01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.03.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-03-03
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000303011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900030301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900030301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
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Da aber März unser gefürchteter Orkanmonat ist und dieser Act der Flaggenhifsung doch schwerlich ohne die Anwesenheit von mehreren Kriegsschiffen vor sich gehen wird, so wäre April wohl wahrscheinlicher. Bor wenigen Tagen mir an maßgebender Stelle gegebene Auskunft läßt es jedoch nicht unmöglich erscheinen, daß die Flagge bereits im Februar hoch geht, je nach den Nachrichten, welche die am 7. Februar hier fällige Post bringen wird*). DaS letztere wäre sehr erfreulich, denn was zur Zeit an sinnlosen Gerüchten geleistet wird, ist geradezu un glaublich. Die Anhänger der Tanu-Partei erzählen sich allen Ernstes, daß das deutsch-englische Samoa-Abkommen nur ein Scheinver trag (tovsukiti) sei, und sobald der Krieg in Südafrika mit den Boeren zu Ende käme, würde England von Samoa Besitz er greifen. Zu diesem Unsinn werden die Eingeborenen durch die hier verbreiteten australischen Zeitungen verführt, die prophezeien, daß man in Deutschland bald den geringen Werth Samoas er kennen und es in britischen Besitz gelangen lasten werde. Jetzt bereits tritt aber mehr und mehr hervor, daß Samoa einen großen und sich stets steigernden Werth hat. Das vergangene Jahr ist trotz der Schrecknisse des Krieges, Plünderungen und Geschäftsstockung, in Folge einer vorzüglichen Copraernte ein Record-Jahr für die Zollbehörde geworden. Die Zolleinkünfte betrugen im vergangenen Jahre 31 000 P a. W. gegen 21 700 H im Jahre 1898, der Gesammt-Jmport ungefähr 450 000 P gegen 370 000 tz im vorhergehenden Jahre. Im Ganzen wurden circa 8500 Tonnen Copra ausgeführt zum taxirten Durchschnittswerth von 50 P per Tonne. Für den Werth Samoas spricht ferner der Umstand, daß trotz des Uebergangs an Deutschland die Engländer im Lande an sässig bleiben. Denn von einer Auswanderung Nichtdeutscher, von der die australischen Zeitungen erzählen, ist hier nichts zu merken, dagegen macht sich unter den Briten reges Interesse für die deutsche Sprache bemerkbar. Ein hochbetagter Brite, zur Zeit Regierungsangestellter, giebt sich mit bewundernswerthem Eifer und Erfolg, trotz seiner 60 Jahre, dem Studium der deutschen Sprache hin; ja, man munkelt sogar, daß einige anglo- sächsische Advokaten die Hoffnung hegen, sich durch die Aneignung der Sprache der Teutonen die erfolgreiche Weiterführung ihrer Praxis zu sichern. Es bleiben aber nicht nur die hier ansässigen Angelsachsen im Lande, sondern es siedeln sich noch neue an. Der Besitzer der amerikanischen Nacht „Norma", welche vorigen Monat im hiesigen Hafen lag, Commodore Weaver, beabsichtigte, größer« Ländereien in Samoa anzukaufen. Unsere zur Zeit noch in Kraft befindlichen Bestimmungen des Berliner Vertrages er lauben jedoch den Eingeborenen nicht den Verkauf von Ländereien außerhalb der Municipalität, sondern nur deren Verpachtung. Eommodore Weaver hat daher 9000 Acres Land im Salnafeta- District auf 40 Jahre gepachtet, um, wie er betont, zu zeigen, daß ihm Speculation in Land gänzlich fern liege und daß er die Ab sicht habe, die Ländereien