Nr. 7. 1V. Jahrgang. Beilage zum General-Anzeiger. Mai 1S3L. Rnefe au« Rvlivien. Bon Frau L. Schönhoff — La Paz — Bolivia. Bunte Bilder aus La Paz. II. La Paz — Bolivia, 8. November 1932. An den Sonntagvormittagen pflegen mein Mann und ich Spaziergänge in die Umgebung von La Paz zu machen. Dabei kann man die interessante sten Dinge sehen. Etwa zehn Minuten von unserm Haus entfernt fließt Ler Rio Miraflores, ein für gewöhnlich recht bescheidenes Bächlein, das nur in der Regenzeit zu einem ziemlich reißenden Strome anschwillt. Wir setzen uns gern ein wenig auf die Felsblöcke am User und schauen dem farben freudigen Gewimmel der Indianer zu. Am zahlreichsten sind die Eholas ver treten, die hier ihre und andrer Leute schmutzige Wäsche waschen, teils mit den Händen, teils mit den ewig geschäftigen Zungen. Die Wäschestücke wer den einfach eingeseift und dann auf Steine geschlagen oder mit Stöcken ge klopft, bis sie sauber zu sein scheinen. Hier sind zwei Indios damit be schäftigt, auf ebenso primitive Weise ein Schaffell zu säubern; dort steht ein splitternacktes Jndianerlein von vielleicht drei Jahren in dem eiskalten Wasser und wird von seiner Mutter abgeschrubbt, eine gewiß seltene Prozedur. — Das ganze Ufer sieht aus wie ein Wundergarten mit bunten Niesen- blumen; denn überall liegen die frischgewaschenen weiten Cholaröcke in ihrer Farbenpracht auf Steinen und Kakteen zum Trocknen ausgebreitet. — Nach dem wir von dem Geschnatter und Gekreisch genug haben, wandern wir langsam stromauf und kommen in stillere Gegenden. Aber auch da sind Leute an der Arbeit. Sogar des Sonntags wird hier Gold gewaschen, mit ganz einfachen Sieben und Schüttelkästen, aber manchmal recht gutem Erfolg. Besonders jetzt, zur Zeit der Inflation, ist Gold natürlich ein stark begehrter Artikel, und die Indios wissen ganz genau, wieviel sie für eine Unze ver langen dürfen. An den ziemlich steilen Abhängen ziehen sich die Felder der Indianer hin. Auf einem Acker lesen Kinder die stets neu angeschwemmten und abgerutsch- 29