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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.07.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-07-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920725011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892072501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892072501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-07
- Tag1892-07-25
- Monat1892-07
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A-o»«emeutsPrei- ch der Hauptrxpedtllon od« den im 8tod8 beeirk und de» Vorort«» «richtete» Aut» vabestelleu ab geholt: vierteljährlich X 4L0, kei zweimaiia« täglicher Zustellung int Haut >l S.öO. Durch dt« Post bezoqen für Deutschland »ud Oesterreich: viert,liäbrllch ul L—. Direkt» täglich» Krenzbandftaoitug tut Ausland: mauatUch 8.—. Di» Morgeu-AuSgab« erscheint täglich'/,? Uhr, dt« Abend-Ausgabe Kochen tag« b Uhr. Letartioll und Lrpkdition: J«banne»«assr 8. Al Expedition ist Wochentag« »»»»terbrvche» »ou frLH « btt Ab«»» 7 VH» Filiale»: vtt» «t»»'t e«rii«. (Alfrr» HatzaL UniverMttstraß« 1. Loutt Lösche. Kachnriuenstr. Ich pH. mch Utuigthlu» 7. Morgen-Ausgabe. eipMtr Tageblatt Anzeiger. Drgan för Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. JnsertionSprei- Die 6 gespaltene Petitzeile SO Reklamen unter dem Stedactioasstrlch (4«4- spalten) 50^, vor den FamilirnnachrlchteL (ügrjpaiira) 40-4- Größere Schristen laut unserem G«U- verzeichiiiß. 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I» dem der Etadtaemeinde Leipzig gehörigen Eckgebäude an der Markthalle — Anrpnnzstratze Rr. 14 — sind folgende Mieth. räume, al«: 1) da« an der Brüderstraße gelegene VerkausSgewölbe 4 von 37,74 gm Flächenaehalt mit einem Nebenraum von 17,80 gm und einem im Kellergeschoß unter dem Gewölbe befindlichen Lagerraum von 36,10 gm; L) da« an derselben Straße gelegene VerkausSgewölbe v von 32,19 gm Flächengehalt mit einem größeren Nebenraum von Id,80 qm und einem kleineren von 2,3S qw, sowie einem im Kellergeschoß unter dem Gewölbe befindlichen Lagerraum von 21,70 qm; 8) da- an derselben Straße gelegene VerkausSgewölbe 6 von 32,10 gm Flächenaehalt (ohne Nebenraum) mit dem darunter tm Kellergeschoß befindlichen Lagerraum von 21,70 gm; t) das an der Ecke der Brüder- und Kurprinzslraße gelegene verkauftgrwölbe v von b6,30 gm Flächengehalt (ohneNeben- raum) mit dem darunter tm Kellergeschoß brfiudltcheu Lager raum von 4ü,d0 qm sofort auf sechs Jahre zu vermirthen. Mtethgesuche werden auf dem Nachhause, I. Obergeschoß, Zimmer Nr. 8, entgegeugeuommei,. Leipzig, de» IS. Juli 1892. Der Rath der Atadt Leipzig. vr. Tröndltu. Krumbiegel. Lekauntmachung. Unter Bezugnahme aus frühere Bekanntmachungen machen wir mit Rücksicht auf di« durch die Gasfeuerung namentlich in der heißen Jahreszeit gewährten großen Vortheile und Annehmlichkeiten wiederum darauf aufmerksam, daß wir Gasknchtzerdr neuer und guter Loustructton beschafft habe». Wir geben dieselben durch uns«« Ausstellung am Ntcolaikirchhose zur Probe, mtrthwetse und käuflich an Jnteresseuten, d. h. an Alle ab, welch» Gat von den städtischen Gasanstalten beziehen oder zu beziehen wünschen. Der Kauspret» eines Baskochherde» beträgt, je nach Größe und Lrt, ausschließlich der Kosten für die Verbindung mit der GaSanlage und für den eventuell erforderlichen Gasmesser, 70—850 ^l Für Mtethe werdeu