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Der sächsische Erzähler : 27.03.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-03-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735960349-189703277
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735960349-18970327
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735960349-18970327
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDer sächsische Erzähler
- Jahr1897
- Monat1897-03
- Tag1897-03-27
- Monat1897-03
- Jahr1897
- Titel
- Der sächsische Erzähler : 27.03.1897
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— 2 — das Konzert vorüber war, näherte sich Napoleon III. nochmals dem Sänger: „Sie sind ein Süddeutscher?" „Württemberger, Ew. Kaiserliche Majestät unter- thänigst auszuwarten." „Demnach Unterthan meines Herrn Vetters, des Königs Karl. Ich liebe die Schwaben, denn ich kenne ihre Beständigkeit, ich lebte mehrere Jahre in Augs burg, und dieser Theil BaiernS hat sich seinen ursprüng lichen Charakter, ich meine damit den schwäbischen, treu bewahrt." Eduard entgegnete: „Ich war mehrmals in meinen Knabenjahren in dieser alten schönen Stadt, im Gym nasium zu St. Anna spricht man oft und mit Stolz von seinem erlauchten Schüler." „Hatte liebe Freunde dort," erwiderte der Kaiser, „oft und gern gedenk ich ihrer; ob wohl die Bäume, die ich in meiner Mutter Garten pflanzte, emporge wachsen sein mögen?" „Darüber kann ich Ew. Majestät bejahende Antwort geben," sagte lächelnd Eduard, „als ich vor zwei Jahren das Hortensia-Haus besuchte — Verzeihung—" Eduard hielt verlegen inne, der Kaiser legte dem jungen Manne mit bezauberndem Lächeln die Hand aus die Schulter und sagte: „Ohne Sorge, es thut mir wohl, zu hören, daß das Andenken meiner Mutter, die vielen Armen Gutes that, so fort lebt, daß man jenes Haus, in dem ich sehr glückliche Jahre verträumte, noch nach ihrem Taufnamen nennt. Das liebe, liebe Augsburg, ich muß es in meinem Leben noch ein mal sehen!" Der Kaiser wandte sich ab, es schien Eduard, als seien Napoleons Hl. Augen feucht. Während der Violinspieler mit Meisterschaft ein Violinkonzert vortrug, fieleit Eduards Blicke auf eine Dame deren Züge ihn im höchsten Grade überraschten. Sie saß unweit der Fürstin Metternich, und glänzte diese durch Jugend und ausgewählte Toilette, so fesselte jene durch ihre wahrhaft klassische Schönheit, die ganz unabhängig von der Jugend ist, und über raschte durch die Einfachheit ihres Anzuges. Sie trug ein Kleid von dunkelblauem Sammet, nach der Mode der Zeit, keinen anderen Schmuck, als einige Schnüre echter Perlen. Ihr glänzendes, kastanien braunes Haar war einfach gescheitelt, am Hinterkopfe in einen griechischen Knoten geschlungen und von einem goldenen, mit Perlen besetzten Pfeile festgehalten. Doch nicht die eigenartige Schönheit der Dame war es, die Eduards lebhafteste Theilnahme für sie hervorrief, es war ihre frappante Aehnlichkeit mit seinem Freunde Ottomar Pilger. Ja, das war das schöne Oval des Gesichtes, das selbe braune, unergründliche, strahlende Auge, dieselbe leicht gebogene, fein geschnittene Nase, nur kleiner, weiblicher, und vor Allem das charakteristische Lächeln des edlen Mundes. Wenn diese Dame nicht Ottomars ältere Schwester war, mußte sie seine Mutter sein. Die schöne Dame schien an Dem, was um sie her vorging, wenig Theil zu nehmen. Sie saß in sich ver sunken da, vielleicht weilten ihre Gedanken fern von den glänzenden Räumen, welche sie durch ihre Schön heit mit schmücken half; sobald sich aber eine ihrer Nachbarinnen an sie wandte, lächelte sie verbindlich und antwortete, wie es trotz des größten Seelen- schmerzeS nur die zu thun im Stande sind, die — dazu auSrrwählt oder verurtheilt — viel in der großen Welt und an den Höfen leben. Der Kaiser gab seiner Gemahlin den Arm, die anderen Fürstlichkeiten und die Hofgesellschaft folgten dem hohen Paare in den anstoßenden Saal zum Souper. Der Kammerherr trat zu Eduard, um ihm einige artige Worte zu sagen und ihn zu versichern, daß es ihm ein Vergnügen sein würde, dem jungen Künstler gelegentlich gefällig zu sein. Die Einladung, mit den anderen Künstlern zu soupiren, hatte Eduard dankend abgelehnt, aber be scheiden sagte er: „Um eine Gefälligkeit möcht' ich sogleich bitten, nämlich um den Namen der Dame, die unweit der Fürstin Metternich saß. Sie trägt dunkel blauen Sammet —" „Ah," unterbrach ihn der Baron, „die schöne Dame ist Frau Marcheja Colonna, geborene Gräfin d'Auvergne!" „Es ist merkwürdig, in Wahrheit zu merkwürdig," wiederholte Eduard, als er jetzt, da er für den Hof wagen gedankt hatte, wie auf geflügelten Sohlen der Wohnung seines Freundes zuging. „Diese interessante Dame muß Ottomar's Mutter sein, wenn ich mir dieses Gesicht nun zwanzig Jahre jünger vorstefle, und das Haar kurz und wellig, geordnet wie eS Ottomar trägt, ist es sein Ebenbild — sollte das Schicksal mich < deshalb an den Hof geführt haben?" So sann und grübelte er, bis er das Haus er reichte, in dem sein Freund wohnte. Eduard war im Stande, nicht nur fremde, sondern auch, was schwieriger, eigene Geheimnisse zu bewahren, aber Künstlernatur durch und durch, vermochte er nur mühsam Auf regungen zu verbergen und, was ihm eben durch den Kopf ging, zurückzubehaltcn. Wäre er Ottomar un weit der Tuilerien begegnet, so würde er diesem wahr scheinlich von der schönen, jungen, blassen Dame und von ihrer ausfallenden Achulichkcjt mit Ottomar vor geschwärmt haben, aber auf dem Wege blieb ihm Zeit zu überlegen, und endlich kam er zu dem Entschlüsse, vor der Hand über sie zu schweigen, um seinen Freund nicht zu beunruhigen, um nicht Hoffnungen in ihm wach zu rufen, die jetzt noch besser schliefen. Eduard sand Ottomar ihn erwartend, sehr gespannt, Alles zu vernehmen, was der Freund gehört, gesehen, gedacht und empfunden. Solche Jugend-Freundschaft hat viel Aehnliches mit der Liebe, der beste, treueste Mensch ist in vorgerückteren Jahren nicht mehr fähig, sich mit derselben Innigkeit in einen Anderen hineinzu leben und in seiner Gesellschaft so glücklich zu fühlen, wie zu der Zeit, wo er selbst noch voll von Hoffnung mit rosig beschwingter Phantasie in die Zukunft schaut und vom Freunde gleicher Theilnahme gewiß ist. „Und hälft Du es für möglich, daß ein Krieg zu fürchten ist?" fragte Eduard im Lauf des Gespräches. „Ein Herr, der mir wie der Gesandte vom deutschen Hofe vorkam und mich, den unbedeutenden Menschen, nicht sah oder der Beachtung unwerth hielt, raunte einem anderen mit Orden geschmückten Herrn einige Worte zu, die mir auffielen. Es war nach Schluß des Konzertes, wie die ganze erlauchte Gesellschaft sich
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