16 betheiligtcn Staatsbürger von ihrem ordentlichen Richter hinwegzuweiscn und einem solchen Richter zur Untersuchung zn stellen befugt seyn soll, ohne daß sie auch nur den entferntesten Grund dafür anzugeben gehalten ist, so möchte den durch -die Verfassung gegebenen staatsbürgerlichen Garantieen wohl kaum minder Abbruch geschehen, als wenn sich die Regierung zur Niedersetzling besonderer Gerichte entschlösse. Daß andere Gesetzgebungen und Entwürfe, selbst in Staa- ten, deren Verfassungs-Urkunden in dieser Hinsicht mit unserer vaterländischen übcreinstimmcn, ein ähnliches Avocationsbefugniß kennen, ist zwar nicht zu leugnen; allein auffällig bleibt es immer, daß in den meisten derselben, und wäre es nur beispielsweise, wenigstens Fälle angegeben worden sind, in denen dergleichen Auftragsertheilungen zulässig seyn sollen, während der sächsische Entwurf sich ganz allgemein hält: ja sogar die, wenn auch vage und unzurei chende, doch immer in ihrer Absicht lobenswcrthe Beschränkung der Verordnung vom Jahre 1820, die in den Worten „aus erheblichen Gründen" zu finden war, in Wegfall gebracht hat. So giebt z. B. der rcvidirte Würtembergische Entwurf Art. 28 zwei leitende Grundregeln an und bemüht sich dieselben durch Beispiele anschaulich zu machen; und die ständische Commission, ebenfalls in der Meinung, daß eine Avocation nicht immer zu umgehen sey, hält es wenig stens für die Aufgabe der Gesetzgebung, die Fälle möglichst genau zu bestim men, in welchen den Obergerichten eine solche Befugniß zustchen solle, und kämpft gegen die ihres Bedünkens nach zu große Ausdehnung jenes Rechts im Entwürfe dadurch an, daß sic die nnter die zwei Grundregeln subsumirten Fälle nicht als blos beispielsweise angegeben wissen will. Das bairische Strafgesetz buch Th. 1l. Art. 26 setzt wenigstens bei einer Avocation wichtige Gründe voraus, und der hannöversche Entwurf einer Criminalprozeßordnung ist dem bai rischen Gesetze in dieser Beziehung wörtlich nachgebildet. Mußte hiernach die Mehrheit der Deputation an einer so uneingeschränkten Ermächtigung der Re gierung, wie sie der Entwurf enthält, Anstoß nehmen, so konnte sie sich eben sowenig mit der Bestimmung des Entwurfs, daß dem kompetenten Gerichte die Bezahlung der Untersnchungskostcn dann schon angesonnen werden könne, wenn dasselbe Veranlassung zur Avocation gegeben, befreunden. Denn wenn cs auch nicht mehr als billig ist, dem Untersuchungsrichter, der durch Verschuldung Anlaß zu einer Avocation gegeben hat, die Kosten der Untersuchung aufzubürdcn; so ist doch zwischen Veranlassung und Verschuldung noch ein großer Unterschied, und es kann Veranlassung zur Abberufung einer Untersuchung oft vorhanden feyn, z. B. bei Verwandtschaft des Richters mit dem Jnculpaten, ohne daß man deßhalb dem Untersuchungsgericht eine Verschuldung zur Last legen kann. Von Wichtigkeit wird aber die Frage, wer die Untersuchnngskosten in Avoca-