monatlich 75-4 bi« 4 ^l berechnet. Soll eia gemietheter Herd später käuflich «worben werden, so wird die Hälft» d« gezahlten Mieth« aus den Kaufpreis angerechnet. Wegen aller «eiteren Auskünfte wolle man sich an die Aus stellung am Nicolaikirchhof« wenden. Hier können an den Wochen tagen während der Geschäftsstuudeu unentgeltlich Besichtigungen und Proben vorgenommen werden. Buch finden dajelbst an den Mittwoch- Nachmittagen öffentliche Vorführungen der verschiedenen Gatjeue» Apparate im Betriebe stakt. Leipzig, den 7. Juli 1892. De» Rathe» der Stadt Leipzig Deputattau »« dru Ga«a,«statten. Politische Tagesschau. - Letp»«,. 24. Juli. Die Rückkehr de« Kaiser« von seiner NordlandSreise ist jetzt bestimmt für den 28. Juli in Aussicht gestellt. Man wird alsdann wichtige Entscheidungen in unserer inneren Politik erwarten dürfen, namentlich die Entscheidung Uber neue, dem Reichstag in der nächsten Tagung vorzulegende Militairvorlagen. In gut unterrichtete» Kreisen erhält sich die Ansicht, daß solche zu erwarten sind. Vollkommen Sichere« und Genaueres ist »der augenblicklich darüber noch nicht zu berichten. Die Rückkehr der Minister von ihrem Sommer Urlaub wird in diesem Jahr mit Rücksicht auf die gesetz aeberischen Arbeiten im Reichstag und Landtag besonders frühzeitig erfolaen. Auch über die Zeit dcS Wiederbeginn« der Sitzungen des Reichstag- und Landtag« dürfte die Entschließung unmittelbar brvorstehrn und voraussichtlich für beide auf An fang November fallen. Jedenfalls wird der Kaiser nach seiner Rückkehr auch genauer über alle Einzelheiten des Bismarck Eaprivi-Duell« und über die Wirkung unterrichtet werden, welche dir Veröffentlichung der bekannten Erlasse de« jetzigen Reichskanzler- im Ialande und im AuSlandc gemacht bat. Daß der Kaiser, der ja schon einmal sich genölhigt gesehen hat, gegen den Grasen Caprivi einzutreten und einen Lieb- lingSplan desselben zu nichte zu machen, alles billigen werde, was der jetzige Herr Reichskanzler zur Di-crcditirung seines Vorgänger« unternommen hat, ist nicht gerade wahrscheinlich, schon deshalb nicht, weil eS den Jubel gerade derjenige» Parteien erregt, auf die der Kaiser nach wiederholten Er klärungen seine Politik nicht stützen will und kann. Die Vorlage wegen der Immunität der Reichstag« abgeordnrtra bei langen Vertagungen, welche be kanntlich in der letzten Session unerledigt in einer Commission liegen geblieben ist, scheint damit cndgillia fallen gelassen zu sein. ES verlautet nicht« von einer Wiederaufnahme der Angelegenheit. Di« Regierung halte schon bei der Ber- theidigung der Vorlage in der jüngsten ReichStagüsession zu erkennen gegeben, daß sie keinen großen Werth auf da« Gesetz lege und auch mit einem andern ge eigneten Weg der Abhilfe der hervorgetretenen Miß stände zufrieden sei, uud ebenso Überwegen im Reichstag die Bedenken, wegen einer verhältnißmäßig doch untergeord neten Frage den schweren Apparat einer Ve-fassung-änderung in Anwendung zu bringen. Man darf nach den Erklärungen de« ReichStaaSpräsidenten erwarten, daß solche lange Vertagungen in Zukunft ohne die allerzwingendsten Gründe nicht mehr Vor kommen, und damit wäre die ganze Streitfrage am einfachsten und zweckmäßigsten au« der Welt geschafft. Sollte sich aber doch bei ungewöhnlich umfangreichen Gesetzentwürfen noch einmal die Nothwenvigkeit langer Vertagungen ergeben, lo wird man wohl eher eine