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Dresdner Journal : 16.02.1866
- Erscheinungsdatum
- 1866-02-16
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186602165
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18660216
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18660216
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1866
- Monat1866-02
- Tag1866-02-16
- Monat1866-02
- Jahr1866
- Titel
- Dresdner Journal : 16.02.1866
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Fmtag, den 16. Februar. 38 1866. NUrllok: « 1'blc. — tigr. 1» I««»—». s I» -a-I—s« ^Mrl : 1 „ 15 „ „ „ (»ritt ko,» und Hollrtlieb io vr^ck*»: 15 Kgr. I 8t«iop«l- Illo»«!»« Kuouo«ro: 1 Kgr. '»uickl»^ kioia. r»serate»» reise: kür ä«o Loow «io«r »»»p»It«o«n 2«ll«: 1 Kxr. votor „Liox«»»oüt" äi, L«U,: 5 Kge. Lrsch rillt»: l^iicü, mit Hainnkm« ü«r kono- ouü k»i«rt»^», ^d«oä, tllr <1«o kolx«oü»o 1'»L - -- NreMerImrml. Verantwortlicher Redacteur: I. G. Hartmann. >»str1riu»much»t »»»wärt,: l^tp^G! k». 8„»o,e»re»», 6»mwi»»ivllllr 6»» vroiänsr ^oarool»; ,d«oä«,.: S L»oi.»», L ll.l.0»»; S»o>di»A-tIloo»: t Vool.«»; ><rllo! 6»o»iv,',vi>« liilod- d»lläl., 8,r,n»r,,, 8ore»u; Lr«m«o: k. 8o»l.vtr»; M»»1»o: r,ov»„ ki»oiMirt N : Locliti.i 161»^ -»vor.» litoi!»»»; kvi» v. I.ü-r,«»,e.i <»9, ro«üs»boo»sot»o»); ?r^: V,.L»»l.!«» , Oucbk.; Vi«: Loioptoir <1. k. tVieoor Lsituog, 8t«k»oipl. 857. Herausgeber: Lönlgl L»poüition <1«» I>r«»üo«r loueu^», Or»»ä«o, LL»ri«o«tr»—« Ko. 7. Nichtamtlicher Theil. Uebersicht. rele-r«phische Nachrichten. Zkitung»schau. (Ost-Deutsche Post. — Neue Freie Presse.) rageSgeschichte. Wien: Die ungarische Frage. — Czernowitz: Vom Landtage. — Venedig: Rück tritt de- Municipiums. — Berlin: Die „Prov.- Corresp." über Kammerangelegenheiten. Zur Ober tribunalsache. Vermischtes. — Köln: Urtheil im Proteste wegen des Abgeordnetenfestes. — Nürn berg: Berichtigung bezüglich Hammerbacher's Verur- theilung. — Bern: Resultat der Volksabstimmung. — Florenz: Circular bezüglich der Güter reli giöser Körperschaften. Lamarmora'S Note nach Ma drid. — Mailand: Unruhen in Como. — London: Clarke ermordet.—St. Petersburg: Aus drmBudget. Warschau: Die neue Eintheilung des Königreichs. — Belgrad: Luka Vukalovich. — New-Pork: Warnung für deutsche Auswanderer. Ein Kaperschiff mit Beschlag belegt. Korrespondenz zwischen den Ge nerälen Weitzel und Mejia. Vom Congreß. Ver mischtes. — Mexico: Zur Situation. Admiral Didelot. Schleswig-Holstein. (Mittheilungen aus Hamburg, Kiel, Seaeberg und Schleswig.) Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichten. (Leipzig.Freiberg. Riesa. Treuen.) Vermischtes. Eingesandt»». Telegraphische Nachrichten. Wien, Donner»tag, 15. Frdraar. Die „Ost- Deutsche Post" erfahrt angeblich an» verläßlicher Quelle, daß der Rücktritt de» Staatsministrrs Grusen veleredi eine beschloßene Sache sei. Die „Presse" hält dagegen die Gerüchte von einem Ministerwrchsrl . für veijrüht. Die „Wiener Abendpost" erklärt bezüglich des Projekt» einer Personalunion der Elbhrrzogthümer mit Preußen, daß, so lange die Gasteiner Convention ;» Recht besteht, eine solche einseitige -lufsassung ohne die Zustimmung de» zweiten Mitbesitzer» kaum irgend- vkicht praktische Bedeutung haben kann. Eine in der Creditanstalt entdeckte Defraudation beträgt angeblich 366,IN 0 Gulden. Der verwaltnng»- wth leistet Schadenersatz. (Ein Telegramm der „Boh." meldet darüber: