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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 07.04.1916
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1916-04-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19160407019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1916040701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1916040701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1916
- Monat1916-04
- Tag1916-04-07
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Kriegserimlerung» - Tafel 7. April ISIS. Zwischen Maas und Mosel wurden heftige Angriffe der Franzosen erfolgreich zurackgeschlagen. Der Hilfskreuzer „Prinz Titel Friedrich" wird auf der Marinewerft in Norfolk interniert. Sobald diese vollzogen, ging er gegen Mitte November mit seiner inzwischen auch verstärkten Armee erneut zum Angriff über. Et gelang ihm mit Unterstützung der auf seinem rechten Flügel kümp- fenden Bundesgenossen, die russische Dampfwalze nicht nur zum Stehen zu bringen, sondern nach schweren Kämpfen etwa bit Mitte Dezember gegen die Weichsel, und zwar hinter die Bzura-Nawka und Pilica zurückzudrängen. An diesen Flüssen hatten sich die Nüssen so starke Stellungen ausgebaut, daß sie aus ihnen vor läufig nicht vertrieben werden konnten. ES entwickelte sich daher hier sowie im nördlichen Polen rechts der Weichsel ein Stellungs krieg, der unter fortgesetzten Kämpfen längere Zeit andauerte. Für Hindenburg, der für die Leitung der Operationen in Polen zum Gcneralseldmarscholl befördert worden war, bedeutete diese Zeit ober keineswegs eine Nubepause, denn schon im Februar 1915 wurde er wieder nach Ostpreußen berufen, wo ein aber maliger Nussenetnfall seine Anwesenheit -ringend erforderte. Dort hatten die zurückgelassenen schwachen Grenzschuhtruppen vor be deutend überlegenen frischen russischen Streitkräften, die vom Njemen her vorstietzcn, hinter die Masurischen Seen und die Angerapp in befestigte Stellungen zurückweichen müssen, so daß die Grenzbezirke der Provinz Ostpreussen von neuem einer feind lichen Invasion ausgesetzt waren. Hindenburg, wie immer kurz entschlossen, ging sofort mit der in Ostpreuhen neugebildeten, zum Teil aus jungen Truppen bestehenden Armee zum Angriff gegen die Eindringlinge vor, wobei er wiederum die volle Vernichtung des Gegners anstrebte. Trotz der Unbilden der Witterung enl- prachen die Truppen den großen an sie gestellten Anforderungen, o dah in dieser Win ter sch lacht in Masuren der russi schen 10. Armee eine vernichtende Niederlage bereitet wurde. Dieser grohe Erfolg, der hauptsächlich durch Ueberraschung und Schnelligkeit erzielt wurde, war einerseits der genialen Führung und Anlage der Operationen, anderseits der heldenmütigen Tapferkeit und Ausdauer der deutschen Truppen zu danken. Mit diesem glänzenden Siege war die schwer geprüfte Provinz Ostpreuhen endgültig von ihren Peinigern besreit. Die Rusten führten zwar einige Zeit später, am 18. März, noch einen Raubzug nach Memel aus, wurden aber von dort schnell wieder vertrieben. Dieser Raubzug hatte zur Folge, dah Teile der Hindenburg-Armee in Kurland einrücktcn und im Verlauf der nächsten Wochen diese deutsche Ostseeprovinz eroberten. Bei der Anfang Mai 1915 in Westgalizien einsetzenden großen Offensive der aus deutschen und österreichisch-ungarischen Truppen zusammengesetzten Armee Mackensen zur Vertreibung der Rusten aus Galizien und Polen muhte Hindenburg mit der ihm inzwischen unterstellten Heeresgruppe des linken