Aenderung der Geschäftsordnung in Erwägung ziehen, welche die Möglichkeit schafft, daß die in einer Session unerledigt gebliebenen Ergebnisse von Com- misstonSarbeiten auf die nächste Tagung übernommen werden — Die in der Kathokikenversammlung zu Neisse gehaltenen Reden werden in der Presse de« CentrumS »nd auch der Cooservativeo als ein glänzender Bewei« für die aegrnwärtig im Centrum berrsLende Einigkeit dargestellt. I» der That haben sich die Aristokraten und die Demokraten tz«r Partei, dü Herr» »an Hüne und Vr. Lieber, ge-en- seitig einige Comvlimente gemacht, deren praktischen Werth wir jedoch sehr gering anschlagen Solche Ver- ammlungen, welche die Bewegung im Volke anfacken ollen, sind nicht der Ort, Gegensätze innerhalb der Partei zur Aussprache und zum AuSlrag zu bringen. Bei der »raktischen Arbeit in den GesetzgebungSlörperschaftcn zeigt eS ich ja doch bei jeder nicht kirchlichen Frage, wie die Partei in Hellem Zwiespalt auseinander fällt. Mit jedem Jahr nach dem Tode Windtborst'S ist dies mehr der Fall, trotz der Verbeugungen, die sich katholische „Edelleutc" und katho lische „Bürger" mitunter machen. Recht interessant war in der genannten Versammlung auch wieder der Versuch de» Herrn I)r. Lieber, da» Eintreten für den Dreibund mit der Forderung der Wiederherstellung de« Kirchen- taatS in Einklang zu bringen, d. h. zugleich eine starke Großmacht Italien zu befürworten und dieselbe zertrümmern zu wollen. Da« bringt nur nllramoiitane Logik fertig. Aber was tkut man nicht, um sich als Regierungspartei möglich zu halten? Aus Straßburg i. E. wird gemeldet, daß anläßlich des 50jährigen Bischofsjubiläums des Papstes im October d. I. unter Führung deS Bischofs l)r. Fritzen eine Pilgerfahrt der elsässijchrn Katholiken nach Nom stattsinden wird. Diese Pilgerfahrt hat eine Vorgeschichte von hoher politischer Bedeutung. AlS die Absicht einer solchen Veranstaltung zuerst im Vatikan bekannt geworben war, gerieth man dort in «ine nicht geringe Verlegenheit. Zwar mußte man natürlich den löblichen Willen der elsässischen Katholiken gutheißen, zumal sic gewiß nicht niil leeren Händen ihre Glückwünsche darbrinaen werden. Aber was würden die neuen französischen Freunde dazu sagen, wenn der Papst die Elsässer, die doch »ach französischer Auf fassung immer noch zu Frankreich gehören, nicht mit de» französischen Pilgern zugleich, sondern mit den anderen deut- chen zusammen empfangen würde? Die Staatsmänner der Curie setzten deshalb alle Hebel in Bewegung, um de» Straß burger Bischof zu dem Zugeständniß zu bringen, sich bei dieser Gelegenheit von seinen Landsleuten zu trennen und den Fran zosen anzuschließen. Ihre Bemühungen blieben indessen cr- chgloS. Biscbof vr. Fritzen, der bekanntlich einer gutdentschcn Familie der Rheinprovinz entstammt und seine nationale Ge- tnnung noch niemals verleugnet bat, widerstand diesem An sinnen nachdrücklich und erklärte, lieber auf die ganze Pilger fahrt verzichten zu wollen, als darauf einzugehen. Seine Ernennung stammt noch ans der Zeit, als der Papst in einem Zusammengehen mit den FriedcnS- mächten und einer Bekämpfung deS republikanisch-revo lutionären Geistes eine durch seine Stellung gebotene Pflicht erblickte. Er zeigte sich damals der Berliner Regie rung gern gefällig und gab seine Zustimmung zu dieser Ernennung, womit der Gesandte Herr v. Schlözer, der eben jetzt zurückgetreten