, begrüßte im Namen der Leipziger Sängerschaft Herr Hauptmann dieGäste aus derneuenWelt in den herzlichsten Worten, woraus der Sprecher der Amerikaner in ebenso snmpathischcu und kernigen Worten dankte. Die Leipziger Sänger stimmten bei der Ankunft unter der Leitung des Herrn Greifs ein „Lied hoch" und „Wem Gott will rechte Gunst erweisen" an, worauf die Amerikaner mit einem kurzen SangeSgruß harmonisch dankten. Im Zuge, der durch die Hunderte von Lampions sich malerisch vom dunklen Nacht- Himmel abhob. begaben sich die Gäste sodann nach ihren Wohnungen im „Preußischen Hofe", „Kaiserhos" und „Stadt Rom". Ausführlicher Bericht folgt. * Leipzig, 14. Juli. Von Herrn I)r. Max Buck, Bevollmäcktigtem des Museums für Völkerkunde hier in Wilmarstrand in Finland, erhielt das Institut verschiedene Gegenstände, darunter interessante Schinucksachen aus West-, Ost- und Südostsinland. — Ans einen Aufruf im Anzeigentheile, betreffend die Bitte der evangelischen Gemeinde in Schirgiswalde, sei hiermit bingewiese». Ende vorigen Jahres entschloß sich die evangelische Gemeinde, wenn auch nicht ohne Bangen, den Bau eines evangelischen Gotteshauses ins Auge zu fassen; cs war der Gemeinde bewußt, daß sie zur Förderung des kirchlichen Lebens derselben Unterstützung bedürfe, wie die drei Schwestcrdiaspora-Gcmcinden in Sachsen, Ostritz, Luppa und Scitendorf, welche ikr Ziel erreichten. Die Gemeinde Schirgiswalde zählt über 500 protestantische Einwohner, die nächste evangelische Kirche ist in dem ca. '/, Stunde ent fernten Crostau. Eine LiebcSpflicht aller Protestanten ist es, unsere Glaubensgenossen zu sammeln und zu stärken. 8 Der Schiebe rvercin der Südvorstadt wird auch in diesem Jahre Feriengruppen sür bedürftige kränkliche Kinder cinrichtcn. Anfangs beabsichtigte man zwar nur mit Hilfe der außcrordcnlliche» Unterstützung von 200 aus der „Stiftung eines Menschenfreundes" seitens deS Rathes der Stadl und einer kleinen BersiigungSsumme vom vorigen Jahre Fcriengruppcn in geringerem Umfange zu unterhalten, aber infolge der großen Anzahl um Aufnahme nachsuchender Kinder und der bedeutenden Menge von Schülern und Schülerinnen, welche von Seiten der Herren Directoren der südlich gelegenen Bezirksschulen Alt-LeipzigS zur Berücksichtigung empfohlen wurden, sah man sich doch noch in lcAter Zeit genöthigt, an einen kleinen Kreis von Gönnern und freunden dieser menschenfreundlichen Bestrebungen mit der bescheidenen Bitte heranzutretcn, auch in diesem Jahre ein Scherflein bei tragen zu wollen. Man wurde dazu aufgemuntert, weil freiwillige Beiträge mit dem Wunsche eingingen, daß der Schrcbervercin der Südvorstadt auch in diejcm Sommer Fcriengruppcn wie im vorigen Jahre bilden möchte. — Nachdem die Anmeldungen zu der von dem KreiS- turnrath deS XIV. Kreises (Sachsen) veranstalteten Meer- und Alpcnturnsahrt als beendigt angesehen werden können, steht fest, daß sich an der Eisenbahnfahrt gegen 1300 bethei ligen, von welchen 350 der Meerlurnjahrt angehören. Nach Triest werden gegen 1000 Personen reisen und circa 600 gedenken Venedig einen Besuch abzustatten. Um nun den Letzteren noch entgegen zu kommen, wurde ein Sonder schiss von dem Oesterrcichischcn Lloyd gcmiethet, der „Milano", welcher am Mittwoch, den 20. Juli, AbendS nach 10 Uhr von Triest nach Venedig abfährt und von da am Freitag, den 22. Juli, »ach Triest zurückfährt. Für die Hinfahrt wird 3 fl. Gold, sür hin und zurück 4 fl. 50 kr. Gold zu bezahlen sein. Ein Unterschied der Cajülcn