Flügels des Ost heeres sich zunächst abwartend verhalten, was seinem Drange nach vorwärts gewlh nicht entsprach. Aber seine Zeit sollte auch kom men. Als die Russen nach der Wiedereroberung Lembergs zwi schen Bug und Weichsel von der Heeresgruppe Mackensen immer weiter nach Norden zurückgedrängt wurden, da konnte auch Hin denburg mit seiner Heeresgruppe zur Offensive schreiten. Eie be gann am 15. Juli und dehnte sich auf das ganze Gebiet zwischen Weichsel und Ostsee aus. Zn verhältnismäßig knrzer Zsit warf er auf dieser ausgedehnten Front die ihm gegenüberstehenden star ken russischen Streitkräfte zurück und verfolgte sie weit In das Innere Rußlands hinein. Hierdurch wurde es erst möglich, dah nun auch die Mitte des OstheereS, die unter dem Prinzen Leopold von Bayern bis dahin auf dem linken Weichselufer vor Warschau hatte stehenbleiben müssen, sich gleichfalls in Bewegung sehen, Warschau erobern und sich an der Vertreibung der Russen aus Polen beteiligen konnte. In der weiteren Verfolgung der geschlagenen Aussen gelangte Hindenburg mit seiner Heeresgruppe gegen Ende September 1915 bis in eine Linie, die sich etwa voin oberen Njemen westlich Minsk bis zur Düna südwestlich Dünoburg und von dort am linken Düna ufer weitergehend bis zum Rigaischen Meerbusen hinzieht. In dieser im Lause der Zeit stark ausgebauten Stellung hat die Heeresgruppe unter fortgesetzten kleineren Kämpfen den Winter 1915^16 über zugcbracht. Gegen diese Stellung richten sich nun seit dem 17. März die Massenstürme des rechten Flügels des russi schen Westheeres unter Kuropatkin, die offenbar als eine Ent- lastungSossensive für die bei Verdun bedrängten Franzosen gedacht sind. Bis jetzt sind olle diese Stürme vergeblich gewesen. Wenn auch Hindenburg der Mann tatkräftiger Offensive ist, so wird er sich auch hier in der Abwehr wieder als Meister bewähren und alle Hoffnungen unserer Gegner auf einen Sieg im Osten zu schanden machen. Anscheinend wird der Jubilar sein 50jährigeS Militärdienst jubiläum unter dem Donner der feindlichen Kanonen verleben, gewiß die schönste Festmusik für ihn. Aber gleichzeitig soll er am 7. April auch wissen, daß das gesamte deutsche Volk in nie er- '"chender Dankbarkeit seiner und seiner herrlichen Taten gedenkt. rj: * * Hindenburgs militärische Laufbahn Heute sind cs fünfzig Jahre her. dah .unser" Hindenburg als Leut nant in das 3. Gardercgiment zu Fuh, das damals in Hannover in Garnison lag, einlrat. Zunächst boten ihm natürlich die Kriege von 1860 und 1870 71 die vorlrcsslickstc Gelegenheit, sich für seinen künftigen Beruf 'erzubereitcn. Er machle im Jahre 1866 daü Gefecht von Soor und die Schlacht von Königgrätz in der 5. Kompanie des 3. Gardcrcgiments mit. Seinen hcldenkasten Mut konnte er hier zum erstenmal beweisen durch die Eroberung von fünf Kanonen, die auch seine erste Auszeichnung, den Koten Adlerorden mit Schwertern, einbrachte. Schon den Krieg 1870/71 machte er in der bevorzugten Stellung eines Adjutanten mit, und Mar zunächst als Adjutant des t. Bataillons und später als Regimentsadiutant. .in den Gefechten und Schlachten bei St. Privat, Beaumont, Sedan, Le Bourget, Pierrefitte, Dngny, Pont Iblon und Paris konnte er reiche Kriegscrsobrungen machen. Nach dem Kriege blieb er nur bis zum Oktober 1873 bei dem Regiment in Hannover. In diese Zett fällt, und zwar am 13. April 1872, seine Ernennung zum Oberleutnant. Boni Oktober 1873 bis zum 24. April 1876 wurde er zur Kriegsakademie kommandiert. Darauf vom 1. Mai 