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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.07.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-07-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930727022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893072702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893072702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-07
- Tag1893-07-27
- Monat1893-07
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Wen» in den nächste» Tagen die Finanz wirt bscha st des Reiches zum (Gegenstand einer reiflichen Aussprache im Kreise der deutschen Finanziiiinister gemacht wird, bietet sich hosfentlich auch die Gelegenheit, ein verstän diges Wort über die formale Gestaltung und die publicistische Behandlung der Etats ausrulauschen. Das Bedürfnitz einer anderwciten Anordnung der Etats, und zwar einer möglichst übereinstimmenden, ist so dringlich, wie das einer gleichzeitigen, regelmäßigen populären Veröffent lichung über den Reichs- und die sänimllichen LandeS-ElatS. Man kann schlankweg behaupten, daß die öffentlichen poli tischen Kreise mit Ausnahme von Abgeordneten und einigen wenigen anderen Personen von dem Reichöetat öezw. dein Etat ihres engeren HeimalblaiideS sich überhaupt keine Borstellung machen. Darauf allein ist eS zurückzuführcn, wenn dei der Wahlbewegung selbst die wildesten Summe», die von radicaler und revolutionärer Seite den Wähler» vorgcrechnet werden, ihren schreckhafte» Eindruck machen. Das kann aber auf die Dauer nicht ertragen werden. Wir haben uns aus das all gemeine gleiche Wahlrecht eingerichtet, dasselbe setzt eine all gemeine politische Belehrung voraus, die insoweit auch eine gleiche sein sollte, daß der Wähler wenigstens gegen die aller gröbsten Täuschungen sich selbst zu schützen vermag. Dazu ist er heute keinesfalls im Stande, wo der TauschnngSversuch aus dem Gebiete der EtalSziffern sich bewegt, — wie eS aus den anderen Gebieten auSsiebt, mag hier ununlersnchl bleiben, eS kommt daraus an, an einem praktischen Falle zu zeigen, daß in der Tbat zur Aufklärung nnd regelmäßigen Belehrung der Bürger vo» Staat« wegen etwas geschehen kann, waS ohne Zweifel weit und breit nur lebhaftesten Beifall und wohlverdienten Dank finden wilrde. Zunächst würde sich die übersichtliche 'Anordnung im meichSbauSbaltS und in den LandeSbanökaltS-ElatS em pfehlen. Dazu ist unerläßlich, daß die privatwirthschast- lichen Betriebs - Verwaltungen des Staates nnd die eigentlichen Staatsverwaltungen je in besonderen Gruppen zusammcngesaßt und daß auch die sogenannten durchlaufenden Posten auSgesondert verrechnet werden. Die mißverständlichen Darstellungen rer EtatS- Schlußziffern nehmen sonst kein Ende. Wir begegnen eben jetzt wieder in einem Handelskamincrbericht einer Tabelle, in welcher die Gesammthcit aller Ausgaben im Reiche und in Preußen nachgewicsen wird. Danach wären die Aus gaben des Reiches seit 1870/80 von 550 aus 1273, diejenigen Preußens sogar von 828 auf 1804 Millionen angewachsen, WaS der socialdemokratische „Vorwärts" wohlgefällig nach druckt, um anzumerken: „Und diese Gesellschaft vermag sich trotzdem für neue Militairauögabe» zu begeistern!" Un gefähr dieselben Manipulationen haben ja auch den ver flossenen Wahlkampf ausgezeichnet. Gleichwohl ist es Thal sache, daß die eigentlichen Bedürfnisse deS Reiche in diesen letzten zwölf Jahren nicht von 550 ans 1273, sondern nur vo» 480 auf rund 720 Millionen