35 Manfred Altner Kleine Geschichte des Albert-Theaters 1868 hatte der Verschönerungsverein Neu- und Antonstadt beschlossen, auf dem Bautzner Platz (ab 1871 Albert-Platz) ein Theater zu errichten. Dresdner Bürger gründeten 1871 einen Aktien verein, um den Bau zu finanzieren. Das Gelände dafür stellten die städtischen Behörden unent geltlich zur Verfügung. Der Architekt Bernhard Schreiber, ein Schüler Hermann Nicolais, erbaute das Theater in der Zeit von 1871 bis 1873 in einfachen, würdigen Neo-Renaissance-For men. Der in Weiß, Rot und Gold ausgeschmückte Zuschauerraum erhielt die Lyraform mit drei Rängen steil übereinander, war in Logen eingeteilt und bot 1500 Zuschauern Platz. Rechts und links vom Proszenium waren die königlichen Logen angelegt. Der Hauptvorhang war geschmückt mit einem allegorischen Gemälde über die Poesie. Die für ihre Zeit vorzügliche Bühneneinrichtung schuf Hofmaschinenmeister Karl Brandt aus Darmstadt. Die Fassaden waren sparsam geschmückt mit Sgraffiti von Anton Dietrich, einem Skulpturenfries an der Hauptfront, musizierende Kinder darstellend. In den Nischen befanden sich zwei Statuen, Musik und Tanz vom Bildhauer Wenzel, und die Relief-Figuren Amor und Psyche, Pandora und Alecto, Dionysos und Ariadne in den Zwickeln der Rundbogenfenster der ersten Etage vom Bildhauer Robert Henze. Der Aktienverein, der das Theater erbauen ließ, verpachtete es für jähr lich zehntausend Taler an die kgl. Zivilliste. Die Kgl. Generaldirektion, ab 1894 durch Grafen Nikolaus Seebach vertreten, übernahm das Albert-Theater gewissermaßen als Filiale des großen Altstädter Semperbaus. Am 20. September 1873 wurde das Albert-Theater mit Goethes Iphigenie eröffnet. Pauline Ulrich spielte die Titelrolle. Zwanzig Jahre erhielt sich nun die Regelung, daß Schauspiele, ins besondere klassische, die großen Aufwand erforderten wie Faust, im Altstädter Semper-Bau gespielt wurden, während das kleinere Neustädter Haus insbesondere dem Lustspiel und Salon stück vorbehalten war, was jedoch klassisches Repertoire nicht ausschloß. Von 386 Vorstellungen im Jahr 1873 stieg die Zahl der Aufführungen 1874 auf 651, d. h. zwei Vorstellungen fast täglich in beiden Häusern zusammen. Im Neustädter Haus spielte man viermal pro Woche, davon dreimal im Abonnement. Fast vier Jahrzehnte fanden die Schauspielvorstellungen in diesem Gebäude statt. Als 1913 das neue Schauspielhaus auf der Ostra-Allee eingeweiht wurde, erhielt das Albert- Theater, ab 1921 als »Neustädter Schauspielhaus« bezeichnet, den Status eines Privat-Theaters. Direktoren waren u. a. Maximus Rene, Hermann Röbbeling und Paul Willi. Von 1925 bis 1929 wurde das Albert-Theater von der Schauspielerin Hermine Körner geleitet. Oberspielleiter war in dieser Zeit Max Reitz. Am 1.6.1931 ging das Haus in den Besitz der Gebrüder Rotter über. Sie wollten es als Gastspielbühne führen. Den Auftakt machte das Ensemble des Deutschen Thea ters Berlin mit Carl Zuckmayers Hauptmann von Köpenick, in der Titelrolle: Ferdinand Bonn.