1877 bis 1. Mai 1878 im G r o h c n G e n c r a 1 st a b, in den er am 18. April 1878 als Hauptmann versetzt wurde. Am 9. Juli 1878 kam er in den Generalskad des >i. Armeekorps nach Stettin unter den alten General Hann v. Weihern, .'lm 5. Mai 1881 wurde er dann selbständiger Generalstadsofftzter der I. Division in Königsberg. Hier diente er unter dem Generalleutnant .'isckligail und dem General von Derdn du BernoiS und legte den Grund zu leinen hervorragenden Kenntnissen der östlichen Grenzdefestigungen und der Narew-Sümpfe. Am 13. April 1884 kam Hindenburg als Kompaniechef zu dem In- sankerte-Äeglmcnt Nr. 58 nach Fraustadt in Posen, ward« aber schon nach einem Jahre in den Großen Generalstab der Armee verseht. Am !2. November 1885 erfolgte seine Beförderung zum Major. Am 1. Oktober 1888 folgte seine Kommandierung als 1. Generalstabsoffizier in dos 3. Korps unter dem Befehl des Generals v. Bronfart II., dem späteren Kriegsminister. Am 21. Oktober 1889 in den Großen General nab zurückbcordert, wurde er hier zunächst mit der Wahrnehmung der Geschäfte eines Abteiliinqsckess im Kriegsministerium beauftragt und am 25. November 1890 zum Abteilungschef ernannt. Hier wurde er am 1^. Februar 1891 Oberstleutnant. Am 17. Juni 1893 wurde er Komman deur des Infanterie Regiments Nr. 91 ln Oldenburg, und am 17. März 1894 Oberst. Dann kam am 15. August 1896 sein« Ernennung mm Ebes-des G^nerasstabes des VlN. Armeekorps in Koblenz. Hier arbeitete er unter Bogel von Faiuceintein und später unter dem Erb- grohhcrzog Friedrich von Baden. Er wurde am 22. März 1897 zum Generalmajor befördert, kam dann am 0. Juli 19'79 als Generalleutnant und Kommandeur in die 28. Infanterie-Division nach Karlsruhe. Am 27. Januar 1903 wurde er mit der Führung des 4. Armeekorps in Magdeburg beauftragt, und am 12. Mai derselben Jahres zu dessen kommandierendem General ernannt. Am 22. Juni 1905 erfolgte sodann seine Beförderung zum General der Infanterie. In dieser Stellung blieb er bis zum Frühjahr 1911. Damit halte seine Laufbahn während der Friedenszeit ihren Abschluß gesunden, und cs war dem Kriege Vor behalten, ihn in kurzer Zeit zu dem höchsten militärischen Range dcS Teneralfeldmarschalls zu führen. Das englische Industriegebiet erfolgreich bombardiert lWtederdvN. weil nur tn einem Teil« -er Auflage) Derlin, 6. April. Marineluftschiffe haben in -er Nacht vom 5. zum 6. April ein großes Eisenwerk bei Whitby mit Hochösen und ausgedehnten Anlagen zerstört, nachdem vorher eine Batterie nördlich von Hüll mit Sprengbomben belegt und außer Gefecht gesetzt war. Ferner wurden die Fabrikanlagen von Leeb S und Um- gebung sowie eine Anzahl Bahnhöfe Let IndustrlegebleleS angegriffen, wobei sehr gute Wirkungen beobachtet wurden. Die Luftschiffe wurden heftig beschossen, sie sind alle un beschädigt gelandet. Der Chef -es Admiralstabes der Marine. Der deutsche Tagesbericht iWiedeei'«». w«l> nur in «in«m T«il« der Auflage «nlhalten.- Das Wolsfsche Bureau meldet amtlich: Großes Hauptquartier, 6. April. Westlicher Kriegsschauplatz. Westlich der Maas ver lief der Tag zunächst durch das Vorbereitungsseuer, das wir auf die Gegend von Haucourt legten, sehr lebhaft. Am Nachmittag war auch die Tätigkeit unserer Infanlerie »cge. Sie stürmte das Dorf Hau- court und einen stark ansgedautcn französischen Stützpunkt östlich des Ortes. Abgesehen von sehr erheblichen blutigen Verlusten büßte der Feind elf Offiziere 531 Mann an «nverwundeten Gefangenen, dl« zwei verschiedenen Divisionen