baldmöglichst unter Cultur zu bringen. Unser Regierungsgeometer, Mr. Donald, hat am 1. Januar seine Stellung aufgegeben, da er von Commodore Weaver en- gagirt worden ist, um sofort die Vermessung des gepachteten Landcomplexes, sowie die Vorarbeiten für die Unter-Culturnahme in die Hand zu nehmen. Nach Feststellung unserer neuen Landesgesetze für die Zu kunft und nach Regelung der wichtigen Arbeiterfrage ist zu hoffen, daß auch deutsche Unternehmer nicht zögern werden, ihr Capital zur weiteren Eröffnung und Nutzbarmachung des samoanischen Bodens anzulegen. Daß die Zustände in Samoa trotz aller vorausgegangenen Erschütterungen im Grunde genommen solide sind, ergiebt sich daraus, daß von der Mataafa-Partei schon mehrmals größere Summen in die Regierungs-Schatzkammer als Kopfsteuer eingezahlt worden sind; ein weiterer beträchtlicher Betrag ist be reits angesammelt, um ihn bei Ankunft des Gouverneurs diesem zur Verfügung zu stellen. Mataafa thut überhaupt sein Bestes, und versucht die Anhänger Malietoa Tanu's und Tamasese's zu bestimmen, Freundschaft zu schließen, um bei Antritt der neuen Verwaltung zu zeigen, daß ganz Samoa einig sei und sich willig und freudig der neuen Ordnung füge, aber Tamasese verhält sich obstinat: Malietoa Tanu ist von den Engländern nach Fiji in Sicherheit gebracht worden. Schließlich muß man doch auch an den Grund denken, aus dem die Amerikaner die Festhaltung von Tutuila für so wichtig erachtet haben, nämlich daran, daß früher oder später doch ent weder der Panama-Canal oder der Nicaragua-Canal zur Aus führung gelangt, und daß dann durch die Verbindung des Atlantischen und Stillen Oceans Samoa in die direkte Schiff fahrtslinie zwischen Europa und Australien gebracht wird. So darf ich es wohl als meine auf einem nahezu zwanzig jährigen Aufenthalt gestützte persönliche Ueberzengung aus sprechen, daß der Werth und die immense Wichtigkeit der Samoa- Gruppe in Zukunft immer klarer vor Augen treten wird. *) Dies ist durch die Verzögerung der Ratification des Ver trages unmöglich geworden. (A. d. R.) Der Krieg in Südafrika. —p. Nach den großen Ereignissen der letzten Tage folgt naturgemäß eine Ruhepause. Von L«»tzs«ith erfahren wir nur durch rin Telegramm General Buller'» vom 2. März au» Neltborpe, daß dort 73 Wagen mit Nahrungsmitteln eingerückt seien — mit welchem Jude werden sie uach monatelangem Hungern begrüßt worden sein Bo« den Boeren ist offenbar keine Spur mehr zu sehen; keine Kanone, keinen Munition-- und Proviantwagen baden sie zurückgelaflen; Buller hat lediglich den so lange tapfer der- theidigten Platz entsetzt. DaS feindliche Heer zu vernichten oder auch nur zu schwächen ist ihm nicht gelungen. Gr hat nur halbe Arbeit gelhan, oder vielmehr, da der Entsatz, nur eine Folge deS Vormarsches Oberfeldmarschall Roberts lit, gar nicht-. Für ihn ist der Krieg bis jetzt rühmlos verlausen. Bei Kimberley finden wir merkwürdigerweise die Boeren immer noch in Thätigkeit, wie folgende Meldung zeigt: * Kimberley, 1. März. (Reuter'S Bureau.) Die Generale Roberts und Kitschen er trafen heute Morgen hier ein und verlassen morgen die Stadt wieder. — Eine Boerenabtheilung zeigte sich gestern bei Klipdam und zerstörte einige Gehöfte. Sodann beschädigte und plünderte sie in Windsorton Station ebenfalls mehrere Gehöfte. Wie verlautet, bemächtigten sich di« Boeren der Maschinen der Frauk-Smith-Mine und be schädigten sie. Ein Theil der