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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 07.08.1912
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-08-07
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120807024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912080702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912080702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1912
- Monat1912-08
- Tag1912-08-07
- Monat1912-08
- Jahr1912
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Palldelteltaeid Ferner in Brlair«, Dänemark, den Donaullaolen. Italien. «!u;rmdura. Niederlande. Nae» ioe«en, Oellerrrlch . Ungarn Rußland, Schweden and Schwei». In allen udrlgea Slaalen nur dtretl durch dir Leichalt». Itell« de» Blatt«» «rdaitlich. Da, L«tp,l,«r lagedlav «richern, »mal tüglich. Sonn» ». F«»«ttag» nur morgens Sldonn«m«nl»»<lnnadme 2ada„>,,»Iie 8, det unierrn Irügern. Frllalen. Spedileuren und ÄnnahmeUeUe.l, iow>« Ponamlern und Bnetlraaern. cht»4«l»ntaut,»i«», w Bi. Abend Ausgabe. KWigerTagtblaü -.t-TlnW.' !L Handelszeitung. l 14694 i Dep .«all» Dnmm. Stetnweg ch Amtsblatt des Rates und des Nolizeiamtes -er Ztadt Leipzig. MLV Anzeiqeu-Preiö ftlr Iuterat« au» Uetpzia und Umgebunz di« ltpaltig»P«ttt»»il«S Ps„ dt<ReNam«. »«tle l Ml. von »»»wärt» 30 Pt. Reklamen llu Mk. Inlerat, von Behörden tm amt lich«, D«tl di« Petitreil, SO PI- S«lchän»an»ei,en mit Pla»v,rlchritt«n im Brett» erhöht Rabatt »ach Tart», ««»lagegediidr Srlamt- autlag« L Mk. o Taalend «rkl. Poltgedühr. Tetldeilag« Höger. A«ftrtt«ilt, Lulrrage können ntlu »urüch» ar»o,«n w«rde» Für da» Ertch«ln«n an ventmmtep Iag«n und Plötzen wttd l«tu« charantt« iidernamme». Bn,«tgen - R»nodm« 2«tz«»u,»galt» 8, b«t tamrltchen Aitial«» u. allen Ännonc«n» Ltvedttionen d«» In» und Ruiland«». Lrark »ad Verla« »»» Fitch«» Si Rtirft«» Inhaber: Paal NSrft»». N»»a«i»n au» Selchött»tt«ll«: Iodannisgall« 8. Haupt »Atlial» Dr»»»rn: Eeeirra.l« 4, l lTeleohon 48211. Nr. 400. Minwach, öen 7. Kugull IS>2. 106. Jahrgang. Die vorliei^enve AnSsiabe umsaßt 8 Sellen. Das Wichtigste. * Der Kaiser ist gestern abend 10 Uhr 55 Minuten in Wilhelmshöhe eingetroffen. * In Zürich sollen Friedensverhand- lun gen zwischen türkischen und italieni- schenDiplomaten stattfinden. (S. bes. Art.) * In der Reitzenhainer Straße 153 in L.-- Thonberg droht ein Teil des Neubaues einzustürzen. (S. bes. Art.) Gemeinnützige Rechisberstung. —* Je weiter wir in unserer wirtschaftlichen Entwicklung voranschreiten, desto verwickelter wer den unsere Beziehungen zu einander, desto öfter sind wir aus den Rat eines Juristen angewiesen. In den letzten Jahren bat die Verteuerung der Lebens haltung besonders viele Leute in das Gebiet des Kredits geführt, auf dem sie ungewöhnlich ost Streitigkeiten ausgesetzt sind; es ist ein Fluch, daß der Kredit, der Industrie und Handel zu so hoher Blüte gebracht hat, auf dem unsere ganze Wirt schaftsweise ausgsbaut ist, den Minderbemittelten gegenüber von vielen Abzahlungsgeschäften zu einem Wucher ausgenutzt wird, der den berüchtigten Land- und Viehwucher weit in den Schatten stellt. In der Nähe von Berlin fand der Schreiber dieser Zeilen ein Buch, dessen Ladenpreis 8 <^t war, das durch wöchentliche Abzahlungen aber auf 15 kam. Nicht nur auf dem Lande, auch in der Stadt hat sich dies« wucherische Ausbeutung breit gemacht. In all den vielen Rechtsfragen, die da entstehen, gewähren die gemeinnützigen Rechtsauskunftsstellen denen, für die ein Rechtsanwalt meist zu teuer ist, Rat und Schutz. In den beiden letzten Nummern des Reichs- Arbeitsblattes findet sich eine Statistik über die Tätigkeit