Hundert Jahre Photographie") Von Erich Stenger, Berlin Unter den Gedenkfeiern des Jahres 1939 nimmt ein Hundertjahr- jubiläum eine ganz besonders bevorzugte Stellung ein, bei dem es sich um eine Erfindung handelt, deren 'kulturelles Ausmaß nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Es ist die Photographie, die der Menschheit vor nunmehr hundert Jahren geschenkt wurde, zu deren Würdigung unser Deutsches Museum eine entsprechende Abteilung neu aufgebaut und heute morgen eröffnet hat, eine Erfindung, die in ihrem Wert der Erfindung der Buchdruckerkunst an die Seite gestellt werden muß; was diese für den Gedanken und das gesprochene Wort war, das wurde in glücklicher Ergänzung 'die Lichtbildnerei für die Erscheinung und deren bildliche Darstellung. Wissenschaftler und Techniker können hinzufügen, daß die Aufgabe, welche die Photo graphie zu lösen übernommen hat, nicht mit der bildlichen Darstellung erschöpft ist, sondern die Photographie verfolgt noch andere und höhere Ziele: die Forschung, die forschende Sichtbarmachung des Unsichtbaren. Vorläufer. Anfänge der Daguerreotypie Es war im Jahre 1727. Ein deutscher Gelehrter zeigte ein für jene Zeit eigenartiges Experiment. Auf ein Gemisch aus Kreide und Silber- nitrat, das er in einer Flasche aufhob, ließ er Licht in der Art ein- wirken, daß er Schablonen auf die Flaschenwand auflegte und durch deren Ausschnitte das Licht auf den Flascheninhalt wirken ließ. Die Schablonenausschnitte, Buchstaben, Zeichen und ähnliches bildeten sich dunkel auf dem Weiß des Flascheninhalts ab. Es war der Hallenser Arzt Professor Johann Heinrich Schulze, der an der Universität in Alt dorf auf dem beschriebenen Wege den Nachweis führte, daß das Licht und nicht die Wärme die Veränderung des in der Flasche enthaltenen *) Der Verfasser, Professor Dr. Erich Stenger, Leiter des Instituts für angewandte Photochemie an der Technischen Hochschule in Berlin, hat den hier zum Abdruck kommen den Vortrag anläßlich der Jahresversammlung des Deutschen Museums am 7. Mai 1939 und der Eröffnung der unter seiner Mitarbeit neu gestalteten geschichtlich-photographischen Abteilung gehalten. Der Vortrag, der sich selbstverständlich nicht an Fachleute wandte, erhebt keinen Anspruch darauf, vollständig zu sein, sondern beschränkt sich darauf, ein zelne besonders auffällige Beispiele aus den zahllosen Anwendungsgebieten der Photo graphie zu geben. Von den beim Vortrag gezeigten etwa 100 Lichtbildern kann nur ein kleiner Teil im Druck wiedergegeben werden. Erschöpfend wird die ,, hundertjährige Photo- graphie“ behandelt in dem Buche des Verfassers „Die Photographie in Kultur und Technik“, Verlag von E. A. Seemann in Leipzig. Deutsches Museum 5/1939