angcwachsen sind, die eigentlichen staatlichen Bedürfnisse Preußens haben niemals 828 Millionen betragen, sondern beziffern sich für 1803 04 nur auf rund 400 Millionen. Was darüber binaus im Rrichsbausbalt sich verrechnet findet, sind in der Haupt sache die 350 Millionen, welche das Reich aus Zölle» und inneren Verbrauchsabgaben den Einzelstaaicn als Dotation znwendet. Könnten die letzteren, die ja mit der Hebung der indirekten NcichSsteuern betraut sind, ihren Antheil gleich vorweg einbchallen, so erschienen jene 350 Millionen im ReichöhauSbalt gar nicht, weder in den Einnahmen noch in de» Ausgaben, sonder» nur jeder Antheil dort, wo er tbatsächlich bingebört, nämlich im einzel staatlichen HauSbalt. ES ist also zum Mindesten willkürlich »nv giebt ein völlig schieses Bild, wenn die oben erwähnte Handelskammer diese 350 Millionen als Reichs- ansgabe in Rechnung stellt und nachher in der Summe der preußischen AnSgaben auch den auf Preußen entfallenden Anlbcil von über 200 Millionen niikrechnel. Das Geld wird natürlich nicht zwei-, sondern nur einmal auSgcgeben, und zwar von den Einzelstaaten, eS wird für diese »nr im Wege der RcichSsteuern »i,k erhoben. Ebenso mißverständlich ist es, die Ausgaben Preußens un- unterschieden znsa»inie»zuzäl>le», als handle eS sich hier um ein nngcbeureS Anwachsen staatlicher Bedürfnisse, und koppelt bedauerlich erscheint eS, wen» hier an diesem Puncke eine Kritik cinsetzt, als müßten deswegen die „nötbigen frucht bringenden AnSgaben ganz unerträglich beschränkt werken." Anderwärts mag daS eine Begründung wohl baden. Die eigentlichen Staatsverwaltungen (Kirche, Schule, Rechtspflege, innere Verwaltung ». s. w.) verausgaben, wie erwähnt, etwa 400 Millionen, — eine S»m»ie, die seit einem Jahrzehnt kaum nambaste Veränderungen ausweist. Tie anderthalb Milliarden jedoch, welche darüber hinaus im preußischen Etat für 1803 0l erscheinen, entfalle,i in der Hauptsache auf die Betriebsverwaltungen und auf die Ver zinsung uiidTilgnng derEisenbabncapitalschuld. In diesen Titeln dcS EtalS sind die Ausgabcziffern allerdings von Iabr z» Iabr ganz beträchtlich gestiegen, — im Etat der Eisenbahnen und ihrer Eapikalschnlv seit fünf Jahren allein um rund 200 Millionen Mark. Aber hier handelt eS sich doch um Auf wendungen, über die der „Vorwärts" seine Anhängerschaft zu beunruhigen kein Recht hat, nnd die auch vom «tandpunct der ernsthaften volkSwirtdfchastlichen Kreise nicht als unfruchtbare bemängelt werten können. Einerseits war eS nötkig, die AbnutzungSprocenre an den Bahnanlagen, Betriebsmitteln rc. höher anzuschlagen und dadurch das Finanzsystcm des StaatSeiscnbahnwcsens auf festeren Unter grund zu stellen. Andererseits und hauptsächlich erklären sich die höhere» AuSgabcsummen des letzten LustrnmS aus der raschen Steigerung aller Arbeitslöhne in den Werkstätten, Gruben und Hütten, so gut wie in der Land- und Forst- wirtbschaft. Wenn man demnächst die nöthige Ucberslcht de» staat lichen AiiSgabenwesenS gewähren will, ist es unbedingt er forderlich, diese BetriebSoerwaltungen nnd ebenso die eigenl- jicken Staatsverwaltungen für sich zu behandeln. Es dürste für die Reichs-, wie für die einzelstaatlichen Finanzverwal- tnngen kaum eine schwierige Arbeit fein, alljährlich nach Abschluß der Etatberathung und etwa gleichzeitig inil der amtlichen Verkündigung deS HauöbaltSgesetzcS eine solche übersichtliche Gruppirung zu veranstalten nnd amtlich bekannt zu geben. Der mitzbräuck'lichen