wird bei dieser Fahrt nicht stattsinden, Karten dazu werden in Triest an der Aus gabestelle des Oesterreichischen Lloyd zu entnehmen sein. Meer-, sowie AlpcnlurnsahrtSabzeichen sind bei Herrn Emil Ulbricht, Colonnadenstraße, erhältlich. --- Stadt-Thcater. Heute geht im'Neuen Theater Lortzing's „Czaar und Zimmermann" in Scene, morgen gelangt mit Norwegen. * Lhristiania, 10. Juli. Der norwegische Dichter- Politiker Björnstjerne Björnson hat wieder eine Rete ge halten, in welcher er die gegenwärtige politiiische Lage Nor wegen- zum Gegenstände seiner Belrachiungen macht und nach welcher von der zahlreichen Zuhörerschaft einstimmig folgende, ganz den Geist des streitbaren Dichters athniende Resolution angenommen wurde: Auerbach, 13. Juli. War unsere Stadt wochenlang in freudigste Stimmung über den Besuch des Königs versetzt, so betrachtete eS insbesondere die Skadtvertretung als ihre erste Pflicht, auf unseren geliebten Landesherrn einen königs Fenillrton. Südliche Frühlingstage. Von Paul Liudenberg. Nachdruck »erboten. XIV. (Schluß.) Algier. II. Den Reichthum einer Seestadt kündet stets am besten ihr Hasenleben an, und ein flüchtiger Blick auf das Algiers genügt, um zu wissen, welch unerschöpfliche Oucllen dieser Stadt auS ihrem fruchtbaren Hinterland zur Verfügung stehen. Von immerwährendem, rastlosem Verkehr erfüllt ist dieser 1836 von französischen Ingenieuren angelegte und so vorzüglich eingerichtete Hafen, daß selbst transatlantische Danipser direct vor den Kais Anker Wersen können, und die an diesen vierhundert Meter langen Kais liegenden zahllosen Speicher und Contore der großen Handelsfirmen zeigen uns deutlicher als lange Zahlenketten an, welch umfassender Waaren- austausch zwischen Europa, im Besonderen Frankreich, und dieser afrikanischen Colonie stattfindct. Ganze Gebirge vcnWein- und Oelfäffern sind hier aufgethürmt neben hohen Bergen von Mehl- und Getreidesäcken, zu denen sich Tag für Tag auf den am Hafen entlangführenden Schienensträngen bunkerte und aberhunderte Wagenladungen von Kartoffeln, Früchten, Gemüsen, Tabakballen, Korkplatten re. gesellen, die von geschäftigen schwarzen und braunen Arbeitern sogleich aus die Schiffe verladen werden. Sind hier die Schätze des LaudeS ausgespeichert, so brauchen wir nur wenige Schritte zu geben, um von dem Ueberfluß deS Meeres einen Begriff zu erhalten, denn der Fischmarkt ist ganz nabe, und aus den weiß- gescheuerten Tischen, wie in den wassergesülltcn Butten liegen tobt oder tummeln sich lebendig die verschiedenartigsten, kaum je vorher gesehenen Meerbewohner, Fische, Seesterne, Cee- uallen, See-Igel, Krustentbiere, unter welch letzteren die anqusten besonder- durch ihr ungewohnte Größe aussallrn. Auch an Austern ist kein Mangel: in großen, geflochtenen Körben harren sie der Liebhaber, die sich hier ihren Gour- «andgelüsten hingeben können, ohne erst vorher ängstlich den Zustand ihrer Portemonnaies prüfen zu brauchen, denn die Preise sind lächerlich gering ; wer von meinen Lesern je Algier besuchen sollte, versäume nicht, einen Gang rurcb diesen Fisch- markt zu unternehmen, und falls er, wie ich hoffe, lebhafte FrühstuckSnciglingen verspürt, so trete er in das unmittelbar an diesem Markte gelegene, mit seiner offenen Bogenhalle auf ihn gebende „Restaurant FrantzaiS" ein, daS zwar eine französische Bezeichnung führt, dessen blondhaariger, liebens würdiger Besitzer aber auf den guten deutschen Namen „Schön" hört und als freundlicher Elsässer sofort für das