dieser Einrichtungen. Es wurden rm ganzen 872 Stellen gezählt gegen 764 im Vorjahre; von ihnen wurden 1,7 Millionen Auskünfte er teilt und 439 000 Schriftsätze angefertigt. Die Zahlen geben, so groß sie auch sind, nur einen kleinen Begriff von der Menge Unrecht, Ausbeutung, Angst und Sorg«, di« durch einen sachgemäßen Rat beseitigt wird; wieviel Aufregung und unnützer Zeit aufwand wird dadurch vermieden, daß die Beamten der Stelle, denen dies ja ein« geläufige Arbeit ist, einen Schriftsatz anfertigen! Hier vorzugehen, ist eine ernste Pflicht der Städte, die im letzten Jahre auch recht rege aus diesem Gebiet« tätig waren; es haben 115 kommunale Auskunstsstellen (darunter einige von Kreisen) berichtet gegen 96 im Vorjahr; von ihnen wurden 310 000 Auskünfte erteilt. Mit recht erheblichen Zahlen sind auch die 29 gemein nützigen Vereinigungen vertreten, di« 188 000 Aus künfte erteilen ließen. Einen besonderen Lharakter haben die Rechtsauskunftsstellen der Frauen- vereine, in denen zumeist von Frauen für Frauen Rechtsrat und Hilfe gewährt wird; die Tätigkeit dieser war im Berichtsjahr etwas geringer. Eine weite Verbreitung haben di« 118 Sekretariate und 198 Auskunftsstellen der Eewerkschaftskar- telle der freien (sozialdemokratischen) Gewert- schäften gcfuuoen; von ihnen wurden über 700 000 Auskünfte erteilt, 50 000 mehr als im Vorjahr. Auch die Rechtsschutzgewährung der übrigen Arbeiter- Verbünde hat recht erheblich zugenommen. Von den 19 evangelischen Stellen wurden 32 000, von den 128 katholischen 264 000 Auskünfte erteilt; in Berlin lassen die katholischen Pfarreien an 12 Stellen Rechts auskunft erteilen. Von den politischen Par teien hat nur die nationalliberale sich hier in größerem Umfange betätigt; deren 14 Stellen haben zum Teil eine recht erhebliche Frequenz aufzuweisen. Auch die Auskunftserteilung der ländlichen Genossenschaften ist dieses Mal, allerdings wohl noch nicht vollständig, erfaßt. Recht interessant ist es, in welchen Gegenden Deutschlands sich diese gemeinnützigen Einrichtungen am meisten eingebürgert haben. An der Spitz« steht hier das Rheinland, dann Westfalen, Branden burg einschließlich Berlin, und Schlesien. Die türkische Srilis. Die Mitglieder des türkischen Zentralkomitees für Einheit und Fortschritt, Dschavid und Talaat, sind, wie aus Konstantinopel gemeldet wird, von Konstan tinopel nach Saloniki abgereist, wohin der Sitz des Komitees verlegt worden ist. Die Haltung Montenegros. Aus Tetinje wird gemeldet: Die Regierung hat die Reklamation des türkischen Gesandten wegen oes letzten Grenzzwischenfalles oayin beantwortet, oaß sich kein montenegrinischer Soldat auf türkischem Gebiet befinde. Der beoauernswerte Erenzzwischenfall sei eine Folge der ständigen schweren Provokationen durch die Türkei, die die strittigen Grenzfragen noch immer nicht im beiderseitigen Interesse beigelegt habe. Mrüensverhsnülunyrn mit Italien. Der „Kölnischen Zeitung" wird aus Peters burg gemeldet: Im Ministerium des Aeußern wird mir bestä tigt, daß in Zürich Verhandlungen zwischen türkt- scheu und italienischen Diplomaten stattfinden. Die Türkei sei wegen der wachsenden inneren Schwie rigkeiten. die nach Aussage russischer Diplomaten hier sehr ernst genommen werden, jetzt geneigter, Frieden zu schließen. Die Verhandlungen find nur kurze Zeit abgebrochen worden, jetzt aber wieder im Gange. Der italienisch« Botschafter in Petersburg soll die Unterhandlungen führen. Die Anregung zur Wiederaufnahme soll von der jetzt nachgiebige, ren Türkei ausgegangen sein. O Der italienische Erfolg bei Zuara. Rom, 7. August. Die „Tribuna" weift in einer Besprechung des