ist, «inen seiner schönsten und wcrthvollste» Erfolge bei der Curie feierte. Wie werthvoll, das zeigt sich eben jetzt. Säße ein Elsässer Französling gegenwärtig auf dem Straßburger Bischossstuhl, bann würde sich gewiß die bevorstehende Pilgerfahrt der elsässischen Katholiken zu einer deutschfeindlichen Kundgebung gestalten, die de» sraiizösischcn Chauvinismus in bedenklichster Weise anzufachen geeignet sein würde. In England ist man über die letzten Conscquenzcn der Neuwahlen zum Unterhause »och immer nicht recht im Klaren, nicht einmal darüber, ob die Parteiführer ihrer Truppen in allen Fällen sicher sind. Eitzen doch in dem neuen Unter hause nicht weniger als 2l5 zum erstenmal gewählte oder wenigstens deoi letzten Parlamente nicht angehvrige Abgeord nete; die „neuen Männer" bilden also 28 Proc. der Gesammt- zahl der UnterbauSmitgliedcr, mehr als den vierten Tbeil Dieses Stärkeverbältniß der neuen Abgeordneten trifft auch für die Conservativen genau zu; ihre 75 ,,»c»e» Männer" bilden gerade 28 Proc. der Gesammtstärke der Parlci. Die Gladstoneaner haben sogar >03 neue FractionSmitgliedcr, 28 mehr als die Conservativen; dieselbe» bilden 38 Proc. der Gesammtstärke dieser Fraktion. Tie Unionislen zählen 10 neue Namen — 22 Proc. ihrer nunmehrigen Gesammtstärke. Tic meisten neuen Namen weist natürlich die Liste der Anti- parnellitcn auf; nicht weniger als 59 Proccnt ihrer jetzige» Gesammlstärke falle» unter diese Rubrik, während die Par- nelliten nur ein neue« Unterbauemitglied, Mr. W. Field, Dublin cSt. Patrick) haben. Sicherlich giebt eS unter den „neuen Männern" gar Manchen, der se nein Führer an Tagen der Entscheidung eine unliebsame Ueberraschung bereitet. Die russische Presse leugnet bekanntlich ab, daß die von der bulgarischen Regierung veröffentlichten geheimen russischen Schriftstücke bezüglich des Fürsten Ferdinand echt seien. Der jetzt in der Sofiancr „Swobvta" vorliegende Wortlaut dieser Aktenstücke macht inkcß den Eindruck durch aus nicht, al« ob man eS mit Fälschungen zu thun hatte. Sie lauten: I. CbiffrirteS Telegramm de« EbefS de« asiatischen Departement» an die kaiserliche Gesandtschast in Bukarest vom 10. August 1887: „In Vervollständigung der Circular-Note de« Ministerium» des Aeutzern an untere Vertreter In Europa bezüglich der Ungesetzlich, keil der Anwesenheit des Prinzen Coburg als Fürs« in Bulgarien hatte ich es für meine Pflicht, Eure Excellenz zu benachrichtigen, daß die kaiserliche Regierung endgillig beschlossen hat, den Prinzen Coburg al« Usurpator, außerhalb aller Gesetze stehend, zu betrachten, deswegen auch alle Hand lungen, welche gegen Coburg zum Zwecke seiner Enlsernung auS Bulgarien gerichtet sind, nicht al» gerichtlich versolgbar und strafbar anzuerkennen. Indem ich Ihnen obenslehende enlgiltigr Enticheidung der kaiserlichen Negierung mitlheile, bitte ich Sie, vertrauenswerlhen Personen, welche beretk sind, thätigen Anthetl an der Entfernung de« Prinzen Coburg aus Bulgarien zu nehmen, Ihre Unterstützung angereiheil zu lassen." In einem weiteren Documente — Telegramm des Gesandten in Bukarest an den Chef des asiatischen Departements, Xll. 1887 — werden die Bedingungen mitgetheilt, über welche sich Major Pauitza und der Eollegienrath Weliamo« al« Bevollmächtigter de« Gesandten Hitrowo «inigten: 1) »«thetlnn, rnsfisch« v»fft, t» «nadanien. ») Provisorisch« Regierung: Nadoslavow. Draga» Zankow, vr. Mollow, Theodor Buriuow, Oberst Nikolajrw »nd Obercommandirender Major Panitza. 