Boeren zog nach Barkley-West und beschießt gegenwärtig die Stadt. (Wiederholt.) Klipdam und Windsorton liegen nördlich, Borkley-West nordwestlich ganz in der Nähe Kimberleys. Vielleicht liegt eine Verwechselung deS Dalum» vor, denn man sollte doch annehmen, daß die bei Kimberley siebenden Boeren Ordre bekommen haben, sich nach dem Oranjestaat auf Bloemfontein zu ziehen. Von Kitchener hieß eS, er habe den Oberbefehl über die Truppen im Norden der Capcolonie übernommen; dorthin müßte er sich von Kimberley begeben haben. Nach Brüsseler Meldungen wird der Einmarsch der Eng länder in Bloemfontein täglich erwartet. Die Boerengenerale Dewet und Delarey, welche die Straße nach Bloemfontein besetzt halten, haben angeblich nur den Auftrag, den Marschall Robert» so lange wie möglich aufzuhalteo, jedoch zurückzuweichen, bis die Sammlung aller Boereukräfte bei Wynburg vollendet ist. Bis jetzt wären 7000 Mann dort concentrirt. Eine Paardeberger Drahtung deS „Standard" vom 28. Fe bruar besagt: Die Cavallerie sei in Fühlung mit dem Feinde, der beträchtlich starke Artillerie habe, im Osten tättea Scharmützel begonnen. Ueber die Stimmung in London wird der „Voss. Ztg." vom 2. März gemeldet: Ganz London war gestern Abend in sehr gehobener Stimmung. Es war ein reiner Carneval der Freude. Fast überall wurden Flaggen und Banner auSgesteckt und die Glocken fast aller Kirchen läuteten. Die Club» im Westen illuminirten. Bis in die sinkende Nacht binein zogen dickte Mensckenmassen mit „Union Jacks" (Fabnrn in den englischenFarben)durch dieHaupt- traßen, indem sie patriotische Lieber sangen und Hochs auf die Königin,Buller,WhiteundRobertS auSbrackten,in denTbeatern unvTingeltangelnwurde die Bühne mit „Union JackS" geschmückt und die VolkSbymne gesungen. Aehnliche Kundgebungen werden aus den Provinzen und allen Theilen des Reiches gemeldet. Die Morgenblätter besprechen den Entsatz von Ladysmith mit großer Genugtbuung. Die „Times" sagt: Die unglückliche Klemme von Ladysmith ist endlich beendet. DaS ganze Reich begrüßt di« Nachricht mit begeistertem Entzücken, das größer ist, als das nach der Uebergabe Eronje'S zur Schau getragene. Zum ersten Male seit hundert Jahren hätte der Fall rintreten können, daß eine große Britenarmee durch Hunger, Krankheiten und Munitionsmangel gezwungen worden wäre, die Waffen zu strecken. Tie militärischen Wirkungen einer solchen Kata strophe würden sehr ernst gewesen sein, aber nicht die militä rischen Wirkungen waren e», die die Nation fürchtete. Sie fürchtete für das Prestige der Flagge. Heute freut sie sich mit einer überschwänglichen Fröhlichkeit, die sie selten zur Schau trägt, weil Buller und feine tapferen Truppen diese Furcht von ihrem Herzen beseitigt haben. Die übrigen Blätter äußern sich in ähnlicher Weise und drücken gleichzeitig den Entschluß der Nation aus, keine weiteren Anstrengungen zu scheuen, um den Krieg zu einem siegreichen Abschluß zu bringen. AuS Amsterdam, 28. Februar, wird der „Frkf. Ztg." berichtet: Die Holländer haben sich wieder einigermaßen be ruhigt und man will nua trotz der Uebergabe Eronje'S die Sache der Boeren in Südafrika nicht als allzu ver zweifelt betrachten. So schreibt der „Nieuwe Notter- damsche Courant": „Ein schwerer Schlag für die Boeren ist diese Niederlage; wobl wird sie entmuthigend aus Capländer und Freistaater wirken, allein wir glauben, daß die Mehrheit in Südafrika den Kopf nicht wird