Kampfes oei Zuara darauf hin, daß die Desorganisation der türkisch-ara ¬ bischen Streitkräfte viel größer sei, als man vorher hatte annehmen können, uno daß dir Einnahme von Zuara besonders wichtig sei gegenüber dem Ausland, das daraus erkennen müsse, daß die Ara. ber und Türken jetzt nur noch in der Wüste zer streute Banden bildeten.. Die Unruhen in Ms;sgnn. Wie >vir bereits in unserer heutigen Morgen nummer berichteten, macht den Franzosen in der Umgebung von Mazagan an der Ostküste von Ma- rokw, wo erst kürzlich Unruhen ausgebrochen sind, jetzt wiederum ein unbotmäßiger Stammeschei zu schaffen. Wir erhalten nachstehende Telegramme: Mazagan, 7. August. Um 11 Uhr abends dauerte das Schießen noch fort, das um 9 Uhr begonnen hatte. Kaid Triahi schürte die fremden feindliche Bewegung. Seine Anhänger wollten unter dem Einfluß seiner Aufreizungen die Fran- zosen vertreiben. Als die Verhaftung des auf- rührerischen Kaids als Präventivmaßregel ange- ordnet wurde, kam der Aufruhr zum Ausbruch. Ein Teil der Einwohner hat sich in seinen Häusern verbarrikadiert. Ter Pascha hält sich in seinem Hause eingeschlossen aus Furcht, von den Auf- rührern getötet zu »verden. Um 1 Uhr nach- mittags gelang es dem Kaid Triahi, die daS Haus umzingelnde Kette zu durchbrechen. Ein Unteroffizier der Polizeiabtcilung tötete ein Pferd. Triahi schoß ebenfalls und verwundete einen ein geborenen Unteroffizier schwer. Mehrere Ein geborene wurden getötet. Zahlreiche verdäch- tige Personen wurden verhaftet. In der Stadt herrscht Panik. Tie französische Kolonie ist bewaffnet und verbleibt im Konsulat. TaS Zollamt und die Bank, sowie sämtlick-e Geschäfte sind geschlossen. Kavallerie verfolgt den Kaid. Pari», 7. August. Ueber die Vorfälle in Ma- zaaan wird weiter gemeldet: Ter Kaid Triahi hatte sich, um sich seiner Verhaftung zu entziehen, aestern früh in die Villa eines Spaniers geflüchtet, di« darauf von Polizei umzingelt wurde. Ter spanisch« Konsul protestierte mit der Be gründung, daß Triahi spanischer Schutzbefohlener sei; jedoch traf nachmittags aus Tanger die Nachricht ein, daß Triahi nicht unter spanischem Schutz stehe. Tiefer versprach darauf dem französischen Konsul, abends aus das französische Konsulat zu kommen. Hiervon wurde ihm aber vom spanisck-en Konsul und den Mitgliedern der spanischen Kolonie abge raten. Um 7 Uhr begaben sich sieben Spanier in das Haus, in dem sich Triahi aufhielt. Zwanzig Minuten später wurden aus dem Hause auf die einschließcnden Truppen Schüsse abgegeben, die aber niemand verletzten. Daraufhin wurden an die Mit glieder der französischen Kolonie vom französischen Konsul Waffen und Munition verteilt, während die französischen Schützen das Haus noch enger cin- fchlossen. Französische Kolonisten patrouillierten be- waffnet durch die Stadt. Tie Eingeborenenviertel blieben bis morgens 1 Uhr in großer Bewegung. Um Mitternacht holte der spanische Konsul seine Landsleute aus dem Hause, in dem sich Triahi aushiclt, ab. Die grotze Karriere. 11j Roman von A. von Klinckowstroem. (Nachdruck verbot«!.) Mit einmal bemerkt« der Professor ihr« peinliche Situation. Er strömte gerade VerbinLUchbeit über die Hoheit aus und hörte an, was dieselbe ihm Schönes über seine Veranstaltung sagte, aber er wurde sichtlich unruhig. Seine Augen irrten zu der vereinsamt Dastehenden hin. Innerlich schleuderte er bereits ein Donnerwetter nach dem jungen Men schen, der seinen Auftrag einfach umgangen hatte, und wartete nur aus die erste atemschöpfend« Pause, die der hohe Herr eintreten ließ, um davonzu«il«n und das nächste beste männliche Wesen, das er er reichen konnte, zu dem Mädchen