angehören, ein. Auf dem rechten Maas user wurde ein erneuter Angrifssversoch der Franzose« gegen die von uns lm Laillette-Walbe und nordwestlich davon am 2. Aprit genommenen Stellungen schnell erstickt. Oestlicher und Balkan-Kriegsschauplatz. Es hat sich nichts von besonderer Bedeutung ereignet. Oberste Heeresleitung. Die Erstürmung von Haueourt Die vorgestrige Havasnote über die Kämpfe an der MaaS schloß mit folgenden Worten: .... So sehen die Deutschen ihre Taktik der Hammerschläge auf den beiden Flügeln mit mehr Be harrlichkeit als Aussicht aus Erfolg fort. Alles in allem kommt der Feind bei aller Vervielfältigung seiner Anstrengungen, die materiell und moralisch ihn schließlich gründlich schwächen werden, nicht von der Stelle." Das hat inan in Paris nachgerade oft genug gehört, und hernach kam es ebensooft anders. Immerhin nimmt Ser französische Heeresbericht aus die strategische Auslassung der Havasleule Rücksicht und verschweigt die Eroberung von Haucourt durch die Deutschen» -re czllerdmgs nicht eben als Beweis dafür gelten kann, daß die Deutschen «nicht von der Stelle kommen". Jin übrigen kann man das Haoasurleft.von der deut schen Taktik der Hammerschläge annehmen, nur daß sie nach unserer wohlbegründeken Ansicht mit ebensoviel Beharrlichkeit wie Erfolg fortgesetzt wird, wie das Schicksal Haucourls erkennen läßt. Haucourt in deutschem Besitz läßt die Stunden der letzten vor geschobenen französischen Stellung in Bethincourt gezählt er scheinen, bedeutet aber zugleich den wahrscheinlichen Beginn einer gründlichen Säuberung des Geländedreiecks Avocourt—B^thin- court—Esnes, für das die vielgenannte Höhe 304, die nun eben falls unter offenem deutschen Feuer liegt, den Operationsmitkel- punkt bildet. Die Tatsache, daß bei Haucourt 542 Mann von zwei verschiedenen Divisionen gefangengenommen wurden, zeigt, wie sehr den Franzosen an der Behauptung dieses wichtigen Schulter punktes ihrer «Westfront bei Verdun gelegen ist, wie hoch aber um gekehrt der deutsche Erfolg gegen diese starken Kräfte des Gegners bewertet werden muß. England hat in der Nacht zum 6. April seinen «täglichen" Zeppelinbesuch erhalten, der sich abermals gegen die Ost küste und das Industriegebiet des Nordens richtete. Bei Whitby, das zwischen Scarborough und Hartlepool gelegen ist, mit denen es gemeinschaftlich bereits am 16. Dezember 1914 von der deutschen Flotte beschossen wurde, ward ein großesEisen- werk mit Hochöfen und ausgedehnten Anlagen zerstört, nachdem vorher bei Hüll eine Batterie außer Gefecht gesetzt ward. Die Angabe von der Zerstörung eines Eisenwerkes wird man sich merken müssen, weil mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten ist, daß das Reuterbureau, rn dessen Meldungen neuerdings zerstörte Kapellen und Gotteshäuser eine große Rolle spielen, aus diesem Eisenwerk wie seinerzeit nach der Beschießung von der See aus etne Zerstörung der altbecühmten Abtei machen wird, die Whitbys Namen in der Kunstwelt berühmt gemacht hat. Eine besondere Bedeutung kommt der Beschießung des 95 Kilometer südwestlich von Whitby gelegenen Leeds zu, die zweifellos erfreuliche Er gebnisse gezeitigt haben wird. Leeds ist der Mittelpunkt einer aus gedehnten Kriegsindustrie, die hjer ungezählte Fabriken mit der Herstellung von Wcbstoffen, Anzügen, Ledcrwaren beschäftigt und die großen Stahlwerke für die Munitionserzeugung verpflichtet hat. Hier waren unseren Luftschiffen willkommene Ziele geboten, 3te ebenso glücklich angegriffen wurden, wie die Bahnhöfe, auf denen die Erzeugnisse des Industriegebiets an die militärischen Be stimmungsorte verladen werden. Die Luftschiffe wurden heftig beschossen, sind aber alle unbeschädigt gelandet. Die Bedeutung der Vernichtung des «l-. 