hängen lassen. Daß das KriegSglück der Boeren gegenüber der stets wachsenden Uebermacht der Engländer nickt fortbauern konnte, war vorauSzuseben, allein man darf hoffen, daß nickt alle ihre Chancen mit einem Male vernichtet sind. Ernst ist da- Geschehene ohne Zweifel, abrr mutbig soll man ihm iu- Auge schauen und den weiteren Verlauf der Dinge in Ruhe abwarten. Die Kräfte der Boeren sind noch nicht ge brochen, ihre Hilfsquellen sind noch groß. Die Engländer werden sehen, daß die für ihr Recht und ihr« Un abhängigkeit kämpfenden Boereu auch Hunderttausendea di« Spitzen bieten werden. Vielleicht wird Bloemfontein bald fallen, aber sicher ist da- noch lange nicht, und dann bleibt Transvaal noch, und dort muß der Krieg erst noch beginnen". DaS „Algemeen Handel-blad" abrr memt: „4000 Mann und 6 Kanonen, da- ist also Alle« — genug für Lord Robert-, um den gestrigen Tag al- ein Aeauwalent für Majuha hiozustrlleu. Wie hinkt doch dieser Vergleich! Viertausend Mann mit einigen leichten Feldgeschützen, und ihnen gegenüber vierzigtausend mit einer furchtbaren Artillerie, da- war KoovooSrand. Eine Ueber macht oben aus dem Berge, eine Handvoll Leut« drunten, und diese Handvoll Leute schlug diese Uebermacht in die Flucht. Da- war Majuba." Auch da- „Alg. Haodrlsblad" giebt den Rath, den Folgen dieser Eapitulation mit Ruhe ent- gegenzugehrn und die Hoffnung nicht fahren zu lassen, daß Alle- sick noch zum Besten wend« könne. Der „Telegraph" beschränkt sich darauf, zu constatiren, daß die Folgen de- grstrigen Ereignisse- in tiefe- Dunkel gehüllt seien, zumal da nur 4000 Mann in die Hände der Engländer gefallen seien und man nichts davon erfabre, was denn aus dem Neste von Eronje'S Streitmacht geworden sei Der „Standard" meldet aus Paar de berg: Im Laufe einer Unterhaltung zwischen den gefangenen Boercnführern und dem britischen Generalstabe äußerte Major Albrecht, bis einschließlich der Schlacht bei MagerSfontein wäre die britische Taktik nicht nur thörickt, sondern fast unsinnig gewesen. Nur 4000 Boeren wären in den Lauf gräben von MagerSfontein und weniger als die Hälfte davon am Kampfe belbeiligt gewesen. Der Krieg sei keineswegs beendet. Es ständen noch 75000 Republikaner im Felde. Die Eapitulation sei direct einem Schnitzer Eronje'S zuzuschreiben, der seine Mannschaften in einem Locke einschließen ließ, statt die umliegenden Kopjes zu besetzen. Commandant WolmaranS dagegen erachtet die Fortsetzung des Krieges unter den jetzigen Umständen als hoffnungslos. Unter den bei der Koodoosrand-Drift gefangen genommenen Boerenofficieren befindet sich auch der schon früher als Adjutant deS Majors Albrecht genannte Leutnant von Heister. Herr von Heister war bis vor einigen Jahren Leutnant im preußischen Dragoner-Regiment Nr. 19, ein sehr tüchtiger, hoffnungs voller Oificier. Eines schweren Lungenleivenö wegen mußte er den Abschied erbitten. Er ging auf ärztlichen Rath nack Bloemfontein, dessen trockene und reine Luft bei Lungen kranken Wunder thut. Obgleich noch in ReconvaleScenz be griffen, griff er bei Ausbruch deS Krieges zu den Waffen und wurde sofort Adjutant deS oft genannten Majors Albrecht. Leutnant v. H. ist der Sohn des in Hannover lebenden Oberst z. D. v. Heister und Neffe des Berliner Polizeipräsidenten von Windheim. — Der gleichfalls in Ge fangenschaft gerathene Leutnant v. Dewitz gehörte früher dem 4. Garderegiment zu Fuß an. Wie Lronje gefangen wurde. AuS