hinzuschleifen. Aber da sprang gottlob schon jemand in die Lücke. Pallinger, der es nicht der Mühe wen gehalten hatte, sich irgend einer Dam« oorstellen zu lassen, Pallinger, ohne Frack, mit Krinolinenrock und Krinolinenhaar, Vatermörder und Biedermeier krawatt«, trat an Lffther heran und sagte ganz weich und ehrerbietig: „Darf ich Sie zu Tisch führen, schöne Dalila?" Sie schluckte ein paarmal, denn di« zornigen Tränen, di« sie mit aller Macht niederkämpft«, würgten sie in der Kehle. Sie hätte sich wohl einen anderen Kavalier gewünscht, als diesen da, war ihm aber trotzdem ungeheuer dankbar. Wie ein Erlöser erschien er ihr. „Dort im Wintergarten ist «in nettes Plätzchen frei," fuhr er fort. „Dort kann man ganz ungHtört plaudern." Sie ließ er willenlos geschehen, daß er ihren Arm in den seinen zog und sie in den Palmenhain führte, der nur sanft beleuchtet und in der Tat zu vertrau licher Zwiesprache wie geschaffen war. Und eben deshalb hatte ihn die Gesellschaft gemieden. Nie mand mochte das Odium vertraulicher Abgesondert- heit auf sich laden. Als die beiden dort ganz allein für sich Platz nahmen, erschien sofort «in Diener, der serviert«, Sekt hinstellt« und köstliche kalte Platten anbot. „Das kann man sich gefall«» lassen," scherzte Pallinger, um Esther aufzuheitern, welche noch immer die Brauen znsammenzog und di« Zähne in di« Unterlippe preßte. So haben wir's in unseren Beiseln nicht alle Tage." Sie antwortete nicht, starrte in den Saal hinein, von dem sie nur eine Seite übersehen konnte; jedoch gerade in ihrem Gesichtsfeld befand sich eine muntere Gruppe, der auch Herr von Haidek angehörte. Er sah freilich nicht sehr vergnügt aus, vielmehr etwas verstimmt, erwies aber seiner kleinen Tischdame alle Aufmerksamkeiten, die sie von ihm erwarten durfte. Das war ein niedliches, hellblondes Ding mit strahlenden Augen und pikantem Wipnäschen. Und Esther beneidete jenes Mädchen vom Ernud der Seele. Pallinger wandt« den Kopf und folgte der Rich tung ihrer Blicke. „Ach, Sie sehen sich die kleine Komteß Blancken- stein an. Ein herziges Geschöpfchen, nicht wahr? Gar nicht besonders hübsch, aber so besonders frisch und anmutig. Eben aufgetreten, diesen Winter erst. Vermögen minimal. Sie ist aber trotzdem um worben." „Woher wißen Sie das alles!" fuhr Esther plötz lich aus ihrem stumpfen Brüten auf. „Unsereins, der hierhin und dorthin kommt, hört und sieht doch manches. Das spricht sich so herum." „Bewirbt der Freiherr von Haidek sich auch um die Komteß?" „Beste Dalila, das weiß ich nun wirklich nicht." — Pallinger lachte. — „Es kann ja sein. Mit seinem Vermögen soll es freilich ebenfalls nicht weit her sein. Neulich sagte mir jemand, daß er früher auf hundert Mark monatlich angewiesen gewesen sei. Aber dann ist sein Alter gestorben und hat ihm so was wie Hundertundzwanzigtausend vermacht. Na. Sie werden zugeben, daß man damit noch immer keine glänzende Partie ist." Und dann goß er Sekt ein und hielt ihr das per lende Glas bin. „Jetzt trinken Sie erst einmal. Da» wird Ihre Lebensgeister aufmuntern. Sie gehorcht« schweigend. Er lehnt« die Arme auf den Tisch und sah ihr eindringlich in die Augen. „Sie nehmen sich das doch nicht etwa zu Herzen. — das vorhin, diese Unverschämtheit? — Oder doch? Gin paar große Tränen rollten ihr langsam über die Wangen. „Hören Sie mich einmal vernünftig an, Fräulein Frosenius. Man muß solchen Dingen ganz kalt gegenüberstehen und sein« Zeit abwarten. Wir zwei sind jetzt im Moment die Parias in dieser Gesell schaft. Sie deutet uns an, daß wir nicht zu ihr ge hören, weil wir aus dem vorgeschriebenen Rahmen fallen und noch arm sind. Ich