Berwertbung der Hausbaltziffern vor den Wählern wäre dann gesteuert, und es ließe sich fortab auck übersehen, wie die Leistungen der Einzelftaalen für Unterricht, Meliorationen u. s. w. sich ver gleichsweise neben einander und wie sie sich im ganze» Reiche »sammeiigeiioinmcn entwickeln. Wie wunschenSwertb eine olche Uebersicht gerade in nnscrem Bundesstaate wäre, um einen besseren Begriff von dem Verhältniß unserer niilitairischen zu unseren ciiliurellcii Leistungen z» gebe», liegt aus der Hand In unserem Reichsetak spielt der Bedarf für Heer und Flotte »atnraemäß eine erdrückende Rolle, während Unterricht-Wesen, Rechtspflege, Förderung von Handel und Gewerbe, Meliorationen u. s. w. in den Etats der Einzel- staatc» erscheinen. WaS dort aus öffeittlichc» Mitteln auj- gewendet wird, muß den Ziffern des NcichShan-ballS er gänzend erst binzngefügt werden, wen» man von der staatlichen Pflichterfüllung im Reiche ein rechtes Bild gewinnen soll. Und daß dies ermöglicht werde, ist namenllich in einem Augen blick zu empfehlen, in dem die ofsicielle Vorbercilung einer ReichS - Sleuer - Neform beginnt. polnische Tligcsschau. - Leipzig, 27. Juli. Aus den ganz- und balboffieiösen Auslassungen über die geplante RrichSftiianzrcform gebt zwar noch nicht hervor, welche Steucrobjecte Herr Or. Miguel seinen College« in Franlsnrt zum Zwecke der Deckung der durch die HccrcS- resorm entstehenden Kosten und zum weiteren Zwecke der Sicherung regelmäßiger lleberweisungcn vom Reiche an die Einzelstaaten vorzuschlagen gedenkt, aber eS crgiebl sich daraus wenigstens mit voller Deutlichkeit, daß Herr Miguel mit Rück sicht auf wahrscheinliche Bedenken der Einzelstaaten an eine Beseitigung der Franckenstein'schcn Klausel nicht denkt, sondern nur den Vorschlag machen will, Matricnlar- umlagen und Ue berweisungen statt auf ei» Jahr auf eine mehrjährige Periode im Voraus festzustellen. Ue'oer kiesen Plan schreiben beute die „Berl. Polit. Rachr": „Betreffs der Ginnahine ans Zöllen und Stenern bedarf es keiner anderen Aenderunq der Beronlagungrinelhode, als daß sllr die dem ersten Jahre folgenden Jahre ein entsprechend dein Wachsen der Bevölkerung steigender Betrag a»»gebrachl wird. Bezüglich der M a I r i c » I a r » n> l a g e n wird aber ateicln'alls von dein Bedarf der tetztvergangenen Periode auszugehen und dabei ein gemäß dem höheren Ansätze der Ginnahme von Jahr zu Jahr steigender Betrag anzunehinen fein. Legt inan aus diese Weise den Durchschnitt der letzten fiins Jahre von 1892 03 einschließlich rückwärts z» Grunde, so erreicht man zugleich, daß den Bundesstaaten für die FeslsetzlingSperiodc ein fester, nicht mehr durch Ausschreibung vo» Umlagen für Reichszwecke beichlagnahinter Antheil an den Uederweisiingen verbleibt. Wird damit die Ginrichtung verbunden, daß der etwa „n- gedeckt» AiiSgabebebari des Reich» durch etatsniäßig zu bewilligende Steuern zu decken ist, so bleibt nicht blos die Ginrichtung der Malricntarunitaqen nnd der Klausel Franckcnstein im 'Wesentlichen »»heriihrt, sondern eS werde» auch die constitntioiiel len dabei vcrsolgtcn Ziele vollständig gewahrt und die Absicht, de» Giiizetstaatcn feste Antheile an dem Mehrerlrag» der ReichSslrnern zu sichern, welche die Klausel Franckenstein allein nicht zu sichern vermochte, wird erst dann erreicht." Und in der „Nordd. Allgem. Ztg." wird über die hier vorgesehene Deckung des nach zeitweise,: Fixirung der Matri- cularbeiträge ungedeckt bleibenden