15" sinkt immer mehr zu einer kargen Nichtigkeit herab. Der Streit um den „Toten Mann- rvib. Bern, 6. April. (Drahtbericht.) Oberst Müller vom .Bun d", der sich wieder auf einer Inspektionsreise an der deutschen Westfront befindet, schreibt in einer Schilderung der Kämpfe bei Verdun u. a. über die Eroberung der Höhe Mann": Der Zeitungsstreit um den Besitz des «Toten erklärt sich daraus, daß aus der französischen General stabskarte dle Bezeichnung «Mort Homme" etwas südlich von der Höhenquote 295 steyt und auf den südlichen Höhenrücken an gewendet zu werden scheint. Tatsächlich befindet sich die Höhe 295, wie man von unserem Standpunkt deutlich erkennen kann, fest im Besitz der Deutschen. Britischer Seueralftabsbertcht London, k. April. (Drahkber.) Bericht detdrttt- scheu HaovtqoarNert: 2n der letzten Nacht nahmen wlr nahe bet .Hulluch erfolgreich« Mlnensprengungen vor, beschädig ten einen feindlichen Minengang und zerstörten Stellungen, die in alten Minentrichtern eingerichtet worden waren. Heute beschossen wir mit guter Wirkung feindliche Werke bei Bo iS Gr enier. Nördlich -eS Weges von Ppern nach St. Julien unterhielt unsere schwere Artillerie ein erfolgreiches Feuer, richtete an den Gräben -es Fein-eS viel Schaden an und verursacht« zahlreiche Explosionen. Löter ManneS" Die Universität Leipzig t« der Erste» Kammer Bon unserer Dresdner Cchrisklettung. — Dresden, 6. April. Die Aussprache über Kap. 01, betreffend die Universität Leipzig, wurde eingeleitet durch nachstehende Ausführung des Prinzen Johann Georg von Sachse«: Seit fast 14 Jahren bin ich Pro tektor des Kgl. Sächs. Altertumsveretns, und seit fast sieben Jahren stehe ich an der Spitze der Kgl. Sachs. Kommission für Geschichte. Selk dieser Zett habe Ich ost mit Bedauern bemerkt, daß es mit der Kenntnis der sächsischen Geschichte in der breiten Masse unseres Volkes schlecht gestellt ist. Mit der Kennlnislosigkeit sei eine bedauerliche Interesselosigkeit verbunden. (Sehr richtig!) Viele wissen nicht mehr von der sächsischen Geschichte, als daß einmal ein Prtnzenraub statt gefunden hat, daß unser Land eine wichtige Rolle in der Reformationszeit gespielt hat und dost August der Clarke eine ausgesprochene Neigung für das weibliche Geschlecht gehabt hat. Wer sich aber eingehender mit der sächsischen Geschichte besaßt hat, wird sich davon überzeugen, daß sie viel interessantere und bedeutendere Perioden enthält. Um gleich auf August den Starken zurückzukchren, so wird dessen Zeit oft als eine Epoche des Niederganges bezeichnet. Kann man das sagen von einer Zelt, in der das Meißener Porzellan erfunden wurde und unS der Zwinger als herrlichstes Kunstwerk hinterlassen worden ist? Sachsen aber ist in vielen Punkten, namentlich in der Gesetzgebung und im Wirtschaftsleben, den übrigen deutschen Staaten vorangegangcn. Wir sind mit Recht stolz auf die glänzenden Erfolge unserer Trupoen aus soviel Kriegsschauplätzen in der Welt und können ihre Heldentaten nichl genug rühmen. Und dann wollen wir nickt vergesse», daß sckon ost das sächsische Zauner voran geweht hat, wie z. B. beim Entsatz von Wien, wo das erst kurz vorher gebildete sächsische stehende Heer wesentlichen Anteil am Siege hatte. Wir wollen auch nicht vergessen, daß Kronprinz Albert