Zur Echtheit Der ßach=Motettc „Lobet Den Herrn/ alle HeiDen Von Martin Geck (München) Unter den sechs von der heutigen Bach-Forschung für Johann Sebastian Bach in Anspruch genommenen Motetten nimmt „Lobet den Herrn, alle Heiden“ keinen bevorzugten Platz ein. Hermann Kretzschmar 1 urteilte bereits 1905, das Werk stehe in der Gleichförmigkeit seines Verlaufs und der Alltäglichkeit seiner Themen hinter den anderen Motetten zurück und zeige erst gegen Ende einige Wendungen, die an J. S. Bach erinnerten. Bernhard Friedrich Richter 2 bezeichnete es 1912 in seiner Arbeit über Bachs Motetten als „Jugendarbeit“ und meinte, mögliche Echtheits-zweifel zurückweisen zu müssen: „Ein Zweifel an der Echtheit des Werkes kann nicht aufkommen, trotzdem es für die Motette an jeder beglaubigten Vorlage fehlt.“ Arnold Schering 3 rechnete die Motette 1936 unter die instrumental unbe- gleiteten Chorsätze der Kantaten 2, 28, 38, 121 und 179 und vertrat gleich zeitig die Ansicht, sie müsse in Leipzig als Kommunionsmusik musiziert worden sein. Dementsprechend setzte Wolfgang Schmieder 4 1950 die Ent stehungszeit mit „Leipzig zwischen 1723 und 1734, möglicherweise schon vor 1723“ an, während Friedrich Blume 5 1965 von einer Komposition „frühen Datums“ sprach. Stilkritisch ist das Werk vor allem in den Arbeiten Eugen Thieles 6 und Werner Neumanns 7 über die Chorfugen Bachs betrachtet worden. Im Folgenden soll die Frage der Authentizität in der Absicht gestellt werden, an einem Einzelfall einige Grundsatzprobleme der Echtheitskritik zu for mulieren. 1. Die Überlieferung Die einzige Quelle für „Lobet den Herrn, alle Heiden“ ist ein Partiturdruck, welcher unter dem Titel Der iij. Psalm im Jahre 1821 ohne Angabe eines Herausgebers bei Breitkopf & Härtel in Leipzig erschienen ist 8 . Das Titel blatt trägt den Vermerk: „Nach J. S. Bachs Original-Handschrift.“ Eine zweite Auflage dieses Druckes erschien 1845. Merkwürdig berührt es, daß die „Original-Handschrift“, auf welche sich der 1 H. Kretzschmar, Führer durch den Konzertsaal II, 1, 3. Auflage Leipzig 1905, S. 495. 2 B. F. Richter, über die Motetten Seb. Bachs. In: BJ 1912, S. 15f. 3 A. Schering, Johann Sebastian Bachs Leipziger Kirchenmusik. Studien und Wege z u ihrer Erkenntnis, Leipzig 1936, S. iof. 4 BWV, S. 307. 5 Friedrich Blume, Geschichte der evangelischen Kirchenmusik, Kassel etc. 1965, S. 180. 6 Eugen Thiele, Die Chorfugen Johann Sebastian Bachs, Berner Veröffentlichungen zur Musikforschung. 8. Bern und Leipzig 1936. 7 Werner Neumann, J. S. Bachs Chorfuge. Ein Beitrag zur Kompositionstechnik Bachs, Bach- Studien. 3. 3. Auflage 1953. 8 Plattennummer 3509. Exemplar in der MB Leipzig.