Paardeberg, 27. Februar, berichtet die Londoner „KriegScorrespondenz": Endlich hat ein erster Erfolg unsere Anstrengungen gekrönt: Piet Cconje übergab heute früh 7 Uhr Lord Kitchener seinen Degen und unterzeichnete in Gegenwart von Lord Robert» die Capitulation aller seiner im Fluß- bettlager der Modder eingeschlossenen Boeren und Frei- staatler, im Ganzen 3700 Mann, unter ihnen 183 Verwun dete. ES war hohe Zeit, denn die Erschöpfung unserer Truppen nach den unsäglich mühsamen Parsorcemärschen — sie waren nur auf das Allernotbwcndigste genäbrt und liegen seit nun drei Tagen schutzlos unter strömendem Regen und Nachts bei eisigem Winde in einem riesigen Moraste —, batte einen solchen Grad erreicht, daß sie kaum kampffähig waren und eine Katastrophe fast unver meidlich gewesen wäre, hätte ein wirklich starker Geg ner unS jetzt angegriffen. Zum Glück geschah das nicht, und nur einige schwache Commandoö machten hier und da in den letzten Tagen sporadische Versuche, unsere weit ausgedehnten Linien zu durchbrechen und sich den Weg zu Cronje zu öffnen. Am Freitag Nachmittag machte ein solcher Trupp, von Wyn- berg kommend, einen gratezu beroischen Versuch: kaum 500 Mann stark, ritt er in fliegender Carriöre zweimal direct unter vollem Feuer durch unsere Reihen hindurch und ge langte bis aus einige 2000 m an das Nordende von Eronje'S Lager heran, aber unsere Leute eilten von allen Seiten herbei und sechs Geschütze unserer Feldartillerie fegten mit ihren SbrapncllS die bedrohte Stelle des Lagers so unablässig, daß die kleine Schaar bald einem vierfachen Feuer auSgesetzt und ihr nach drei Seiten der Weg verlegt war. Ein Kopje, welcher den Eingang zu Eronje'S Lager beherrschte und auf welchem die Fünfhundert sich zu werfen suchten, war zum Glück bereits von den Unsrigen besetzt und auch hier wurden sie von einem tödl- lichen Kugelhagel empfangen. Trotzdem galoppirten sie gegen eine zweite Anhöhe und erreichten dieselbe wirklich, aber hier erwarteten sie zwei Compagnien SbropshircS im Hinterhalte und schnitten mit Hilfe der Cavallerie einige sechzig der Todes reiter ab. Die Uebrigen enlkamenTank der wunderbarenZähigkeit ihrer Pferdchen und ihrem eigenen tollkühnen Mnthe. Achtzehn blieben todt auf dem Platze, ihre Verwundeten nahmen sie mit sich. Das war der letzte, ja eigentlich einzige directc Entsatzversuch, denn alle übrigen Angriffe drangen nicht so weit durch unsere Linien durch und die nördlich von der Modder wie südlich von Koffysontein oder auf den Straßen von Bloemfontein her herankommenden Verstärkungen suhlten sich offenbar zu einem concentrischen Angriffe auf unsere durch überlegene Artillerie geschützten Stellungen noch nickt vorbereitet oder stark genug und wurden, wo sie überhaupt eS zum Kampf kommen ließen, nach einem leickten Scharmützel schon an der Peripherie abgewieseu. So waren acht Tage vergangen und Eronje'S Widerstand schien trotz unseres vernichtenden ArtilleriefeuerS immer noch ungebrochen. Vergebens batte Lord Robert« daS schwerste Lydditgeschütz von d« Aar herauskommen lassen. Alle« schien vergebens. Da beschloß der Oberbefehlshaber Oberst Smith, Dorrien'S Brigade aus der Südseite und die Kanadier vom Norden her in dem Flußbett« selbst langsam sick vorwärts arbeiten zu lassen, nm so schließlich eine Stellung zu ge winnen, von welcher au- wir die unter der Userbiffckung vollständig verdeckten und vor unserem Artillerieseuer