3) ? 4) Tie provisorische Regierung beruft einen kaiserlichen (russischen) Commissar (ttanlbars ausgejchiossen). 5) Der kaiserlich» Commissar berust die Große Sobranje ein, um einen Fürsten zu wühlen, Fürst Alexander Battenberg nicht aus geschlossen. 6) Emigranten dürfen alle zurückkehre». 7) Bei der Fürstcuwcihl können die Stellen de» KriegSministers und der Brigade- Comniandaiitcn in Bulgarien russischen Ossicieren aiivertraut werden. 8) Wegen der Ermordung des HauplmannS Rristew »nd der krlegS- rechiljchcn Erschießung der Ossiciere und einiger Bürger von Rust- schuk sind vor ein Gericht zu stellen und zu bestrafen »ur die damalige» Regenten, Major Petrow, die HauptleM« Andrejew, Angetow, Sapunow, TepavSki, Lieuieuani Markow und Prasect Mantow. Die französische Polizei hat mit ibrer Aktion gegen die Anarchisten beinahe regelmäßig Unglück. Navachol selbst ist bekanntlich nur durch das Eingreifen von Privatpersonen seiner Zeit verhaftet worden. Als dagegen unlängst von London an- gemeldet wurde, daß die Urheber deS Dynamit attentates gegen da« Hau«, in dem Ravachol verhaftet wurde, in London aufgcspiirt worden wären, beeilte sich die Pariser Polizei, diese Meldung uibi et orbi zu verkünden, so daß die Anarchisten natürlich längst auSgeslogen waren, als die französischen Beamlcii sich in London einsanden. Der „Petit Parisien" berichtete nun in diesen Tagen die Ver haftung zweier aus dem AuSlande gekommener Anarchisten, die dann in einer halbofsiciöfen Note als gewöhnliche Deserteure bczciHnct wurden. Nach dem „Radikal" verhält sich jedoch die «Sache ganz anders. Die balbofsiciöse Note bezweckt denn auch, wie der „Figaro" auSftibrt, möglicher weise, die Wahrheit zu verheimlichen, nachdem die Polizei unlängst allzu schwatzhaft gewesen ist, indem sie eine Agentur ins Vertrauen zog und dadurch die Mission der Geheim agenten in London im Voraus zum Scheitern brachte. Nach dem „Radikal" heißen die beiden nicht Parmentier und Dobois, sondern Parmeggia»! und Dufouruel und wäre der erster« ein Freund Pini's, sein Retter aus Cayenne und, wie man glaubt, einer der Mörder de- Publicislcn Cerutti in Forti, welcher Piui eine» Polizeispitzel genannt hatte. Parmeggiaui hielt sich seit einig« Zeit in London aus und war die Seele der dortigen Anarchisten. Er kam vor etwa zehn Tagen nach Paris, begleitet von Dufouruel, der allerdings ein französischer Deserteur ist, uud zwei anderer Anarchisten Einer derselben heißt Placide- Schuppe und war 1839 mit Pini vernrtheilt, dann deportirt worden uud in Cayenne sei» Kettengenosse. Beide zusammen machten den Fluchtversuch, der nach der Darstellung des „Radlcal" nur Schuppe gelang, während Pini, welche» man in London und in Pari» gesehen haben will, von einem Eolonisten angeschossen und so verwundet wurde, daß er zurückblieb. Wie Lein auch sei, Parineggiani, Schuppe, Dufouruel uud ei» Vierter kamen nach Paris in der Absicht, „etwas in die Lust zu sprengen", sagt der „Radikal". Man weiß, daß Sprenggeschosse, die i» der Pariser Bannmeile verborgen sein müssen, zu ihrer Ver fügung standen. Parmeggiant »nd Dnfournel sind jetzt i» festem Gewahrsam, Schuppe und sein Gefährte aber noch frei. Die Verhaftung Parmeggiaui'» und Dusourncl's war fast einem Zufall zu verdanken. Die Polizei wußte, daß sie