Ausgabebedarfs teS Reiches durch etatömäßig zu bewilligende Steuern gesagt: „Statt einfach die Mairicularbeiiräge bald höher, bald niedriger a berechnen, würde der Reichstag demnächst über eine» beweg- ichen Factor zn befinde» haben, bei dessen Bestimmung fein GiniiahmebewNligiiiigsrecht erheblich stärker in Betracht käme, als I ei der derzeitigen, soweit der Matricularbritrag in Frage steh«, lediglich calculaioriichen Praxis." Daß eine solche Reform auch nur bei einem einzigen Staate aus Widerspruch stoßen sollte, ist nicht anzunehme». Differenzen können sich lediglich bei der Beantwortung der Frage ergeben, welche Steuerquellc zu einem beweg lichen Factor gemacht werden soll. Doch auch dar über wird sich unschwer zu einer Einigung unter den Regie rungen gelangen lassen. Wie derReichstag zu der Reform fick» stellen wird, ist freilich eine Frage. Aber die jetzt in der »liraniontanen und der demokratischen Presse laut werdende Opposition verdient deshalb keine Beachtung, weil sie von der irrigen Voraussetzung ausaeht, es bandle sich um die Beseitigung der Franckenstein'schcn Klausel. Der Vuudosrath, der seine Ferien noch nicht begonnen bat, wird nach ojficiöser Mitthe'lung beute eine Sitzung ab ballen, um über die Ergreifung von Repressalien gegen die Inkraftsetzung Vrs russischen Maxinialtariss zu beschließen. Bekanntlich giebt der tz. 6 des ZolltarifgesetzeS dem Bundes- ratbe die Befngniß zu Zuschlägen auf die allgemeinen Satze des Tarifs bis zu 50 Procent. Von dieser Be- sugniß wird ohne Zweifel Gebrauch gemacht werden und der Bundeöratk darf bei einer solchen Maßregel auf die Zustimmung aller Parteien mit alleiniger Auönabmc der Socialdemokraten und der Demokraten rechnen. Aller dings wird die Frage noch zu erörtern sein, ob die jetzt durch Rußland herbeigefükrte Zwangslage zu vermeiden ge wesen wäre; nachdem sie aber eingetretcn ist, bleibt ein anderes Mittel schon deshalb nicht übrig, weil eS das einzige ist, das bei der Fortführung der Handelsvertrags- Verhandlungen im Herbste einen Druck ans die russischen Unterhändler auSznnben vermag. Der Einwand, daß die Verhängung von Zollzuschlägcn auf die russische Ein fuhr daS Brod vertbcuern werde, ist nicht stichhaltig. Abgesehen davon, daß thätsächlich die Weizen- und Roggcn- preise mäßige sind und es zu bleiben versprechen, so ist eine Preissteigerung durch eine Zollerhöhung gegen ein ein zelnes Land ausgeschlossen; wenn dies richtig war, als es gegen die agrarische Polemik wider jede» Vertrag mit Ruß land au-gcsührl wurde, so ist eS auch richtig gegen jene fort schrittliche» und svcialdcmvkratischen Einwendungen. Die russischen Lantwirlbe werden, wenn sie nach Deutschland verkaufen wollen, ihre Preise ui» so viel niedriger stellen müssen, wir die Differenz zwischen dem von ihnen und dem von anderen Producenlcn an der deutschen Grenze zu ent richtenden Zoll betragen wird. Zu beherzigen ist jetoch die folgende Mahnung der „Weser-Zeitung": „Wenn die deutsche Regierung z» Kampszölleu gegen Ruß land schreitet n»d »amenttich die Zolle siir ruisiiches Getreide weiter erhöht, so ist den Interessenten dringend zu empsehlen, rechtzeitig durch die dazu bernieiicn Instanzen dahin vor stellig zu werden, daß aus früheren GeschästSabichlii iscn rriultireiibe Importe nicht von der etwaigen Zollerhöhung getroffen werden. In Folge der drohenden Futtern oth hat sich nämlich in diesem Jahre uiigkwöhiilich iräh, hauptsächlich schon im Mai und Juni, ein