geschützten Belagerten direct unter Feuer nehmen konnten. Das geschah am Sonnabend. Am Sonntag rückten Dorrien'S Leute fast schrittweise, sich im Busckweck und der Uferbösckung versteckend, vor und warfen gegen Abend Sckutzgräben und Stcinschanzen auf, binter denen sie die ganze Nackt hindurch ununterbrochen weiterarbritetcn, wie es schien, vom Feinde unbemerkt Ai» Montag gelang e« auch den Kanadiern, bedeutende Fortschritte zu machen und in der Nacht zum Dienstag, den 27., waren beide auf wenige hundert Meter an die eigentliche Stellung der Boeren in dem Flußbett« berangekommen. Um 3 Uhr Morgen- am 27. bemerkten dir Boeren die Gefahr und ein mörderische» Feuer emvsing die jetzt von Jngraieuren unterstützten, wie Maulwürfe sich in des Gegners Lager hineinwühlrnden Kanadier. Aber die Gordon Hochländer und daS 12. Shropshire-Bataillon eilten ihnen zu Hilfe und nach einem kaum zwanzig Minuten langen Kampfe gelang eS den Kanadiern binter den Fels stücken einer Tonga Schutz zu finden, und während die Hoch länder von der höheren Uferböschung au- die Boeren mit einem Kugelhagel überschütteten und die EhropsbireS den Vormarsch schützten, konnten die Kanadier mit Hilfe der Sappeure sich im Flußbett« selbst endziltig fcstsetzen und von dort aus den Feind direct unter Feuer nehmen. Auch das hätte uns indeß auf die Dauer wenig genützt, denn daS Thal macht hier ein Knie, an dessen Spitze eine zweite Donga, wenn gut vertheidigt, deS Gegners Lager vollständig schützte und wir hätten unS überdies nur schwer im Flußbette selbst halten können. Aber der Feind hatte, Tank unserem Ballon, welcher sein HauptmunitionSdepot entdeckt hatte, dieses ver loren und konnte sich also auf einen längeren Kampf nicht mehr einlassen. Hätten unsere Geschütze seine MunilionS- karren nicht zum Explodirea gebracht, so hätte Cronje offen bar den Kampf trotz unseres Vordringen- fortgesetzt. So sandte er unter Parlamentärflagge einen Brief, in welchem er die Uebergabe an bot. Lord Roberts ant wortete durch General Prelyman, Cronje möge selbst zu ihm ins Hauptquartier kommen, um die Capitu- lation zu unterzeichnen. Eine Stunde später sahen wir eine sich rasck nähernde Neitertruppe auf unS zukommen. Lord Roberts befahl sofort deu Hochländern, welchen der Hauptantheil an dem Erfolge zusällt, die Ehrenwache zu bilden und diese formirten sich vor dem Schlafwagen deS Generals, welcher selbst von seinem gesammlen Stabe um geben, General Cronje entgegen ging. Der kleine Mann, welcher da auf seinem ebenso kleinen Nößlein so unscheinbar neben der Riesengestalt General Pretyman'S und dessen hohem Schlacktrosse hertrable,sab nichts weniger als wie ein Krieger aus. Die Gestalt schmächtig, leicht vornüber gebeugt unter dem breiten Schlapphute, unter dem die halbergrauten Locken hervor drangen und ein Paar freundliche mildblickende Augen heraus schauten, machte in ihrem Musdi mit den Drillichhosen und dem kurzen, braunen abgetragenen Rocke so gar Nicht den Eindruck eines Soldaten, viel weniger eines so gefährlichen Feindes. Es war 7 Uhr vorüber, als Lord Robert« den reckt- vom Hauptquartier aufgezogenen SeasorthS den Befehl sandle, die Trommeln zu rühren, und unter präsentirtem Gewehr stieg der feindlicke Feldherr, dem General Roberts entgegen gegangen war, vom Pferde. DerFeldmarschall führte ihn zu einem Stuhle, während Eronje'S Sekretär neben ihm Platz nahm. Dieser, van Kerzer, verdolmetschte