Ein Beamter der Kreditanstalt hat 450,000 Gulden in Depotscheinen defraudirt. Ungefähr zwei Drittheile werden durch Subscription des Ver waltungsraths und der Direction gedeckt.) Karlsruhe, Donnerstag, 15. Februar. Dem heute wieder zusammengetretenen Landtage wurden verschiedene Gesetzentwürfe vorgelegt, darunter einer über die Prefse und da« Vereins- und Versammlungs- Wesen. * Hamburg, Donnerstag, 15. Februar. Ciue von den heutigen „Hamb. Rachr." veröffentlichte Ana lyse der letzten österreichischen Rote an da» Berliner Sabinet enthält al» bemerken-wertheste Stelle: Seit dem gleichzeitig mit Preußen erfolgten Rücktritte von dem Londoner Protokoll erkenne dir österreichische Re gierung den Herzog Friedrich von Augustenburg al» den bestberechtigten Erbprätendenten an und betrachte sich durch den Wiener Frieden nicht al» Souverän, sondrrn nur al» zeitweiliger Besitzer der Elbherzog- thümer. Pari», Donnerstag, 15. Januar. Im Senate wurde gestern die Adrrßdebatte zum Abschluß gebracht. Herr v. Persigny suchte den Nachweis zu liefern, wie die parlamentarischen Institutionen Englands sür Frankreich ungeeignet seien. Die Geschichte beweise die Veränderlichkeit der freiheitlichen Formen. Der Kaiser faste da» Prinrip der Freiheit in der Ver fassung zusammen. Von der öffentlichen Meinung FeuUleton. K. Hostheater. Am Aschermittwoch, den 14. Februar, sand das übliche große Concert zum Besten des Un* tcrstützungsfonds für die Witwen und Waisen der kö niglichen musikalischen Kapelle statt. Unter Mitwirkung der Frau Jauner-Krall, der Herren Rudolph und Mitterwurzer, sowie der Dresdner Singakademie (Chorgesangverein) und des k. Hoftheaterchorrs wurden „die Jahreszeiten" von I. Haydn gegeben. Diese un sterbliche Tondichtung, die immer wieder jugendfrisch zu neuen Generationen sprechen wird, weil ihr Inhalt nicht auf kirchlich-oratorischer Basis gegründet ist, sondern auf einen Kultus der Gefühle, des Geistes der Reli gion, der natürlichen Lebenszustände und Thätigkeiten, welche alle Menschen gemeinsam und unwandelbar er saßt und tief berührt. Es waltet eine unendliche Ton macht in diesem Werke voll schöner unerschöpflicher Me lodie, innerer Wahrheit, geistvoller Malerei und popu lärer Kunstfülle: cs ist die Unmittelbarkeit und ursprüng liche Einfachheit der musikalischen Spracht, in der Haydn empfindet, denkt, seine Vorstellungen gestaltet, wodurch unser Gcmüth getroffen, unsre Phantasie gefesselt wird. Und cs ist nicht allcin der Genius, den wir in dieser Musik bewundern, wir lieben auch den Menschen, der uns aus ihr in seiner liebenSwerthcn Persönlichkeit mit hoher Reinheit seines Sinnes und inniger Herzens güte, voll LebenSfröhlichkeit und wahrer Frömmigkeit, soll kindlicher Naivetät und tiefsinnigem Ernst entgegen- lritt. Der Eindruck ist nicht blo» musikalisch entzückend und Herz und Geist erfreuend, sondern auch sittlich läu- rnd und erhebend. Haydn vollendete die Jahreszeiten i seine« SS. Jahre. Und wenn er diesem und andern öerkcu tzo» Freibrief des Genin» in der Schönheit für ne weiss Lukuuft hinaus »erlieh, so war er zugleich hänge dir Entwickelung de» Prinrip» ob. Rouland hält die gegenwärtiorn Freiheiten für genügend, wo» der Marqm» de Boiffy bestreitet. vtaat»minister Rouhrr billigt die Reden Persigny » und Ronlond'». Darauf wird die Adresse einstimmig angenommen. Dir Ueberreichung derselben soll nächsten Sonntag fiattfindeu. Madrid, Mittwoch, 