leckerste Dejeuner sorgen wird: das Dutzend der besten Austern einen Frank, eine halbe Languste stattlichster Art desgleichen und eine Flasche feurigen alten algerischen Weißweins, besser als Cbablis mundend, nur 50 Centime mehr! Neben dem Fiscbmarkt, in dessen obern Theile auch Muscheln, ausgcstopfte meterlange Wüsten Eidechsen, dann Papageien, afrikanische Singvögelchen, ferner allerhand Vierfüßler, wie Chamäleons re., verkauft werden, erhebt sich mit ihren weiß- leuchtenden Mauern und Kuppeln die Moschee Tschama el Tscbedid, die vor mehr denn zwei Jahrhunderten nach den Pläne» eines genuesischen Christensclaven erbaut wurde, und zwar obne daß die Moslems es zunächst merkten, in der Form eines Kreuzes, eine Kühnheit, die jener Sclavc mit dem Flammentode büßen mußte. Größer und weit älter, denn ihr Bau wurde 1018 begonnen, ist die dahinter liegende Moschee Tschama cl Kebir, die auch Europäer, falls sic sich ihrer Fußbekleidung entledigen, betreten dürfen; wie fast sämnitliche Moscheen, weist sie keinen besonderen Schmuck aus; die Wände sind bis zur ManneShöbe, ebenso wie der Fußboden, aus dem sich die Beter in den je nach dem Gebet vorgeschriebenen knienden, vornüber biegenden, langauSgcstrecktcii oder siebenden Stellungen befinden, mit robrgeflochtencn Matten, hier und da auch mit orientalischen Deppicben bedeckt, schlanke Säulen stützen die weiße, gewölbte Decke, von der zierliche silberne Lämpchen herniedcrbängen, und durch die Säulen hindurch schweift nach links der Blick auf einen mit Orangenbäumen bewachsenen Hof. in dessen Mitte sich ein alter marmorner Weihbrunnen befindet. Orient und Occident überall hier in unmittelbarer Be rührung, denn dickt vor dieser Moschee, nach dem Meere zu, I ragt taS neue, prächtige Hauptpostgebäude empor, in an- I muthigem Nenaisianccstiel auS schönstem Sandsteinmaterial > auSgcsührt, und Orient und Occident ruhen dicht zusammen auf dem naben marmorgepflasterten Gouveriiciiiciitsplatz, an dessen einer Seite alte maurische Häuser stehe», während die andere von spiegclübcrsäeten, bochinoderiien CasöS ein genommen wird, über deren Glasdächer sich die Kronen herrlicher Palme» erstrecken, ebenso wie Orient und Occident sich die Hände reichen aus dem nebenan liegenden Malakow- Platzc, wo die sehr wirksam in maurischer und byzantinischer Verschmelzung ausgcfllhrte, mit großer Freitreppe ver sehene Kathedrale die beide» heute von dem Gouverneur von Algier und dem Erzbischof Lavigeric bewohnten Palais der letzten TeiS von Algier überschattet. Wie gewöhnlich, bat hierbei die Kirche die bessere Wahl getroffen, den» der gegen wärtige erzbischöfliche Palast ist ein Schmuckkästchen arabischer Baukunst und entzückt im Innern durch seinen säulengetragcucn weißen Marinorbof, durch seine mit reicher geschnitzter Orna mentik verzierten Arkaden und seine bolzgctäfelten koketten Zimmer und Sälc. In einem der letzteren war cs, wo der Dci Hussein gelegentlich des Bciramfcstcs im Jabrc 1827 dem französischen Consul Tcval wegen einer beleidigende» Aus kunft desselben jenen berühmten Schlag mit einem Psancn Fliegenwedel versetzte, der der MoSlcmsbcrrschaff in Algier ein Ende bereiten sollte — drei Jahre darauf, am 5. Juli 1830, sank die Fahne mit dem Halbmond hernieder, und statt ihrer erhoben sich im Etrablcnschimmer der afrikanischen Sonne die blau-weiß-rotben Farben. Ucber sechzig Jabrc ist cS her, aber so viel auch in dieser Zeit von der französischen Regierung in Algier geschafft und dieses