die wenigen höflichen Worte, welche gewechselt worden. Cronje bat um gute Behandlung der Gefangenen und Roberts zollte ihm und dem Helden- muthe seiner kleinen Sckaar die wohlverdiente Anerkennung. Tann nahm Lord Kitchener Eronje'S Degen ent gegen und die Ceremonie war beendet. Man ging zu Tisch, Cronje zur Tbeilnahme einladend, aber alle Versuche, ibn in eine Unterhaltung zu zieben, blieben vergeblich. Im Laufe deS Vormittags marschirten die Gefangenen, ihre Waffen nicderlegeud, aus ihrem Lager heraus. Lord Roberts batte sich da eine kleine besondere Revanche vorbereitet: Den Gloucesters, deren Schwester bataillon auf Nikolsons Nek gefangen war, halte er die Aufgabe zugetheilt, die Gefangenen zu entwaffnen und ihnen als Escorte zu dienen. Die Leute trugen alle mit scklickt- natürlicher Würde ibr Schicksal, Mauchen schien ein Wechsel ihrer Lage nicht unwillkommen, denn die Regcnslröme der letzten Tage batten die Modder geschwellt und ihre Lagerstätte fast unhaltbar ge »nacht. Die meisten schliefen seit zwei Tagen im Morast. Die 7. Division, welche eben erst von JacobSdal Sonn tag Nacht herüber gekommen war, übernahm die Cernirung der Gefangenen bis zu deren Abmarsch nach Modderviver Station, von wo sie morgen per Bahn nach Capstadt gesandt werden. Unter den Gefangenen befinden sick zwei Deutsche vom JobanneSburz-Conimando, welche mit großer Achtung von dem Muthe und der Ausdauer der Boeren sprachen. General RobectS besuchte im Lause deS Nachmittags daS Lager und gab die uöthigeu Befehle sür die Heimsendung der wenigen Frauen und Kinder und deren Sckutz und Verpflegung wäbrend der Zwischen zeit. Er inspicirte eingehend di« Verschanzungen und Bollwerke des Feindes und sprach wiederholt seine Be wunderung für daS außerordentliche Geschick auS, mit welchem Cronje sein Lager geradezu uneinnehmbar gemacht hatte. Emer der FeldcvrnetS erklärte, man hätte an Uebergabe gar nicht gedacht, als das plötzliche Strigrn deS Flusses Cronje gezwungen hätte, seine Munition auS einer für durckavS sicher gehaltenen Stelle auf einen höher gelegenen Punct heraufzuschaffen, wo der Ballon sie entdeckte, nicht der überlegenen Anzahl oder Kriegskunst der Engländer, sondern dem Spiel der Elemente war also die Uebergabe zu verdanken. Ganz unbegreiflich war dem Feldmarschall und uns Allen die winzige Zahl der Verwundeten auf Seiten deS Feinde-. Wir glaubten nach dem furchtbaren Bombardement und nachdem unsere Haubitzen tagelang Tausende von Lyddit- bomben mitten in daS Lager geworfen, daß mindesten« ein, wenn nickt mehrere Tausend Boeren und Freistaatler ihnen erlegen wären und statt dessen hatten sie nicht einmal soviel Gefallene al« un- die kleinen Scharmützel d«r letzten Tag« gekostet hatten und kaum em Fünftel derjenigen Zahl an Todten und Verwundeten, mit denen wir selbst den «rsten Angriff auf das Lager bezahlt batten. Ein« Anzahl Ochsen und Pferde waren unter unseren Kugeln gefallen und wurden nun von den braunen Fluthen der Modder fortgewaschen. In Eronje'S Lager halte» die Leute gerade so geltttea, wie bei unS. Glücklicherweise kommen jetzt starke Proviantcolonuen an, so daß die Soldaten endlich nach diesen fast zweiwöchigen Eiitbebrungen wieder volle Rationen bekommen können, hoffentlich kommen bald auch Zelte, damit wir wenigsten- Nachts etwa- vor dem alle- erstarrenden eisigen Regen ge schützt sind.
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