14. Februar, Abend«. Der jüngst geborne Jnfant ist gestorben. Die Kammern haben sich auf drei Tage vertagt. New-Porl, 3. Februar, Abend». General Weitzel läugnet, daß er von der Einnahme Bagdad» etwa» gewußt habe. Die Bundesregierung wird das selbe thun. Alle bei der Bagdader AHaire vetheilig- ten sinh einer brsondern Commission überwiesen wor den. General Weitzel hat angeordnet, daß alle Be waffneten im Distrikte de» Rio-Grande verhaftet wer den sollen. Juarez ist in Texa« eingetroffen. Wechstlrour» aus London 151; Goldagio 46; Bond« 103^; Baumwolle 48, flau. Dresden, 15. Februar. Seitdem das preußische Abgeordnetenhaus wieder versammelt und in die schärfste Opposition gegen die Regierung wiedereingetreten ist, fehlt eS in den nicht-preußischen Blättern» nicht an Stimmen, welche darauf Hinweisen, daß die preußische Fortschrittspartei durch ihre Politik in der deutschen und Herzogthümer- Angelegenheit dem Regierungssystem des Grafen Bis marck die schärfsten Waffen gegen den Liberalismus ge schmiedet habe. Die „Ost-Deutsche Post" sagt am Schluffe einer anerkennenden Besprechung der letzten Debatten im Abgeordnetenhause: „Allein bei der hohen Anerkennung des Muthes, die wir dem preußischen Volke und seinen Repräsentanten zollen, können wir doch das Eine nicht vergessen, daß nur jene Eroberungs sucht, welche heute die Preußen aller Parteien von der „Kreuzzeitung" bis zur „Volkszeitung" charakterisirt, eine dreijährige Dauer dieses Regimes überhaupt mög lich gemacht hat. Die Fortschrittspartei will einfach Unvereinbares: Freiheit daheim und roheste Vergewal tigung Deutschlands — sie liefert recht eigentlich ein Bild zu Siöge's Worten: „Sie wollen frei sein und wissen nicht gerecht zu sein!" Sie verlangt in Preußen Preß und Vereinsfreiheit — und jubelt dem Grafen Bismarck zu, wenn er dieselbe in Schleswig unterdrückt ..! sie verlangt Rcspect für ihre Stände und findet es ganz in der Ordnung, daß denen der Herzogthümer nicht erlaubt wird, sich für Friedrich VIII. zu erklären; ja, sic wäre höchst einverstanden damit, wenn Graf Bismarck aus der Berufung der holsteinschen Stände durch Oesterreich einen Kriegsfall machen wollte. Nur die Annerronswuth der Fortschrittspartei macht Graf BiSmarck's Stellung haltbar, weil jeder Preuße ohne alle Ausnahme seinen kleinen Bismarck im Herzen trägt und sich in ruhigen Minuten im Stillen selbst einge stehen muß, daß der Premier von dem Programme des Nationalvereins realisirt, was überhaupt realisirbar ist. Kleindeutschland ist an und für sich ein verkehrter Be griff; allein der erreichbare Kern, den Bismarck heraus schält, das Großpreußenthum, ist doch schon ganz hübsch gefördert, wenn die Einverleibung der Herzogthümer gelingt und Preußen dann immer mehr auf die Main linie drücken kann. Die moralischen Eroberungen sind ebenfalls eine cvntraäictio in aäjveto — erobert wird nur mit dem Schwerte; das Schwert aber kann kein libe rales Eabinet, nur die Junkerpartei kann es in Preußen führen, einfach weil der Monarch es keiner andern Re gierung jemals anvertraut. Nur diese Wahlverwandt schaft mit der Fortschrittspartei ist es, die Graf Bis marck hält und ihn dazu befähigt, in so abspringender Weise mit den Pressionsmitteln, durch die er auf seine Gegner zu wirken sucht, zu wechseln. Wenn er heute z. B. wieder die deutsche Resormfrage versucht, um Oesterreich einzuschüchtern, wie er schon vor