in seinen Hafentbeilen in eine schmucke, glänzende, große französische Stadt umgewandelt wurde, die arabischen Ouartiere wurden wenig oder säst gar nicht davon berührt, und von jenem zuletzt erwähnten Malakow-Platzc aus brauchen wir nur einige Schritte bergan zu geben, um sofort sern von europäischer Cultur und Gesittung zu sein. Enge, öfter kaum fünf Fuß breite Gassen mit steilem holperigen Pflaster schließen uns ein, bock, weiß, monoton sind die Häuser, deren kleine vergitterte Fenstcrchen einen unheimlichen Eindruck machen, die festgefügten Hclztbüren sind mit Eisenbeschlägen und starken metallenen Klopfern versehen, hier und da gestattet ein geöffnetes Tbor den Blick aus den oben offenen, von Galerien umgebenen Hof, der vielfach alte, schöne, durch brochene Steinarbeiten in maurischem Stile auswcist. Nur wenig Leben ist in diesen labyrintbartigen Straßen zu spüren: antikgesormte Wasserkrügc aus Len Schultern tragend, schlürfen verschleierte Araberinnen an nnS vorüber, einige Knaben spielen auf einer Matte Karten, ein bettelnder Blinder tappt sich, mit seinem Stock unaufhörlich aufschlagcnd, zum Hasen hinunter, ein Schuhmacher sitzt vor der Thür und flickt einen Haufen zerrissener Sandalen, auf einem erbärmlichen Eselei» sitzen zwei verlumpte Kabulen, ihre winzigen Markteinkäuse in einer schmntzigcn Tasche bergend, und mehrere halb- cntblößte, soiinciibranne Kinder kommen aus einem dunkeln Flur herausgestolpert, um unö neugierig nachzustarren — daS ist Alles. Wie gern atbmct man nach einer solchen Wanderung in diesen stickend beißen Onartiercn die frische Meerlust wieder ein, und wie gern erkennt man inmitten des frobsinnigen, luxuriösen Lebens und Treibens des Boulevards de ka Repnbligue das viele Gute an, was Frankreich sür Algier getban hat. In seinem vollen Umsang lernt man dies erst schätzen, wenn man, wie wir, die wahrhaft einzig-schöne, nähere und weitere Umgebung der Stadt durchstreift: breite, sorgsam gepflegte Landstraßen, vortrefflich bebaute Felder, in den Dörfern saubere und gute Restaurants, häufige Post- und Lmnibus- verbinkungen und in den zum AtlaS vorgeschobenen Militair- ilädtcii, wie Blidah — von wo aus wir einen genußreichen Ausflug in die romantischen Gebirgsschluchten des Atlas unter nahmen —, eine straffe Manneszucht unter den europäischen wie eingeborenen Truppen, eine wohltbuenke Ordnung in allen Ver- kcbrssragcn, ein stets freundliches Entgegenkommen der Behörden den Fremden gegenüber und ein liebenswürdiges Auftreten der Militairpcrsonen, die sichtlich Freude empfinden, den Be suchern jener Gegenden irgend welche Gefälligkeiten erweisen zu können. Von dem prächtigen Stand der Felder konnten wir uns so recht aus einer mit Wagen unternommenen Partie zum Trappistciiklostrr Staoucli überzeugen; meilenweit stand da« fünf Fuß höbe Getreide in voller Blüthc, denn zwei Ernten, an einzelnen Stellen sogar drei, werden im Jahre cingcbracht, und meilenweit traf daS Auge aus die üppigsten Weinpslanzungen, die gleichfalls schon — Mitte Mai! — Blütbcn ansetzten. Hier, kurz vor den Besitzungen der schweigsamen Mönche, die, sich jedes Wortes enthaltend, eifrig ihre Felder bebauen und von ihnen die höchsten Er träge ziehen, bemerkten wir stattliche Dorshäuser mit weißen Mauern und rotben Ziegeldächern, die uns vollständig deutsch anmutbeten; und richtig, cS waren deutsche Pachtungen, von Elsässern angelegt und bewohnt, die 1871 hierher au-
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