in Pari- waren, konnte sie aber nicht aufslöbern, als ein Geheimagent Parineggiani, den er von früher her kannte, in der Avenue des Gobelins Vorbeigehen sah. Er folgte ihm in eiu Kaffeehaus, dann in ein Restaurant deS Boulevard Saint-Marcel, hierauf in ei» verrufenes Bierlocal und schließ- lich um zwei Uhr Morgen» nach einem Garni de« Viertels Montparnasse. Hier stand der Geheimpolizist bis nächsten Abend gegen zehn Uhr Wache. Um diese Stunde kam Parmegglani mit Lusournel heraus und schlug den Weg nach der Rue de ta GcntS ein, wo sich ei» Polizeiposten befindet. In der Nähe desselben packle der Agent die beide» Cl»ilpai>e am Kragen und rief um HUse. Die Stadisergcanten eilten herbei, und eS entspann sich mm et» Hand- gemenge, in dein, wie gewöhnlich, das Publicum für die beiden „Unschuldigen" Partei ergriff. Diese konnte» aber doch nach dem Posten geschleppt werden, wo ein neuer Faustkamps entstand. AtS inan so wett war, das, die beiden gebunden waren, wurden ihre Taschen untersucht. Parmegglani war mit einem dreischneidigen Dolche bewaffnet, sein Gefährte mit einer starken Schusterahle. Beide hatten stattliche Summen in englischem Gelbe bei sich. Sie brachten die Nacht und den folgenden Tag auf dem Posten zu. Um füllt Uhr Abend» ließ man sie in einen Fiaker steigen, um sie »ach der Potizeipräftetnr zu bringen, und letzt entstand wieder ein Auflauf, wett sie aus voller kehle schrieen: „Vivo I'ännredie! Vivo Unvnokol l" Deutsches Reich. N Berlin, 24. Juli. Welche« Ergcbniß die Umfrage über die Stellung der Industrie zu dem Plane einer Weltausstellung in Berlin haben und zu welchen Beschlüsse» sie führen wird, läßt sich mit Sicherheit zur Zeit nicht übersehen. Ten vielfach sehr lebbaftcn Zustimmungen der Vertreter der Industrie verschiedener Bezirke stehen bereit« mehr oder minder ablehnende Aeußerungen anderer gegenüber. Inzwischen sind die geeigneten Vorkehrungen ge irosse», daß die Zeit bis zum Abschlüsse der Umfrage sür den Kall eines positiven Beschlusses für die nothwendigen Vorbe reitungen nicht verloren geht. Inncrbalb der zunächst bcthciligten StaalSressortS ist man vielmehr aus die Gefahr unnützer Arbeit hin bereit» in die Erörterung derjenigen Vorfrage» eingetrelen, deren Entscheidung für den Fall der Verwirklichung des AnSstcllungSplaneS in erster Linie zu er folge» haben würde. Daß dabei die Platzfrage bei ihrer ausschlaggebenden Bedeutung und der Schwierigkeit sach gemäßer Lötung nicht außer Betracht bleibe» türfe, erscheint als sicher. UebrigenS bat die Spekulation sich dcrselbcn an- scheincud bcrcils in uncrwünschter Weift bemächtigt. Wenigstens haben in Gegenden, welche in der Presse als zum AnSstcllungS- platzc geeignet charakterisier wurden, bereits umfängliche sxeculaticr Ankäufe von Grund und Boden zu erhöhten Preisen staktgesundcn. * Berlin, 24. Juli. Zur Geschichte der Entstehung der Fabel vom Ritualmord liefert Adolf Harnack, ordent licher Professor der evangelischen Theologie an der Universität Berlin, ln einer jüngst erschienenen Schrift einen interessanten Beitrag (Texte und Untersuchungen zur Geschichte der all- christlichen Literatur. VHI. Bd. Heft 4 . Medicinisches ari der ältesten Kirchengeschichte. Leipzig 1892, HinrichS S. 30) Harnack schreibt: „Wäbrend des ganzen 2. Jahrhunderts und noch über dasselbe hinaus wurde in Ost und West hartnäckig gegen die Christen von den