dritthalb Jahren ein deutsches Parlament aus direkten Urwahlen proponirte: dürfte er dies wagen, falls er nicht wußte, von der Ahnung und Nothwendigkeit einer fortschreiten den Entwickelung der Musik in dieser Zukunst erfüllt. Er fühlte prophetisch begeistert die Mission Beethoven's. An seinem 74. Geburtstage sprach er zu einem Freunde: „Mein Fach ist grenzenlos; Das, was in der Musik noch geschehen kann, ist weit größer, als Das, was schon darin geschehen ist: mir schweben öfter- Ideen vor, wodurch meine Kunst noch viel weiter gebracht werden könnte, aber meine physischen Kräfte erlauben es mir nicht mehr, an die Ausführung zu schreiten." In der Ausführung der „Jahreszeiten" unter Herrn Kapellmeister Krebs vereinigte sich künstlerisches Kön nen und Wollen zu schöner Vollendung, und es waltete über dem Ganzen jener gute, durch gleichgestimmte Hin gebung einigende Geist, über den man nicht immer ge bieten kann. Der meisterhaften, präcisen und fein ge stalteten Production der Kapelle schloffen sich die Lei stungen der Solosängrr an, nicht blo- in ihrem musika lischen Gelingen vorzüglich, sondern ebenso wohl in Auffassung und Vortrag. Von dem edel einfachen, bis zum genrrbildlichen Ton desselben, und wieder zu tief ernster Erhebung des Gefühls wurde von Frau Jauner- Krall, wie von denHrrrenRudolph undMitterwur- zer, ein stimmungsvoller Wechsel in Charakter un^Colorit getroffen und damit ein stets decenteS Maß der Haltung und Wärme und Innerlichkeit deS Ausdrucks glücklich verbunden. Die Wirkung war so künstlerisch ausgezeich net, als wahr und lebensvoll im Geiste der Musik. Und lebendig, kräftig und sicher mit besonders frischem, reinem Klang der weiblichen Stimmen sangen die Chöre, deren Ausführung den herrlichen Gesammteindruck des Wer ke» vollendete. C. Banck. * Dre»de>. Herr LouiS le Bin, dessen in der ersten Hälft« der di«»jährigen Wintersaison gehaltene daß die Kammer aus Rücksichten der äußern Politik sich zwingen wird, dabei doch ein ernstes Gesicht zu machen?" Auch die Wiener „Neue sreie Presse" faßt den in preußischen Blättern den nichtpreußischen Liberalen häufig gemachten Vorwurf ins Auge, daß sie bei dem Kampfe zwischen Graf Bismarck und der Fortschritts partei in Preußen dem Rechtsstandpunkte in der Ver- saffungsfrage beipflichten, andererseits aber dem soge nannten nationalen Programme der Fortschrittspartei ebenso entschieden cntgegentreten, und sagt darüber: „Der Augenblick, in welchem in Preußen ein Anlauf genom men wird, die parlamentarische Redefreiheit zu beschrän ken, mag Manchem als für die Erörterung dieser Frage wenig geeignet erscheinen; aber wir waren von jeher der Ansicht, daß ein namhafter Theil der Schuld an der überhandnehmenden Reaction in Preußen eben dem nationalen Programme zuzuschreiben ist, welches die Fortschrittspartei zu dem ihrigen gemacht hat. Graf Bismarck wäre so mächtig nicht, als er es tatsächlich ist, wenn er nicht wüßte, daß seine schleswig-holfteinsche Einverleibungspolitik im Grunde von den Führern der Linken und des linken Centrums des preußischen Ab geordnetenhauses gebilligt wird; der preußische Premier würde nicht wagen können, was er wagt, wenn die Liberalen aller Schattirungen im Lande nicht die „Mit helfer" seiner schleswig-holsteinschen Politik wären. Aber die Fortschrittspartei in Preußen hat allmählich den Rechtsboden in der schleswig-holsteinschen Frage, auf den sie ursprünglich