große» Gcschäit in ausländischen Futter- artikeln, hauptsächlich Gerste und Mais, entwickelt. Mais wurde vorzugsweise au« meistbegünstigten Ländern gekauft; Gerste stellte» aber die letzteren nicht an, »»d man war deshalb für diesen Artikel fast ansichließlich aus Rußland angewiesen, obgleich dessen Waare nach dein gewöhnlichen Zolltarif' ohnehin tchon 2'» die Tonne mehr Zoll zu tragen hat, als andere Pro venienzen. Tie inländischen Coiis»me,ilen habe» ihre» Herbst- und Winterbedars zum großen Theile im Voraus gedeckt und bei Abschluß der betreffende» Lieserungsgeschäste Angesichts der ichwcbtnden und aiilcheincnd nicht nussichtslose» Verhandlungen mit Rußland wohl a» eine Zollermäßigung, kciiic-weg ober auch nur entfernt an die Möglichkeit einer Zollerhöhung gedacht. Die durch die Futternolh entstandenen Mp. noch entstehenden Galaniitäten sind durch daS Gingrcisen der Regierung hinreichend anerkannt und gewürdigt worden, und es würde iür die vhiiedin schwer genug heimgesuchten Landwirthe ein schwerer Schlag sein Feuilleton. lieber Klippen. L6j Roman von Caroline Deutsch. NaLtruL «erboten. (Fortsetzung.) xxvu. Lory Satwar bewohnte noch immer die Meierei. Trotz aller Bitten und alles Drängens Tcrcska'ö und ihres Schwagers, war sie zum Verlaßen derselben nicht zu bewegen gewesen. Der größte Theil ihres Lebens mit allen seinen müheseligen, schmerzlichen und vielleicht darum sv lieben und tbeuren Erinnerungen knüpfte sich an diesen stillen, unscheinbaren Raum. Alle» stand noch aus seinem alten Platze, wenn sich auch in der Einrichtung Manches geändert hatte, Manches hinzu- gekommen war; denn Lory's unablässiges Bemühen war in der lebten Zeit gewesen, mit mehr noch als Bequemlichkeit, mit Ueberfluß die Gräfin zu uingebcn und den Hauch der Vergangenheit in ihr Leben zurückzubringen Und diese hatte der Tochter die Sache nicht leicht gemacht: sie war immer an spruchsvoller, launenbastcr und unumgänglicher geworden. Wieviel Kämpfe batte die Verheiratung Tercska'S gekostet! Und auch später konnte sie nicht darüber binwegkommen, daß ihr Schwiegersohn ein einfacher Pfarrer sei, und hörte nicht auf, darüber zu klagen und zu jammern, daß sie nickt nur ihr Mann, daß sic auch ihre Kinder unglücklich gemacht hätten. Und doch, als diese Frau einem plötzlichen Hirnschlage erlag, ward es Lory so einsam und öde, als sei sie in einer leeren, ausgebrannte» Welt zurückgeblieben. Für wen und wozu war sie ,ctzt »och da? Wem kam ihrer Hände Fleiß zu Statten? Sie war nicht gewohnt, an sich zu denken, für sich zu sorgen, nnd stand plötzlich mit ihrem großen, überreichen Herzen allein da ... Und vielleicht hatte sich die starke, gesund» Seele de- MädckenS leichter zurecht gefunden, wenn nicht »och Andere» ibr Herz bedrückt hätte.... ein tiefer, großer Schmerz, von dem nur sie und Gott wußte... Nicht nur Stefan, auck Lory batte ein Geheimniß, nicht nur er, auch sie hatte Perfall'« Adschiedtwort erhalten, und sie ein mündliche» ... Sie war in jener Nacht länger al» dir Anderen wach ge blieben, wir es sonst immer ihre Gewohnheit war, da sie noch so Manches zu ordnen batte. Sir wollte einen Ueberblick über die Hochzeitsausstattung der jungen Schwester gewinne», die in naher Aussicht stand, und rechnete und überlegte Da war er plötzlich in die Stube getreten. Sie hatte ihn zurrft nickt erkannt, so tief batte er den Hut in dir Stirn gedrückt, und als er ihn abnahm, da sab sie, wie bleich, wie verändert er war, in wie tiefer