sich aus dem Schlachtfelds bei Königgrätz die Anerkennung seines genialen Gegners Moltke errungen hat. (Sehr richtig!) An diese Un kenntnis der Geschichte muß gedacht werden. Cs wäre gut, wenn die sächsische Geschichte schon in den Schulen mehr ge pflegt würde. Da.m mühte aber erst ein aukes Gesckick'sbuck verfaßt werden; aber darin fehlt noch alles Grundlegende. Cs wäre gut, wenn sich die sächsische Regierung entschlösse, einen L e h r st u h l für s ä ch- slsche Geschichte zu errichten und diesen LehrOubl möglichst einem ordentlichen Professor zu übertragen. Ick weitz. daß jetzt em Professor im Nebenamte mit diesem Lehrauftrage betraut ist. Aber die Be- deukung der sächsischen Geschichte verlangt ein Hauptamt. Ich zweifle nicht, daß sich unter unseren sächsischen Historikern eine Anzahl geeigneter Männer finden wird, und ick möckte, ohne damit der Entschließung der Regierung vorgreifen zu wollen und ohne die Betreffenden als einzige in Frage Kommende hinstellen zu wollen, Dr. Ph 1 l 1 pp in Borna, der jetzt bei unserer Kavallerie im Osten steht, und Dr. Schmidt- Breitung in Leipzig, den Sohn des Rektors Schmidt in Freiberg, der sich sehr um die Popularisierung der sächsischen Geschichte verdient ge macht hat, nennen. Ich möchte noch kleine Striche für die Zukunft an- sügen. Ich könnte wünschen, daß Sachsen ein Seminar für säch sische Geschichte gründen würde. Wir, die wir den sächsischen Heimatschuß vertreten, würden mit großer Freude dieses Seminar als den Mittelpunkt unserer Bestrebungen betrachten. Das ist nur ein Zu kunftsbild. Aber den Lehrstuhl für sächsische Geschichte möchte ich der Regierung aufs wärmste ans Herz legen. Man wird mir Vorhalten, daß ich Partikularismus treibe. Wenn damit der falsch verstandene Parti- kularismus gemeint ist, so wäre dies vollauf berechtigt, aber der echte Partikularismus ist eine der größten Stützen des vaterländischen Empfindens. Wirklicher Geheimrat Exzellenz Dr. Wach: Im Gegensatz zu jener Zeit, wo viele hervorragende Männer die Ansicht vertraten, daß ein An schluß der süddeutschen Staaten an Frankreich viel eher möglich sei als an Preußen, zeige daü jetzige Deutschland ein Im Vergleich zu damals vollkommen neues Skäakengebllde. Der Grundsatz der Mannigfaltigkeit in der Einheit, der auch aus den Ausführungen Seiner Königlichen Hoheit herauszuhören gewesen sei, ermöglicht uns ein treues Fest - halten an der engeren Heimat, zugleich aber eine restlose Hin- gäbe an das große Ganze. An der deutschen Kulturtäkigkeik sei die Universität nicht wenig beteiligt. Der akademische Lehrbetrieb sei zwar der Verbesserung fähig, aber im Vergleich mit anderen Universitäten sei er bei uns gegenwärtig ausreichend. Der Krieg sei nicht spurlos an der Universität vorübergegangen. Die Zuhörer schaft sei im letzten Wintersemester auf 1113 gesunken, also aus die Besucherzahl einer kleinen Universität. Ein Bild für den ständigen Rückgang der Skudentenzahl gebe die Anzahl der Prüfungen. Im ersten KriegSsemester seien 21 ordentliche und 82 Notprüfungen für Juristen abgchalten worden. Dagegen gebe es für die nächste juristische Staatsprüfung nur 10 Kandidaten. Dennoch erfüllten die akademischen Lehrer ihre Pficht mit großer Freudigkeit, denn sie seien von der Ueber- zeugung durchdrungen, daß in den noch anwesenden Studenten die Zu kunst Deutschlands zu erblicken sei. Die wissenschaftlichen Arbeiten, insbesondere die schriftstellerische Tätigkeit habe eingeschränkt werden müssen. Das Kolonialinstitut