Heiden) d« fnrchtbare Vorwurf erhoben, sie schlachteten in ihren gottesdienstlichen Versammlung,» „Atnell" Nein» Kind«, ftüße, sie auf und tränken ihr Blut. Bereit» au» dem Brief des Pllnin« an Trajan tritt dieser Borwurf hervor; nicht nur das Volk, sondern ge bildete Männer wie Fronto, der Freund und Lehrer Marc Aurels, und der Statthalter von Gallien glaubte» ihn, und obgleich dtr christlichen Apologeten die Gemeinde» unaufhörlich wider denjelben vertheidigten, o schien er unausrottbar z» sein. Nur von Lucian und dem Heid- Nischen Polemiker Cetsus wissen wir, daß sie einsichtig uud gerecht >e»ug waren, um ihn zu unterdrücken. Wie er entstanden ist, wer nun es sagen? Durch den religiösen Fanatismus fällt der Mensch auf die primitivsten Stufen der Cultur urück und läßt au« längst verlassenen Abgründen entsetzliche «chatten aussteigen. Erleben wir es doch deule noch, daß de» Juden die nämliche Anklage zugcschleudert wird, heute am Ende de« IO. Jahrhunderts und von denselben Christen, deren Ahnen vor 1700 Jahre» hingeschlachtet worden sind, wen sie für Menschenfresser mlten! Wodurch der Vorwurf gegen die Christen genährt worden st, das läßt sich angeben. Erstlich mag die dunkle Kunde von der gehrimnißvolle» AbendmahISfeier mit dein Blute Jesu Lhristi die schon entzündete Phantasie der Heiden angesacht haben; sodann haben v«- worftne heidnische Sklaven christlicher Herren, angestachelt durch Belohnungen, lügenhafte Aussagen gemacht, endlich — und damit be rühren wir ein trauriges Capitcl — haben dir christlichen Apo logeten selbst au« Hatz gegen die gnostisch-chrtstlichrn Seelen kn ihren Schriften durchbtickcn lasse», daß sie diesen Menschenfresserei wohl zutrauen. Trauten sie aber ihren Brüdern dergleichen zu, warum sollte der Staat, der zwischen Katholiken und Kectireru keinen Unterschied zu machen wußte, nicht auch jene sür de« Ver brechen» fähig halten? Man kann zur Entschuldigung der Apologeten nur da» Eine ansühre», daß es unter Denen, welch» sich auch „Christen" nannten, wirklich solche religiöse Gemeinschaften im zweiten Jahrhundert gegeben hat, die von dem Ehristenthnm kaum mehr al» den Namen hatten »nd manchen christlichen Greuel trieben. Die große Kirche ist jedenfalls von ihm völlig frei geblieben, und auf Grund der sittlichen Führung ihrer Glieder durfte sie mit Recht in Bezug auf die sie anklagenden Heiden sagen: „?««uoi optimos!" — Ueber die Reise des Kaisers liegt auS Christiania eiu brieflicher Bericht der „Nvrkd. Allg. Ztg." vom 20. d. M. vor, welcher telegraphische Meldungen auS Tromsoe vom Tage vorher wicdcrgiebl und den Aufenthalt in Skaaroe betrifft: Dienstag Mittag, den 12. d. Mt» , kam Disponent Giaever mit den Walfischfänger-Dampfschiffen „Duncan Grey" und „Nancy Grey" vor Karlsor und machte dem Kaiser den Vorschlag, erst eine Jagd auf wilde Renn- thiere auf der Insel Andammen zu machen. Diese ging dann Mittwoch und Donnerstag vor sich; vier Ncnnthiere wurden vom Kaiser selbst erlegt. Donnerstag Nacht 12 Ubr ankerte man bei Skaa roe; Freitag Vormittag 11'/, Uhr fuhr der Kaiser von dort mit fünf Herren seines Gefolges an Bord des „Duncan Grey" und das übrige Gefolge an Bord de« „Nancy Grey" beim prächtigsten Wetter und in bester Stimmung zum Walsiscksaug ab. Um 0>/2 Uhr Abend» begann die Jagd und um 7 Uhr schoß man fest; schon eine halbe Stunde später lag der Walfisch auf der Seite und da» Einsegcln