Erregung ... WaS er zuerst sprach, hakt» sie kaum verstanden in der Ucbrrraschuna und Bestürzung, in der sie sich befand, in der Fassungslosigkeit ihre« ganzen Wesens. Von Schuld und nicht Sübnenkönnen hatte er ge sprochen, von Gehen und niemals Wiederkebren; aber wie Geschosse treffen und sich in die Erde bohren, blieben seine letzten Worte in ihrer Seele haften ... Sie... sie sollte verzeihen ... und wenn Alle- den Stab über ihn brechen, ihn verdammen würde, sollte sie nachsichtig sein, in Milde an ihn denken!... Darum siebe er sie an, daS würde ihm Trost, eine innere Rettung sein! .. . Dann batte er, ebe sie es wehren konnte, ihre Hand ergriffen nnd sic ein, zweimal geküßt. Sie war wir ii» Bann, wie gelähmt in tiefer namrnlosrr Erschütterung, und so war sie »och ge blieben, al- er schon gcgaiigen, und die Thür hinter ihm in« Schloß arfallen war. Dann war Leben und Bewegung in sie gekommen; sie war hinausgeeilt und hakte halberslickt seinen Namen gerufen, aber nur der Nacktwind gab ihr Ant wort: derjenige, den er erreichen sollte, balle die Landstraße betreten und eilte mit großen hastigen Schritten der Eisen bahn zu. Sie war in jener Nacht nicht zu Bette gegangen und viele, viele Näckte hindurch fand sie keinen Schlummer. Was war geschehen? Warum war er zu ihr gekommen, die er seit Monaten gemieden — warum hatte er sie um Verzeihung gebeten? Und «ine innere Stimme sagte ihr, daß es ein Abschied für das Leben war Natürlich brachte sie eS mit Wilma Szentiwany in Ver bindung. Er batte sich überzeugt, daß sie mit ibm gespielt, wie Mil allen Anderen vor ihm, und daö war ein Todesstreich für seine stolze Seele. Warum aber ihr diese Abbitte, ihr?! — War cs eine Erinnerung an die erste Zeit ihres Verkehre«? ... Ein tiefe« Webgesübl erfüllte ihre Seele, ei» Wcbgesübl, dem jetzt jede Bitterkeit fehlt«, daS nur unsägliches, namenloses Erbarmen war. Wie mußte es ihn getroffen haben, daß er, der starke, feste Mann, an den Tod denken konnte! O. was litt Lory! Welche qualvollen Tage und Wochen! Keiner «bitte. Keiner wußte eS! Und als ein Gerücht nach dem andern austauchte, eines ungeheuerlicher als das andere und sie dabei schweigen und gleichgiltig scheinen mußte, wo jeder Blick eine stumme Frage »nd jeder Sinn gespannt war, irgend ein Wort, rin Zeichen in sich aufzunehmen .... nur einmal, als dieser Zustand sich ins Unerträgliche steigerte, fragte sie Stefan — es war am Tage vor seiner Hochzeit —" ob auch er, wie alle Andern an den Tod Franz Verfall'- glaube. „Nein!" batte dieser zuversichtlich geantwortet. „Ich weiß mit Bestimmtheit, daß dies der Fall nickt ist. aber mehr kann ich auch nicht sagen. Wir müi'en warten, Lory, bis er an der Zeit finden wird, zu sprechen." ,^Wir", batte Stefan gesagt, er hatte also auch sie in daS Interesse für den Freund nnt eingeschlossen. Abnlc er denn ihr Gcbrimniß? In daS glückliche, tief dankbare Gefüllt, das sie zuerst darüber empfand, mischte sich eine zaghafte Scheu. Wann nnd wodurch batte sie sich verratben? Seit dieser Zeit fragte sic nickt wieder und verschloß sich noch tiefer, und da Stefan sich auch scheuen mußte, von Ver fall zu sprechen, so ginge» sie neben einander, Beide vo» demselben Gedanken erfüllt, und ohne jemals seinen Namen zu nennen. Auch Lorv batte die GerichtSnotiz i» der Zeitung gelesen und sein Verschwinden damit in Verbindung gebracht Da er keinen Selbstmord begangen —und sic glaubte ibrcS Schwagers Versicherung — so siel auch das