Dieses Buch verfolgt nicht die Absicht, eine erschöpfende Darstellung der Baukunst an der Ostsee küste, ihres Denkmälerreichtums, ihres geschichtlichen Ablaufs, ihrer vielartigen Probleme zu geben. Zu einem solchen Unternehmen fehlt es noch an hinreichenden Vorarbeiten, die ein einzelner kaum zu leisten vermag, auch sind Verwendungszweck und Umfang dieser Veröffentlichung nicht dafür vorgesehen. Der Verfasser erkennt die Bedeutung und Notwendigkeit einer solchen umfassenden Aufgabe, aber er greift nur einige Fragen als vordringlich heraus und wendet ihnen seine vermehrte Aufmerksamkeit zu. Es handelt sich allerdings um Fragen, die von entscheidender Natur und Wichtig keit sein dürften und daher allgemeines und erhöhtes Interesse beanspruchen können. Die eine dieser Fragen bezieht sich auf die Entstehung und geschichtliche Durchführung einer kon stanten Haltung in der architektonischen Gesinnung und Formgebung, auf das, was man künstlerische Tradition einer Landschaft, eines Landes, einer Nation nennen kann. Es wird zu zeigen sein, wie verschiedene, das Wesen der Backsteinbaukunst bedingende Grundauffassungen vom Bauen die Jahr hunderte durchlaufen und ihre tragende Bedeutung beibehalten, selbst wenn die Zeitstile die Formen sprache verwandeln. Es soll also der Darstellung nicht nur auf die Abfolge der allgemeinen mittelalter lichen und neuzeitlichen Stilphasen ankommen, sondern auch auf die gleichbleibende Gestaltungskraft des Ostseelandes, die ihnen die besondere Prägung verleiht und sie damit von den Stilfärbungen anderer Gebiete abhebt. Die andere Frage ist eng damit verbunden und richtet sich auf die Erkenntnis eines fortgesetzten Wechselspiels zwischen einer volkstümlich schlichteren Bauweise und jener allgemeinen Architektur strömung von mehr gesamtdeutschem oder sogar internationalem Charakter und einem repräsentativ monumentalen Anspruch. Die Träger der volkstümlichen Architektur sind vorwiegend die Menschen auf dem Lande und die Bürger in den kleinen Städten, jene Kreise also, bei denen die Volkskunst zu Hause ist. Die monumentale Kunst aber wird vornehmlich von den hohen Würdenträgern der Kirche, von den Klöstern und den großen Feudalherren vertreten. Wie sich die Kirchenbanten der hohen Geist lichkeit von den geringeren Kirchenbauten auf dem Lande und in den Städten unterschieden, so bauten sich ähnlich die mächtigen Dynasten während des Mittelalters in zunehmendem Maße palastartige Wohnstätten, während der Kleinadel noch lange in Bauten nach Art der Bauernhäuser oder dicht gedrängt in einfachen Burghäusern hauste.