nach raaroe begann. Um 12>/r Uhr segelte der „Duncan Grey" unter Salut herein. Der Kaiser war begeistert von der groß artigen Tour und warf unter dem 19'/r Grad östlicher sänge und 70.20 Grad nördl. Breite eine Flasche in die See mit einem eigenhändig geschriebenen Berichte über den Fang. Sonnabend Vormittag besah der Kaiser mit seinem Gefolge de» auf dem Strande liegenden Walfisch, sowie die dortige Anstalt und genoß dann, nachdem er einen Besuch bei dem Disponenten Giaever gemacht hatte, die großartige Aussicht von der Höhe. Dort wurden Erfrischungen gereicht und Giaever brachte de» Kaisers Gesundheit aus. Seine Majestät antwortete, indem er seine Befriedigung über die Fahrt aut- sprack, danach wurde die ganze Gesellschaft photographirt. Ter Schütze HanS Barlin hat vom Kaiser eine goldene Medaille erhallen, die Giaevcr'sche Familie werthvolle Geschenke und die Mannschaft eine große Geldgabe. Um Uhr Nachmittag» gingen die kaiserlichen Schiffe von Skaaroe ab. — Der „Magdeb. Ztg." wird geschrieben: Alle Meldungen von bevorstebendcn Drei- oder Zweikaiserzusammen- künften aus österreichischem oder russischem Boden ver dienen keinen Glauben; an hiesigen Stellen, die davon unter richtet sein müßten, falls eine derartige Begegnung that- sächlich geplant wäre, ist bis zur Stunde nicht« davon be kannt. Man darf annebmen, daß solche Gerüchte von der selben Seite in die Welt gesetzt wnrden, die neuerdings allerhand angebliche Zeichen einer Annäherung Rußlands an die benachbarten Kaiserreiche anzukünbigen wußten, ohne daß sich bisher eine irgendwie greifbare Thalsache dafür anführcn ließ. — Tie Vermählung der jüngsten Schwester unsere» Kaisers, Prinzessin Margarethe, mit dem Prinzen Friedrich Kart von Hessen, wird am 20. November d. I. in Berlin begangen werden. — Die Erbpriuzessin Charlotte von Sachsen- Meiningen, älteste Schwester des Kaisers, begeht heute ihren Geburtstag, an welchem sie in ihr 33. Lebensjahr eintritt. — Ter hiesige Correspoudent der „N. Züricher Zeitung" schreibt seinem Blatte: „Die „Kreurzeitung" hat ein Moskauer Blatt citirt, das die unverschämte Aeutzcrung aethan hat. die Deutschen fingen jetzt au einzusehen, daß die Politik BiS- marck's, die Einigung Deutschlands, ein Fehler gewesen sei. Wenn die« heute von russischer Seite so un umwunden gesagt wird, wie vielleicht vorher nicht, so erklärt sich dies wohl daraus, daß ein sehr großer Theil der deutschen Presse gar kein Maß in den Schmäbuogen gegen Bismarck findet, was allerdings im AilSlande die Ansicht Hervorrufen muß, da- deutsche Volk sei zu der Ansicht gekommen, daß die Politik Bismarck« ein großer Fehler gewesen sei. Die Blätter, welche heute Bismarck in der geschilderten Weise angreisen und sich dabei offenbar der Huld und Gnade der Regierung erfreuen, würden wohl eine solche Interpretation ihrer Artikel mit Entrüstung ablehuen; aber sie ist die ganz nothwendig« Eonsequenz ihrer Haltung. Ist Bismarck der schwachköpfige und ver ächtliche Mensch gewesen, al- welchen sie ihn darstellen, so muß auch seine Politik eine verkehrte gewesen sein und war eS eine große Narrethei, daß da« deutsche Volk ihr so lange zugejubelt hat." — Nachdem die „Köln. Ztg." dir Nachricht drmrntirl bat, daß Pri», Reuß in Wien seinen Botschafterpok«» verlassen «erd», zchreidt heut» die „Kreuz-Zttz.", ,<D> sch«»«.
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