habe man noch nicht ins Leben rufen können. Es werde aber sobald als möglich geschehen, da wir mit Sicherheit darauf rcchnen, unsere Kolonien auf dem europäischen Kriegs- schauplah wieder zurückzugewinnen. Wenn Seine Königliche Hoheit mit Recht darauf hingewiesen habe, daß bisher die sächsische Ge schichte nicht genügend gelehrt worden sei, so könnte er darauf auf merksam machen, daß man auch während der Kriegszeil auf diesem Ge biet die Tätigkeit nicht eingestellt habe. Man habe sich die große Auf gabe gestellt, den Einfluß des sächsischen Rechtes auf das deutsche Recht zu untersuchen, und es sei ihm und seinen Assistenten bereits gelungen, Hunderte von wertvollen Handschriften für diesen Zweck zu finden und zu bearbeiten. Den aus dem Felde zurückkehrenden Studierenden wolle die Universität nach Möglichkeit einen Ausgleich für die Jahre schaffen, die sie für das Vaterland dahingegeben haben. Die juristische Fakultät beabsichtigte, die Kriegsteilnehmer in Kursen mit ganz kleiner Teilnehmerzahl wcller auszubilden. Redner geht dann auf die Ausländerfrage ein. Es sei ganz selbstverständlich, daß wir, wenn wir uns auch nicht auf den Standpunkt stellten, feder ist sich selbst der Nächste, doch zuerst unsere eigenen Studierenden zv versorgen hätten, dann erst kämen die Ausländer. Er glaube nicht, daß deren Zuzug bald wieder so groß sein werde, solange die geistige Kommunikation nicht wieder hergestellt sei, Andererseits sollten auch unsere Leute nicht in das feindliche Ausland gehen; das träfe auch auf Lausanne zu. Er habe selbst erleben müssen, daß ein Leipziger junger Mann während des Krieges nach Genf gegangen sei, um dort zu studieren. So etwas ermangele jeder Selbstachtung. (Lebhafte Zu stimmung.) Wlr hätten schon vom nationalen Gesichtspunkte aus keinen Anlaß, dergleichen zu fördern. Dazu komme, dah die Semester, die an solchen Universitäten verbracht würden, von uns nicht anerkannt werden können, denn diese seien beeinflußt, und daS deutsche Recht und das deutsche Wesen und das Deutsche Reich kämen in ein Licht, wie wir es schlechterdings zurückweisen müßten. Die auf solchen Universitäten zu gebrachten Semester für das Staatsexamen anzurechnen, zwänge leider noch das Reichsgeseh. Er hoffe aber, daß darin eine Aendcrung einkrete und höchstens eine DiSpensationtmöglichkett bestehen bleibe. Die Staats regierung möchte die Universität auch weiterhin unterstützen. Redner dankt zum Schluß der SkaatSregicrung für ihre bisherige Fürsorge und ihr großes Wohlwollen gegenüber der ^lnir nmter lipsiensis und gibt der Hoffnung Ausdruck, daß dle Universität Leipzig nach FrlebenSscklntz in neuem Glanze blühen möge. Kultusminister Dr. Beck: Dle Beratung des Kapitels der Universität Leipzig ist «incr der letzten Beratungsgegenstände in diesem Landtage. Nach dem bisherigen Verlaus der Debatte werden wlr insgesamt unter dem Eindruck stehen, baß bas Beste zuletzt kommt, und dah die heutige Sitzung durch die her- vorragenden Reden der beiden Vorredner gleichsam einen festlichen Eharakker für unsere Universität angenommen hat. Zunächst bat Seine Königliche Hoheit die Gnade gehabt, durch feine von warmherzigstem, vaterländischem Empfinden getragenen Ausführungen zu bestätigen, welchen Dank der König!. Sächs. Altertumtverein und die König!. Sächs. K'mmisston für Geschichte Seiner Königlichen Hoheit dafür schulden, dah sie den Vorsitz über »eie beiden wicktiqen Korporationen übernommen
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