weg, was sic in Betreff Wilma'S backte, und etwas Anderes trat an seine Stelle Vielleicht batte ihn wirklich die Lcitciischast für jene Fra» seine Pflicht als Beamter vergessen lassen, und er hatte ihrem Interesse da- der Anderen geopfert? . . . So war sie unbewußt »nt Allen auf einen nnd denselben Weg gelangt: nur schrieb sie eö, die besser unterrichtet war, nicht der Macht des Gelte«, sondern einer anderen nicht minder großen Gewalt z» . . . Eie war nicht in die Lage gekommen, den Antrag des Hcrrn von EchmertizS zurückzuweisen, er hatte ihr leinen gemacht. Er wäre vielleicht nicht abgeneigt gewesen, da einmal der Gedanke in ibm angeregt worden war. seine sechzig Jahre und seinen neugebackenen Adel mit dein Reis eine- altgräslichcn NamcnS z» verjüngen und zu kräftigen, besonders da ibm der Gegenstand von jeher sympathisch war. aber Wilma war von ihrem Plan abgekommen, und Herr von Schmertiz« kannte nur einen Willen, den seiner Tochter. Lory war all die Zeit mit ihrer Schülerin nicht wieder ziisanimcngetrosfcn. Tie Baronin wohnte mit ihrem Vater meistens in Pest; für Bad Schmertizsck war ein Verwalter eingesetzt worden; wie eS hieß, sollte eö sogar seinen Besitzer gewechselt haben und in aller Stille verkauft worden sein. Vielleicht dachten die Leute so. weil Herr von SchmertizS in dem letzten Jahre nicht wieder nack Schmertizsck gekommen war; batte er es aber getban, so war es für ihn das beste Mittel gewesen, die Sache für imnicr todt zu machen. Wieder waren Wochen vergangen, man rüstete zur fröhlichen Weihnacht. Nur an Markttagen bot das Städtchen ei» der artig belebte- Bild wie an dem Abend diese- Tages. Tie Beleuchtung der einzelnen Laternen war überflüssig; den» der Mond stand voll nnd groß am klaren, wolkenlosen Himmel, und breites, bcllcö Lickt fiel aus allen Fenstern. Mit Packen und Päckchen beladen, eilten die Mcnsck>c» an einander vor über, fröhlich grüßend, gebeiiiinißvoll lächelnd; in Sckaarcn zogen die Kinder der ärmeren Bevölkerung, das Lied von de» drei Königen singend, von Hans zu HauS. von Straße zu Straße und »ahmen ihre Gaben, in Aepfcl», Nüssen und 'Backwerk bestehend, in Empsang, »nd i» den Gesang der Kiiiker mischte sich daS ernste, feierliche Glockengeläutc der Kirchen, die das Fest ankündigtcn. Von den, Bahnhof her schritt ein Mann die mondschcin- heschiciikne Landstraße. Er hätte den städtischen LninibuS, der dort bei Ankunft dcS Zuges wartete, benutzen können, er batte aber vorgezegcn, ru Fuß zu geben. Es war bell nnd trecken, »nd der Schnee knisterte »nd knarrte unter de» kräftig auSholentki, Schritten, auch war der Weg nickt zu fehlen: denn in vollem Mondcnscheine lag die Straße vor ibm, nnd dort in kurzer Entfernung erhoben sich schon die Häuser der Stadt. Bald war daS erste HauS erreicht: eS lag nicht der Straße zu, sondern in die Felder hincingcfchoben; ein breit- gcschauselter sauber gehaltener Pfad führte dahin »nd aus den Fenstern blinkte durch die entlaubten, schncebehangenen Bäume ein Heller freundlicher Schein. Der Mann stand »nd schaute; wie gebannt hingen seine Bücke an dem klaren, ruhigen Schimmer, dann betrat er mit kurzem Entschlüsse den schmalen Psad. Aber nur zögernd schritt er vorwärts, und als er zur Hausthllr kam, blieb er wie unentschlossen stehen. Ta wurde diese plötzlich von innen geöffnet, und ein junges Mädchen, die Eimerstangr, woran zwei Gesäße hingen, auf den Schultern, trat heraus
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