sich gestellt, fahre» lassen, und ne- girt gleich Graf Bismarck-Schönhausen jedes Selbstbe stimmung-recht der Schleswig-Holsteiner; was Wunder, daß darüber nun auch das politische SelbstbrstimmungS- recht der preußischen Staatsbürger in die Brüche geht! Das Recht mißachten oder ignoriren ist immer eine ge fährliche Sache." Die „Neue freie Presse" geht dann näher auf den Twestcn'schen Bericht über die lauen- burgsche Sache ein, in dem er cs für nothwendig gehal ten,'eine ganze Theorie der Annexionen zu entwickeln und an dem Falle mit Lauenburg die Politik seiner Partei gegenüber Schleswig-Holstein gewissermaßen zu exemplificiren. Die Personalunion, sür welche allein das Land Lauenburg eine Erklärung abgegeben habe, die Rücksichtnahme auf dessen besondere Institutionen, würden darin energisch bekämpft, dagegen die Annerion pme et simple, welche Lauenburg nicht wollt, hoch ge priesen. Dem Widerstande gegenüber, welchen Schles wig und Holstein der Annerion entgegensetzen, nehme diese- naive Bekenntniß im Berichte Tweften's sich be sonders gut aus, und angesichts der innern Zustände Preußens, welche dieses krankhafte Vergrößerungsbe- streben verschuldet, verrathe es eine ganz unbegreifliche Anmaßung, unter den gegenwärtigen Verhältnissen solche Grundsätze als politisches Programm der libera len Partei zu verkünden. „Aber freilich, dieser Ein wand wurde von den preußischen Liberalen niemals als stichhaltig zugestanden; denn Graf Bismarck, sagen sie, ist eine vorübergehende Erscheinung, der preußische Staat aber etwas Bleibendes. DaS werden wir sicher nicht bestreiten, aber eben deshalb sollten die liberalen Einverleibungspolitiker ihre Ungeduld zügeln. Der preußische Staat ist etwas Bleibendes und wird sich eines Tags sicher zum Rechtsstaat entwickeln. Vorerst aber werde er das, und dann wird das Weitere erst noch von der Selbstbestimmung des deutschen Volks ab hängen. Aber deutsche Stämme, die keine Sehnsucht tragen, unter Preußen gebeugt zu werden, deren Acte man selbst unablässig anklagt und verurtheilt, einfach zu annectiren, wie Herr Twesten dies beantragt, das ist weder liberal, noch consrquent, und beweist nur, daß Twesten im Amte nach außen hin jedenfalls um kein Haar anders wäre, als Graf Bismarck. Außerhalb Preußens aber giebt cs in Deutschland keinen liberalen Mann, der rin solches Programm, solche Bestrebungen gut heißen könnte." „Allen Respect", schließt die „N. fr. Pr.", „vor der Zähigkeit und Energie, mit welcher das preußische Abgeordnetenhaus das Budgetrecht fcst- hält; aber mit einer schleswig-holsteinschen Politik, welche Vorträge über Chateaubriand einer so günstigen Auf nahme sich erfreuten, wird nächste Mittwoch, den 21. d. M. im Saale deS „Hotel de Saxe" eine „Soiröe littörair«" veranstalten und in derselben über Al phonse de Lamartine sprechen. Indem wir hierdurch auf diese Vorlesung ausmerksam machen, lassen wir zu gleich das Einladungsprogramm des Herrn le Vin in deutscher Ucbrrtragung folgen. Dasselbe lautet: „Wir gleichen den Strömen, welche stets ihren Namen be halten, deren Gewässer aber fortwährend wechseln". Diese Worte schrieb Friedrich der Große an d'Alem- bert, um ihm damit die Veränderung zu bezeichnen, welche die Zeit in der Gefühls- nnd Denkweise jedes Einzelnen hervorbringt. Wenn jemals die menschliche Seele dem schnellen und wechselnden Fluthen eine- Stro mes verglichen werden konnte, so ist dies