sage „noch", denn für uns beide wird hoffentlich noch die Zeit kommen, in der wir es nicht mehr sind. Sie sind schön, und ich bin talentiert. Wir werben daraus Kapital schla gen, und dann paßen Sie mal auf, wie sich die Men schen vor uns bücken werden. Glauben Sie mir, das, was Sie vorhin empfangen, — es stand zu deutlich auf Ihrem Gesicht geschrieben, — das habe ich Hunderte von Malen durchgcmacht. Und dann schwor ich mir zu, daß ich Revanche nehmen werde." „Ja?" sagte Esther, und es kam etwas wie mil fühlendes Interesse für ihn zum Vorschein. „Wirk lich? Sie waren doch gewiß nie so freudlos und ver lassen wie ich." „Na, Gott segne Sie! Einen so verlassenen Buben wie mich, wird es wohl nicht leicht wieder gegeben haben. Oder meinten Sie vielleicht, ich stammte aus begüteter Familie und sei Zeit meines Lebens auf Rcsen gebettet gewesen?" Sie hatte gar nichts gemeint, hatte überhaupt noch nicht darüber nachgedacht, was etwa hinter ihm liegen mochte. „Meine Mutter war aus Kroatien oder einer ähn lichen Gegend", fuhr er ironisch lächelnd fort, und be schäftigte sich dabei liebevoll mit der Gänseleber pastete. „Ganz genau habe ich das nie feststcllen können. Und sie war eine Hausiererin. Daß ich unter diesen Umständen von einem Vater nicht reden kann, versteht sich von selbst. Wie ich noch kaum auf den Beinen stand, zog ich mit ihr herum, und dann, als sie aus meinem Leben hinausging, allein." „Wie das? Sie meinen, als sie starb?" „Nein. Ich habe keine Ahnung, ob sie gestorben ist. Sie ließ mich eben einmal irgendwo in Sieben bürgen im Stich und zog ohne mich ihres Weges. Kinder find eine Last, wissen Sie." „Abscheulich." „Ich kann es ihr gar nicht 'mal so sehr verdenken. Und übrigens zog ich auch auf eigene Hand weiter, strömte bettelnd herum, weil mich niemand behalten wollt«. So mag es gekommen s«in, daß wir uns nicht wiederfanden." „Wovon haben Sie denn gelebt? Ein Kind muß doch genährt und gekleidet werden." „Ich sag es ja: ich bettelt«. Man ist ja Kindern gegenüber im allgemeinen mildherzig und wo man mir nicht» gab, — da — nun oa nahm ich eben. Nachts schlief ich im Freien unter Hecken und auf Bänken, im Winter auch in Heustadeln und Ställen. Und e» war gar nicht so übel. E, lag Poesie drin, die Stern« Deutlches Reich. Vom Marianischen Kongreß. Trier, 7. August. Vom Kaiser ging folgendes Tclcgramni ein: Se. Majestät der Kaiser und König haben die freundliche Begrüßung des dortigen sechsten Marianischen Kongreßes huldvollst entgegen genommen und lasten Eure bischöflich« Hochwürden ersuchen, dem Kongreß Allerhöchst Ihren Dank für den Ausdruck treuer Ergebenheit auszu sprechen. Auf Allerhöchsten Befehl v. Valent ini. Geh. Kabinettsrat. Das Antworttelegramm des Papstes lautet: Der Heilige Vater hat mit großer Freude ver nommen, mit welchem Glanze der Trierische Kongreß gefeiert wird, und er sendet Dir und den zahlreichen Katholiken, die in Trier der erhabenen Gottesmutter den Tribut innigster Ver ehrung darbringen, nochmals mit ganzem Herzen seinen Segen. Kardinal Merry del Dal. Die Deutschenmorde in Mexiko. Köln, 7. August. Die „Köln. Ztg." meldet aus Berlin: Die Untersuchung des Falles der beiden im mexikanischen Staate Sonora ermordet auf gefundenen Deutschen Hertlina und Schubert wird energisch betrieben, obschon inzwischen Zweifel an der Reichsangehörigkeit de: Ermordeten erhoben worden sind. Hertling soll das amerikanische Bürgerrecht erworben hab«n, Schubert soll aus Böhmen gebürtig sein. Zur Verhaftung der fünf Engländer. Eckernförde, 7. August. Zu der Verhaftung der fünf Engländer erfährt die „Landesztg. für beide Mecklenburg" in Neustrelitz von