jetzt der Fall. Im Besondern die großen Dichter unsers Zeitalters gleichen großen Strömen, und von allen diesen ist La martine der größte und herrlichste. Die „XöÄiwiioas" und die „Uarmoniv, poötique«", in denen er aus jeder Seite sein innerstes Leben ausgezeichnet hat, entstanden thrilS unter dem Einflüsse der Trauer, theils unter dem der Freude, bald in der Einsamkeit, bald im Gewirr de- Weltlebens, mitten in der Verzweiflung und auch wieder beim rosigen Schimmer der Hoffnung; sie ent standen in Stunden der Begeisterung und in solchen vollständiger Gleichgiltigkeit, unter dem Eindrücke deS Gebet- und unter dem größter Apathie. Obgleich durch Lamartine'- Dichtungen die Phantasie nicht mit den toll kühnen Bildern eines Alexander Dumas und eine» Bal zac angefüllt wird, geben doch die Frauen mit Ent zücken dieser so harmonischen und zärtlichen Stimme Gehör, deren Fehler selbst für sie noch Reize besitzen. Nir wnrden fürwahr der traurige, zitternde Schein der finkenden Sonne, die Vergänglichkeit der Schönheit, die die BiSmarck'schen Bestrebungen nicht bekämpft, sondern höchstens überbietet, wird das „innere Düppel" in Preußen nicht vereitelt, sondern nur beschleunigt werden." Tagesgeschichte. * Wir«, 14. Februar. Der Bruder Sr. Maj. deS Kaisers, Erzherzog Ludwig Victor, ist mit dem gestrigen Frühzuge nach Pesth abgereist und Nachmit tags gegen 5 Uhr daselbst eingetroffen. Allabendlich geht ein Cabinetscourier mit Depeschen für Se. Maj. den Kaiser nach Pesth ab. Die in Umlauf gesetzten Gerüchte von einem bevorstehenden Rücktritt des un garischen HofkanzlerS Grafen Majlath und dessen Er setzung durch Deak sind als unbegründet zu betrachten. Es herrscht vielmehr bis jetzt Einigkeit im Mini sterium, und die Lage der Dinge in Ungarn bietet heute durchaus noch nichts UebrrraschendeS dar. ES verlautet, daß die Regierung die Reform der ungarischen Municipalverfassung concediren wolle, und daß in den nächsten Tagen sämmtliche Minister am kaiserlichen Hof lager in Pesth versammelt sein würden. Czernowitz, 13. Februar. (W. Z.) Der Landtag hat heute ein Gesetz beschlossen, daß es den, verschie denen christlichen Konfessionen angehörigen Aeltern über lassen bleibe, in welcher der beiden Konfessionen die Kinder erzogen werden, und werden einige auf die kon fessionelle Gleichberechtigung bezügliche Wünsche ausge sprochen. Die Nothwendigkeit der Bezirksvertretungen wird mit 13 gegen 12 Stimmen ausgesprochen und die Regierung um Einbringung einer diesbezüglichen Ge setzvorlage in der nächsten Session ersucht. Venedig, 11. Februar. (Boh.) Unsre Stadt befin det sich seit gestern Mittag in einer enormen Aufre gung, eine Aufregung, wie sie seit Langem nicht bemerkt worden ist; das gesammte Municipium mit dem Po desta an der Spitze hat gestern abgedankt. Bekannt lich hat die gegenwärtig im St. Benedettotheater be findliche Opernimpresa vom Municipium für die Car- nevalsaison eine Subventton von 4000 Fl. beansprucht, zu welcher sich das letztere eigentlich verpflichtet hatte, als ihm von der Regierung die Concession zur Erhebung einer Holz- und Kohlensteuer in Venedig ertheilt wor den war. Das Municipium erklärte jedoch, diese Sub vention weder zahlen zu können, noch zu wollen, da die Jmpresa glänzende Geschäfte mache, und das ohne dem verschuldete Municipium sür die kholerapraventiv- maßregeln über 40,000 Fl. Auslagen gehabt hätte.' Die Sache ging nun weiter, und muß bemerkt werden, daß das Publicum gänzlich auf der Seite des Muni cipiums stand, da die von demselben vorgebrachten Mo tive theilweise nicht unbegründet waren. Gestern ließ nun der Statthalter den Podesta Conte Bembo rufen und theilte ihm mit, daß von Seite des Staatsministe riums die Weisung herabgelangt sei, der mehrgrdachten Jmpresa eine Subvention von 2000 Fl. auszuzahlen. Conte Bembo soll nun hiergegen Protest eingelegt ha ben, woraus es zwischen ihm und dem Statthalter zu einer Scene gekommen sei. Bembo verließ eiligst den Statthalter, berief sogleich das Municipalaffesiorium, und binnen zwei Stunden hatte er und die gesammten Assessoren ihre Abdication notificirt. Ihnen werden sofort die sämmtlichcn Municipalräthe folgen, so daß wir factisch ohne Municipalbehördrn sind. Man kann sich nun leicht vorstellen, daß die Bevölkerung ganz für Bembo stimmt und dem Statthalter Unrecht giebt. Beweis dessen, daß von gestern Nachmittag bis heute 11 Uhr Vormittags nicht weniger als 2000 Personen ihre Karten bei Conte Bembo abgegeben haben und von allen Seiten Telegramme rinlausen, die ihn und da- Municipium zum Schritte der Abdankung beglück wünschen. Die Sache hat ihre sehr ernsten Seiten, da Conte Bembo bekanntlich zu den eifrigsten Verfechtern der Regierung und der fo angefeindeten Reformen in der politischen Administration gehörte, Hierwegen bei der Bevölkerung gänzlich discreditirt war, und nun mit einem Schlage zum Abgott des Lombardisch-Venrtianischen er hoben wird, da man natürlich seinem Acte eine rein >» » ungestillte Sehnsucht des Herzens, die berauschende Wonne der Einsamkeit, kurz Alles, was die Seele erheben und was sie bewegen kann, mit so mächtigen Accorden, mit ver lockender» Farben wiedergegeben. Es sind in Lamar tine vier Richtungen vertreten, die sich wesentlich von einander unterscheiden, nämlich der Dichter, der Red ner, der Staatsmann und der unglückliche Mensch'. Die Würde, welche er bei all seinen Jrrthümern bewahrt, und das Unglück, welches der 75jährigc Greis erfahren, legen mir die Pflicht auf, nur mit dem Dichter mich zu beschäftigen, selbst auf die Gefahr hin, über Dinge zu sprechen, die sich nicht auSeinandersetzen lassen: näm lich das Gcmüthsleben, die Poesie, die Thränen. j Jllustrirtt Literatur. In den letzten un- zu gegangenen Nummern (6 — 14) des 8. Jahrgang- der abgemeinen illustrirten Zeitschrift „Uebrr Land und Meer" (Stuttgart, Verlag von Ed. Hallberger) ist besonders der novellistische Theil trefflich vertreten und zwar durch Arbeiten von Hackländer, dem Herausgeber der Zeitschrift, Fanny Lewald, E. v. Bibra, Ed. Hö fer, Jul- Grosse und W. H. Riehl. Auch an gut- geschriebenen Beiträgen, die theils da» Leben und die Bestrebungen der Gegenwart abspiegeln, theil- an be deutsame Persönlichkeiten und Leistungen anknüpfen, fehlt es nicht. An Mannichfaltigkeit deS übrigen Texte», sowie an Reichthum und gelungener Ausführung der Illustrationen stehen die vorliegenden Nummern den vorangehenden in nichts nach. — Nochmal- wollen wir auf da» neue jonrnalistische Unternehmen, das die Hall- berger'sche Verlag-Handlung für 1866 in Stuttgart er scheinen läßt: „Zu Hause. Geschichten und Bilder zur Unterhaltung", aufmerksam machen. Dasselbe ist gegenwärtig bi« zum dritten Heft gediehen. — Ebenso liegt von der ebenfalls im Hallberger'schcn Verlag er.
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