zuverlässiger Seite aus Kiel, daß gestern abend der gerichtliche Haft befehl gegen die Festgenommenen erlassen wurde, da unter den beichlagnahmten Photographien zahl reiche Aufnahmen von geheimgehaltenen deutschen Befestigungen vorgefunden worden seien. Maßnahme« der Bundesregierungen für die Veteranen. Braunschweig, 7. August. Die „Braunschw. Lan- de-zeituna" meldet: Gutem Vernehmen nach werdei die angekündigten neuen Maßnahmen der Bundes regierungen für die Veteranen eins tunliche Zent.ali- sieruna der Deteranensürsorge bringen, um die Wie derholung her beklagenswerten Vorgänge der letzten Zeit aus oer Welt zu schaffen. Ob hierzu eine gene relle Erhöhung der Beihilfen tritt, ist noch unent schieden. Patentgesetz und Warenzeichengesetz. Berlin, 7. Aug. Wie verlautet, dürften voraus sichtlich noch in dieiem Jahr Entwürfe zu einem Patentgesetz und einem Warenzeichengesetz veröffent licht werden, um den beteiligten Kreisen Gelegen heit zu geben, zu der von der Reichsregierung ge wählten Neugestaltung der geltenden Gesetze Stellung zu nehmen. Die Vorarbeiten für ein neues Patentnesetz liegen bereits eine ganze Reihe von Jahren zurück. Zu Beginn dieses Jahres begannen kommissarische Beratungen über das Warenbe;eicbnungsrecht cum Zwecke einer Neugestaltung des geltenden Gesetzes. Es war ein engerer Kreis rechtskundiger und in dex über sich zu haben, und rings umher zirpende Gril len, oder den wundervollen Duft des Heus." — Ein wahres Vagabundcnlächcln kam bei der Erinnerung in sein Gesicht. Esther schauderte unwillkürlich ein wenig. In der Amtsrichterstochter regte sich der anerzogene Wider wille gegen solche Existenzen. „Ja, das erregt Jknen Abscheu", meinte er amüsiert. „Aber ich versichere Sie, es waren meine besten Zeiten. Das Schlimme kam für mich erst, als ich für die Kultur eingefangen wurde." „Wie kam das?" fragte sie nun wirklich inter essiert, und vergaß ihren Kummer über sein« Er zählung. „Ich fiel nämlich in di« Hände eines deutschen Schullehrers, und die Deutschen sind bekanntlich Ge mütsmenschen. Na also, der gute Mann war ent setzt über meinen Lebenswandel, noch entsetzter dar über, daß ein zwölfjähriger Bub weder lesen noch schreiben konnte. Demzujolge behielt er mich in seinem Hause." „Das war schön." „Nein, schön war's gar nicht. Es fiel mir unge heuer schwer, eine Autorität über mir zu haben und meine Tage einem streng eingehaltenen Programm unterzuordncn. Manchmal geriet ich ganz außer mir, dachte daran, fortzulaufen. Aber der alte Mann wurde meiner Meister. Ich mußte Stiefel putzen und im Garten arbeiten, wenn er mich nicht zwang, über den Büchern zu sitzen. Sie meinen vielleicht, er sei umsonst aus reinem Edelmut ein Wohltäter gewesen? O nein. So was gibt's nicht in der Welt. Alles, was er für mich tat, habe ich reichlich abarbeiten wüsten." . , „Immerhin muß es Ihnen doch gefallen haben, sonst wären Sie sicher nicht da geblieben." „Gott im Himmel, ich sah eben di« Notwendig keit der Kultur für mein Fortkommen ein. Darum blieb ich und eignete mir alles an, was nützlich schien. Und wenn mein „Wohltäter" Besuch von Kollegen erhielt, die ich bedienen mußte, und sie sagten: „Ah da ist ja dein kleiner Vagabund!", dann spie ich innerlich Feuer und Flamme gegen sie, denn der Ausdruck traf mich jetzt schon wie ein Schimpf. Steine hätte ich klopfen mögen und mir die Hände blutig schinden um nur nicht mehr so genannt zu werden. Ich konnte doch nichts dafür, daß ich e» gewesen war. Warum schleuderten sie es mir immer wieder ins Gesicht?" (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)
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